Signatur: BStU, MfS, HA XX/4, Nr. 1182, Bl. 1-5
Seit 1962 gab es in der DDR die allgemeine Wehrpflicht, zwei Jahre später auch einen Ersatzdienst - die Bausoldaten. Dass diese Möglichkeit nicht zu viele junge Männer wahrnahmen, dafür sorgte auch die Stasi.
1962 führte die DDR die allgemeine Wehrpflicht ein. Über 15.000 junge Männer verweigerten den 18-monatigen Dienst an der Waffe aus Gewissensgründen. Insbesondere die evangelische Kirche setzte sich für die Verweigerer ein und forderte die Einführung eines Ersatzdienstes. Mit Erfolg: 1964 trat die Bausoldatenverordnung in Kraft. Es entstand etwas völlig Neues: ein Soldat ohne Waffe und ohne Eid – ein Bausoldat. Die DDR war der einzige Staat im Warschauer Pakt, in dem es einen Wehrersatzdienst gab.
Die Bausoldaten blieben jedoch vollständig in die militärische Struktur der Nationalen Volksarmee (NVA) eingebunden. Sie mussten Uniform tragen, auf deren Schulterstücken Spaten abgebildet waren. Damit sollten sie stigmatisiert werden. Anstelle des Fahneneides mussten die Bausoldaten ein Gelöbnis sprechen. Einen zivilen Wehrersatzdienst gab es bis zum Ende der DDR nicht. Dass es möglich war, den Wehrdienst zu verweigern, sprach sich zunächst nur langsam herum. Selbst innerhalb der Kirche machten nur wenige engagierte Pfarrer diese Option unter den jungen Christen publik. Viele junge Männer wurden gegen ihr Gewissen und ihren Glauben zum Dienst an der Waffe gezwungen. Der vorliegende Maßnahmeplan der Stasi zeigt, wie Inoffizielle Mitarbeiter in kirchlichen Schlüsselpositionen für diese "Disziplinierung" sorgten.
In einem speziellen Abschnitt (Saite 11-14) zur allgemeinen und schulischen Wehrerziehung wurden zu den bereits in der Handreichung von 1965 angeführten Feststellungen (als Fragen bezeichnet) Ergänzungen im Blick auf die schulische Wehrerziehung vorgenommen.
So wurden wiederholt die provokatorischen Ausführungen von 1965 aufgenommen und als heute noch gültig erklärt.
Zum Beispiel:
"Die Erziehung der Angehörigen jeder abschreckungsfähigen Armee zur Bereitschaft des letzten Einsatzes - also auch des Lebenseinsatzes für das Letzte« also höchste Gut (in der DDR z.B. Schutz des sozialistischen Vaterlandes/Errungenschaften). Eine auf diese Weise um der Kampfkraft willen ideologische Armee fällt in den Anachronismus einer voratomaren Weltlage zurück, wobei das gesellschaftliche Bewußtsein in gefährlicher Weise hinter der Realität der Weltlage zurückbleibt.“
"Jede abschreckungsfähige Armee kann die Bereitschaft zum bedingungslosen Waffeneinsatz (Vernichtung des Gegners) bei bei den eigenen Angehörigen nur erzeugen, wenn sie den Gegner als gefährlichen Verbrecher beschreibt. Diese Erziehung zu einen Freund-Feind-Denken iss Schwarz-Weiß-Klischee verhindert jedoch die Ausbildung menschlicher Fähigkeiten bei der Suche nach Konfliktlösungen und die Kompromißfähigkelt. Sie ist darum geeignet, junge Menschen von einem eigenen, engagierten Friedenshandeln abzuhalten.“
“Jede abschreckungsfähige, ideologisierte Armee bildet im Interesse der Kampfkraft eine Propagandasprache aus, welche die Vorbereitung auf den Krieg - der in Wahrheit Massenvernichtung bedeutet - den Angehörigen verdeckt und so ihr Gewissen gar nicht erst wach werden läßt. In dieser Sprache wird der militärischen Ausbildung immer ein sportlicher Reiz angedichtet und der technische Ehrgeiz junger Menschen angesprochen. Die HR 65 stellt fest, daß diese Sprachregelungen alle in der DDR veröffentlichten Publikationen durchziehen.“
In Anbetracht der Einführung des Wehrunterrichtes wird dazu in der "Arbeitshilfe 1979" ergänzt:
"… Verharmlosung des Krieges ist mit einer Gewähnung der jungen Generation an dessen Gefahr verbunden und wird mitunter durch die Romantisierung kriegerischer Kampfhandlungen ergänzt.“
“Durch die Herstellung, den Verkauf und die Verbreitung von Kriegsspielzeug wird Kindern und Jugendlichen die Auffassung nahe gebracht, daß der Krieg und die militärische Auseinandersetzung etwas Normales … seien."
