Signatur: BStU, MfS, ZOS, Nr. 3280, Bl. 20-24
1988 wurden Schüler der Carl-von-Ossietzky-Schule in Berlin-Pankow der Schule verwiesen, weil sie sich offen gegen Militärparaden und Rechtsextremismus in der DDR ausgesprochen hatten. Die Stasi dokumentierte alle Äußerungen zu diesem Fall – auch die in westlichen Medien.
Am 30. September 1988 wurden vier Schüler der Erweiterten Oberschule Carl-von-Ossietzky in Berlin-Pankow von der Schule verwiesen, weil sie sich offen gegen Militärparaden und Rechtsextremismus in der DDR ausgesprochen hatten. Die Betroffenen wurden durch ein, für die SED-Diktatur typisches, systematisches Zusammenspiel von Schulleitung, Leitung der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und Elternrat genötigt, gemaßregelt und gedemütigt. Anders als in vielen ähnlichen Fällen wurde dieser jedoch öffentlich und der Mut der Schüler rief eine bis dahin ungekannte Welle der Solidarität hervor.
Das vorliegende Dokument ist eine Dokumentation der Fernsehsendung "Kennzeichen D" des ZDF, die sich in einem Beitrag dem Fall widmete. Darin äußert sich Philip Lengsfeld, einer der betroffenen Schüler, sowie seine Mutter, Vera Lengsfeld (ehemals Wollenberger). Aber auch ostdeutsche Kirchenleute wie Manfred Stolpe äußern sich kritisch zu dem Fall. Der Zentrale Operativstab der Stasi (ZOS) war für das Sammeln sicherheitspolitisch wichtiger Meldungen zuständig, wozu auch die Dokumentation von Meinungsäußerungen gehören konnte.
Die Zählung der Seiten ist bei diesem Bericht nicht durchgängig. Auf Blatt 21 finden sich Zeitungsauschnitte zu dem Fall, die in die vorliegende Dokumentation gerutscht sind, damit aber nur bedingt zu tun haben. Sie sind hier aus Gründen der besseren Lesbarkeit ausgelassen.
Zentraler Operativstab
Berlin, 30.11.1988
Dokumentation zur Fernsehsendung "Kennzeichen D" des ZDF der BRD am 30. 11. 1988, 20.15 Uhr
Ein Bau in wilhelminischer Wucht, die Carl-von-Ossietzky-Schule in Ostberlin-Pankow. Aber nicht nur baulich hat der wilhelminische Obrigkeitsstaat Spuren hinterlassen. Das war schon immer so. Als härteste Schulstrafe bedrohte der Rausschmiß das deutsche Schülerschicksal. Nur was als Schülervergehen gilt, darin haben sich die Zeiten gewandelt, sollte man meinen. Ausgerechnet an einer Carl-von-Ossietzky-Schule wurde Majestätsbeleidigung geahndet, Kritik am Staat DDR. Die Täter sind fast schon erwachsen aber eigentlich noch Kinder. Die Richter: FDJ, Schule und übergeordnete Instanzen. Das Urteil hat Reaktionen ausgelöst weit über den Ort der Schule hinaus. Giselher Suhr berichtet:
Es begann auf dem August-Bebel-Platz. Beim diesjährigem Kampftag gegen den Faschismus nahmen Schüler der Carl-von-Ossietzky-Oberschule mit eigenen Losungen teil. Zwischen den Hunderttausenden standen sie mit ihren Transparenten:
Einer von denen, die am 11. September mitgemacht haben, sagt aus:
Philipp Laengsfeld:
"Ja na die Idee kam daraus das also sowohl meine Freunde als auch ich häufig, nein nicht häufig, aber doch öfter mal mit Skinheads bzw. anderen faschistischen Tendenzen vor allem so in Kneipengesprächen oder so konfrontiert wurden. Und es für uns daraus die Überlegung gab, was man dagegen machen könnte und so entstand die Idee dieser Demonstration ebend."
Frage: Was haben sie da gemacht auf dieser Demonstration?
"Ja, wir haben die Plakate nur hochgehalten und konnten sie aber nur eine Minute lang hochhalten und dann sagten die Kollegen von der Staatssicherheit, daß wir die bitte runternehmen sollen."
