Dokumentation zur Aktion "Festigung"
- Informationen
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Informationen
Dokumentation zur Aktion "Festigung"
Signatur: BStU, MfS, HA VI, Nr. 16175, Bl. 1-60
Um sechs Uhr morgens standen am 3. Oktober 1961 Sicherheitskräfte vor den Türen von vorher genau ausgewählten Personen im Grenzstreifen. Sie teilten den Betroffenen mit, dass sie sofort umziehen müssten. Innerhalb von 18 Stunden wurden 3.600 missliebige Personen zwangsumgesiedelt. In einer Dokumentation wird die Aktion "Festigung" genau analysiert.
Seit Gründung der DDR hatte es immer wieder politisch motivierte Zwangsumsiedlungen aus dem westlichen Grenzgebiet nach stalinistischem Vorbild gegeben. Eine der größten derartigen Operationen war die Aktion "Festigung". Sie war eingebunden in eine andere Maßnahme gegen die DDR-Bevölkerung: den Mauerbau am 13. August 1961.
Einige Wochen nach der Abriegelung der Grenzen, am 3. Oktober 1961, überraschte die Aktion ihre Opfer um sechs Uhr morgens. Über 3.600 Menschen wurden aus ihren Wohnungen in Grenznähe vertrieben und zwangsweise im Hinterland angesiedelt. Insgesamt war etwa ein Prozent der Grenzbevölkerung davon betroffen. Es handelte sich dabei um Personen, die vorher auf Listen erfasst worden waren und als politisch unzuverlässig galten. Die Aktion war generalstabsmäßig geplant und innerhalb von 18 Stunden komplett abgeschlossen.
Eine grundsätzliche Koordinierung der Aktion erfolgte über Erich Mielke, der sechs gemischte Arbeitsgruppen aus Offizieren des Ministeriums für Staatssicherheit, der Nationalen Volksarmee und dem Ministerium des Inneren leitete. Allerdings gab es ausdrücklich keine zentralen Anweisungen. Verantwortlich für die Planung und Durchführung der Aktion waren die sogenannten Bezirkseinsatzleitungen.
Noch Monate nach dem Ende der Aktion "Festigung" wurden im MfS detaillierte Auswertungen über deren Verlauf angefertigt. Die hier vorliegende wurde nach den Vorgaben des stellvertretenden Ministers für Staatssicherheit Bruno Beater angefertigt. Die umfangreiche Analyse des Ablaufs und der ständig wiederkehrende Verweis auf spätere, ähnliche Aktionen lassen vermuten, dass es sich um eine gigantische Übung unter realistischen Bedingungen handelte. Offensichtlich sollten im Ernst- und Verteidigungsfall ähnliche Umsiedlungen erfolgen und dafür die Erfahrungen der Aktion "Festigung" genutzt werden.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Hauptabteilung VI
- Datum:
- Februar bis Dezember 1962
- Zustand:
- Leichte mechanische Schäden
- Transkript
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Transkript
Dabei traten folgende Formen auf
- aktiver Widerstand (Tätlichkeit gegen über den Handlungsgruppen z.B. in Gehrendorf/Klötze - 1 Fall)
- passiver Widerstand (Weigerung die Wohnung zu verlassen und beim Umzug zu helfen)
- Selbstmordversuche (Bez. Suhl - 3 Fälle, Bez. Gera - 2 Fälle, Bez. K.-M.-Stadt mehrere Fälle, konnten jedoch verhindert werden
- Selbstmordandrohungen (einige Fälle in allen Bezirken)
- Vortäuschung von Krankheit (nach Hinzuziehung von Ärzten konnte in den meisten Fällen der Umzug erfolgen.)
- Hetze, provokatorische und beleidigende Äußerungen
- Versuche von Brandlegungen (1 Fall - Bez. Suhl)
- Versuche andere nichtbeteiligte Personen zu Stellungnahmen zu bewogen (fast ausschl. erfolglos)
Während der gesamten Aktion wurden - außer wenigen zeitweiligen Isolierungen für die Dauer der Verladung des Inventars - keine Festnähmen aus dem Kreis der zur Umsiedlung vorgesehenen Personen erforderlich.
- Begriffserklärungen
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Begriffserklärungen
- Hauptabteilung (HA)
-
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
- Abkürzungen
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Abkürzungen
- Bez.
