Signatur: BStU, MfS, AIM, Nr. 15172/83, Bd. 3, Bl. 53
Baden-Württemberg gehörte zum "operativ" zu bearbeitenden Gebiet der Bezirksverwaltung Dresden. Um an möglichst detailreiche Informationen zu kommen, warb die Stasi Inoffizielle Mitarbeiter (IM) in Westdeutschland.
Baden-Württemberg gehörte zum "operativ" zu bearbeitenden Gebiet der Bezirksverwaltung Dresden. Das MfS interessierte sich hier für die Landesregierung und ihre Ministerien, die Geheimdienste, die Bundeswehr, aber auch für Wirtschaftsunternehmen. Um an möglichst detailreiche Informationen zu kommen, warb die BV auch Inoffizielle Mitarbeiter (IM) in Westdeutschland an.
Der Zuträger mit dem Decknamen "Hermann" war einer dieser IM. 1970 von einem Stasi-Mitarbeiter angeworben berichtete er über persönliche Verbindungen und Personen im Raum Stuttgart. Das vorliegende Dokument ist ein Bericht des IM über das amerikanische Arbeitsamt in Stuttgart, für das sich das MfS interessierte. Dabei handelte es sich vermutlich um eine Rekrutierungsstelle der US-Armee für zivile Angestellte. In dem Gebäude waren wohl außerdem Dienststellen der Bundeswehr untergebracht. "Hermann" sollte die Liegenschaft ausspähen, Öffnungszeiten in Erfahrung bringen und den Tagesablauf des Personals festhalten. "Hermann" berichtete die Details seinem Führungsoffizier mündlich, das Dokument ist die Abschrift einer Tonbandaufnahme dieses Berichts.
— Tonbandabschrift —
Betr.: Amerikanisches Arbeitsamt in Stuttgart, Olgastraße
Das Gebäude des Arbeitsamtes befindet sich nach wie vor noch in der Olgastraße, nur ist der Eingang für das Arbeitsamt jetzt vom Haupteingang verlegt in eine Nebenstraße. Die offiziellen Dienstzeiten sind in den. Vormittagsstunden. und die Gesamtarbeitszeit dürfte von den Angestellten gegen 15.45 - 16.00 Uhr beendet sein. Um nähere Einzelheiten ausfindig zu machen, müßte ich einen Tag frei oder Urlaub machen, um das Gebäude näher beobachten zu können, bzw. Feststellungen zu treffen. Das war mir aufgrund der gesamten Arbeitslage bis heute nicht möglich.
Am Eingang des Wehrbezirkskommandos dieser Bundesdienststelle habe ich mich beim Pförtner erkundigt nach der Arbeitsszeit und wie ich dort vorsprechen könnte. Ich erhielt zur Antwort, daß das nur in den Vormittagsstunden. möglich ist daß um die Zeit, als ich dort war — zwischen 15.45 und 16.00 Uhr — niemand mehr da ist.
In dem Grundstück befindet sich ein kleiner Hof, wo auch ein Parkplatz für Autos vorhanden ist. Es standen auch welche darauf. Aber inwieweit das Dienstfahrzeuge oder Privatfahrzeuge waren, konnte ich nicht feststellen, denn alle hatten Stuttgarter Kennzeichen. Zum anderen ist es so, daß man nicht feststellen kann, zu wem die Fahrzeuge gehören, da in der Dienststelle die Bundeswehr und auch das Arbeitsamt untergebracht ist.
Berlin, den 21.4.1973
gez.: "Hermann"
F.d.R.A.
Quitzsch/Gefr.
Dresden, den 24.4.1973
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Hauptamtliche Mitarbeiter des MfS, die IM und OibE führten, in MfS-Dokumenten auch als vorgangsführende Mitarbeiter oder IM-führende Mitarbeiter (umgangssprachlich Führungsoffiziere) bezeichnet, von denen es im MfS zuletzt etwa 12.000 bis 13.000 gab. Sie waren für eine Region oder Institution, für bestimmte Personenkreise oder spezifische Sachfragen zuständig und hatten die Sicherheitslage in ihrem Verantwortungsbereich zu beurteilen.
Es wurde von ihnen erwartet, dass sie insbesondere durch Rekrutierung und Einsatz von IM die "staatliche Sicherheit und die gesellschaftliche Entwicklung" vorbeugend sicherten. Verdächtige Personen waren in OV oder OPK zu "bearbeiten", Personengruppen mit besonderen Befugnissen mit Sicherheitsüberprüfungen unter Kontrolle zu halten. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben sollten sie das politisch-operative Zusammenwirken mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen nutzen.
Bericht zu einem Treff mit dem westdeutschen IM "Hermann" Dokument, 1 Seite
Treffvorbereitung für einen Treff mit dem westdeutschen IM "Hermann" Dokument, 2 Seiten
Motive des westdeutschen IM "Hermann" für die Zusammenarbeit mit der Stasi Dokument, 1 Seite
Bereitschaftserklärung des westdeutschen IM "Hermann" Dokument, 1 Seite