Signatur: BStU, MfS, AGM, Nr. 1838, Bl. 1-40
Die Direktive 1/67 regelte die Aufgaben des MfS im Mobilmachungsfall. Besonders brisant ist dabei die geplante Inhaftierung von Oppositionellen in Isolierungslagern.
In den 60er Jahre spitzte sich der Ost-West-Konflikt immer wieder zu. Der Bau der Berliner Mauer und die Kubakrise lösten eine neue Eiszeit zwischen den beiden Supermächten aus und beschleunigten das Wettrüsten. Der Nationale Verteidigungsrat der DDR (NVR) lies vor diesem Hintergrund im Januar 1967 zentrale Anweisungen für Verteidigungszustand erarbeiten. Willi Stoph, als Vorsitzender des Ministerrates der DDR war gemeinsam mit dem Minister für Nationale Verteidigung, Armeegeneral Heinz Hoffmann, und dem Minister für Staatssicherheit, Generaloberst Erich Mielke, dafür verantwortlich, bis Ende Juli die erforderlichen Direktiven zu erlassen.
Mielke kam dieser Aufgabe nach und erließ die vorliegende Direktive 1/67, die alle zentralen Aufgaben und Tätigkeiten, die das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) im Mobilmachungs- und Ernstfall übernehmen sollte, umriss und die dafür notwendigen Vorbereitungen anwies. Bis Ende 1989 bildete diese zentrale Anweisung die Grundlage für das MfS, dessen Hauptaufgabe im Kriegsfall darin bestehen sollte, die staatliche Sicherheit weiterhin zu gewährleisten. Festgelegt wurden ebenfalls die Leitungsprinzipien und die Zusammenarbeit mit den anderen bewaffneten Organen der DDR.
Besondere Bedeutung hat diese Vorschrift, weil im Verteidigungsfall Oppositionelle verhaftet und isoliert werden sollten. Dies wurde im Kennziffernsystem der Direktive unter Punkt 4 als "Vorbeugekomplex" bezeichnet.
Genauere Angaben zu den geplanten Isolierungslagern sind in der ersten Durchführungsbestimmung zur Direktive ausgeführt. Insgesamt existieren eine Stabsdienstvorschrift und fünf ergänzende Durchführungsbestimmungen zur Direktive 1/67.
Der imperialistischen Aggressionspolitik wohnt die Tendenz der Eskalation bis zum
Äußersten inne. Der westdeutsche Imperialismus ist bereit, im Interesse der Ausdehnung seines Machtbereiches unter Umständen einen Atomkrieg zu entfesseln.
Politisch geht es der westdeutschen Regierung und Bundeswehrführung in der "Strategie der Varianten" darum, nach Möglichkeit auch ohne atomare Mittel, jedoch bei gleichzeitiger Bereitschaft zu ihrem Einsatz entsprechend ihrer Planung, eine Aggression auszulösen.
Durch die Bundeswehrführung werden alle Arten des Krieges, vom verdeckten Krieg bis zum thermonuklearen Weltkrieg, analysiert und mögliche Kombinationen in Betracht gezogen.
Die Hauptorientierung für die militärische, wirtschaftliche und moralische Kriegsvorbereitung richtet sich auf den Raketenkernwaffenkrieg.
Die vorgesehenen Varianten der Kriegsentfesselung reichen vom Übergang zum Krieg aus einer längeren oder kürzeren Spannungsperiode heraus über die Anwendung der Eskalation bis zum überraschenden Raketenkernwaffenüberfall.
Diese "Variantentheorie" findet auch in der Ausbildung der Bundeswehr ihren praktischen Niederschlag. So wird u. a. das Schießen mit Raketen aus Feuerstellungen in den Kasernenkomplexen trainiert und aus Manöverlagen heraus der Angriff auf die Deutsche Demokratische Republik erprobt.
Hauptbestandteil der westdeutschen Kriegsdoktrin ist die Vorwärtsstrategie als grundlegende militärstrategische Konzeption des westdeutschen Imperialismus. Der Kern der Vorwärtsstrategie wird durch den Besitz taktischer und operativ-taktischer Kernwaffen sowie die Mitbestimmung Bonns über die Einsatzplanung operativer und strategischer Kernwaffen charakterisiert.
Die Arbeitsgruppe des Ministers (AGM) war eine 1960/61 aus dem Büro der Leitung herausgelöste Arbeitsgruppe für die Koordinierung der für den Mobilisierungsfall notwendigen Maßnahmen. Ihr oblagen
Die AGM war eingebunden in die bi- und multilaterale Zusammenarbeit der Sicherheitsorgane der sozialistischen Länder. Hierfür setzte die Vertretung des KGB beim MfS einen Verbindungsoffizier bei der AGM ein. Leiter der AGM waren 1960/61–1975 Alfred Karl Scholz, 1980–1987 Otto Geisler, 1987–1989 Erich Rümmler. Die AGM hatte 1961 8, 1970 34, 1980 48 und 1989 692 Mitarbeiter. In den BV übernahmen AGL analoge Funktionen.
