Signatur: BStU, MfS, BdL/Dok., Nr. 8409, Bl. 21-31
Nachdem der Ministerrat der DDR am 7. November 1989 zurückgetreten war, hatte dies auch für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) weitreichende Konsequenzen. Das aus den Stasi-Oberen bestehende Kollegium des MfS verfasste am 15. November eine Erklärung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in der auch von gefährdeten Arbeitsplätzen die Rede ist.
Im November 1989 mussten SED und Staatssicherheit unter dem Druck der Bürgerbewegung immer weiter zurückweichen. Die Diktatur befand sich in einer offenen Krise. Davon blieb auch das Ministerium für Staatssicherheit nicht verschont.
Die Öffnung der Westgrenze der DDR am 9. November hatte die Diktatur gebrochen. 28 Jahre hatten Mauer und Stacheldraht Land und Menschen getrennt. Der neuen SED-Führung unter Egon Krenz war in den Wochen zuvor klar geworden, dass sie nicht darum herum kommen würde, die Grenze ein Stück weit zu öffnen.
Der Ministerrat der DDR hatte angesichts der politischen Krise am 7. November seinen Rücktritt bekannt geben lassen. Zum neuen Vorsitzenden des Ministerrates wurde der bisherige 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Dresden, Hans Modrow, auserkoren. Er gehörte nicht zur Ost-Berliner Machtelite und galt als Perestroika-Anhänger. Für die Politbürokratie war er, vor allem wegen seiner Popularität, der letzte Hoffnungsträger.
Die neue Regierung unter seiner Leitung sollte sich in zwei zentralen Aspekten von den Vorgängerregierungen unterscheiden: Die Regierung sollte nicht länger ausführendes Organ des SED-Parteiapparats sein. Und die "Blockparteien", die bisher in der Regel unbedeutende Ministerposten inne gehabt hatten, wurden aufgewertet.
Für die Staatssicherheit waren mehrere Konsequenzen der Regierungsumbildung unmittelbar sichtbar. Das Ministerium, umbenannt in "Amt für Nationale Sicherheit", war nun dem Vorsitzenden des Ministerrates statt wie bisher dem SED-Generalsekretär unterstellt. Zudem war absehbar, dass die Stasi um einen gewissen Personalabbau nicht herumkommen würde. Und schließlich musste ihre künftige Funktion in dem sich wandelnden Staatswesen neu bestimmt werden.
Die Spitzengeneralität der Staatssicherheit hatte einige Schwierigkeiten, sich der Wende anzupassen. Davon zeugt auch die vorliegende "Erklärung", mit der sie ihre Mitarbeiter auf anstehende Veränderungen vorbereiten wollte. Das Kollegium bestand nach dem Ausscheiden Erich Mielkes nur noch aus 13 Mitgliedern und setzte sich zusammen aus den vier stellvertretenden Ministern für Staatssicherheit, den Leitern einiger wichtiger Hauptabteilungen und dem Chef der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Berlin. Da das Kollegium selbst nicht genau wusste, wie es künftig für das MfS weitergehen sollte, schwankte es zwischen der Ankündigung "gravierender Umwälzungen" (zum Beispiel "Durchsetzung der parlamentarischen Demokratie") und traditionalistischen Floskeln ("Alle Angriffe des Gegners und innerer Feinde" seien "zu vereiteln"). So blieb bei den Stasi-Angehörigen vor allem zweierlei hängen: Erstens sei der schwankende Kurs der neuen SED-Führung hinzunehmen, und zweitens – aus ihrer Sicht noch wichtiger – sei mit "einer erheblichen Reduzierung des Kaderbestandes" – also der Streichung von Arbeitsplätzen – zu rechnen.
Die gesamte Tätigkeit unseres Ministeriums war in den zurückliegenden 40 Jahren stets auf die Durchsetzung der Politik der Partei der Arbeiterklasse und des Arbeiter-und-Bauern-Staates ausgerichtet. Mit dem nunmehr begonnenen gesellschaftlichen Aufbruch zu einem erneuerten Sozialismus wurde ein Prozeß gravierender Umwälzungen in Gang gesetzt, hat sich das politische Kräfteverhältnis in der DDR grundlegend verändert, entstanden beispielsweise mit der Durchsetzung der parlamentarischen Demokratie und Kontrolle, mit der Reisetätigkeit und dem veränderten Grenzregime gänzlich neue Bedingungen, die auch an das zu schaffende Amt für Nationale Sicherheit völlig neue Anforderungen stellen. Wir stehen vor dem objektiven Erfordernis, die Verantwortung und die Aufgaben des Amtes in die Politik der Erneuerung vorbehaltlos einzuordnen.
