Signatur: BStU, MfS, BdL/Dok., Nr. 545, Bl. 225-229
Eine Einweisung für Teilnehmer einer Objektbegehung im Mai 1985 zeigt, wie die Stasi die Absicherung ihres zentralen Dienstsitzes in Berlin-Lichtenberg einschätzte.
1950 bezog das Ministerium für Staatssicherheit seinen Dienstsitz in den Räumen des Lichtenberger Finanzamtes an der Ecke Normannenstraße und Magdalenenstraße. Von diesem einen Gebäude ausgehend breitete sich die Stasi Stück für Stück aus. Knapp 40 Jahre später umfasste die Stasi-Zentrale eine Fläche von etwa 22 Hektar. Zuerst verschwanden einzelne Gebäude, dann ganze Straßenzüge. An deren Stelle errichtete das MfS eigene Gebäude, denn die stark wachsende Zahl hauptamtlicher Mitarbeiter erforderte immer mehr Bürofläche. So entwickelte sich ein riesiges geheimdienstliches Areal − militärisch gesichert und von der Umgebung hermetisch abgeriegelt.
Zur Absicherung der Dienstobjekte erließ Minister Erich Mielke im Jahr 1980 die Anweisung 10/80. In regelmäßigen Abständen organisierte das Büro der Leitung des MfS „Objektbegehungen“ der Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg. Der Zweck dieser Begehungen geht aus der vorliegenden Einweisung vom Mai 1985 für die Teilnehmer hervor. Sie sollten die Sicherheitslage einschätzen und Verbesserungsvorschläge erarbeiten.
Das Dokument zeigt darüber hinaus, welche Schwachstellen die Stasi beim Schutz ihres Dienstkomplexes sah. Dazu zählte zum einen, dass das Gelände teilweise von außen einsehbar war, etwa von den Plattenbauten auf der gegenüberliegenden Seite der Frankfurter Allee. Problematisch war auch die Trennung der Dienstobjekte in die Standorte Normannen- und Gotlindestraße. Diese waren nur durch den "schwarzen Weg" miteinander verbunden, einen schmalen Pfad östlich des Hans-Zoschke-Stadions. Er wurde im Volksmund auch Offiziersrennbahn genannt, weil er unter anderem von hochrangigen MfS-Mitarbeitern aus der Gotlindestraße benutzt wurde, die zu Dienstbesprechungen beim Minister eilten.
Aus dem Dokument geht ebenfalls hervor, wie das MfS zuletzt die Objektsicherheit erhöht hatte. So waren zum Beispiel zwei unabhängig voneinander funktionierende Alarmanlagen installiert worden.
Büro der Leitung
AG des Leiters
Berlin, 23. 5. 1985
Objektbegehung am 24. Mai 1985
- Anhalte zur Einweisung der Teilnehmer -
Begrüßung und Vorstellung der Teilnehmer (davon ausgehen, daß auf Grund der Arbeitskontakte die Teilnehmer der heutigen Objektbegehung mehr oder weniger einander bekannt sind):
AGM:
VRD:
HA II:
OTS:
BdL:
Ausgehend von den Hauptaufgaben 1985 für die nichtstrukturelle Arbeitsgruppe Sicherheit Dienstobjekte wurde dem Büro der Leitung die Aufgabe gestellt, eine Objektbegehung des Dienstobjektes Normannen-/Gotlindestraße unter Einbeziehung verantwortlicher Mitarbeiter der genannten Diensteinheiten durchzuführen.
Entsprechend einer hierfür vom Leiter des Büros der Leitung bestätigten Vorlage ergibt sich folgende grundsätzliche Zielstellung unserer Objektbegehung:
1. Vertrautmachen mit solchen objektmäßigen Bedingungen und Schwerpunktbereichen, aus denen sich unter dem Gesichtspunkt der weiteren Erhöhung der Sicherheit des Dienstobjektes Normannen-/ Gotlindestraße weitergehende Festlegungen bzw. Maßnahmen der Abstimmung und Koordinierung ergeben oder ableiten lassen.
