Signatur: BStU, MfS, SED-Kreisleitung, Nr. 4581, Bl. 35-40
Das Verbot der Monatszeitschrift "Sputnik" löste in der DDR allerorts Proteste aus. Auch Stasi-Angehörige schrieben Beschwerdebriefe an das Zentralkomitee der SED. Bei anschließenden Aussprachen sollten sie ihren kritischen Standpunkt zu der Zensurmaßnahme aufgeben.
Die sowjetische Monatszeitschrift "Sputnik" existierte seit 1967 in der UdSSR und erschien in mehreren Sprachen. Sie sollte das Erscheinungsbild des Landes in sozialistischen Staaten und in westlichen Ländern verbessern und verzichtete deswegen weitgehend auf sozialistische Rhetorik. Mit Beginn von Glasnost und Perestroika in der Sowjetunion informierte "Sputnik" in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre auch über die Reformpolitik Gorbatschows und griff frühere Tabuthemen auf, wie die Verbrechen Stalins. In der DDR eröffnete die Zeitschrift ihrer Leserschaft damit eine willkommene Abwechslung in der Medienlandschaft.
Von der SED-Führung wurde sie hingegen zunehmend kritisch betrachtet. Als die November-Ausgabe von 1988 den in der DDR-Geschichtsschreibung geleugneten Hitler-Stalin-Pakt thematisierte sowie die Stalin-hörige KPD der 20er Jahre kritisierte, untersagten SED-Funktionäre am 18. November 1988 den weiteren Vertrieb der Zeitschrift in der DDR. Das Heft wurde eingezogen und eingestampft - mit der Begründung, die Zeitschrift enthalte "keinen Beitrag, der der Festigung der deutsch-sowjetischen Freundschaft dient, statt dessen verzerrende Beiträge zur Geschichte".
Selbst MfS-Mitarbeiter verfassten Eingaben, in denen sie ihren Unmut über die Nichtauslieferung des "Sputniks" äußerten. Gerade für solche Geheimnisträger zog dies eine Aussprache vor der Parteikontrollkommission (PKK) nach sich.
In der ersten Aussprache, die mit Genossen [anonymisiert] zu seinem Schreiben geführt wurde, versuchte er zunächst seine Position zu rechtfertigen. Nachdem er auf seine Pflichten zur Verwirklichung des Parteiprogramms, des Statuts, der Parteibeschlüsse insgesamt, die Lösung der gegenwärtig vor der Partei stehenden Aufgaben und die Schärfe der ideologischen Angriffe auf die Partei hingewiesen wurde, begann bei ihm ein Prozeß der Veränderung seiner Haltung.
In der folgenden GO-Leitungssitzung und in dem gegen ihn am 12.01.1989 durchgeführten Parteiverfahren bezog er eine selbstkritische Position zu den im Schreiben formulierten Standpunkten und gegen die Partei erhobenen Anschuldigungen. Er distanzierte sich davon und nahm eine insgesamt parteiliche Haltung ein. Im Ergebnis des Verfahrens wurde ihm für sein unparteiliches Verhalten eine "Rüge" ausgesprochen. Zuvor wurde er auf Beschluß der GO-Leitung von der Funktion des Propagandafunktionärs und als Mitglied der GO-Leitung entbunden.
Im Prozeß der Klärung des Sachverhaltes wurden folgende Feststellungen getroffen:
Die Leitung der PO und GO hat bei der Auswahl des Gen. [anonymisiert] als Kandidat für die GO-Leitung nicht die erforderliche Sorgfalt und Konsequenz walten lassen.
Die ernsten Hinweise auf seine unparteilichen Positionen wurden nicht geklärt.
Der Leitung der APO und GO war bekannt, daß es im Parteikollektiv eine Vielzahl von Fragen zur Politik der Partei, zu aktuellen Entwicklungen in den sozialistischen Ländern und zur internationalen Klassenkampfsituation gab, auf die keine klärenden Antworten gefunden wurden. Beide Leitungen nahmen in den Leitungssitzungen dazu nicht Stellung und reagierten auch sonst in keiner Weise.
Der Sekretär der APO hatte vom Wortlaut des Briefes des Gen. [anonymisiert] Kenntnis. Ein Mitglied der GO-Leitung hat ihn geschrieben. Weitere Parteifunktionäre hatten allgemeine Kenntnis dazu. Von keinem wurden Initiativen zur parteimäßigen Reaktion unternommen.