Bekämpfung von Widerstand und Opposition umschreibt, was zwischen 1950 und 1989 als eine Kernaufgabe des MfS galt. Gegen den Willen eines Großteils der ostdeutschen Bevölkerung wurde eine Diktatur etabliert, die nicht durch Wahlen legitimiert war: Dies war einer der Gründe für die Bildung des MfS am 8.2.1950.
Um ihren gesellschaftlichen Alleinvertretungs- und Herrschaftsanspruch zu sichern, schuf sich die SED als Repressions- und polizeistaatliche Unterdrückungsinstanz das MfS - das konsequenterweise so auch offiziell von ihr als "Schild und Schwert der Partei" bezeichnet wurde. Bereits in der "Richtlinie über die Erfassung von Personen, die eine feindliche Tätigkeit durchführen und von den Organen des MfS der DDR festgestellt wurden" vom 20.9.1950 wurde dementsprechend festgelegt, dass "alle Personen" zu registrieren seien, deren Verhalten geeignet war, die "Grundlagen" der DDR in Frage zu stellen.
Ferner wurde bestimmt, dass "über Personen, die eine feindliche Tätigkeit ausüben, [...] Vorgänge" anzulegen sind und über "die erfassten Personen [...] eine zentrale Kartei" einzurichten ist. Das offensive Vorgehen gegen Regimegegner erfuhr eine Ergänzung in den gleichzeitig getroffenen Festlegungen zur Übergabe der als "feindlich" klassifizierten Personen an die Staatsanwaltschaften.
Das MfS wurde somit bei der Bekämpfung von Widerstand und Opposition zur Ermittlungsinstanz; die nachfolgenden Urteile gegen Oppositionelle und Regimekritiker ergingen in enger Kooperation mit den vom MfS zumeist vorab instruierten Gerichten und zum Schein vermeintlicher Rechtsstaatlichkeit unter Hinzuziehung von mit dem MfS häufig zusammenarbeitenden Rechtsanwälten.
Inhalte, Auftreten und Erscheinungsbild von politisch abweichendem Verhalten, Widerstand und Opposition wandelten sich im Laufe der DDR-Geschichte. Zugleich änderten sich auch die Strategien und Methoden des MfS in Abhängigkeit vom konkreten Erscheinungsbild von Protest und Widerstand, aber auch analog zum Ausbauniveau des Apparates und seines Zuträger- und Informantennetzes sowie zur jeweils getroffenen Lageeinschätzung und unter Berücksichtigung der politischen Rahmenbedingungen.
Zu allen Zeiten gab es in beinahe allen Bevölkerungsgruppen und in allen Regionen Aufbegehren, Opposition und Widerstand. In den ersten Jahren nach Gründung der DDR gingen die SED und das MfS mit drakonischen Abschreckungsstrafen (u. a. Todesurteilen) gegen politische Gegner vor. Gefällt wurden die Urteile nicht selten in penibel vorbereiteten Strafprozessen mit präparierten Belastungszeugen und unter Verwendung erzwungener Geständnisse.
In mehreren Orten der DDR wurden z. B. Oberschüler (Werdau, Leipzig, Werder, Eisenfeld, Fürstenberg/Oder, Güstrow), die anknüpfend an das Vorbild der Gruppe "Weiße Rose" in der NS-Diktatur Widerstand geleistet hatte, zum Tode oder zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt, weil sie Informationen gesammelt und Flugblätter verteilt hatten. Manch einer von ihnen überlebte die Haftbedingungen nicht oder nur mit dauerhaften gesundheitlichen Schäden.
Im Laufe der 50er Jahre ging das MfS schrittweise zum verdeckten Terror über. Nach wie vor ergingen langjährige Zuchthausstrafen; politische Opponenten, die von Westberlin aus die Verhältnisse in der DDR kritisierten, wurden - wie Karl Wilhelm Fricke 1955 - in geheimen Operationen entführt, nach Ostberlin verschleppt, in MfS-Haft festgehalten und vor DDR-Gerichte gestellt (Entführung).
Das Bestreben der SED, sich in der westlichen Öffentlichkeit aufgrund dieser ungelösten Fälle und angesichts eklatanter Menschenrechtsverletzungen nicht fortlaufender Kritik ausgesetzt zu sehen, führte, begünstigt durch die Absicht, der maroden Finanz- und Wirtschaftslage mit westlicher Unterstützung beizukommen, schrittweise zu einem Wandel. Im Ergebnis kam es auch zu einer Modifikation der MfS-Strategien im Vorgehen gegenüber Widerstand und Opposition.