2. Entsprechend der differenzierten Verantwortlichkeit der an der Objektbegehung beteiligten Diensteinheiten für die Gewährleistung der Sicherheit der Dienstobjekte des MfS (so wie sie sich vor allem aus der Ordnung Nr. 13/84 und der Anweisung Nr. 10/80 ergibt) sollten schwerpunktmäßig solche Sicherheitserfordernisse abgeleitet und beraten werden, die perspektivisch für das Dienstobjekt Normannen-/Gotlindestraße von Bedeutung sind bzw. besondere Beachtung finden sollten.
Hauptabteilung II (Spionageabwehr)
Die Hauptabteilung II wurde 1953 durch Fusion der Abteilungen II (Spionage) und IV (Spionageabwehr) gebildet. Sie deckte klassische Bereiche der Spionageabwehr ab. Dazu zählte auch die interne Abwehrarbeit im MfS, etwa die Überwachung aktiver und ehemaliger MfS-Mitarbeiter, von Einrichtungen der KGB-Dienststelle Berlin-Karlshorst sowie von Objekten der sowjetischen Streitkräfte und der Sektion Kriminalistik an der Ostberliner Humboldt-Universität. Darüber hinaus betrieb die Hauptabteilung II im Rahmen der "offensiven Spionageabwehr" aktive Spionage in der Bundesrepublik; diese zielte auf westliche Geheimdienste, auf Bundeswehr, Polizei, Massenmedien, Emigrantenverbände u. a.
Die Hauptabteilung II überwachte, sicherte und kontrollierte die DDR-Botschaften im Ausland, die ausländischen diplomatischen Vertretungen in der DDR sowie das Außenministerium der DDR. DDR-Bürger, die westliche Botschaften bzw. die Ständige Vertretung der Bundesrepublik in Ostberlin aufsuchten, wurden systematisch erfasst. In den Zuständigkeitsbereich der Hauptabteilung II fielen auch die Überwachung der in der DDR lebenden Ausländer sowie die Betreuung von Funktionären und Mitgliedern illegaler, verfolgter kommunistischer Parteien, die in der DDR Aufnahme fanden.
Besondere Brisanz beinhaltete die politisch-operative Sicherung der Westkontakte von SED und FDGB. So kümmerte sich die Hauptabteilung II um die Militärorganisation der DKP ("Gruppe Ralf Forster", eine ca. 220 Bundesbürger umfassende Sabotage- und Bürgerkriegstruppe), organisierte in Absprache mit der NVA deren militärische Ausbildung, finanzierte die Gruppe und stattete sie mit Falschpapieren aus.
Die Hauptabteilung II sicherte (bis 1961 und wieder ab 1980; zwischenzeitlich gab es hierfür die Abteilung BdL II) die Abteilung Verkehr des ZK der SED ab, die kommunistische Organisationen im Westen unterstützte und dort SED-Tarnfirmen betrieb. Die Hauptabteilung II versuchte, Aktivitäten bundesdeutscher Behörden gegen DKP, SEW und SED-Tarnfirmen festzustellen und zu verhindern.
Im Ergebnis der Entspannungspolitik nahmen Begegnungen zwischen Ost- und Westdeutschen zu, westliche Medienvertreter konnten sich in der DDR akkreditieren. Das veranlasste den beträchtlichen personellen Ausbau der Hauptabteilung II. Sie war nun auch zuständig für die Überwachung westlicher Journalisten in der DDR. Ziel war es, unerwünschten Informationsabfluss und unbequeme, kritische Berichterstattung zu verhindern. 1987 übertrug Erich Mielke in der Dienstanweisung 1/87 der Hauptabteilung II die Führung der Spionageabwehr, um ein unkoordiniertes Nebeneinander verschiedener Diensteinheiten zu vermeiden.
Die Hauptabteilung II leitete von Beginn an die Operativgruppen des MfS in der Sowjetunion und Polen, seit 1989 auch in der ČSSR, Ungarn und Bulgarien. Mit den entsprechenden Spionageabwehr-Abteilungen in diesen Ländern gab es eine ausgeprägte bi- und multilaterale Zusammenarbeit, die aber erst in den frühen 80er Jahren vertraglich fixiert wurde (kommunistischer Geheimdienst). Im Dezember 1981 übernahm die Hauptabteilung II innerhalb des MfS die Federführung bei der Bekämpfung der unabhängigen polnischen Gewerkschaft "Solidarność". Schließlich unterstützte die Hauptabteilung II Sicherheitsorgane in (pro)sozialistischen Entwicklungsländern, entsandte Berater und bildete deren Geheimdienstmitarbeiter in der DDR aus.