Schüler die dem Namensgeber ihrer Schule Ehre machen wollten, Carl von Ossietzky, Antifaschist und Pazifist und eine Schule die dafür sogar in ihren eigenen Wänden Freiraum schuf. Eine "Speakerscorner", ein Schwarzes Brett, wo Schüler eigene Artikel zur Diskussion stellen konnten. Zur Parade am DDR-Nationalfeiertag war am schwarzen Brett der Schule nachzulesen: "Die Panzer rollen in einer Zeit über die Straßen, in der gerade vertrauensbildene Maßnahmen gemeinsame Sicherheit schaffen sollen. Dem internationalen Ansehen der DDR würde ein Verzicht auf die Militärparade guttun."
Die Durchsuchung von Wohnungen, Räumen oder Personen war eine strafprozessuale Maßnahme im Ermittlungsverfahren zum Zwecke der Festnahme oder Verhaftung Verdächtiger bzw. zum Auffinden von Beweismaterial (§§ 108–119 StPO/1968). Eine Durchsuchung musste vom Staatsanwalt bzw. konnte bei Gefahr im Verzuge auch von den Untersuchungsorganen angeordnet werden und bedurfte einer richterlichen Bestätigung binnen 48 Stunden (§ 121 StPO/1968). Die Durchsuchung oblag eigentlich den Untersuchungsorganen, formal im MfS also der Linie IX (Hauptabteilung IX). Tatsächlich wurden sie aber regulär von Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt.
Die Durchsuchung Verhafteter und vorläufig Festgenommener konnte ohne staatsanwaltliche Anordnung durchgeführt werden und bedurfte keiner richterlichen Bestätigung (§ 109 StPO/1968); sie wurde im MfS von den – formal nicht zuständigen – Mitarbeitern der Linie XIV (Abteilung XIV) durchgeführt. Außerhalb des Ermittlungsverfahrens war die Durchsuchung von Personen und Sachen durch Polizei und MfS polizeirechtlich geregelt (§ 13 VP-Gesetz). Vom MfS wurden die Möglichkeiten der Durchsuchung und Beschlagnahme auch außerhalb des jeweiligen strafprozessualen Ermittlungsverfahrens für geheimdienstliche Zwecke genutzt. Jenseits jeglicher rechtlicher Regelungen führten operative Diensteinheiten des MfS, vor allem die Linie VIII (Hauptabteilung VIII), auch konspirative Wohnungsdurchsuchungen durch.
In den ersten Jahren stand das MfS unter einer engen fachlichen und politischen Anleitung durch die sowjetische Staatssicherheit, die mit sog. Beratern (anfangs auch Instrukteure genannt) in den wichtigsten Diensteinheiten des MfS präsent war. Die Berater besaßen dort faktisch Weisungs- und Vetobefugnisse.
Zunächst waren die Berater den jeweiligen Fachabteilungen des sowjetischen Geheimdienstapparates in der DDR zugeordnet. Nach dem Juniaufstand 1953 wurde eine eigene Beraterabteilung gebildet. Der Bevollmächtigte des sowjetischen Sicherheitsorgans in Berlin-Karlshorst war gleichzeitig der oberste Chefberater des MfS. Er leitete den jeweiligen Leiter der DDR-Staatssicherheit persönlich an.
Zum Zeitpunkt seiner Auflösung im November 1958 zählte der Beraterapparat 76 Offiziere. Später verblieb lediglich ein Stab von Verbindungsoffizieren, die keine Weisungskompetenz mehr gegenüber dem MfS besaßen.
Der Zentrale Operativstab (ZOS) wurde 1970 gegründet. Seine Aufgaben waren der Betrieb des operativen Lagezentrums mit 24-Stunden-Dienst zur Entgegennahme, Aufbereitung und Weiterleitung von Meldungen/Informationen und Führung der Gesamtübersicht zur Sicherheitslage und bestimmten Vorkommnissen (Bomben- und Sprengstoffanschläge, Brandlegungen, Überfälle, Geiselnahmen, Attentate, Erpressungen, Havarien, Vorkommnisse an der Grenze, "staatsfeindliche Hetze", Demonstrationen/Demonstrativhandlungen usw.) wie auch Durchführung von sichernden Aktionen und Einsätzen anlässlich herausragender Ereignisse der Partei- und Staatsführung.