Neben die im Vergleich zu den 50er Jahren zwar niedrigeren, für die Betroffenen aber nach wie vor empfindlich hohen Haftstrafen traten als beabsichtigt "lautloses" Vorgehen die Strategien der Kriminalisierung und Zersetzung. In einem "Entwurf der Sektion politisch-operative Spezialdisziplin" des MfS, der auf 1978 zu datieren ist, wird hierzu ausgeführt: "Um der Behauptung des Gegners die Spitze zu nehmen, dass wir ideologische Meinungsverschiedenheiten oder Andersdenkende mit Mitteln des sogenannten politischen Strafrechts bekämpfen, sind dazu noch wirksamer Maßnahmen zur Kriminalisierung dieser Handlungen sowie nicht strafrechtliche Mittel anzuwenden."
In der Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" vom Januar 1976 wurden unter Punkt 2.6 "die Anwendung von Maßnahmen der Zersetzung" geregelt und unter Punkt 2.6.2 die "Formen, Mittel und Methoden der Zersetzung" erörtert. Jene reichten u. a. von der "systematischen Diskreditierung des öffentlichen Rufes" auch mittels "unwahrer […] Angaben" und der "Verbreitung von Gerüchten" über das "Erzeugen von Misstrauen", dem "Vorladen von Personen zu staatlichen Dienststellen" bis zur "Verwendung anonymer oder pseudonymer Briefe, […] Telefonanrufe".
Mit der "Ordnungswidrigkeitenverordnung" (OWVO) von 1984 ging man zudem verstärkt dazu über, politisch unliebsame Personen, sofern sie sich an Protesten beteiligten, mit Ordnungsstrafen zu überziehen und sie somit materiell unter Druck zu setzen. All diese Maßnahmen sollten nach außen hin den Eindruck erwecken, dass das MfS weniger rigoros als in früheren Jahren gegen Regimegegner vorging.
Nach der Freilassung von Oppositionellen, die kurz zuvor während der Durchsuchung der Umweltbibliothek 1987 und nach den Protesten am Rande der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration 1988 in Berlin inhaftiert worden waren, äußerten selbst SED-Mitglieder Zweifel, ob das MfS noch in der Lage sei, offensiv und effektiv gegen politische Opponenten vorzugehen.
Hochgerüstet und allemal zum Einschreiten bereit, trat das MfS jedoch noch bis in den Herbst 1989 gegenüber weniger prominenten Menschen in Aktion, die Widerstand leisteten, inhaftierte diese und ließ gegen sie hohe Haftstrafen verhängen. Bis zum Ende der DDR schritt das MfS bei sog. Demonstrativhandlungen ein und ging gegen - wie es hieß - ungesetzliche Gruppenbildungen vor.
Signatur: BStU, MfS, AGM, Nr. 1838, Bl. 1-40
Die Direktive 1/67 regelte die Aufgaben des MfS im Mobilmachungsfall. Besonders brisant ist dabei die geplante Inhaftierung von Oppositionellen in Isolierungslagern.
In den 60er Jahre spitzte sich der Ost-West-Konflikt immer wieder zu. Der Bau der Berliner Mauer und die Kubakrise lösten eine neue Eiszeit zwischen den beiden Supermächten aus und beschleunigten das Wettrüsten. Der Nationale Verteidigungsrat der DDR (NVR) lies vor diesem Hintergrund im Januar 1967 zentrale Anweisungen für Verteidigungszustand erarbeiten. Willi Stoph, als Vorsitzender des Ministerrates der DDR war gemeinsam mit dem Minister für Nationale Verteidigung, Armeegeneral Heinz Hoffmann, und dem Minister für Staatssicherheit, Generaloberst Erich Mielke, dafür verantwortlich, bis Ende Juli die erforderlichen Direktiven zu erlassen.
Mielke kam dieser Aufgabe nach und erließ die vorliegende Direktive 1/67, die alle zentralen Aufgaben und Tätigkeiten, die das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) im Mobilmachungs- und Ernstfall übernehmen sollte, umriss und die dafür notwendigen Vorbereitungen anwies. Bis Ende 1989 bildete diese zentrale Anweisung die Grundlage für das MfS, dessen Hauptaufgabe im Kriegsfall darin bestehen sollte, die staatliche Sicherheit weiterhin zu gewährleisten. Festgelegt wurden ebenfalls die Leitungsprinzipien und die Zusammenarbeit mit den anderen bewaffneten Organen der DDR.