- Bezirk
- DDR
- Deutsche Demokratische Republik
- HA
- Hauptabteilung
- K.-M.-Stadt
- Karl-Marx-Stadt
- MfS
- Ministerium für Staatssicherheit (MfS)
- Inhaltsverzeichnis
Dokumentation zur Aktion "Festigung"
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Dokumentation zur Aktion "Festigung"
Signatur: BStU, MfS, HA VI, Nr. 16175, Bl. 1-60
Um sechs Uhr morgens standen am 3. Oktober 1961 Sicherheitskräfte vor den Türen von vorher genau ausgewählten Personen im Grenzstreifen. Sie teilten den Betroffenen mit, dass sie sofort umziehen müssten. Innerhalb von 18 Stunden wurden 3.600 missliebige Personen zwangsumgesiedelt. In einer Dokumentation wird die Aktion "Festigung" genau analysiert.
Seit Gründung der DDR hatte es immer wieder politisch motivierte Zwangsumsiedlungen aus dem westlichen Grenzgebiet nach stalinistischem Vorbild gegeben. Eine der größten derartigen Operationen war die Aktion "Festigung". Sie war eingebunden in eine andere Maßnahme gegen die DDR-Bevölkerung: den Mauerbau am 13. August 1961.
Einige Wochen nach der Abriegelung der Grenzen, am 3. Oktober 1961, überraschte die Aktion ihre Opfer um sechs Uhr morgens. Über 3.600 Menschen wurden aus ihren Wohnungen in Grenznähe vertrieben und zwangsweise im Hinterland angesiedelt. Insgesamt war etwa ein Prozent der Grenzbevölkerung davon betroffen. Es handelte sich dabei um Personen, die vorher auf Listen erfasst worden waren und als politisch unzuverlässig galten. Die Aktion war generalstabsmäßig geplant und innerhalb von 18 Stunden komplett abgeschlossen.
Eine grundsätzliche Koordinierung der Aktion erfolgte über Erich Mielke, der sechs gemischte Arbeitsgruppen aus Offizieren des Ministeriums für Staatssicherheit, der Nationalen Volksarmee und dem Ministerium des Inneren leitete. Allerdings gab es ausdrücklich keine zentralen Anweisungen. Verantwortlich für die Planung und Durchführung der Aktion waren die sogenannten Bezirkseinsatzleitungen.
Noch Monate nach dem Ende der Aktion "Festigung" wurden im MfS detaillierte Auswertungen über deren Verlauf angefertigt. Die hier vorliegende wurde nach den Vorgaben des stellvertretenden Ministers für Staatssicherheit Bruno Beater angefertigt. Die umfangreiche Analyse des Ablaufs und der ständig wiederkehrende Verweis auf spätere, ähnliche Aktionen lassen vermuten, dass es sich um eine gigantische Übung unter realistischen Bedingungen handelte. Offensichtlich sollten im Ernst- und Verteidigungsfall ähnliche Umsiedlungen erfolgen und dafür die Erfahrungen der Aktion "Festigung" genutzt werden.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Hauptabteilung VI
- Datum:
- Februar bis Dezember 1962
- Zustand:
- Leichte mechanische Schäden
- Transkript
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Transkript
Aus der nichtbetroffenen Bevölkerung wurden während der Aktion festgenommen
- in Sonneberg/Suhl, [geschwärzt] wegen aktiven tätlichen Widerstand;
- im Bezirk Gera, ein Kraftfahrer wegen Hetze und Staatsverleumdung;
- im Bezirk Erfurt, zwei Kraftfahrer, davon einer wegen Verbreitung verleumderischer Behauptungen über die Umzugsaktion.
Reaktion der nichtbetroffenen Bevölkerung in den Grenzkreisen
ein Teil verhielt sich abwartend und brachte die wahre Meinung nicht zum Ausdruck; es bestand eine gewisse Unsicherheit, die genährt wurde durch Gerüchte und Vermutungen, wie u.a. die Maßnahmen sind nur der Anfang, das gesamte Grenzgebiet wird geräumt.Auch die am 3.10.1961 in allen Grenzorten durchgeführten Einwohnerversammlungen konnten bei diesem Teil der Bevölkerung nicht in allen Fällen völlige Klarheit schaffen.
ein Teil erkannte die Notwendigkeit der Maßnahmen an und betrachtete sie für die Erhaltung des Friedens als erforderlich;ein Teil brachte die Zustimmung durch Taten offen zum Ausdruck
- Mißlareuth/Plauen: Zustimmende Resolution der Einwohnerversammlung an Gen. Walter Ulbricht
- Bez. Magdeburg / verschiedene Orte: Übernahme von Verpflichtungen im Produktionsaufgebot
- Begriffserklärungen
-
Begriffserklärungen
- Hauptabteilung (HA)
-
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
- Abkürzungen
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Abkürzungen
- Bez.
- Bezirk
- DDR
- Deutsche Demokratische Republik
- Gen.
