Dissertation "Die Planung der politisch-operativen Arbeit im Ministerium für Staatssicherheit"

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Dissertation "Die Planung der politisch-operativen Arbeit im Ministerium für Staatssicherheit"

Signatur: BStU, MfS, JHS, Nr. 21796, Bl. 1-298

Gerhard Neiber und Heinz Treffehn untersuchen in ihrer Dissertation die Planung der "politisch-operativen" Abwehrarbeit in den verschiedenen Dienststellen des Ministeriums für Staatssicherheit.

Anders als der Name der Institution vermuten ließ, vermittelte die Juristische Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Potsdam-Golm (JHS) nur am Rande rechtswissenschaftliche Kenntnisse und auch das akademische Niveau war eher bescheiden. In erster Linie vermittelte die JHS den hauptamtlichen Stasi-Mitarbeitern das nötige Rüstzeug für ihre praktische Arbeit im Apparat der Geheimpolizei sowie eine "klassenbewusste" Allgemeinbildung. Daneben betrieb diese Kaderschmiede der Stasi eigenständig und im Auftrag des Ministeriums auch einschlägige Forschungsarbeit. Die dabei entstehenden "wissenschaftlichen" Schriften sollten praktische Erkenntnisse für die geheimpolizeiliche, im Jargon der Stasi "tschekistische" Tätigkeit der Mitarbeiter liefern. Rund 400 MfS-Mitarbeiter promovierten an der JHS und es entstanden rund 3.700 Diplomarbeiten. Häufig arbeiteten mehrere JHS-Absolventen gemeinsam an einer Promotion oder Diplomarbeit.

Zu den Promovenden gehörten unter anderen Willy Pösel, von 1959 bis 1985 Rektor der Hochschule und sein Nachfolger Willi Opitz. Aber auch die Stellvertreter Mielkes Gerhard Neiber und Wolfgang Schwanitz oder KoKo-Chef und DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski promovierten an der JHS. In der vorliegenden Dissertation aus dem Jahr 1970 von Gerhard Neiber und Heinz Treffehn geht es um die Planung der als "politisch-operativen Arbeit" bezeichneten Abwehrarbeit des MfS. Für Neiber und Treffehn ist der "Perspektivplan" ein wesentliches Instrument zur Steuerung der Planung, das mithilfe von "Jahresplänen" und "Operations- und Spezialplänen" ausgeführt werden soll.

Metadaten

Diensteinheit:: Juristische Hochschule des MfS
Datum:: Februar 1970
Rechte:: BStU

Transkript

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Einzelfall gelenkt. Der Kampf gegen den Feind erfordert das zentral geleitete Tätigwerden aller Linien und territorialen Diensteinheiten unter Anwendung einheitlicher Prinzipien bei voller schöpferischer Durchsetzung der Verantwortung der Leiter auf den einzelnen Ebenen. Die Planung der politisch-operativen Arbeit hat Voraussetzungen für das systematische und organisierte Vorgehen aller Diensteinheiten zur Lösung der dem MfS gestellten Hauptaufgaben zu schaffen. Dabei ist zu beachten, daß das planvolle Vorgehen und Verhalten in der politisch-operativen Arbeit nicht nur aus schriftlich fixierten Planungsdokumenten abgeleitet werden kann. Es ist vielmehr eine sinnvolle Verbindung zwischen unbedingt schriftlich niederzulegenden Aufgaben und Maßnahmen und dem klugen, verantwortungsbewußten tschekistischen Denken und Handeln sowie der schöpferischen Initiative zu sichern.

Im direkten Zusammenhang mit den Hauptformen der Planung der politisch-operativen Tätigkeit steht die [unterstrichen: Planmethodik.] Die Planmethodik hilft, die politisch-operativen Erkenntnisse aus der analytischen-prognostischen Tätigkeit, den Befehlen und Weisungen, Plandirektiven und -orientierungen durch Entscheidungen in verbindliche Planfeststellungen praktisch umzusetzen. Daher ist die Planmethodik ein wichtiges Mittel im Prozeß der Planerarbeitung. Die Planmethodik ist in jeder Hauptform rationell, unkompliziert, beweglich und folgerichtig zu gestalten.

Durch die Planmethodik ist zu gewährleisten, daß

- die zentralen Erkenntnisse, Ziel- und Aufgabenstellungen des Ministers und seiner Stellvertreter;
- die Erkenntnisse und Anforderungen der HA/selbst. Abt.;
- die Erkenntnisse und Schlußfolgerungen aus der eigenen Arbeit im Verantwortungsbereich, der Entwicklung der politisch-operativen Situation,

in die Planung einfließen und durch ihre schöpferische Verarbeitung die exakten Ziele und Aufgabenstellungen herausgearbeitet werden.