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
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Signatur: BStU, MfS, HA XX/4, Nr. 1182, Bl. 1-5
Seit 1962 gab es in der DDR die allgemeine Wehrpflicht, zwei Jahre später auch einen Ersatzdienst - die Bausoldaten. Dass diese Möglichkeit nicht zu viele junge Männer wahrnahmen, dafür sorgte auch die Stasi.
1962 führte die DDR die allgemeine Wehrpflicht ein. Über 15.000 junge Männer verweigerten den 18-monatigen Dienst an der Waffe aus Gewissensgründen. Insbesondere die evangelische Kirche setzte sich für die Verweigerer ein und forderte die Einführung eines Ersatzdienstes. Mit Erfolg: 1964 trat die Bausoldatenverordnung in Kraft. Es entstand etwas völlig Neues: ein Soldat ohne Waffe und ohne Eid – ein Bausoldat. Die DDR war der einzige Staat im Warschauer Pakt, in dem es einen Wehrersatzdienst gab.
Die Bausoldaten blieben jedoch vollständig in die militärische Struktur der Nationalen Volksarmee (NVA) eingebunden. Sie mussten Uniform tragen, auf deren Schulterstücken Spaten abgebildet waren. Damit sollten sie stigmatisiert werden. Anstelle des Fahneneides mussten die Bausoldaten ein Gelöbnis sprechen. Einen zivilen Wehrersatzdienst gab es bis zum Ende der DDR nicht. Dass es möglich war, den Wehrdienst zu verweigern, sprach sich zunächst nur langsam herum. Selbst innerhalb der Kirche machten nur wenige engagierte Pfarrer diese Option unter den jungen Christen publik. Viele junge Männer wurden gegen ihr Gewissen und ihren Glauben zum Dienst an der Waffe gezwungen. Der vorliegende Maßnahmeplan der Stasi zeigt, wie Inoffizielle Mitarbeiter in kirchlichen Schlüsselpositionen für diese "Disziplinierung" sorgten.
"In der Erziehung von Kindern und ¿Jugendlichen zu künftiger Wehrbereitschaft wird durch Begeisterungsfähigkeit für Technik und Abenteuer voll genutzt.“
In bezug auf die schulische Wehrerziehung wird die Frage aufgeworfen, weichen Sinn sie haben soll. Jugendliche seien noch nicht in der Lage, Entscheidungen zur Anwendung von Waffengewalt zu treffen.
Größeren Raum wird in der vorliegenden “Arbeitshilfe“ dem Dienet in der NVA als Bausoldat bzw. den Wehrdienstverweigerern gewidmet.
In dem Abschnitt "Aufgaben der Kirche" (Seite 17) heißt es dazu, daß folgende Bemühungen gegenwärtig den Vorrang haben:
(zum Beispiel)
"die Aufgabe, alles Soldatische zu ’entzaubern‘ und der Faszination durch die Militärtechnik entgegenzuarbeiten."