Die Hauptabteilung II verfügte über eigene Abteilungen für Fahndung, Logistik, operative Technik und Beobachtung und war in dieser Hinsicht nicht auf andere Abteilungen angewiesen. Zum unmittelbaren Anleitungsbereich des Leiters der Hauptabteilung II gehörte die Abteilung M (Postkontrolle).
1989 zählte die Hauptabteilung II in der Ostberliner Zentrale 1.432 hauptamtliche Mitarbeiter, in den Bezirksverwaltungen (BV) auf der Linie II weitere 934. Hinzu kamen Mitarbeiter in den Kreisdienststellen (KD), die die Aufgaben der Linie II ausführten. Genaue Zahlen der Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) ließen sich bis heute nicht ermitteln. Die Hauptabteilung II hatte mindestens 3.000 IM, die Abt. II der BV etwa 4.000; hinzu kamen weitere IM der KD. 1976 führte die Hauptabteilung II im Westen 109 IM. Unter den West-IM befanden sich z. T. hochkarätige Agenten.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder dessen Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten AG prägten Linien aus (z. B. Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz – ZAGG) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. AG XVII). Die monothematischen Zuständigkeiten konnten operative Verantwortung und Federführung einschließen. AG wird auch als Bezeichnung einer nichtstrukturellen Organisationsform oder unselbständigen Untergliederungsebene im MfS verwendet.
Die Arbeitsgruppe des Ministers (AGM) war eine 1960/61 aus dem Büro der Leitung herausgelöste Arbeitsgruppe für die Koordinierung der für den Mobilisierungsfall notwendigen Maßnahmen. Ihr oblagen
Die AGM war eingebunden in die bi- und multilaterale Zusammenarbeit der Sicherheitsorgane der sozialistischen Länder. Hierfür setzte die Vertretung des KGB beim MfS einen Verbindungsoffizier bei der AGM ein. Leiter der AGM waren 1960/61–1975 Alfred Karl Scholz, 1980–1987 Otto Geisler, 1987–1989 Erich Rümmler. Die AGM hatte 1961 8, 1970 34, 1980 48 und 1989 692 Mitarbeiter. In den BV übernahmen AGL analoge Funktionen.
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Die Verwaltung Rückwärtige Dienste (VRD) entstand 1974 aus der HA VuW, der HV B und ihr unterstellter bzw. zugeordneter Diensteinheiten sowie der Abteilung Finanzen. Ihre Aufgaben waren die materiell-technische Sicherstellung der Arbeit der MfS-Diensteinheiten, insbesondere durch Planung und Bereitstellung des materiellen Bedarfs, Bestands- und Lagerhaltung sowie der Bilanzierung.
Dazu gehörten auch Sicherungsaufgaben zur Unterbindung jedweder Feindtätigkeit im Anleitungsbereich, vor allem in Betrieben im bzw. beim MfS sowie Erfassung, Lagerung und Verteilung und Verwertung der in den Diensteinheiten des MfS angefallenen Asservate mit Ausnahme von Zahlungsmitteln, Schmuck und Edelmetallen.
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Signatur: BStU, MfS, BdL/Dok., Nr. 545, Bl. 225-229
Eine Einweisung für Teilnehmer einer Objektbegehung im Mai 1985 zeigt, wie die Stasi die Absicherung ihres zentralen Dienstsitzes in Berlin-Lichtenberg einschätzte.
1950 bezog das Ministerium für Staatssicherheit seinen Dienstsitz in den Räumen des Lichtenberger Finanzamtes an der Ecke Normannenstraße und Magdalenenstraße. Von diesem einen Gebäude ausgehend breitete sich die Stasi Stück für Stück aus. Knapp 40 Jahre später umfasste die Stasi-Zentrale eine Fläche von etwa 22 Hektar. Zuerst verschwanden einzelne Gebäude, dann ganze Straßenzüge. An deren Stelle errichtete das MfS eigene Gebäude, denn die stark wachsende Zahl hauptamtlicher Mitarbeiter erforderte immer mehr Bürofläche. So entwickelte sich ein riesiges geheimdienstliches Areal − militärisch gesichert und von der Umgebung hermetisch abgeriegelt.