Besondere Bedeutung hat diese Vorschrift, weil im Verteidigungsfall Oppositionelle verhaftet und isoliert werden sollten. Dies wurde im Kennziffernsystem der Direktive unter Punkt 4 als "Vorbeugekomplex" bezeichnet.
Genauere Angaben zu den geplanten Isolierungslagern sind in der ersten Durchführungsbestimmung zur Direktive ausgeführt. Insgesamt existieren eine Stabsdienstvorschrift und fünf ergänzende Durchführungsbestimmungen zur Direktive 1/67.
Die Vorwärtsstrategie schließt die Möglichkeit selbständiger militärischer Aktionen der Bundeswehr ein.
Mit der Theorie vom verdeckten Krieg wurde die westdeutsche Vorwärtsstrategie um eine neue Variante der imperialistischen Kriegführung erweitert.
Das Angriffsziel des verdeckten Krieges als einer selbständigen Kriegsform besteht nach Auffassung der Bundeswehrführung darin, "die legale Staatsmacht zu erschüttern und nach Möglichkeit zu stürzen".
Die Bonner Generalität hegt in diesem Zusammenhang die illusionäre Absicht, die Deutsche Demokratische Republik und andere Staaten des sozialistischen Lagers unter Ausnutzung bzw. durch die Entwicklung von Bürgerkriegssituationen ohne Kernwaffeneinsatz zum Zusammenbruch bringen zu können.
Die militärische Aggression soll in jedem Falle durch konterrevolutionäre Aktionen und militärische Erpressungsmanöver vorbereitet und begleitet weiden.
Die Wesenszüge der westdeutschen Kriegsdokoktrin und die hektische Art, mit der diese Doktrin in die Tat umgesetzt wird, zeigen die ganze Abenteuerlichkeit und Gefährlichkeit des westdeutschen Militarismus.
Das bestehende internationale Kräfteverhältnis, das in zunehmendem Maße durch die Kräfte des Sozialismus und des Friedens bestimmt wird, offenbart zugleich die völlige Aussichtslosigkeit der aggressiven Pläne des westdeutschen Imperialismus.
Die Erfahrungen des Kampfes der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung lehren, daß der deutsche Imperialismus nicht nur ein äußerst gefährlicher und unberechenbarer, sondern auch ein starker und raffinierter Gegner ist, den man keinen Augenblick aus den Augen lassen darf.
Die Arbeitsgruppe des Ministers (AGM) war eine 1960/61 aus dem Büro der Leitung herausgelöste Arbeitsgruppe für die Koordinierung der für den Mobilisierungsfall notwendigen Maßnahmen. Ihr oblagen
Die AGM war eingebunden in die bi- und multilaterale Zusammenarbeit der Sicherheitsorgane der sozialistischen Länder. Hierfür setzte die Vertretung des KGB beim MfS einen Verbindungsoffizier bei der AGM ein. Leiter der AGM waren 1960/61–1975 Alfred Karl Scholz, 1980–1987 Otto Geisler, 1987–1989 Erich Rümmler. Die AGM hatte 1961 8, 1970 34, 1980 48 und 1989 692 Mitarbeiter. In den BV übernahmen AGL analoge Funktionen.
Bekämpfung von Widerstand und Opposition umschreibt, was zwischen 1950 und 1989 als eine Kernaufgabe des MfS galt. Gegen den Willen eines Großteils der ostdeutschen Bevölkerung wurde eine Diktatur etabliert, die nicht durch Wahlen legitimiert war: Dies war einer der Gründe für die Bildung des MfS am 8.2.1950.
Um ihren gesellschaftlichen Alleinvertretungs- und Herrschaftsanspruch zu sichern, schuf sich die SED als Repressions- und polizeistaatliche Unterdrückungsinstanz das MfS - das konsequenterweise so auch offiziell von ihr als "Schild und Schwert der Partei" bezeichnet wurde. Bereits in der "Richtlinie über die Erfassung von Personen, die eine feindliche Tätigkeit durchführen und von den Organen des MfS der DDR festgestellt wurden" vom 20.9.1950 wurde dementsprechend festgelegt, dass "alle Personen" zu registrieren seien, deren Verhalten geeignet war, die "Grundlagen" der DDR in Frage zu stellen.
Ferner wurde bestimmt, dass "über Personen, die eine feindliche Tätigkeit ausüben, [...] Vorgänge" anzulegen sind und über "die erfassten Personen [...] eine zentrale Kartei" einzurichten ist. Das offensive Vorgehen gegen Regimegegner erfuhr eine Ergänzung in den gleichzeitig getroffenen Festlegungen zur Übergabe der als "feindlich" klassifizierten Personen an die Staatsanwaltschaften.