"die Aufgabe, der Überbewertung solcher Begriffe wie ‚Vaterland', ’Errungenschaften‘, 'Traditionen‘ entgegenzuwirken."
Zur persönlichen Entscheidung des Christen zur Wehrbereitschaft heißt es:
"Neben den bewußt verantworteten Dienst mit der Waffe mit dem Ziel, einen Krieg zu verhindern, gibt es andere Entscheidungen:
Verweigerung jeglichen Waffendienstes durch Wehrpflichtige;
Verweigerung vormilitärischer Ausbildung durch Schüler und Lehrlinge, bzw. durch deren Eltern;
Verweigerung des Wehrunterrichtes durch Jugendliche und deren Eltern.
Die Kirchen und ihre Glieder müssen wissen, daß solche, in persönlicher Verantwortung getroffene Entscheidungen Friedenszeugnisse der Gesamtkirche sein wollen." (Seite 18)
In der Seelsorge an Wehrpflichtigen soll diesen eine Reihe von Fragen gestellt worden, ob ihre persönliche Entscheidung zur Fahrbereitschaft bewußt ist und nicht im Widerspruch zu einem christlichen Friedenszeugnis steht.
Die dazu in der "Arbeitshilfe" angeführten Fragen laufen darauf hinaus, religiös gebundene Jugendliche politisch negativ zur Wehrbereitschaft zu beeinflussen bzw. zu verunsichern.
Im Dezember 1979 befaßte sich die Kommission kirchliche Jugendarbeit beim Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR mit dieser sogenannten Arbeitshilfe. Dabei wurde festgestellt, daß diese noch nicht den Vorstellungen der Kommission entspricht und nochmals überarbeitet werden soll.
Die Kirchen gerieten nicht selten unter Verdacht, gegen die politischen Verhältnisse in der DDR zu opponieren. Das lag an ihrer weitgehenden Eigenständigkeit, an der christlichen Botschaft, die von den kommunistischen Ideologen als konkurrierendes Sinn- und Erklärungsangebot abgelehnt wurde, sowie an ihrem Beharren auf Mitsprache und Gestaltungsanspruch in gesellschaftlichen Fragen. Im Auftrag der SED wurde daher das MfS tätig, um die von den Kirchen ausgehenden vermeintlichen und tatsächlichen Gefahren für das politisch-ideologische System der DDR abzuwehren.
Die SED-Kirchenpolitik war in den vier Jahrzehnten der DDR Wandlungen unterworfen. In den 50er Jahren führte die SED mehrfach einen offenen Kirchenkampf. Dieser richtete sich u. a. gegen die kirchliche Jugend- und Studentenarbeit, v. a. bei der Einführung der Jugendweihe, sowie gegen karitative Einrichtungen wie die Bahnhofsmissionen. Mehrere Religionsgemeinschaften wurden verboten und deren Anhänger verfolgt.
Die SED war zudem bestrebt, die Verlesung von solchen Hirtenbriefen und Kanzelabkündigungen zu unterbinden, in denen sozialethische, gesellschaftskritische oder politische Fragen aufgegriffen wurden. Von der Polizei und dem MfS wurden kirchliche Einrichtungen durchsucht und Literatur beschlagnahmt. Neben kirchlichen Mitarbeitern wurden unter Mitwirkung des MfS auch Pfarrer – zwischen 1950 und 1960 mindestens 140 – inhaftiert.
Ab den 60er Jahren beschränkte sich die SED zunehmend darauf, durch eine rigorose Auslegung der Veranstaltungsordnung unerwünschte kirchliche Aktivitäten zu behindern. Das offizielle Eindringen in kirchliche Räume wie im November 1987, als es nachts in der Zionsgemeinde in Ostberlin zu Durchsuchungen und Festnahmen kam, war in den 70er und 80er Jahren eher untypisch, weil dies die Staat-Kirche-Beziehungen erheblich belastete. Vor allem seit 1978 bemühte sich die SED, ein Stillhalteabkommen zwischen Kirchenleitungen und Staat zu respektieren.