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Signatur: BStU, MfS, ZOS, Nr. 3280, Bl. 20-24
1988 wurden Schüler der Carl-von-Ossietzky-Schule in Berlin-Pankow der Schule verwiesen, weil sie sich offen gegen Militärparaden und Rechtsextremismus in der DDR ausgesprochen hatten. Die Stasi dokumentierte alle Äußerungen zu diesem Fall – auch die in westlichen Medien.
Am 30. September 1988 wurden vier Schüler der Erweiterten Oberschule Carl-von-Ossietzky in Berlin-Pankow von der Schule verwiesen, weil sie sich offen gegen Militärparaden und Rechtsextremismus in der DDR ausgesprochen hatten. Die Betroffenen wurden durch ein, für die SED-Diktatur typisches, systematisches Zusammenspiel von Schulleitung, Leitung der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und Elternrat genötigt, gemaßregelt und gedemütigt. Anders als in vielen ähnlichen Fällen wurde dieser jedoch öffentlich und der Mut der Schüler rief eine bis dahin ungekannte Welle der Solidarität hervor.
Das vorliegende Dokument ist eine Dokumentation der Fernsehsendung "Kennzeichen D" des ZDF, die sich in einem Beitrag dem Fall widmete. Darin äußert sich Philip Lengsfeld, einer der betroffenen Schüler, sowie seine Mutter, Vera Lengsfeld (ehemals Wollenberger). Aber auch ostdeutsche Kirchenleute wie Manfred Stolpe äußern sich kritisch zu dem Fall. Der Zentrale Operativstab der Stasi (ZOS) war für das Sammeln sicherheitspolitisch wichtiger Meldungen zuständig, wozu auch die Dokumentation von Meinungsäußerungen gehören konnte.
Die Zählung der Seiten ist bei diesem Bericht nicht durchgängig. Auf Blatt 21 finden sich Zeitungsauschnitte zu dem Fall, die in die vorliegende Dokumentation gerutscht sind, damit aber nur bedingt zu tun haben. Sie sind hier aus Gründen der besseren Lesbarkeit ausgelassen.
Als Anregung zum Nachdenken hängten die Schüler ein Gedicht ans schwarze Brett des "Speakerscorner" - Quelle die "Volksarmee":
Du meine
Ich denk noch an einst
an sonnigen Tagen hab stolz dich
übern Bach getragen...
Was anmutet wie das Liebesgedicht eines Soldaten an die Braut, entpuppt sich erst in der letzten Zeile als obzöne Waffenverherrlichung, als Ode an das Schnellfeuergewehr Kalaschnikow.
...und lieg ich bei dir
zur Mondesnacht
dein Anblick
mich ganz sicher macht.
Ich weiß warum.
ich kenn dein Wie
du,
Kalaschnikow-MPi.
Als dann aber noch 37 Schüler den Artikel gegen die Militärparade unterschrieben, begann die Schule und der Staat ein Kesseltreiben. Ergebnis: Vier Schulverweise.
Philipp Laengsfeld:
"Ja das entscheidene an dem Gespräch war, daß die Atmosphäre sehr gespannt war. Alle Erwachsenen redeten heftig auf mich ein. Ich wurde dann immer gefragt und wurde dann auch häufig unterbrochen und der Ton war nicht gerade freundlich. Eine Frau, die mir nicht vorgestellt wurde, versuchte mich dreimal zu provozieren mit Fragen. Als dahingehend, was ich alles an der DDR schlecht finde und so. Auf diesem Niveau versuchte sie mich zu provozieren."
Frage: Was wurde denn da konkret vorgeworfen?
"Ja das ich den Schülern Meinungen aufzwingen wollte, das das alles genau geplant war, das eine Gruppe existiert hat und das die Teilnehme an der Demonstration eine Provokation gewesen wäre."