Auch nachdem das Schreiben vorlag, nahmen der 1. Sekretär der PO, der Sekretär der GO und APO keine konsequente parteiliche Haltung dazu ein.
Es wurde der Standpunkt vertreten und auch schriftlich formuliert, daß sich Gen. [anonymisiert] als Funktionär für Agitation und Propaganda bewährt. Die Notwendigkeit der Ablösung von der Funktion und die parteiliche Klärung im Rahmen eines Parteiverfahrens wurde in Abrede gestellt.
Bevor sich Anfang der 80er Jahre der Begriff Öffentlichkeitsarbeit, zumeist als Begriffspaar Öffentlichkeits- und Traditionsarbeit (ÖTA), durchsetzte, wurde dieses Tätigkeitsfeld im MfS als Agitation bezeichnet. Im Verlauf der MfS-Geschichte nahm sie unterschiedliche Ausprägungen an. Ihren Höhepunkt erlebte sie in den 50er und 60er Jahren, später reduzierte sich ihre Bedeutung deutlich.
Schon die Gründung des MfS wurde von einer Medienkampagne gegen westliche "Saboteure und Agenten" begleitet. 1954 wurde für die Öffentlichkeitsarbeit ein eigenes Referat in der für Verwaltungsaufgaben zuständigen Abteilung Allgemeines eingerichtet, das 1955 als selbständige Abteilung Agitation ausgelagert wurde. Der Bereich wurde nach außen als Pressestelle oder Presseabteilung bezeichnet, seine Leiter traten in den 50er und 60er Jahren auch als Pressesprecher des MfS auf. 1985 wurde der Bereich umorganisiert und als Bereich 6 in die ZAIG eingegliedert. In den Bezirksverwaltungen und Hauptabteilungen des Ministeriums lag die Zuständigkeit für die Öffentlichkeitsarbeit bei einzelnen Stabsoffizieren, die nach Einrichtung der AKG 1978/79 diesem Bereich zugeordnet waren. Aufgaben einer wirklichen Pressestelle erfüllte der Agitationsbereich nur begrenzt. Die Medien wurden vom MfS nur sehr restriktiv informiert, aber umso intensiver instrumentalisiert. Es ging primär um Popularisierung der Arbeit der Staatssicherheit; die Abwehr gegnerischer Angriffe stand thematisch im Zentrum der Öffentlichkeitsarbeit Konkrete Angaben zum eigenen Apparat, etwa zu Mitarbeiterzahlen, Aufbau und Arbeitsweise wurden grundsätzlich nicht in die Öffentlichkeit gegeben.
Wie kaum ein anderes Tätigkeitsfeld der Staatssicherheit war die Öffentlichkeitsarbeit in der Ulbricht-Ära unmittelbar in die entsprechenden Aktivitäten des zentralen Parteiapparates der SED (Abteilungen Agitation und Propaganda des ZK, Agitationskommission des ZK) eingebunden. Auch die Beziehungen zu anderen staatlichen Akteuren, etwa dem Amt für Information oder der Generalstaatsanwaltschaft, waren vorrangig offizieller Natur. Der Einsatz von IM oder OibE spielte in diesem Bereich eine untergeordnete Rolle. Eine prominente Ausnahme war der Publizist Julius Mader, der von 1962 bis 1989 OibE des MfS-Agitationsbereichs war und mit seinen geheimdienstspezifischen Büchern (z. B. Nicht länger geheim, 1966; Who’s who in CIA, 1968) durchaus Breitenwirkung erzielte. In den 50er Jahren konzentrierte sich die MfS-Agitation darauf, "Diversanten", "Spione" und ihre westlichen "Hintermänner" anzuprangern. Die Öffentlichkeitsarbeit wurde ab 1953 im Rahmen der Strategie der "Konzentrierten Schläge" erheblich intensiviert. Große Verhaftungsaktionen mit den Codenamen "Feuerwerk" (1953), "Pfeil" (1954) und "Blitz" (1955), die jeweils zu Hunderten von Festnahmen führten, wurden mit Pressekonferenzen beendet. Hierbei wurden auch "reumütige" Agenten vorgeführt, bei denen es sich zumeist um abgezogene IM der Staatssicherheit handelte. Außerdem gehörten Beiträge in Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und der Kino-Wochenschau ebenso dazu wie Ausstellungen und Vorträge von hohen MfS-Kadern in Betriebsversammlungen.