Das MfS versuchte aber stets, indirekt Einfluss auf kirchliche Entscheidungen zu nehmen. Dies und die verdeckte Informationsbeschaffung zählten zu den Hauptbetätigungsfeldern des MfS im Rahmen der von der SED konzipierten Kirchenpolitik. Die Informationsbeschaffung erfolgte mittels Observation, IM-Einsatz und auf dem Weg der sog. Gesprächsabschöpfung. Dabei gelang es in Einzelfällen auch, Christen in kirchlichen Leitungspositionen als IM zu gewinnen.
So arbeitete der thüringische Kirchenjurist und Oberkirchenrat Gerhard Lotz seit 1955 mit dem MfS als IM "Karl" zusammen. Durch die Positionierung eines Offiziers im besonderen Einsatz im Konsistorium in Magdeburg, Detlev Hammer, der ab 1974 juristischer, dann Oberkonsistorialrat war, vermochte es das MfS, einen hauptamtlichen Mitarbeiter innerhalb der Leitungsstruktur der provinzsächsischen Kirche zu platzieren. Außerdem hatte das MfS gegenüber den Kirchen dann tätig zu werden, wenn Verdachtsmomente dafür vorlagen, dass die Kirchen über den ihnen von der SED zugewiesenen religiös-kultischen Bereich hinaus tätig wurden.
Dementsprechend observierte das MfS Kirchengemeinden und Pfarrer, die – wie es beim MfS hieß – im Rahmen der "Partnerschaftsarbeit" Besuchskontakt zu Kirchengemeinden in der Bundesrepublik unterhielten. Das MfS legte hierzu OV an und ermittelte gegen die Organisatoren der Zusammenkünfte.
Als Ziele der MfS-Aufklärung galten ebenso kirchliche Synoden und Basistreffen, auf denen grundsätzlich die potenzielle Gefahr bestand, dass Kritik an den Verhältnissen in der DDR geübt werden würde. In das Blickfeld des MfS rückten die evangelischen Kirchen insbesondere ab Mitte der 70er Jahre: Zunächst rief die auch unter nichtkirchlichen Jugendlichen an Attraktivität gewinnende kirchliche Jugendarbeit, dann die Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsarbeit unter dem Dach der Kirche den Argwohn des MfS hervor.
Insgesamt war das MfS nur eine von mehreren Institutionen des SED-Staates, die im Rahmen der SED-Kirchenpolitik tätig wurden. Im Zusammenspiel mit ihnen versuchte das MfS, die Kirchen zu kontrollieren und zu disziplinieren.
In Auswertung der kirchenpolitischen Kampagnen der 50er Jahre und bestärkt durch konzeptionelle Arbeiten, drängte die SED-Führung ab Anfang der 80er Jahre zunehmend auf ein koordiniertes Vorgehen. Die vom MdI und den Abteilungen für Inneres erstellten Rapportmeldungen, Berichte und Personeneinschätzungen zu Gottesdiensten und kirchlichen Mitarbeitern wurden vereinbarungsgemäß dem MfS zur Verfügung gestellt und bildeten häufig den Grundstock jener Berichte und Personencharakteristiken, die sich in den Beständen des MfS wiederfinden.
Bereits vor Gründung des MfS hatte bei der Deutschen Verwaltung des Innern in der Abteilung K 5 das Referat C 3 existiert. Als Aufgabenbeschreibung wurde die "Aufklärung und Bekämpfung der kirchlichen Feindtätigkeit" genannt. Ab 1950 bestand im MfS zunächst die Abteilung V, die sich ab 1953 Hauptabteilung V nannte und 1964 im Zuge einer Umstrukturierung zur Hauptabteilung XX wurde.