Vera Wollenberger, Mutter des Philipp Laengsfeld:
"Es hat vier Wochen gegeben in denen dieser Fall der Öffentlichkeit praktisch nicht bekannt war. Die Behörden der DDR haben aber diese Zeit verstreichen lassen, ohne diesen Fall positiv zu entscheiden."
Die Durchsuchung von Wohnungen, Räumen oder Personen war eine strafprozessuale Maßnahme im Ermittlungsverfahren zum Zwecke der Festnahme oder Verhaftung Verdächtiger bzw. zum Auffinden von Beweismaterial (§§ 108–119 StPO/1968). Eine Durchsuchung musste vom Staatsanwalt bzw. konnte bei Gefahr im Verzuge auch von den Untersuchungsorganen angeordnet werden und bedurfte einer richterlichen Bestätigung binnen 48 Stunden (§ 121 StPO/1968). Die Durchsuchung oblag eigentlich den Untersuchungsorganen, formal im MfS also der Linie IX (Hauptabteilung IX). Tatsächlich wurden sie aber regulär von Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt.
Die Durchsuchung Verhafteter und vorläufig Festgenommener konnte ohne staatsanwaltliche Anordnung durchgeführt werden und bedurfte keiner richterlichen Bestätigung (§ 109 StPO/1968); sie wurde im MfS von den – formal nicht zuständigen – Mitarbeitern der Linie XIV (Abteilung XIV) durchgeführt. Außerhalb des Ermittlungsverfahrens war die Durchsuchung von Personen und Sachen durch Polizei und MfS polizeirechtlich geregelt (§ 13 VP-Gesetz). Vom MfS wurden die Möglichkeiten der Durchsuchung und Beschlagnahme auch außerhalb des jeweiligen strafprozessualen Ermittlungsverfahrens für geheimdienstliche Zwecke genutzt. Jenseits jeglicher rechtlicher Regelungen führten operative Diensteinheiten des MfS, vor allem die Linie VIII (Hauptabteilung VIII), auch konspirative Wohnungsdurchsuchungen durch.
Der Zentrale Operativstab (ZOS) wurde 1970 gegründet. Seine Aufgaben waren der Betrieb des operativen Lagezentrums mit 24-Stunden-Dienst zur Entgegennahme, Aufbereitung und Weiterleitung von Meldungen/Informationen und Führung der Gesamtübersicht zur Sicherheitslage und bestimmten Vorkommnissen (Bomben- und Sprengstoffanschläge, Brandlegungen, Überfälle, Geiselnahmen, Attentate, Erpressungen, Havarien, Vorkommnisse an der Grenze, "staatsfeindliche Hetze", Demonstrationen/Demonstrativhandlungen usw.) wie auch Durchführung von sichernden Aktionen und Einsätzen anlässlich herausragender Ereignisse der Partei- und Staatsführung.
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Signatur: BStU, MfS, ZOS, Nr. 3280, Bl. 20-24
1988 wurden Schüler der Carl-von-Ossietzky-Schule in Berlin-Pankow der Schule verwiesen, weil sie sich offen gegen Militärparaden und Rechtsextremismus in der DDR ausgesprochen hatten. Die Stasi dokumentierte alle Äußerungen zu diesem Fall – auch die in westlichen Medien.
Am 30. September 1988 wurden vier Schüler der Erweiterten Oberschule Carl-von-Ossietzky in Berlin-Pankow von der Schule verwiesen, weil sie sich offen gegen Militärparaden und Rechtsextremismus in der DDR ausgesprochen hatten. Die Betroffenen wurden durch ein, für die SED-Diktatur typisches, systematisches Zusammenspiel von Schulleitung, Leitung der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und Elternrat genötigt, gemaßregelt und gedemütigt. Anders als in vielen ähnlichen Fällen wurde dieser jedoch öffentlich und der Mut der Schüler rief eine bis dahin ungekannte Welle der Solidarität hervor.