Ab Ende der 50er Jahre konzentrierten sich die Öffentlichkeitsarbeit des MfS auf die elektronischen Medien und den Film. Besonders erfolgreich war der vom MfS inspirierte und 1963 gedrehte Spielfilm "For eyes only" über die spektakuläre Entwendung einer Agentenkartei aus der Würzburger Dienststelle des amerikanischen Militärgeheimdienstes MID durch den "Kundschafter" Horst Hesse. In den 60er Jahren hatte die Öffentlichkeitsarbeit des MfS in erster Linie Westdeutschland im Blick und arbeitete hierbei mit dem Agitationsapparat des ZK der SED zusammen. In Publikationen und auf internationalen Pressekonferenzen unter dem Vorsitz von Politbüromitglied Albert Norden wurden Themen wie die Aufrüstung der Bundeswehr oder die Nazivergangenheit bundesdeutscher Funktionsträger angeprangert. Diese Kampagnen waren vor allem dann wirkungsvoll, wenn es gelang, auf konspirativem Wege einschlägige Nachrichten in westlichen Medien zu platzieren. Außerdem organisierte das MfS zu dieser Zeit die massenhafte Einschleusung von Propagandaschriften in die Bundesrepublik. Als sich die DDR-Führung mit dem SED-Parteitag 1967 auch offiziell von der gesamtdeutschen Perspektive verabschiedete, wandte sich auch die MfS-Agitation mehr DDR-internen Themen zu. Vorrangige Ziele waren jetzt die Stärkung der "Massenwachsamkeit" und die Pflege des "Vertrauensverhältnisses" zwischen Bevölkerung und MfS.
In der Phase der Entspannungspolitik veränderte sich der Charakter der Öffentlichkeitsarbeit beträchtlich. Mediale Angriffe auf die Bundesrepublik ließen stark nach. Künstlerische und journalistische Projekte des Agitationsbereichs, etwa zur "BRD-Menschenrechtsdemagogie" oder zur Übersiedlungsproblematik, erhielten von der politischen Führung kein grünes Licht mehr, weil sie nicht in die Politik der internationalen Normalisierung passten oder an tabuisierten innenpolitischen Problemen rührten. Die Medienpräsenz von MfS-Themen ging stark zurück. Ausnahmen blieben in den 70er Jahren die beiden großen, vom MfS inspirierten Fernsehfilmserien "Das unsichtbare Visier" (mit Armin Mueller-Stahl in der Hauptrolle) und "Rendezvous mit Unbekannt", die sich mit politisch unbedenklichen Sujets, der Auslandsspionage und der Frühzeit des MfS, befassten. Die Öffentlichkeitsarbeit beschränkte sich ansonsten auf ADN-Meldungen zu Kleinereignissen, wie z. B. dem "Missbrauch von Transitwegen" durch Fluchthelfer. Ab Mitte der 80er Jahre beklagten die Verantwortlichen der Öffentlichkeitsarbeit im MfS die mangelnde Verwertbarkeit von internen Ermittlungsergebnissen und die abnehmende Bereitschaft von Autoren, mit der Staatssicherheit zusammenzuarbeiten.
Die Öffentlichkeitsarbeit konzentrierte sich ab Mitte der 70er Jahre vorrangig auf die Traditions- und Patenschaftsarbeit im direkten Kontakt mit Arbeitskollektiven und Schulen. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Traditionspflege war aber auch nach innen, auf den eigenen Apparat, und auf andere bewaffnete Organe ausgerichtet. Diese sehr begrenzten Personenkreise erhielten Zugang zu Ausstellungen im sog. Informationszentrum des MfS in Berlin-Mitte und zu Broschüren mit den klassischen Geheimdienstthemen wie "CIA und BND", "Zersetzung der DDR-Jugend" oder "Tätigkeit des MfS gegen innere und äußere Feinde". Wie selbst eine interne Forschungsarbeit von 1989 bilanziert, scheiterte die Staatssicherheit in den 80er Jahren mit ihrem Ziel, durch Öffentlichkeitsarbeit die Verbundenheit der Bevölkerung mit dem MfS zu fördern.