Das MfS wurde somit bei der Bekämpfung von Widerstand und Opposition zur Ermittlungsinstanz; die nachfolgenden Urteile gegen Oppositionelle und Regimekritiker ergingen in enger Kooperation mit den vom MfS zumeist vorab instruierten Gerichten und zum Schein vermeintlicher Rechtsstaatlichkeit unter Hinzuziehung von mit dem MfS häufig zusammenarbeitenden Rechtsanwälten.
Inhalte, Auftreten und Erscheinungsbild von politisch abweichendem Verhalten, Widerstand und Opposition wandelten sich im Laufe der DDR-Geschichte. Zugleich änderten sich auch die Strategien und Methoden des MfS in Abhängigkeit vom konkreten Erscheinungsbild von Protest und Widerstand, aber auch analog zum Ausbauniveau des Apparates und seines Zuträger- und Informantennetzes sowie zur jeweils getroffenen Lageeinschätzung und unter Berücksichtigung der politischen Rahmenbedingungen.
Zu allen Zeiten gab es in beinahe allen Bevölkerungsgruppen und in allen Regionen Aufbegehren, Opposition und Widerstand. In den ersten Jahren nach Gründung der DDR gingen die SED und das MfS mit drakonischen Abschreckungsstrafen (u. a. Todesurteilen) gegen politische Gegner vor. Gefällt wurden die Urteile nicht selten in penibel vorbereiteten Strafprozessen mit präparierten Belastungszeugen und unter Verwendung erzwungener Geständnisse.
In mehreren Orten der DDR wurden z. B. Oberschüler (Werdau, Leipzig, Werder, Eisenfeld, Fürstenberg/Oder, Güstrow), die anknüpfend an das Vorbild der Gruppe "Weiße Rose" in der NS-Diktatur Widerstand geleistet hatte, zum Tode oder zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt, weil sie Informationen gesammelt und Flugblätter verteilt hatten. Manch einer von ihnen überlebte die Haftbedingungen nicht oder nur mit dauerhaften gesundheitlichen Schäden.
Im Laufe der 50er Jahre ging das MfS schrittweise zum verdeckten Terror über. Nach wie vor ergingen langjährige Zuchthausstrafen; politische Opponenten, die von Westberlin aus die Verhältnisse in der DDR kritisierten, wurden - wie Karl Wilhelm Fricke 1955 - in geheimen Operationen entführt, nach Ostberlin verschleppt, in MfS-Haft festgehalten und vor DDR-Gerichte gestellt (Entführung).
Das Bestreben der SED, sich in der westlichen Öffentlichkeit aufgrund dieser ungelösten Fälle und angesichts eklatanter Menschenrechtsverletzungen nicht fortlaufender Kritik ausgesetzt zu sehen, führte, begünstigt durch die Absicht, der maroden Finanz- und Wirtschaftslage mit westlicher Unterstützung beizukommen, schrittweise zu einem Wandel. Im Ergebnis kam es auch zu einer Modifikation der MfS-Strategien im Vorgehen gegenüber Widerstand und Opposition.
Neben die im Vergleich zu den 50er Jahren zwar niedrigeren, für die Betroffenen aber nach wie vor empfindlich hohen Haftstrafen traten als beabsichtigt "lautloses" Vorgehen die Strategien der Kriminalisierung und Zersetzung. In einem "Entwurf der Sektion politisch-operative Spezialdisziplin" des MfS, der auf 1978 zu datieren ist, wird hierzu ausgeführt: "Um der Behauptung des Gegners die Spitze zu nehmen, dass wir ideologische Meinungsverschiedenheiten oder Andersdenkende mit Mitteln des sogenannten politischen Strafrechts bekämpfen, sind dazu noch wirksamer Maßnahmen zur Kriminalisierung dieser Handlungen sowie nicht strafrechtliche Mittel anzuwenden."
In der Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" vom Januar 1976 wurden unter Punkt 2.6 "die Anwendung von Maßnahmen der Zersetzung" geregelt und unter Punkt 2.6.2 die "Formen, Mittel und Methoden der Zersetzung" erörtert. Jene reichten u. a. von der "systematischen Diskreditierung des öffentlichen Rufes" auch mittels "unwahrer […] Angaben" und der "Verbreitung von Gerüchten" über das "Erzeugen von Misstrauen", dem "Vorladen von Personen zu staatlichen Dienststellen" bis zur "Verwendung anonymer oder pseudonymer Briefe, […] Telefonanrufe".
Mit der "Ordnungswidrigkeitenverordnung" (OWVO) von 1984 ging man zudem verstärkt dazu über, politisch unliebsame Personen, sofern sie sich an Protesten beteiligten, mit Ordnungsstrafen zu überziehen und sie somit materiell unter Druck zu setzen. All diese Maßnahmen sollten nach außen hin den Eindruck erwecken, dass das MfS weniger rigoros als in früheren Jahren gegen Regimegegner vorging.