Das vorliegende Dokument ist eine Dokumentation der Fernsehsendung "Kennzeichen D" des ZDF, die sich in einem Beitrag dem Fall widmete. Darin äußert sich Philip Lengsfeld, einer der betroffenen Schüler, sowie seine Mutter, Vera Lengsfeld (ehemals Wollenberger). Aber auch ostdeutsche Kirchenleute wie Manfred Stolpe äußern sich kritisch zu dem Fall. Der Zentrale Operativstab der Stasi (ZOS) war für das Sammeln sicherheitspolitisch wichtiger Meldungen zuständig, wozu auch die Dokumentation von Meinungsäußerungen gehören konnte.
Die Zählung der Seiten ist bei diesem Bericht nicht durchgängig. Auf Blatt 21 finden sich Zeitungsauschnitte zu dem Fall, die in die vorliegende Dokumentation gerutscht sind, damit aber nur bedingt zu tun haben. Sie sind hier aus Gründen der besseren Lesbarkeit ausgelassen.
Auf dem Weg zu einer Protestveranstaltung unter dem Dach der Kirche. Woche für Woche versuchen so engagierte Bürger, Freunde und Angehörige der Schüler die Rücknahme der Schulverweise zu erreichen. Von Philipp, Benjamin, Katja und Kai. Die hier kommen, wollen nicht hinnehmen, daß die Schulen der DDR Untertanenfabriken sind, wie es in einem Flugblatt heißt. Deutliche Wort kommen auch von Vertretern des DDR-Kirchenbundes. Die Westberliner Alternativsendung "Radio Glasnost" sorgte für deren Verbreitung.
Manfred Stolpe, Stellv. Vorsitzender des DDR-Kirchenrates:
"Die Betroffenheit kommt keineswegs nur aus Gruppen, die für gesellschaftliche Prozesse besonders wach sind. Diese Betroffenheit geht bis tief in die Kerngemeinden hinein. Viele fühlen sich erinnert an Zeiten, die über 30 Jahre zurückliegen, weil sie meinen, hier sind unverhältnismäßig hart Entscheidungen getroffen worden."
Günter Krusche, Generalsuperintendent der ev. Kirche Berlin-Brandenburg:
"Die Gleichgültigkeit ist auch allemal der Gegensatz zu Frieden und Versöhnung. Unentschiedenheit macht uns mitschuldig, wenn Unheil droht. Und deshalb, meine lieben Freunde, können wir jetzt nicht so tun, als ginge es uns nichts an, wenn an einer bislang als fortschrittlich bekannten Erweiterten Oberschule in sektiererischer Enge Schüler gemaßregelt wurden, nur weil sie offen und rückhaltlos und auch ungeschützt, wie das nur Jugendliche können, Ängste und Befürchtungen ausgesprochen haben."
Zwischen der Carl-von-Ossietzky-Schule Pankow und Cambrigde/England liegen Welten. Trotzdem führt eine Verbindung von Ost-Berlin hierher. Für Vera Wollenberger und ihren Sohn Philipp. Sie mußte nach Verhaftung und Verurteilung die DDR für ein Jahr verlassen. Studium in England oder Knast in der DDR war ihre Alternative. Ihr Sohn Philipp hätte mitgedurft, er wollte bleiben. Aber dann kam der Schulverweis und er reiste zu seiner Mutter. Hier in England hoffen jetzt beide auf eine gutes Ende in der DDR, das für Philipp Abitur an der Carl-von-Ossietzky-Oberschule heißt.
Frage: Würden sie das alles noch mal machen?
Philipp Laengsfeld:
"Nein, nicht also, ja es ist schwierig, aber ich habe allgemein immer gesagt und ich glaube, das ist auch das einzig mögliche was man da sagen kann. Wenn ich also gewußt hätte, an welchem Punkt wir da die imaginäre Grenze überschritten haben, dann hätte ich sie nicht überschritten, denn ich finde, es ist zu früh für unsere Wesen diesen Konflikt auszustreiten, vom Alter her. Ich bereue nicht, weil ich die Vorwürfe auch absurd finde und so, finde ich nicht, daß wir etwas falsch gemacht haben, aber dadurch das die Reaktion so heftig war und wenn ich gewußt hätte, daß das so heftig gewesen wäre, hätte ich es nicht gemacht."