Begriffserklärungen

Begriffserklärungen

Juristische Hochschule des MfS Potsdam (JHS)

Die seit 1951 bestehende Schule des MfS in Potsdam-Eiche wurde im Juli 1965 durch den DDR-Ministerrat in den Status einer Hochschule erhoben. Die JHS, MfS-intern teilweise auch nur als Hochschule des MfS bezeichnet, war zentrale Ausbildungs-, Studien- und Forschungseinrichtung. Der Studien- und Forschungsbereich bestand 1989 aus den Sektionen Marxismus/Leninismus, Politisch-operative Spezialdisziplin, Rechtswissenschaft, Sektion A (Schule der HV A in Gosen bei Berlin) und dem Institut für Internationale Beziehungen für die Ausbildung von "Kadern der Sicherheitsorgane befreundeter Staaten".

Der JHS war bis September 1989 die Juristische Fachschule mit dem Abschluss Fachschuljurist oder Staatswissenschaftler angeschlossen. Die Anzahl der Absolventen wird auf ca. 10 000 geschätzt.

Der Rektor der JHS (seit 1985 Willi Opitz) wurde vom Minister für Staatssicherheit ernannt. Die Anzahl der Studierenden im Hochschulstudium betrug 1 300 im Jahre 1988. Das vierjährige Direktstudium und das fünfeinhalbjährige Fernstudium hatten bis 1989 4 300 Absolventen mit dem akademischen Grad "Diplomjurist" abgeschlossen. Das Hochschulstudium war jedoch keine umfassende juristische Ausbildung für eine Tätigkeit als Richter oder Rechtsanwalt.

Den Schwerpunkt des Studiums mit einem Anteil von fast 40 Prozent bildeten die operativen Fachgebiete, d. h. die Theorie und Praxis eines Nachrichtendienstes. Das Lehrgebiet Rechtswissenschaft hatte nur einen Anteil von 20 Prozent. Das Praktikum bestand im Wesentlichen aus der Arbeit mit IM einschließlich der Anfertigung von Treffberichten.

Im Einigungsvertrag von 1990 wurde daher bestimmt, dass ein an der JHS erworbener Abschluss nicht zur Aufnahme eines gesetzlich geregelten juristischen Berufes berechtigt. Dagegen können die an der JHS erworbenen oder verliehenen akademischen Berufsbezeichnungen, Grade und Titel weiterhin geführt werden. 310 hatten an der JHS den Grad eines "Dr. jur.", 31 den eines "Dr. sc. jur." und 68 beide Doktorgrade erworben. Die Mehrzahl der Promovenden war in leitenden Positionen im MfS oder als Lehrkräfte an der JHS tätig. 41 Prozent der Leiter der obersten Diensteinheiten (HA, zentrale Gruppen, BV) hatten an der JHS promoviert.

Der Titel "Dr. sc. jur." wurde nur zweimal verliehen, und zwar 1969 an den ehemaligen Residenten des KGB in den USA, Rudolf Iwanowitsch Abel, und 1985 an den "Kanzleramtsspion" Günter Guillaume.

Die 175 in den Beständen der BStU vollständig vorliegenden Dissertationen und andere Forschungsarbeiten sind stark ideologisch orientiert und vermitteln einen Einblick in die Denk- und Arbeitsweise des MfS. Die 3.700 Diplomarbeiten sind näher an der Praxis orientiert und befassen sich im größeren Umfang mit der Tätigkeit der Bezirksverwaltungen und Kreisdienststellen.

Die JHS wurde im November 1989 in Hochschule des Amtes für Nationale Sicherheit umbenannt und hat im Januar 1990 ihre Tätigkeit eingestellt.

Abkürzungen

Abkürzungen

DDR: Deutsche Demokratische Republik
HA: Hauptabteilung
JHS: Juristische Hochschule des MfS
KoKo: Kommerzielle Koordinierung
MfS: Ministerium für Staatssicherheit (MfS)
Stasi: Staatssicherheit
selbst. Abt.: selbstständige Abteilung

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Signatur: BStU, MfS, JHS, Nr. 21796, Bl. 1-298

Gerhard Neiber und Heinz Treffehn untersuchen in ihrer Dissertation die Planung der "politisch-operativen" Abwehrarbeit in den verschiedenen Dienststellen des Ministeriums für Staatssicherheit.

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Diensteinheit:: Juristische Hochschule des MfS
Datum:: Februar 1970
Rechte:: BStU

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5.1. Der Perspektivplan der politisch-operativen Arbeit

Der Perspektivplan ist ein entscheidendes Führungsdokument, in dem für eine längere Periode der Arbeit politisch-operative Ziele und Aufgaben vorgegeben werden, die für den Erfolg im Kampf gegen den Feind entscheidende Bedeutung haben.

Der Perspektivplan enthält im Kern strategische Ziel- und Aufgabenstellungen die sowohl auf der Grundlage der Prognose zu politisch-operativen Problemen als auch aus Befehlen und Weisungen resultieren sowie langfristige Entwicklungsaufgaben die entscheidende Bedeutung für das Niveau der politisch-operativen Arbeit in absehbaren Zeiträumen erlangen.