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Signatur: BStU, MfS, SED-Kreisleitung, Nr. 4581, Bl. 35-40
Das Verbot der Monatszeitschrift "Sputnik" löste in der DDR allerorts Proteste aus. Auch Stasi-Angehörige schrieben Beschwerdebriefe an das Zentralkomitee der SED. Bei anschließenden Aussprachen sollten sie ihren kritischen Standpunkt zu der Zensurmaßnahme aufgeben.
Die sowjetische Monatszeitschrift "Sputnik" existierte seit 1967 in der UdSSR und erschien in mehreren Sprachen. Sie sollte das Erscheinungsbild des Landes in sozialistischen Staaten und in westlichen Ländern verbessern und verzichtete deswegen weitgehend auf sozialistische Rhetorik. Mit Beginn von Glasnost und Perestroika in der Sowjetunion informierte "Sputnik" in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre auch über die Reformpolitik Gorbatschows und griff frühere Tabuthemen auf, wie die Verbrechen Stalins. In der DDR eröffnete die Zeitschrift ihrer Leserschaft damit eine willkommene Abwechslung in der Medienlandschaft.
Von der SED-Führung wurde sie hingegen zunehmend kritisch betrachtet. Als die November-Ausgabe von 1988 den in der DDR-Geschichtsschreibung geleugneten Hitler-Stalin-Pakt thematisierte sowie die Stalin-hörige KPD der 20er Jahre kritisierte, untersagten SED-Funktionäre am 18. November 1988 den weiteren Vertrieb der Zeitschrift in der DDR. Das Heft wurde eingezogen und eingestampft - mit der Begründung, die Zeitschrift enthalte "keinen Beitrag, der der Festigung der deutsch-sowjetischen Freundschaft dient, statt dessen verzerrende Beiträge zur Geschichte".
Selbst MfS-Mitarbeiter verfassten Eingaben, in denen sie ihren Unmut über die Nichtauslieferung des "Sputniks" äußerten. Gerade für solche Geheimnisträger zog dies eine Aussprache vor der Parteikontrollkommission (PKK) nach sich.
Es wurden Bedenken geäußert, daß in den beiden Parteileitungen und in der APO die Bereitschaft zur parteimäßigen Auseinandersetzung mit Gen. [anonymisiert] vorhanden sei.
Im Prozeß der Klärung der Angelegenheit haben der 1. Sekretär der PO und der Sekretär der GO ihre Haltung korrigiert und mit zunehmender Wirksamkeit auf die parteiliche Lösung der Angelegenheit Einfluß genommen.
Es zeigte sich, daß die Mitglieder der Leitungen der GO, der APO und das Kollektiv der Abteilungsparteiorganisation klare parteiliche Positionen bezogen.
Im Parteiverfahren haben sich alle Genossen kritisch mit Gen. [anonymisiert] und selbstkritisch mit dem unbefriedigendem Niveau und der stark eingeschränkten Wirksamkeit der politisch-ideologischen Arbeit im Parteikollektiv auseinandergesetzt.
Kritisch setzten sich die Genossen mit Versuchen auseinander, die Lage in dieser Hinsicht zu beschönigen und sich etwas vorzumachen.
Sichtbar wurde, daß der Sekretär der APO insgesamt eine deffensive Rolle spielt und große Schwierigkeiten hat, seiner Verantwortung gerecht zu werden.
Die Lage wird auch dadurch ungünstig beeinflußt, daß die Dienststellung des Unterabteilungsleiters nicht besetzt ist und den Genossen mitgeteilt wurde, daß über längere Zeit keine Lösungsaussichten bestehen.
Die einheitlich politische und politisch-fachliche Führung ist dadurch nicht in der notwendigen Qualität gewährleistet.
Der Leiter des ZMD wurde von dem Sachverhalt in Kenntnis gesetzt. Er wird die Lösung des Kaderproblems beschleunigen.
In der Leitung der PO muß eine gründliche Auswertung der im Zuge der Klärung des Sachverhaltes insgesamt getroffenen Feststellungen vorgenommen werden.