Nach der Freilassung von Oppositionellen, die kurz zuvor während der Durchsuchung der Umweltbibliothek 1987 und nach den Protesten am Rande der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration 1988 in Berlin inhaftiert worden waren, äußerten selbst SED-Mitglieder Zweifel, ob das MfS noch in der Lage sei, offensiv und effektiv gegen politische Opponenten vorzugehen.
Hochgerüstet und allemal zum Einschreiten bereit, trat das MfS jedoch noch bis in den Herbst 1989 gegenüber weniger prominenten Menschen in Aktion, die Widerstand leisteten, inhaftierte diese und ließ gegen sie hohe Haftstrafen verhängen. Bis zum Ende der DDR schritt das MfS bei sog. Demonstrativhandlungen ein und ging gegen - wie es hieß - ungesetzliche Gruppenbildungen vor.
Signatur: BStU, MfS, AGM, Nr. 1838, Bl. 1-40
Die Direktive 1/67 regelte die Aufgaben des MfS im Mobilmachungsfall. Besonders brisant ist dabei die geplante Inhaftierung von Oppositionellen in Isolierungslagern.
In den 60er Jahre spitzte sich der Ost-West-Konflikt immer wieder zu. Der Bau der Berliner Mauer und die Kubakrise lösten eine neue Eiszeit zwischen den beiden Supermächten aus und beschleunigten das Wettrüsten. Der Nationale Verteidigungsrat der DDR (NVR) lies vor diesem Hintergrund im Januar 1967 zentrale Anweisungen für Verteidigungszustand erarbeiten. Willi Stoph, als Vorsitzender des Ministerrates der DDR war gemeinsam mit dem Minister für Nationale Verteidigung, Armeegeneral Heinz Hoffmann, und dem Minister für Staatssicherheit, Generaloberst Erich Mielke, dafür verantwortlich, bis Ende Juli die erforderlichen Direktiven zu erlassen.
Mielke kam dieser Aufgabe nach und erließ die vorliegende Direktive 1/67, die alle zentralen Aufgaben und Tätigkeiten, die das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) im Mobilmachungs- und Ernstfall übernehmen sollte, umriss und die dafür notwendigen Vorbereitungen anwies. Bis Ende 1989 bildete diese zentrale Anweisung die Grundlage für das MfS, dessen Hauptaufgabe im Kriegsfall darin bestehen sollte, die staatliche Sicherheit weiterhin zu gewährleisten. Festgelegt wurden ebenfalls die Leitungsprinzipien und die Zusammenarbeit mit den anderen bewaffneten Organen der DDR.
Besondere Bedeutung hat diese Vorschrift, weil im Verteidigungsfall Oppositionelle verhaftet und isoliert werden sollten. Dies wurde im Kennziffernsystem der Direktive unter Punkt 4 als "Vorbeugekomplex" bezeichnet.
Genauere Angaben zu den geplanten Isolierungslagern sind in der ersten Durchführungsbestimmung zur Direktive ausgeführt. Insgesamt existieren eine Stabsdienstvorschrift und fünf ergänzende Durchführungsbestimmungen zur Direktive 1/67.
Gegen die Absicht der Bonner Regierung, ihr Revancheprogramm mit militärischen Mitteln zu verwirklichen und die Völker Europas in einen neuen Krieg hineinzuziehen, ist die Geschlossenheit der sozialistischen Völkergemeinschaft und die militärische Kraft der Staaten des Warschauer Vertrages die wirksamste Barriere.
Die Deutsche Demokratische Republik festigt ständig ihre staatliche Souveränität und internationale Bedeutung. Ihre wachsende Kraft und ihre konstruktive Friedenspolitik schieben den Plänen des westdeutschen Imperialismus einen starken Riegel vor.
Die Anerkennung der Deutschen Demokratischen Republik und die Verteidigung ihrer souveränen Rechte ist zu einer der Hauptaufgaben des Kampfes um die europäische Sicherheit geworden. Die Existenz und die Entwicklung eines sozialistischen deutschen Staates, der auf dem Boden des Friedens steht, besitzt nicht nur grundlegende Bedeutung für das deutsche Volk, sondern auch für den Frieden in ganz Europa.
Die Deutsche Demokratische Republik verfügt heute über ein System der Landesverteidigung, das modernen Bedingungen und Erfordernissen entspricht.
Die Stabilität dieses Systems der Landesverteidgung mit der qualifizierten Erfüllung der dem Ministerium für Staatssicherheit übertragenen Aufgaben politisch-operativ sicherzustellen, ist ein grundsätzliches Erfordernis in Vorbereitung der Deutschen Demokratischen Republik auf den Verteidigungszustand.