Der Perspektivplan ist somit keine zeitliche Verlängerung der Planungsperiode, sondern eine Stufe der Planung, die die Notwendigkeit eines auf lange Sicht angelegten Kampfes gegen den Feind in sich aufnimmt und planvoll gestaltet. Dabei müssen alle Erkenntnisse und Erfahrungen, die bisher in den Organen des MfS gesammelt wurden, weiter ausgewertet werden.

Als Instrument strategischer Planung führt der Perspektivplan zu einer neuen Qualität der Führung und Leitung der politisch-operativen Arbeit.

Er hat Ziel- und Aufgabenstellungen zu enthalten, die geeignet sind, unter den sich weiterentwickelnden gesellschaftlichen Bedingungen in der DDR und der Entwicklung des Kampfes zwischen Sozialismus/Imperialismus den operativen Erfolg gegen den Feind zu sichern.

Dabei müssen die Leiter es vor allem verstehen, den strategischen Gehalt der Befehle und Weisungen des Ministers zu erkennen und für die perspektivische Planung der politisch-operativen Arbeit in ihrem Verantwortungsbereich voll zu nutzen.

Begriffserklärungen

Begriffserklärungen

Juristische Hochschule des MfS Potsdam (JHS)

Der JHS war bis September 1989 die Juristische Fachschule mit dem Abschluss Fachschuljurist oder Staatswissenschaftler angeschlossen. Die Anzahl der Absolventen wird auf ca. 10 000 geschätzt.

Der Titel "Dr. sc. jur." wurde nur zweimal verliehen, und zwar 1969 an den ehemaligen Residenten des KGB in den USA, Rudolf Iwanowitsch Abel, und 1985 an den "Kanzleramtsspion" Günter Guillaume.

Die JHS wurde im November 1989 in Hochschule des Amtes für Nationale Sicherheit umbenannt und hat im Januar 1990 ihre Tätigkeit eingestellt.

Abkürzungen

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DDR: Deutsche Demokratische Republik
JHS: Juristische Hochschule des MfS
KoKo: Kommerzielle Koordinierung
MfS: Ministerium für Staatssicherheit (MfS)
Stasi: Staatssicherheit

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Gerhard Neiber und Heinz Treffehn untersuchen in ihrer Dissertation die Planung der "politisch-operativen" Abwehrarbeit in den verschiedenen Dienststellen des Ministeriums für Staatssicherheit.

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Diensteinheit:: Juristische Hochschule des MfS
Datum:: Februar 1970
Rechte:: BStU

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Welche grundlegenden Aspekte bestimmen den Charakter des Inhaltes der Perspektivplanung?

- Der Perspektivplan hat die aus den Hauptaufgaben des MfS resultierenden komplexen perspektivischen Ziele und Aufgaben im jeweiligen Verantwortungsbereich zu erfassen;

- er nimmt die durch Befehle und Weisungen getroffenen perspektivischen Entscheidungen auf der Grundlage eigener analytischer und prognostischer Erkenntnisse, Ergebnisse und Erfahrungen aus den Jahres-, Operations- und Spezialplänen in sich auf;

- er sichert die Komplexität, Planmäßigkeit, den Wirkungsgrad und Nutzeffekt des politisch-operativen Vorgehens auf Linie und im Territorium auch in der Perspektive;

- er sichert den operativen Vorlauf in der Gestaltung politisch-operativer Prozesse und Sicherheitssysteme sowie die Vorbereitung der Diensteinheit auf die sich entwickelnde politisch-operative Situation;

- er schafft die Voraussetzungen für eine höhere Qualität in der Jahresplanung und der Operations- und Spezialplanung zur Lösung der strategischen Ziele und Aufgaben und gewährleistet dadurch Kontinuität und Proportionalität in der Entwicklung;

er bestimmt die perspektivische Entwicklung der Beziehungen zwischen den Diensteinheiten und deren weitere Vervollkommnung entsprechend der abzusehenden neuen Erfordernisse;

- er sichert die Schaffung von Voraussetzungen materieller, finanzieller und personeller Art für den Perspektivplanzeitraum;

Begriffserklärungen

Begriffserklärungen

Juristische Hochschule des MfS Potsdam (JHS)

Der JHS war bis September 1989 die Juristische Fachschule mit dem Abschluss Fachschuljurist oder Staatswissenschaftler angeschlossen. Die Anzahl der Absolventen wird auf ca. 10 000 geschätzt.

Der Titel "Dr. sc. jur." wurde nur zweimal verliehen, und zwar 1969 an den ehemaligen Residenten des KGB in den USA, Rudolf Iwanowitsch Abel, und 1985 an den "Kanzleramtsspion" Günter Guillaume.

Die JHS wurde im November 1989 in Hochschule des Amtes für Nationale Sicherheit umbenannt und hat im Januar 1990 ihre Tätigkeit eingestellt.

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DDR: Deutsche Demokratische Republik
JHS: Juristische Hochschule des MfS
KoKo: Kommerzielle Koordinierung
MfS: Ministerium für Staatssicherheit (MfS)
Stasi: Staatssicherheit

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