Genosse [anonymisiert]
geb. am [anonymisiert]
PO HVA
SED seit August 1947
MfS seit September 1969
Diplomjurist/Diplomkriminalist
langjähriger Propagandist
Genosse [anonymisiert] hatte in einem Schreiben an die Abteilung Propaganda beim ZK der SED zum Ausdruck gebracht, daß er mit der Entscheidung, die Nr. 10/88 des Sputnik nicht auszuliefern, nicht einverstanden sei und die Auffassung vertreten, daß diese Zeitschrift "für die Verdienste mit einer hohen Auszeichnung der Gesellschaft für Deutsch Sowjetische Freundschaft verdient" habe. Er bezeichnete die Entscheidung als politischen Fehler, der rückgängig gemacht werden müsse.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Hauptverwaltung (HV) war eine Organisationseinheit in der MfS-Zentrale, die bereits ausdifferenzierte Aufgabenkomplexe in einer hierarchisch gegliederten Einheit zusammenfasst. Überwiegend durch Stellvertreter des Ministers direkt geleitet. Über das Gründungsjahrzehnt des MfS hinweg hatte nur die HV A als echte HV Bestand. Daneben war Hauptverwaltung eine Bezeichnung für Diensteinheiten im MfS ohne strukturell berechtigenden Hintergrund.
Die Hauptverwaltung A (HV A) war die Spionageabteilung des MfS, deren Bezeichnung sich an die der Spionageabteilung des KGB, 1. Verwaltung, anlehnt. Der Ordnungsbuchstabe A wurde in der Bundesrepublik oftmals, aber unzutreffenderweise mit "Aufklärung" aufgelöst. Die HV A wurde 1951 als Institut für Wirtschaftswissenschaftliche Forschung (IWF) gebildet und ging im September 1953 als HA XV in das Staatssekretariat für Staatssicherheit ein. Sie wurde im MfS von 1956 bis zur Auflösung im Juni 1990 als HV A bezeichnet.
Der Schwerpunkt nachrichtendienstlicher Tätigkeit der HV A lag in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, wo sie mit Objektquellen, d. h. den IM in den nachrichtendienstlichen Zielobjekten, aktiv war.
Die HV A gliederte sich 1956 in 15, 1989 in 20 Abteilungen.
Für die operative Arbeit gegen das Bundeskanzleramt und wichtige Bundesministerien war die Abteilung I, für die gegen die bundesdeutschen Parteien die Abteilung II und für die Arbeit außerhalb Deutschlands die Abteilung III zuständig. Für die Infiltration der USA war die Abteilung XI, für die NATO und die Europäischen Gemeinschaften die Abteilung XII verantwortlich. Mit der Militärspionage war die Abteilung IV befasst, mit der Unterwanderung gegnerischer Nachrichtendienste die Abteilung IX.
Innerhalb der Hauptverwaltung war vornehmlich der Sektor Wissenschaft und Technik (SWT) mit Wissenschafts- und Technikspionage befasst, der zu diesem Zweck die Abteilung XIII bis XV sowie die Arbeitsgruppen 1, 3 und 5 unterhielt sowie eine eigene Auswertungsabteilung, die Abteilung V bzw. ab 1959 Abteilung VII.
Leiter der HV A waren 1951/52 Anton Ackermann, kurzzeitig Richard Stahlmann, 1952-1986 Markus Wolf, dann Werner Großmann und 1989/90 Bernd Fischer. Von anfangs zwölf Mitarbeitern wuchs der Apparat bis 1955 auf 430, bis 1961 auf 524 Mitarbeiter und erreichte bis 1972 einen Umfang von 1.066 hauptamtlichen Mitarbeitern. Bis 1989 wuchs die HV A auf 3.299 hauptamtliche Mitarbeiter, hinzu kamen 701 OibE (1985: 1.006) sowie 778 HIM. OibE und HIM arbeiteten verdeckt in der DDR und im Operationsgebiet. Insgesamt verfügte die HV A also zuletzt über 4.778 Mitarbeiter.
Die Anzahl der von der HV A geführten IM umfasste im Jahre 1989 rund 13.400 in der DDR und weitere 1.550 in der Bundesrepublik. Über 40 Jahre hinweg werden nach Hochrechnungen insgesamt rund 6.000 Bundesbürger und Westberliner IM der HV A gewesen sein.
