Eingezogener Reisepass Wolf Biermanns mit Ausreisevisum
Signatur: BStU, MfS, AOP, Nr. 11806/85, Bd. 21, Bl. 281-01-281-07
Reisepass von Wolf Biermann mit Ausreisevisum: Nachdem die Genehmigung für eine Reise nach Offenbach bereits erteilt war, intervenierte die SED-Spitze und widerrief die Zusage. Den bereits gestempelten Pass des Liedermachers nahm die Stasi zu den Akten, der Liedermacher erhielt ein Duplikat ohne Visum.
Wolf Biermann, Sohn einer kommunistischen Arbeiterfamilie aus Hamburg, siedelte 1953 als Schüler in die DDR über. Er hielt den Staat für das bessere Deutschland. Dort nahm er ein Studium am Berliner Ensemble, dem von Bertolt Brecht gegründeten Theater, auf. Mit seinen Liedern und Gedichten, die er bald zu schreiben begann, geriet er zunehmend in Konflikt mit der strengen Linie der Staatspartei SED. 1965 verhängte das Politbüro ein totales Auftrittsverbot gegen den Künstler. Drüber hinaus hörte die Staatssicherheit Biermanns Wohnung und Telefongespräche ab, las seine Briefe und setzte auch Spitzel auf ihn an. Ihn einzusperren oder „verschwinden“ zu lassen hätte dagegen zu viele unerwünschte internationale Reaktionen nach sich gezogen.
Obwohl seine künstlerischen Wirkungsmöglichkeiten dadurch auf private Räume eingeschränkt wurden, gewann Biermann weiterhin an Popularität – auch im Westen Deutschlands. Dort veröffentlichte er Schallplatten und Gedichtbände. Das SED-Regime konnte dies nicht verhindern und auch Auftritte des Liedermachers in anderen Staaten formal nicht verbieten. Die DDR-Oberen verweigerten ihm jedoch die Ausreise, wenn es Anfragen an den Liedermacher aus dem Ausland gab.
Im Oktober 1975 wollte Biermann an einer Solidaritätsveranstaltung für Opfer des spanischen Franco-Regimes in Offenbach teilnehmen. Das DDR-Kulturministerium genehmigte die Reise und setzte den Liedermacher darüber telefonisch in Kenntnis. Das Ministerium des Innern erteilte hierfür ein Ausreisevisum und vermerkte dies im Reisepass des Liedermachers.
Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) war darüber jedoch verstimmt. Den Konflikt entschied die SED-Spitze zu Gunsten der Geheimpolizei und widerrief die Genehmigung. Wolf Biermann, der seinen Pass mit dem Visum im Kulturministerium abholen wollte, erhielt stattdessen ein Duplikat ohne das Visum. Der schon gestempelte Original-Pass blieb beim MfS. Biermann wurde zum Termin mitgeteilt, dass die Reise ausfällt.
Metadaten
Seite 2 und 3 des Reisepasses.
Auf Seite 2 sieht man ein Bild von Wolf Biermann und seine Unterschrift
Größe: mittelgroß
Augenfarbe: blaugrau
Bes. Kennzeichen
Auf Seite 3 findet man folgenden Informationen:
Name, Geburtstname: Biermann
Vorname: Karl-Wolf
Geburtstag, Monat, Jahr: 15. November 1936
Geburtsort: Hamburg
Wohnort und Straße: Berlin 4, Chausseestraße. 131
Beruf: Dipl. Phil.
Familienstand: ledig
Nr. 3755398