Innerhalb dieser Organisationsstruktur zeichnete die Abt. 4 für die "Bearbeitung" der Kirchen verantwortlich. 1988 gliedert sich diese in sechs Fachreferate, wobei je eins für die evangelischen Kirchen, die katholische Kirche sowie die Religionsgemeinschaften und Sekten zuständig war. Ein Referat widmete sich Operativen Vorgängen. Als Schwerpunkt der Arbeit wurde die "Bekämpfung der politischen Untergrundtätigkeit" benannt. Zwei weitere Referate nahmen koordinierende Funktionen wahr.
Neben der Hauptabteilung XX/4 stützte sich das MfS bei der Bekämpfung und Infiltration der Kirchen auf die Zuarbeit verschiedener Hauptabteilungen und Abteilungen - so u. a. auf die Dienste der HV A bei der "Aufklärung" von westlichen Partnergemeinden und Pfarrern, die die kirchliche Friedensarbeit in den ostdeutschen Gemeinden unterstützten. Im Fall der Inhaftierung kirchlicher Mitarbeiter übernahm die Hauptabteilung IX als Untersuchungsorgan den Vorgang.
Hinzu kamen andere institutionalisierte Formen der "Bearbeitung". Als politisch-ideologische fungierte ab 1958 das Referat Familienforschung, das Verwicklungen missliebiger Kirchenvertreter in das NS-Regime aufdecken oder konstruieren sollte, um die so Diffamierten unter Druck setzen zu können. Angesiedelt war es beim Deutschen Zentralarchiv in Potsdam. Es verwaltete verschiedene aus NS-Beständen stammende Unterlagen und wertete sie aus. Dabei handelte es sich um eine verdeckt arbeitende Einrichtung des MfS.
Um den steigenden Informationsbedarf – unter Berücksichtigung der Spezifik kirchlicher und religiöser Angelegenheiten – zu decken und um Sonderaufträge u. a. auch im Ausland ausführen zu können, etablierte das MfS 1960 die sog. Auswertungsgruppe, die dem Referat V zugeordnet wurde. In einem konspirativen Objekt in Berlin-Pankow ("Institut Wandlitz") arbeiteten hauptamtliche IM und mehrere OibE zusammen.
Seine "Absicherung" fand das Vorgehen des MfS gegenüber den Kirchen durch ein umfangreiches Netz von OibE und IM, die das MfS im Staatssekretariat für Kirchenfragen und in den Kirchenabteilungen der DDR-Bezirke unterhielt. 1989 gab es im Staatssekretariat drei OibE; zudem berichtete der persönliche Referent und Büroleiter der Staatssekretäre Hans Seigewasser und Klaus Gysi, Horst Dohle, ab 1975 als IM "Horst" dem MfS. Insgesamt aber gelang es dem MfS nicht, die Kirchen umfassend zu unterwandern.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
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Signatur: BStU, MfS, HA XX/4, Nr. 1182, Bl. 1-5
Seit 1962 gab es in der DDR die allgemeine Wehrpflicht, zwei Jahre später auch einen Ersatzdienst - die Bausoldaten. Dass diese Möglichkeit nicht zu viele junge Männer wahrnahmen, dafür sorgte auch die Stasi.
1962 führte die DDR die allgemeine Wehrpflicht ein. Über 15.000 junge Männer verweigerten den 18-monatigen Dienst an der Waffe aus Gewissensgründen. Insbesondere die evangelische Kirche setzte sich für die Verweigerer ein und forderte die Einführung eines Ersatzdienstes. Mit Erfolg: 1964 trat die Bausoldatenverordnung in Kraft. Es entstand etwas völlig Neues: ein Soldat ohne Waffe und ohne Eid – ein Bausoldat. Die DDR war der einzige Staat im Warschauer Pakt, in dem es einen Wehrersatzdienst gab.