Der Zentrale Medizinische Dienst (ZMD) entstand 1974 aus der Abteilung Medizinischer Dienst. Seine Aufgaben waren: Gewährleistung der medizinischen, ggf. auch psychologischen Versorgung/Betreuung der hauptamtlichen Mitarbeiter des MfS als auch der UMA, OibE, HIM und zurückgezogener "Kundschafter"; Leitung des MfS-Krankenhauses in Berlin-Buch, der MfS-Poliklinik Berlin-Lichtenberg und des Haftkrankenhauses Berlin-Hohenschönhausen (Abt. Haftkrankenhaus).
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Signatur: BStU, MfS, SED-Kreisleitung, Nr. 4581, Bl. 35-40
Das Verbot der Monatszeitschrift "Sputnik" löste in der DDR allerorts Proteste aus. Auch Stasi-Angehörige schrieben Beschwerdebriefe an das Zentralkomitee der SED. Bei anschließenden Aussprachen sollten sie ihren kritischen Standpunkt zu der Zensurmaßnahme aufgeben.
Die sowjetische Monatszeitschrift "Sputnik" existierte seit 1967 in der UdSSR und erschien in mehreren Sprachen. Sie sollte das Erscheinungsbild des Landes in sozialistischen Staaten und in westlichen Ländern verbessern und verzichtete deswegen weitgehend auf sozialistische Rhetorik. Mit Beginn von Glasnost und Perestroika in der Sowjetunion informierte "Sputnik" in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre auch über die Reformpolitik Gorbatschows und griff frühere Tabuthemen auf, wie die Verbrechen Stalins. In der DDR eröffnete die Zeitschrift ihrer Leserschaft damit eine willkommene Abwechslung in der Medienlandschaft.
Von der SED-Führung wurde sie hingegen zunehmend kritisch betrachtet. Als die November-Ausgabe von 1988 den in der DDR-Geschichtsschreibung geleugneten Hitler-Stalin-Pakt thematisierte sowie die Stalin-hörige KPD der 20er Jahre kritisierte, untersagten SED-Funktionäre am 18. November 1988 den weiteren Vertrieb der Zeitschrift in der DDR. Das Heft wurde eingezogen und eingestampft - mit der Begründung, die Zeitschrift enthalte "keinen Beitrag, der der Festigung der deutsch-sowjetischen Freundschaft dient, statt dessen verzerrende Beiträge zur Geschichte".
Selbst MfS-Mitarbeiter verfassten Eingaben, in denen sie ihren Unmut über die Nichtauslieferung des "Sputniks" äußerten. Gerade für solche Geheimnisträger zog dies eine Aussprache vor der Parteikontrollkommission (PKK) nach sich.
Bereits vor Übergabe des Schreibens durch die ZPKK war dieser Sachverhalt durch Äußerungen des Gen. [anonymisiert] zu Genossen seines Kollektivs bekanntgeworden.
Durch den 1. Sekretär der PO, dem Sekretär der GO, dem Parteigruppenorganisator und Dienstvorgesetzten wurde darauf sofort reagiert. Gen. [anonymisiert] legte den Durchschlag seines Schreibens vor, so daß die Genossen in der Lage waren, auf die darin formulierten Positionen einzugehen.
Danach setzte sich die Leitung der GO, die Parteigruppe und am 13.01.1989 die GO in einer Mitgliederversammlung mit dem Gen. [anonymisiert] prinzipiell auseinander.
Es wurde herausgearbeitet, daß er aus Selbstüberschätzung Wertungen vornahm, mit denen er sich über Entscheidungen und Positionen der Partei hinwegsetzte.
Er hat sich auch zu stark von Gefühlen leiten lassen.
Völlig außer Acht gelassen hat er dabei die scharfen Angriffe, die vom Gegner auf die Partei gerichtet werden.
Kritisiert wurde auch der Zynismus, der in den Formulierungen enthalten ist.
Gen. [anonymisiert] nahm eine selbstkritische Haltung ein und reagierte parteilich auf die an ihn geübte Kritik.
In der Mitgliederversammlung wurde ihm für sein unparteiliches Verhalten eine "Mißbilligung" ausgesprochen.
