Bitte um Ausnahmegenehmigung für die Einreise von Franz Bartzsch
Signatur: BArch, MfS, HA XX, Nr. 18524, Bl. 70
Der Musiker Franz Bartzsch war 1980 nach einem Auftritt in West-Berlin nicht in die DDR zurückgekehrt. Obwohl er deshalb mit einem Einreiseverbot für die DDR belegt war, konnte er 1987 als künstlerischer Leiter drei Roland-Kaiser-Konzerte in Ost-Berlin betreuen. Erich Honecker und Erich Mielke persönlich hatten Franz Bartzschs Aufenthalt in Ost-Berlin genehmigt, um zu viel Aufmerksamkeit um dessen Fluchtgeschichte zu vermeiden.
Franz Bartzsch gründete zusammen mit Veronika Fischer 1974 eine Band. Er war Musiker, Sänger und Komponist und arbeitete in der DDR mit verschiedenen Bands zusammen. Nach einem Auftritt in West-Berlin im Jahr 1980 kehrte er nicht mehr in die DDR zurück.
In West-Berlin arbeitete er als Studio- und Live-Musiker unter anderem für Udo Jürgens und Roland Kaiser. Mit Roland Kaiser sollte er 1987 bei der 750-Jahr-Feier in Ost-Berlin im Friedrichstadtpalast auftreten. Da Bartzsch aber aus der DDR geflüchtet war, durfte er nicht wieder einreisen.
Deshalb bat Roland Kaiser in einem persönlichen Brief den SED-Chef Erich Honecker, Franz Bartzsch für die Konzerte im Friedrichstadtpalast einreisen zu lassen. Franz Bartzsch durfte für diese Konzerte einreisen, musste aber unter dem Pseudonym „Daniel Matthi“ auftreten.
Das vorliegende Dokument zeigt, dass Roland Kaisers Anfrage an Erich Honecker erfolgreich war. Der Leiter der Stasi-Hauptabteilung XX (Staatsapparat, Kirchen, Kultur, Untergrund), Paul Kienberg, informierte die zuständige Stasi-Bezirksverwaltung Berlin über die zeitweilige Aussetzung der Einreisesperre.
Metadaten
Ministerium für Staatssicherheit
Hauptabteilung XX
Leiter
Berlin, 15.4.1987
kie-li/[Auslassung]/87
7534
Bezirksverwaltung
für Staatssicherheit
Stellvertreter Operativ
Genossen Oberstleutnant Zeiseweis
Berlin
Auf Grund zentraler Entscheidung wurde festgelegt, daß der
Franz Bartzsch
geb. am 08.06.1947
zusammen mit dem Sänger Roland Kaiser Ende Oktober 1987 für Auftritte im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten 750-Jahre Berlin in die Hauptstadt der DDR einreisen kann.
Es wird gebeten, die Einreisesperre für den Zeitraum vom 25. - 30.10.1987 auszusetzen.
Es handelt sich um eine einmalige Ausnahmegenehmigung.
Die zuständigen Institutionen wurden informiert (Fernsehen der DDR u.a.), damit entsprechende vorbeugende Maßnahmen in bezug auf Fernsehaufnahmen und Kontakte zu DDR-Künstlern eingeleitet werden.
[Unterschrift: Kienberg]
Kienberg
Generalmajor