Dankschreiben des Vorsitzenden der Zentralen Abstimmungskommission an den Minister für Staatssicherheit
Signatur: BArch, MfS, SdM, Nr. 889, Bl. 87
Die Staatssicherheit begleitete 1968 die Wahlen zum Volksentscheid über die Annahme einer neuen "sozialistischen" Verfassung der DDR. Nach dem für die SED erfolgreichen Wahlausgang erhielt die Stasi diverse Danksagungen für ihre Arbeit.
Am 6. April 1968 fand der einzige Volksentscheid in der Geschichte der DDR statt. Zur Abstimmung stand der Entwurf einer neuen Verfassung. In ihr wurde der SED ausdrücklich die führende Rolle in der DDR, dem nunmehr "sozialistischen Staat deutscher Nation", zugesprochen.
Damit bei der Abstimmung im Sinne der SED alles glatt ging und alle Wahlberechtigten ihr Kreuzchen beim "Ja" setzten, inszenierte die Staatspartei vorab monatelang sogenannte Volksaussprachen. Diese in Arbeitskollektiven, an Hochschulen, Universitäten und bei den Streitkräften organisierten Versammlungen dienten der Kontrolle und Lenkung des Abstimmungsverhaltens. Trotzdem sagten in einigen Regionen 10 Prozent der Wählerinnen und Wähler "Nein" zur Verfassung.
Eine zentrale Rolle im Umfeld des Volksentscheids kam der Staatssicherheit zu. Der Befehl 8/68 von Stasi-Minister Mielke an alle Diensteinheiten war die Grundlage für die Maßnahme- und Einsatzpläne des MfS rund um den Volksentscheid. Aktion "Optimismus" war der geheimpolizeiliche Name für diese Operation. Sie begann am 28. März 1968, 17 Uhr, und endete am 7. April 1968, 17 Uhr.
Alle Diensteinheiten waren verpflichtet, regelmäßig über die allgemeine Stimmung in der Bevölkerung zu informieren, vor allem darüber, ob es ablehnende Haltungen oder gar offenen Protest gegen die neue Verfassung gab. Die Berichte wurden zusammengefasst und an die Zentrale Auswertungs- und Kontrollgruppe (ZAIG) des MfS gemeldet. Diese hatte die Aufgabe, die Partei- und Staatsführung täglich auf dem Laufenden zu halten. So sollte das Wahlverhalten der Bürgerinnen und Bürger mit hohem Aufwand überwacht und gesteuert werden.
Die Partei- und Staatsführung zeigte sich mit dem Ausgang der Wahl und einem Abstimmungsergebnis von 94,5 Prozent Zustimmung und 5,5 Prozent Ablehnung zufrieden. Der Vorsitzende der Zentralen Abstimmungskommission, Heinrich Homann, bedankte sich anschließend bei Stasi-Chef Erich Mielke für die Arbeit der MfS-Mitarbeiter bei der "Vorbereitung und Durchführung des Volksentscheids".
Metadaten
- Datum:
- 11.4.1968
- Überlieferungsform:
- Dokument
Zentrale Abstimmungskommission
- Der Vorsitzende
102 Berlin
Breite Straße
den 11. April 1968
Minister für Staatssicherheit
Genossen Erich Mielke
Berlin
[Stempel: VME/[handschriftliche Ergänzung: 477]/68
11. Apr. 1968]
[Handschriftliche Ergänzung: s. VME/461/68]
Werter Genosse Mielke!
Der Volksentscheid über die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik wurde am 6. April 1968 erfolgreich mit einem einmütigen Bekenntnis unserer Bevölkerung zu ihrer neuen Verfassung durchgeführt. An diesem großen Werk wirkten auch die Mitarbeiter Ihres Ministeriums auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen verantwortungsvoll mit.
Haben Sie recht herzlichen Dank für die Leistungen Ihres Kollektivs. Bitte übermitteln Sie allen Genossen, die unmittelbar bei der Vorbereitung und Durchführung des Volksentscheids mit der Erfüllung von Sicherungsaufgaben beauftragt waren, den herzlichen Dank und die Anerkennung der Zentralen Abstimmungskommission für ihre geleistete Arbeit.
Mit vorzüglicher Hochachtung
[Unterschrift]
Dr. Heinrich Homann