Brief von Udo Lindenberg an Erich Honecker
Signatur: BStU, MfS, HA XX, ZMA, Nr. 20037, Bl. 60-62
1983 versuchte Udo Lindenberg, die Genehmigung für ein Konzert in der DDR zu erhalten. In einem Schreiben wandte er sich direkt an den SED-Generalsekretär Erich Honecker.
Zu Beginn der 1980er Jahre bemühte sich der westdeutsche Musiker Udo Lindenberg intensiv um die Genehmigung für einen Auftritt in der DDR. Dort hatte Lindenberg viele Fans, die seine Musik unter anderem aus den auch in Ostdeutschland zu empfangenden Westsendern kannten. Nachdem Lindenberg mehrfach mit seinem Wunsch gescheitert war, wandte er sich 1983 schließlich in einem Brief direkt an den SED-Generalsekretär Erich Honecker. Die Stasi nahm eine Kopie des Schreibens zu der umfangreichen Materialsammlung, die sie bereits zu Lindenberg angelegt hatte.
Ungewöhnlich ist der Ton Lindenbergs, der hier sachlich, höflich und durchaus respektvoll seinen Wunsch vorträgt. Anders als in seinen Liedern nennt er Honecker hier nicht "Honey", sondern formlich "Herr Staatsratsvorsitzender" nach dem zweiten zentralen Amt des SED-Funktionärs. Unter anderem versucht er, mögliche Irritationen auszuräumen, die sein Lied "Sonderzug nach Pankow" in der SED-Führung ausgelöst haben könnte. Darin nannte er Honecker einen "sturen Schrat" und forderte ihn auf, die Sache locker zu sehen.
Metadaten
"Wahrheit", der Zeitung der SEW, in den Zeitungen der DDR zitiert worden sein.
Um so mehr hat es mich irritiert, daß Andere aus dem Showgeschäft der BRD in Ihrem Staat auftreten konnten und ich nicht. Betrachten Sie bitte deshalb, Herr Staatsratsvorsitzender, meinen Text auf eine bekannte Schlagermelodie "Sonderzug nach Pankow" als ein Dokument meiner Irritation. Mein Wunsch in diesem Lied, im Palast der Republik auftreten zu wollen, ist ernstgemeint. (Wie das Lied allerdings in den hiesigen Medien eingesetzt worden ist und vielleicht manchmal noch wird, unterliegt nicht meinen Intentionen. Daß es hingegen für einige andere Lieder von mir ein Sendeverbot gibt, ist die andere Seite der Medaille.) Auf jeden Fall lag es mir fern, Herr Staatsratsvorsitzender, Sie mit diesem Liedchen zu diskreditieren. Im Gegenteil.
So habe ich auch davon abgesehen, von Westberlin aus, meinem jetzigen Wohnsitz, zu Ihnen zu fahren. Vielleicht lachen Sie jetzt über mich, aber es hätte sein können, daß ich von Ihren Leuten an der Grenze abgewiesen worden wäre, und am nächsten Tag hätte der Vorfall in den Springer-Zeitungen gestanden. Daran habe ich keinerlei Interesse.
Ich möchte im Palast der Republik oder beim Festival des politischen Liedes wie andere Rocksänger auftreten. Im Rahmen einer Solidaritätsveranstaltung würde ich selbstverständlich auf ein Honorar verzichten. Das mache ich