Die Bausoldaten blieben jedoch vollständig in die militärische Struktur der Nationalen Volksarmee (NVA) eingebunden. Sie mussten Uniform tragen, auf deren Schulterstücken Spaten abgebildet waren. Damit sollten sie stigmatisiert werden. Anstelle des Fahneneides mussten die Bausoldaten ein Gelöbnis sprechen. Einen zivilen Wehrersatzdienst gab es bis zum Ende der DDR nicht. Dass es möglich war, den Wehrdienst zu verweigern, sprach sich zunächst nur langsam herum. Selbst innerhalb der Kirche machten nur wenige engagierte Pfarrer diese Option unter den jungen Christen publik. Viele junge Männer wurden gegen ihr Gewissen und ihren Glauben zum Dienst an der Waffe gezwungen. Der vorliegende Maßnahmeplan der Stasi zeigt, wie Inoffizielle Mitarbeiter in kirchlichen Schlüsselpositionen für diese "Disziplinierung" sorgten.
Die vorhandenen Exemplare der "Arbeitshilfe“ wurden mit den Hinweis an die zuständigen kirchlichen Mitarbeiter in den Landeskirchen weitergeleitet: "Nur zum persönlichen Gebrauch und noch nicht zur Weitergabe bestimmt".
Die Information ist wegen Quellengefährdung nicht offiziell auswertbar.
Quelle:
IMV "Warth“ (HA XX/4)
IMV „Udo Ebert“ (BV Suhl)
IMV "Johannes" (BV Frankfurt/O)
Verteiler:
Generalmajor Kienberg
Oberst Ludwig
HA XX/AIG
HA XX/4
Hauptabteilung XX (Staatsapparat, Kultur, Kirchen, Untergrund)
Die Hauptabteilung XX bildete den Kernbereich der politischen Repression und Überwachung der Staatssicherheit. In Struktur und Tätigkeit passte sie sich mehrfach an die sich wandelnden Bedingungen der Herrschaftssicherung an. Die Diensteinheit ging 1964 durch Umbenennung aus der Hauptatbeilung V hervor, die ihrerseits in den Abteilungen V und VI (1950–1953) ihre Vorläufer hatte.
Die Hauptabteilung XX und die ihr nachgeordneten Abteilungen XX in den Bezirksverwaltungen (Linie XX) sowie entsprechende Arbeitsbereiche in den KD überwachten wichtige Teile des Staatsapparates (u. a. Justiz, Gesundheitswesen und bis 1986 das Post- und Fernmeldewesen), die Blockparteien und Massenorganisationen, den Kultur- und Sportbereich, die Medien und die Kirchen sowie SED-Sonderobjekte und Parteibetriebe. Federführend war die Hauptabteilung XX auch bei der Bekämpfung der "politischen Untergrundtätigkeit" (PUT), also der Opposition.
Ab der zweiten Hälfte der 50er Jahre und verstärkt seit dem Beginn der Entspannungspolitik fühlte sich das SED-Regime zunehmend durch die "politisch-ideologische Diversion" (PiD) bedroht. Die Schwächung der "Arbeiter-und-Bauern-Macht" durch "ideologische Aufweichung und Zersetzung" galt als Hauptinstrument des Westens bei der Unterminierung der DDR. Auch bei der Bekämpfung der PiD hatte die Hauptabteilung XX innerhalb des MfS die Federführung.
Das Erstarken der Bürgerrechtsbewegung (Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsgruppen) in der DDR führte in den 80er Jahren zu einem weiteren Bedeutungszuwachs der Linie XX. In der DA 2/85 bestätigte Minister Mielke dementsprechend die Federführung der Hauptabteilung XX bei der Bekämpfung der PUT.
Im Verlauf der fast 40-jährigen Entwicklung der Hauptabteilung XX veränderte sich ihre Struktur mehrfach. In der Endphase verfügte sie über neun operative Abteilungen und vier Funktionalorgane der Leitung (Sekretariat, Arbeitsgruppe der Leitung, Koordinierungsgruppe des Leiters, Auswertungs- und Kontrollgruppe).