Demzufolge obliegen dem Ministerium für Staatssicherheit eigene Mobilmachungsaufgaben, die wesentliche Bestandteile der planmäßigen Vorbereitung der gesamten Deutschen Demokratischen Republik auf den Verteidigungszustand sind.
Diese Aufgaben werden von der Gewährleistung der staatlichen Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik unter allen Bedingungen des Verteidigungszustandes und von der politisch-operativen Sicherung der der Nationalen Volksarmee gestellten Hauptaufgabe bestimmt, einem Aggressor zu jedem beliebigen Zeitpunkt wirksam entgegenzutreten und ihn im Bündnis mit den anderen sozialistischen Bruderarmeen auf seinem eigenen Territorium zu zerschlagen.
Die Arbeitsgruppe des Ministers (AGM) war eine 1960/61 aus dem Büro der Leitung herausgelöste Arbeitsgruppe für die Koordinierung der für den Mobilisierungsfall notwendigen Maßnahmen. Ihr oblagen
Die AGM war eingebunden in die bi- und multilaterale Zusammenarbeit der Sicherheitsorgane der sozialistischen Länder. Hierfür setzte die Vertretung des KGB beim MfS einen Verbindungsoffizier bei der AGM ein. Leiter der AGM waren 1960/61–1975 Alfred Karl Scholz, 1980–1987 Otto Geisler, 1987–1989 Erich Rümmler. Die AGM hatte 1961 8, 1970 34, 1980 48 und 1989 692 Mitarbeiter. In den BV übernahmen AGL analoge Funktionen.
Bekämpfung von Widerstand und Opposition umschreibt, was zwischen 1950 und 1989 als eine Kernaufgabe des MfS galt. Gegen den Willen eines Großteils der ostdeutschen Bevölkerung wurde eine Diktatur etabliert, die nicht durch Wahlen legitimiert war: Dies war einer der Gründe für die Bildung des MfS am 8.2.1950.
Um ihren gesellschaftlichen Alleinvertretungs- und Herrschaftsanspruch zu sichern, schuf sich die SED als Repressions- und polizeistaatliche Unterdrückungsinstanz das MfS - das konsequenterweise so auch offiziell von ihr als "Schild und Schwert der Partei" bezeichnet wurde. Bereits in der "Richtlinie über die Erfassung von Personen, die eine feindliche Tätigkeit durchführen und von den Organen des MfS der DDR festgestellt wurden" vom 20.9.1950 wurde dementsprechend festgelegt, dass "alle Personen" zu registrieren seien, deren Verhalten geeignet war, die "Grundlagen" der DDR in Frage zu stellen.
Ferner wurde bestimmt, dass "über Personen, die eine feindliche Tätigkeit ausüben, [...] Vorgänge" anzulegen sind und über "die erfassten Personen [...] eine zentrale Kartei" einzurichten ist. Das offensive Vorgehen gegen Regimegegner erfuhr eine Ergänzung in den gleichzeitig getroffenen Festlegungen zur Übergabe der als "feindlich" klassifizierten Personen an die Staatsanwaltschaften.
Das MfS wurde somit bei der Bekämpfung von Widerstand und Opposition zur Ermittlungsinstanz; die nachfolgenden Urteile gegen Oppositionelle und Regimekritiker ergingen in enger Kooperation mit den vom MfS zumeist vorab instruierten Gerichten und zum Schein vermeintlicher Rechtsstaatlichkeit unter Hinzuziehung von mit dem MfS häufig zusammenarbeitenden Rechtsanwälten.
Inhalte, Auftreten und Erscheinungsbild von politisch abweichendem Verhalten, Widerstand und Opposition wandelten sich im Laufe der DDR-Geschichte. Zugleich änderten sich auch die Strategien und Methoden des MfS in Abhängigkeit vom konkreten Erscheinungsbild von Protest und Widerstand, aber auch analog zum Ausbauniveau des Apparates und seines Zuträger- und Informantennetzes sowie zur jeweils getroffenen Lageeinschätzung und unter Berücksichtigung der politischen Rahmenbedingungen.
Zu allen Zeiten gab es in beinahe allen Bevölkerungsgruppen und in allen Regionen Aufbegehren, Opposition und Widerstand. In den ersten Jahren nach Gründung der DDR gingen die SED und das MfS mit drakonischen Abschreckungsstrafen (u. a. Todesurteilen) gegen politische Gegner vor. Gefällt wurden die Urteile nicht selten in penibel vorbereiteten Strafprozessen mit präparierten Belastungszeugen und unter Verwendung erzwungener Geständnisse.