Zur Absicherung der Dienstobjekte erließ Minister Erich Mielke im Jahr 1980 die Anweisung 10/80. In regelmäßigen Abständen organisierte das Büro der Leitung des MfS „Objektbegehungen“ der Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg. Der Zweck dieser Begehungen geht aus der vorliegenden Einweisung vom Mai 1985 für die Teilnehmer hervor. Sie sollten die Sicherheitslage einschätzen und Verbesserungsvorschläge erarbeiten.
Das Dokument zeigt darüber hinaus, welche Schwachstellen die Stasi beim Schutz ihres Dienstkomplexes sah. Dazu zählte zum einen, dass das Gelände teilweise von außen einsehbar war, etwa von den Plattenbauten auf der gegenüberliegenden Seite der Frankfurter Allee. Problematisch war auch die Trennung der Dienstobjekte in die Standorte Normannen- und Gotlindestraße. Diese waren nur durch den "schwarzen Weg" miteinander verbunden, einen schmalen Pfad östlich des Hans-Zoschke-Stadions. Er wurde im Volksmund auch Offiziersrennbahn genannt, weil er unter anderem von hochrangigen MfS-Mitarbeitern aus der Gotlindestraße benutzt wurde, die zu Dienstbesprechungen beim Minister eilten.
Aus dem Dokument geht ebenfalls hervor, wie das MfS zuletzt die Objektsicherheit erhöht hatte. So waren zum Beispiel zwei unabhängig voneinander funktionierende Alarmanlagen installiert worden.
3. Einschätzung des Standes der Sicherheit dieses Dienstobjektes unter dem Gesichtspunkt der unmittelbaren Herausarbeitung von Schlußfolgerungen und Lösungsvorschlägen "am Ort". Hierbei geht es darum, daß dort wo Veränderungen als notwendig und realisierbar angesehen werden, durch uns eine abgestimmte Gesamtauffassung erarbeitet wird.
Zu einigen wesentlichen Schwerpunkten und Aspekten der Objektsicherung unter gegenwärtig besonders zu beachtenden Gesichtspunkten:
Zunächst ist grundsätzlich davon auszugehen, daß das Dienstobjekt Normannen-/Gotlindestraße umfassend gesichert ist und ein hoher Grad an Sicherheit besteht. Entsprechend der Spezifik des Dienstobjektes als zentrale Führungsstelle des MfS ergeben sich jedoch einige objektmäßige Besonderheiten und Zusammenhänge, die als besondere Schwerpunkte in der Objektsicherung anzusehen sind.
Wir sind sicherlich der übereinstimmenden Auffassung, daß bestimmte territoriale und objektmäßige Bedingungen als ungünstig anzusehen sind und unsere Arbeit insgesamt teilweise erschweren. Dieses Problem beginnt eigentlich schon bei der Lage des Dienstobjektes und dem Umfang bzw. Charakter der Bebauung.
Unbestritten ist, daß einiges besser bzw. günstiger sein müßte. Wunschvorstellungen helfen jedoch nicht weiter, wir müssen das Dienstobjekt "so nehmen" wie es ist, wie es sich entwickelt hat.
So möchte ich aus unserer Sicht auf folgende Schwerpunkte aufmerksam machen:
(1) Bereich Ruschestraße/Frankfurter Allee
Hierbei möchte ich auf solche Gesichtspunkte hinweisen, wie:
(2) Der sogenannte "schwarze Weg", also die Verbindung zwischen den Teilobjekten Normannen- und Gotlindestraße.
Hier gibt es bestimmte Feststellungen, die unseres Erachtens eine stärkere Einflußnahme auf einzelne Angehörige seitens der betreffenden Leiter notwendig machen (was sicherlich aus operativer Sicht auch bestätigt werden kann).
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
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