Die Hauptabteilung V lag ab 1953 zunächst im unmittelbaren Anleitungsbereich von Mielke in seiner Eigenschaft als 1. Stellvertreter des Staatssicherheitschefs. Ab 1955 war der stellvertretende Minister Bruno Beater und 1964–1974 der stellv. Minister Fritz Schröder auf der Ebene der MfS-Leitung für die Hauptabteilung XX zuständig. Beide waren zuvor selbst (Beater 1953–1955, Schröder 1955–1963) Leiter der Hauptabteilung V. Seit 1975 gehörte die Hauptabteilung XX zum Verantwortungsbereich von Mielkes Stellvertreter Rudi Mittig. Von 1964 bis zur Auflösung des MfS leitete Kienberg die Hauptabteilung XX. Ihm standen seit 1965 zwei Stellvertreter zur Seite.
1954 waren in der Hauptabteilung V insgesamt 139 Mitarbeiter beschäftigt. Im Herbst 1989 verfügte die Hauptabteilung XX über 461 Mitarbeiter, von denen mehr als 200 als IM-führende Mitarbeiter eingesetzt waren.
In den 15 Bezirksverwaltungen waren auf der Linie XX im Oktober 1989 insgesamt knapp 1.000 Kader und damit auf der gesamten Linie XX fast 1.500 hauptamtliche Mitarbeiter im Einsatz. Gleichzeitig konnte allein die Hauptabteilung XX mit etwas mehr als 1.500 IM auf einen überdurchschnittlich hohen Bestand an inoffiziellen Kräften zurückgreifen. Ihrem Aufgabenprofil entsprechend spiegelt sich nicht zuletzt in der Entwicklung der Hauptabteilung XX auch die Geschichte von Opposition, Widerstand und politischer Dissidenz in der DDR. Im Herbst 1989 wurden von der Diensteinheit 31 Operative Vorgänge (10 Prozent aller Operativen Vorgänge im Berliner Ministeriumsbereich) und 59 Operative Personenkontrollen (8,7 Prozent) bearbeitet.
Die AIG entstanden mit der Einführung des einheitlichen Auswertungs- und Informationssystems 1965 aus den in den Bezirksverwaltungen und zentralen operativen Diensteinheiten des MfS schon bestehenden Informationsgruppen. In ihrem Zuständigkeitsbereich oblag ihnen die Bewertung und Selektion von Informationen, die Gewährleistung des Informationsflusses und die Fertigung der Berichte für die Partei- und Staatsfunktionäre. Die AIG unterstanden der fachlichen Anleitung und Kontrolle der ZAIG. 1978/79 wurden sie zu Auswertungs- und Kontrollgruppen erweitert.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Quelle war eine zentrale IM-Kategorie der Hauptverwaltung A. Als Quelle wurden im sogenannten Operationsgebiet tätige inoffizielle Mitarbeiter bezeichnet, die in der Lage waren, an geheime Informationen über Aktivitäten und Absichten sowie Ressourcen und interne Lagebedingungen gegnerischer Einrichtungen zu gelangen.
Es wurden zwei Typen von Quellen unterschieden:
Zuletzt besaß die HV A (einschließlich der ihr nachgeordneten Abteilungen XV der BV) in der Bundesrepublik und Westberlin 133 A-Quellen und 449 O-Quellen.
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Audiomitschnitt Radio Glasnost 25. April 1988 Audio, 42 Minuten, 4 Sekunden
Information über die Durchführung eines Friedensforums in der Kreuzkirche Dresden Dokument, 20 Seiten
Informationen zu den durchgeführten Maßnahmen Aktion "David" Dokument, 19 Seiten
Information über den Verlauf des Kirchentages in Wittenberg 1983 Dokument, 7 Seiten