Die Klärung dieses Sachverhaltes wurde von Beginn an durch die Leitung der PO und den 1. Sekretär persönlich im Zusammenwirken mit dem Sekretär der GO, dem Gruppenorganisator und dem Dienstvorgesetzten zielgerichtet und parteilich konsequent geführt. Die sich daraus für die politisch-ideologische Arbeit ergebenden Hinweise sind in Funktionärsberatungen ohne Zeitverzug ausgewertet worden.
Nach den vorliegenden Erkenntnissen ergeben sich dazu keine weiteren Maßnahmen.
Ein Schreiben an das ZK der SED wurde von drei 21jährigen parteilosen Unteroffizieren auf Zeit des Wachregimentes verfaßt. Sie sind Mitglied der FDJ. Es handelt sich dabei um Genossen, die diszipliniert und einsatzbereit ihren Dienst versehen.
Sie stellten Fragen nach den Gründen der Streichung der Zeitschrift "Sputnik" von der Postzeitungsliste und brachten ihre Besorgnis zum Ausdruck, ob die Richtigkeit dieser Maßnahme ausreichend geprüft wurde, da sie unter der Bevölkerung wenig Verständnis finde.
In der mit ihnen dazu geführten Aussprache akzeptierten sie die Begründungen und Erläuterungen, die ihnen auf der Grundlage der Rede des Generalsekretärs auf der 7. Tagung des ZK und der Veröffentlichungen im Neuen Deutschland gegeben wurden.
Wachregiment des MfS "Feliks Dzierżyński"
Das am 1.1.1951 als "Wachbataillon A" gegründete Wachregiment des MfS, welches seit 1967 den Namen des ersten sowjetischen Geheimdienstchefs Feliks Dzierżyński trug, wuchs im Laufe der Jahrzehnte zu einer Wach- und Sicherungstruppe mit 11.000 Angehörigen an (1989). Als militärisch-operativer Arm des MfS bezeichnet, hatte das Wachregiment, in und um Ostberlin stationiert, in erster Linie die Aufgabe, Partei- und Staatsobjekte wie die Politbürosiedlung Wandlitz zu bewachen sowie zeitweilig bestimmte Einsatzräume zu beziehen, um die Sicherheit führender Repräsentanten der DDR einschließlich ihrer Gäste zu gewährleisten.
Im Krisen- und Kriegsfall sollten die "Dzierżyński-Soldaten" die SED-Parteiführung schützen und bei inneren Unruhen eingreifen. Ihre "militärisch-tschekistische" Ausbildung war auf den Orts- und Häuserkampf ausgerichtet. Die Bewaffnung bestand zuletzt neben den üblichen Infanteriewaffen aus Panzerbekämpfungsmitteln, Flugabwehrraketen und mehr als 400 Schützenpanzerwagen.
Das Wachregiment rekrutierte sich zu etwa 80 Prozent aus freiwillig drei Jahre dienenden Soldaten und Unteroffizieren. Die SED-Führung und Mielke wollten in den Angehörigen des Wachregiments politische Soldaten sehen, die in einem besonderen Treueverhältnis zur Partei- und Staatsführung stehen sollten. Ihre Sonderstellung wurde durch einen besonderen Fahneneid, Uniformen aus Offiziersstoff, Ärmelstreifen und durch eine bessere Besoldung unterstrichen.
Gegenüber anderen bewaffneten Organen entwickelten die MfS-Soldaten deshalb gelegentlich Formen überheblichen Verhaltens. Es existierte zeitweise so etwas wie ein Korpsgeist, man begriff sich als eine Art "Rote Garde". Einsätze am 17. Juni 1953 und am 13. August 1961 stellte man in der Traditionspflege besonders heraus.
Im Oktober 1989 erfolgte gegen Demonstranten in Ostberlin der letzte "Sicherungseinsatz" von kleineren Teilen des Wachregiments; danach verweigerte die Mehrheit der Soldaten den bisherigen "absoluten Gehorsam". Die Modrow-Regierung löste das Wachregiment im Dezember 1989 auf.
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Protokoll der außerplanmäßigen GO-Versammlung zum "Fehlverhalten" eines Mitarbeiters Dokument, 4 Seiten
Reaktionen von Mitgliedern der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF) Dokument, 4 Seiten
Referat über Arbeit der Parteikontrollkommissionen der SED bei der Durchführung von Parteiverfahren Dokument, 57 Seiten
Weitere Reaktionen von Mitgliedern der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF) Dokument, 3 Seiten