Die Durchsuchung von Wohnungen, Räumen oder Personen war eine strafprozessuale Maßnahme im Ermittlungsverfahren zum Zwecke der Festnahme oder Verhaftung Verdächtiger bzw. zum Auffinden von Beweismaterial (§§ 108–119 StPO/1968). Eine Durchsuchung musste vom Staatsanwalt bzw. konnte bei Gefahr im Verzuge auch von den Untersuchungsorganen angeordnet werden und bedurfte einer richterlichen Bestätigung binnen 48 Stunden (§ 121 StPO/1968). Die Durchsuchung oblag eigentlich den Untersuchungsorganen, formal im MfS also der Linie IX (Hauptabteilung IX). Tatsächlich wurden sie aber regulär von Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt.
Die Durchsuchung Verhafteter und vorläufig Festgenommener konnte ohne staatsanwaltliche Anordnung durchgeführt werden und bedurfte keiner richterlichen Bestätigung (§ 109 StPO/1968); sie wurde im MfS von den – formal nicht zuständigen – Mitarbeitern der Linie XIV (Abteilung XIV) durchgeführt. Außerhalb des Ermittlungsverfahrens war die Durchsuchung von Personen und Sachen durch Polizei und MfS polizeirechtlich geregelt (§ 13 VP-Gesetz). Vom MfS wurden die Möglichkeiten der Durchsuchung und Beschlagnahme auch außerhalb des jeweiligen strafprozessualen Ermittlungsverfahrens für geheimdienstliche Zwecke genutzt. Jenseits jeglicher rechtlicher Regelungen führten operative Diensteinheiten des MfS, vor allem die Linie VIII (Hauptabteilung VIII), auch konspirative Wohnungsdurchsuchungen durch.
In den ersten Jahren stand das MfS unter einer engen fachlichen und politischen Anleitung durch die sowjetische Staatssicherheit, die mit sog. Beratern (anfangs auch Instrukteure genannt) in den wichtigsten Diensteinheiten des MfS präsent war. Die Berater besaßen dort faktisch Weisungs- und Vetobefugnisse.
Zunächst waren die Berater den jeweiligen Fachabteilungen des sowjetischen Geheimdienstapparates in der DDR zugeordnet. Nach dem Juniaufstand 1953 wurde eine eigene Beraterabteilung gebildet. Der Bevollmächtigte des sowjetischen Sicherheitsorgans in Berlin-Karlshorst war gleichzeitig der oberste Chefberater des MfS. Er leitete den jeweiligen Leiter der DDR-Staatssicherheit persönlich an.
Zum Zeitpunkt seiner Auflösung im November 1958 zählte der Beraterapparat 76 Offiziere. Später verblieb lediglich ein Stab von Verbindungsoffizieren, die keine Weisungskompetenz mehr gegenüber dem MfS besaßen.
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
Der Zentrale Operativstab (ZOS) wurde 1970 gegründet. Seine Aufgaben waren der Betrieb des operativen Lagezentrums mit 24-Stunden-Dienst zur Entgegennahme, Aufbereitung und Weiterleitung von Meldungen/Informationen und Führung der Gesamtübersicht zur Sicherheitslage und bestimmten Vorkommnissen (Bomben- und Sprengstoffanschläge, Brandlegungen, Überfälle, Geiselnahmen, Attentate, Erpressungen, Havarien, Vorkommnisse an der Grenze, "staatsfeindliche Hetze", Demonstrationen/Demonstrativhandlungen usw.) wie auch Durchführung von sichernden Aktionen und Einsätzen anlässlich herausragender Ereignisse der Partei- und Staatsführung.
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Bericht des IM "Ilona" zu den Aushängen in der Carl-von-Ossietzky-Schule Dokument, 3 Seiten
Gedicht eines Soldaten der Nationalen Volksarmee (NVA) am "Speaker’s Corner" der Carl-von-Ossietzky-Schule Dokument, 1 Seite
Meldung der KD Pankow über eine Unterschriftensammlung in der EOS "Carl von Ossietzky" Dokument, 1 Seite
Schreiben des Ersten Sekretärs des FDJ-Zentralrats zu den Ereignissen an der Carl-von-Ossietzky-Schule Dokument, 8 Seiten