In mehreren Orten der DDR wurden z. B. Oberschüler (Werdau, Leipzig, Werder, Eisenfeld, Fürstenberg/Oder, Güstrow), die anknüpfend an das Vorbild der Gruppe "Weiße Rose" in der NS-Diktatur Widerstand geleistet hatte, zum Tode oder zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt, weil sie Informationen gesammelt und Flugblätter verteilt hatten. Manch einer von ihnen überlebte die Haftbedingungen nicht oder nur mit dauerhaften gesundheitlichen Schäden.
Im Laufe der 50er Jahre ging das MfS schrittweise zum verdeckten Terror über. Nach wie vor ergingen langjährige Zuchthausstrafen; politische Opponenten, die von Westberlin aus die Verhältnisse in der DDR kritisierten, wurden - wie Karl Wilhelm Fricke 1955 - in geheimen Operationen entführt, nach Ostberlin verschleppt, in MfS-Haft festgehalten und vor DDR-Gerichte gestellt (Entführung).
Das Bestreben der SED, sich in der westlichen Öffentlichkeit aufgrund dieser ungelösten Fälle und angesichts eklatanter Menschenrechtsverletzungen nicht fortlaufender Kritik ausgesetzt zu sehen, führte, begünstigt durch die Absicht, der maroden Finanz- und Wirtschaftslage mit westlicher Unterstützung beizukommen, schrittweise zu einem Wandel. Im Ergebnis kam es auch zu einer Modifikation der MfS-Strategien im Vorgehen gegenüber Widerstand und Opposition.
Neben die im Vergleich zu den 50er Jahren zwar niedrigeren, für die Betroffenen aber nach wie vor empfindlich hohen Haftstrafen traten als beabsichtigt "lautloses" Vorgehen die Strategien der Kriminalisierung und Zersetzung. In einem "Entwurf der Sektion politisch-operative Spezialdisziplin" des MfS, der auf 1978 zu datieren ist, wird hierzu ausgeführt: "Um der Behauptung des Gegners die Spitze zu nehmen, dass wir ideologische Meinungsverschiedenheiten oder Andersdenkende mit Mitteln des sogenannten politischen Strafrechts bekämpfen, sind dazu noch wirksamer Maßnahmen zur Kriminalisierung dieser Handlungen sowie nicht strafrechtliche Mittel anzuwenden."
In der Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" vom Januar 1976 wurden unter Punkt 2.6 "die Anwendung von Maßnahmen der Zersetzung" geregelt und unter Punkt 2.6.2 die "Formen, Mittel und Methoden der Zersetzung" erörtert. Jene reichten u. a. von der "systematischen Diskreditierung des öffentlichen Rufes" auch mittels "unwahrer […] Angaben" und der "Verbreitung von Gerüchten" über das "Erzeugen von Misstrauen", dem "Vorladen von Personen zu staatlichen Dienststellen" bis zur "Verwendung anonymer oder pseudonymer Briefe, […] Telefonanrufe".
Mit der "Ordnungswidrigkeitenverordnung" (OWVO) von 1984 ging man zudem verstärkt dazu über, politisch unliebsame Personen, sofern sie sich an Protesten beteiligten, mit Ordnungsstrafen zu überziehen und sie somit materiell unter Druck zu setzen. All diese Maßnahmen sollten nach außen hin den Eindruck erwecken, dass das MfS weniger rigoros als in früheren Jahren gegen Regimegegner vorging.
Nach der Freilassung von Oppositionellen, die kurz zuvor während der Durchsuchung der Umweltbibliothek 1987 und nach den Protesten am Rande der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration 1988 in Berlin inhaftiert worden waren, äußerten selbst SED-Mitglieder Zweifel, ob das MfS noch in der Lage sei, offensiv und effektiv gegen politische Opponenten vorzugehen.
Hochgerüstet und allemal zum Einschreiten bereit, trat das MfS jedoch noch bis in den Herbst 1989 gegenüber weniger prominenten Menschen in Aktion, die Widerstand leisteten, inhaftierte diese und ließ gegen sie hohe Haftstrafen verhängen. Bis zum Ende der DDR schritt das MfS bei sog. Demonstrativhandlungen ein und ging gegen - wie es hieß - ungesetzliche Gruppenbildungen vor.
Durchführungsbestimmung Nr. 1 zur Direktive 1/67 über die spezifisch-operative Mobilmachungsarbeit im MfS Dokument, 26 Seiten
Sicherungskonzeption für das Stasi-Krankenhaus Berlin-Buch Dokument, 22 Seiten
Dissertation "Die Planung der politisch-operativen Arbeit im Ministerium für Staatssicherheit" Dokument, 298 Seiten
Personalkarte zu einem nach Direktive 1/67 zu isolierenden DDR-Bürgers Dokument, 2 Seiten