- Genosse
- HA
- Hauptabteilung
- MfS
- Ministerium für Staatssicherheit (MfS)
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Signatur: BStU, MfS, HA VI, Nr. 16175, Bl. 1-60
Um sechs Uhr morgens standen am 3. Oktober 1961 Sicherheitskräfte vor den Türen von vorher genau ausgewählten Personen im Grenzstreifen. Sie teilten den Betroffenen mit, dass sie sofort umziehen müssten. Innerhalb von 18 Stunden wurden 3.600 missliebige Personen zwangsumgesiedelt. In einer Dokumentation wird die Aktion "Festigung" genau analysiert.
Seit Gründung der DDR hatte es immer wieder politisch motivierte Zwangsumsiedlungen aus dem westlichen Grenzgebiet nach stalinistischem Vorbild gegeben. Eine der größten derartigen Operationen war die Aktion "Festigung". Sie war eingebunden in eine andere Maßnahme gegen die DDR-Bevölkerung: den Mauerbau am 13. August 1961.
Einige Wochen nach der Abriegelung der Grenzen, am 3. Oktober 1961, überraschte die Aktion ihre Opfer um sechs Uhr morgens. Über 3.600 Menschen wurden aus ihren Wohnungen in Grenznähe vertrieben und zwangsweise im Hinterland angesiedelt. Insgesamt war etwa ein Prozent der Grenzbevölkerung davon betroffen. Es handelte sich dabei um Personen, die vorher auf Listen erfasst worden waren und als politisch unzuverlässig galten. Die Aktion war generalstabsmäßig geplant und innerhalb von 18 Stunden komplett abgeschlossen.
Eine grundsätzliche Koordinierung der Aktion erfolgte über Erich Mielke, der sechs gemischte Arbeitsgruppen aus Offizieren des Ministeriums für Staatssicherheit, der Nationalen Volksarmee und dem Ministerium des Inneren leitete. Allerdings gab es ausdrücklich keine zentralen Anweisungen. Verantwortlich für die Planung und Durchführung der Aktion waren die sogenannten Bezirkseinsatzleitungen.
Noch Monate nach dem Ende der Aktion "Festigung" wurden im MfS detaillierte Auswertungen über deren Verlauf angefertigt. Die hier vorliegende wurde nach den Vorgaben des stellvertretenden Ministers für Staatssicherheit Bruno Beater angefertigt. Die umfangreiche Analyse des Ablaufs und der ständig wiederkehrende Verweis auf spätere, ähnliche Aktionen lassen vermuten, dass es sich um eine gigantische Übung unter realistischen Bedingungen handelte. Offensichtlich sollten im Ernst- und Verteidigungsfall ähnliche Umsiedlungen erfolgen und dafür die Erfahrungen der Aktion "Festigung" genutzt werden.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Hauptabteilung VI
- Datum:
- Februar bis Dezember 1962
- Zustand:
- Leichte mechanische Schäden
- Transkript
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Transkript
Das Verhalten der an der Aktion beteiligten Einsatzkräfte zeigte im allgemeinen, daß die Auswahl der Kräfte richtig vorgenommen wurde. Besonders hervorzuheben ist die hohe Kampfmoral und vorbildliche Einsatzbereitschaft der Kampfgruppen.
Der Einsatz ließ erkennen; daß der- größte Teil der zur Durchführung der Aktion eingesetzten Bürger bereit waren, die ihnen von der Partei übertragenen Aufgaben durchzuführen und auch diszipliniert durchgeführt haben
- in vielen Fällen brachten betroffene Personen angesichts des disziplinierten, korrekten und höflichen Auftretens der Einsatzkräfte ihren Dank und ihre Anerkennung offen zum Ausdruck.
- Es gab nur wenige Fälle, in denen Einsatzkräfte zurückgewichen bzw. abgelöst werden mußten, da sie den Aufgaben nicht gerecht wurden, wie zum Beispiel
- in Völpke/Oschersleben zeigten Mitarbeiter des Staatsapparates eine labile Haltung und traten nicht konsequent auf;
- im Kreis Klötze/Magdeburg lehnte ein Kämpfer ab, an der Aktion teilzunehmen;
- im Kreis Plauen verhielten sich 20 von 80 Kämpfern zurückhaltend und mußten durch Reservekräfte ersetzt werden;
- in Mühlhausen/Erfurt wurden 7 Genossen in Agitationsgruppen eingewiesen, drei davon lehnten ab, die übrigen 4 erschienen nicht zum Einsatz;
- und andere ähnliche Erscheinungen.
- Begriffserklärungen
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Begriffserklärungen
- Hauptabteilung (HA)
-
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
- Abkürzungen
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Abkürzungen
- DDR
- Deutsche Demokratische Republik
- HA
- Hauptabteilung
- MfS
- Ministerium für Staatssicherheit (MfS)
- Inhaltsverzeichnis