Dieser Prozeß muß schrittweise vollzogen werden. Dabei gilt es, alle Angriffe des Gegners und innerer Feinde, vor allem auch gegen das MfS und seine Mitarbeiter, zu vereiteln.
Die Parteiführung und die Regierung bringen der Arbeit der Schutz- und Sicherheitsorgane hohe Achtung und Wertschätzung entgegen. Sie betrachten auch in Zukunft die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit als eine Grundbedingung für die Existenz und Entwicklung der DDR.
Das Kollegium spricht allen Kollektiven und Angehörigen, die in der gegenwärtigen außerordentlich komplizierten Situation gewissenhaft, mutig und standhaft die übertragenen Aufgaben erfüllen, herzlichen Dank und hohe Anerkennung aus.
[unterstrichen: Zweitens] ergibt sich die Notwendigkeit grundlegender Veränderungen in unserer Arbeit aus der im Aktionsprogramm der SED und aus der mit Gewißheit in der Regierungserklärung geforderten Lösung der außerordentlich komplizierten Probleme in der Volkswirtschaft und in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Dem haben wir durch radikale Reduzierungen der materiellen und finanziellen Fonds sowie durch die Freisetzung bzw. Umgruppierung von Kadern in erheblichen Größenordnungen zu entsprechen.
Die Umwandlung des MfS in ein AfNS erfolgte im Zusammenhang mit der Neubildung der Regierung durch Ministerpräsident Hans Modrow am 17./18.11.1989. Zum Leiter des Amtes wurde Schwanitz gewählt. War Mielke als Minister für Staatssicherheit noch dem Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates der DDR und faktisch dem SED-Generalsekretär unterstellt gewesen, so ordnete man Schwanitz dem Vorsitzenden des Ministerrates unter. In der Regierungserklärung wurde dem neuen Amt vorgegeben, dass »neues Denken in Fragen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit« auch von diesem Bereich erwartet werde und dass der Apparat zu verkleinern sei. Näheres hätte in einem Gesetz geregelt werden müssen, das geplant wurde, aber nie verabschiedet worden ist. Noch am Tag seiner Wahl informierte der neue Amtschef die Mitarbeiter der Staatssicherheit, dass der »Prozess der revolutionären Erneuerung« vorbehaltlos zu unterstützen sei. Kommissionen zur Neustrukturierung wurden eingerichtet und die Diensteinheiten aufgefordert, eigene Vorschläge einzubringen. Dies waren Versuche einer technokratischen Reform, die von der alten Generalsriege angeleitet wurden. Angekündigt wurde, das Personal abzubauen – zuerst ging es um 10 %, zwei Wochen später war die Vorgabe bereits eine Reduktion um 50 %. Das alte Feindbild sollte nicht mehr gelten: »Andersdenkende« seien jetzt zu tolerieren, nur »Verfassungsfeinde« zu bekämpfen. Unklar blieb, wer Letzteren in einer Zeit zuzurechnen war, in der die Verfassung selbst zur Disposition stand. Zugleich wurde die Aktenvernichtung in diesen Wochen fortgesetzt, viele inoffizielle Mitarbeiter »abgeschaltet«. Die Mitarbeiter waren zunehmend verunsichert und demotiviert. Anfang Dezember beschleunigte sich der revolutionäre Umbruch: Am 1.12.1989 wurde die führende Rolle der SED aus der Verfassung gestrichen, am 3. trat das ZK der SED zurück, am 4. und 5.12. besetzten aufgebrachte Bürger KD und Bezirksämter des AfNS. Die Stasi-Mitarbeiter leisteten keinen gewaltsamen Widerstand. Am 5.12. trat das Kollegium des AfNS zurück. In den folgenden Tagen wurden die Leiter der meisten Hauptabteilungen und der Bezirksämter abgesetzt. Am 7.12.1989 forderte der Zentrale Runde Tisch die Auflösung des AfNS – auch mit den Stimmen der SED-Sprecher. Am 14.12. wurde durch den Ministerrat beschlossen, das AfNS aufzulösen und durch einen sehr viel kleineren Verfassungsschutz (ca. 10 000 Mitarbeiter) und einen mit ca. 4000 Mitarbeitern gegenüber der HV A fast unveränderten Nachrichtendienst zu ersetzen. In diese Dienste sollten keine ehemaligen Führungskader der Staatssicherheit übernommen werden. Parallel dazu bestand aber das »AfNS in Auflösung« fort, dessen Leiter den alten Apparat abwickeln sollten. Das war eine Ambivalenz, die das allgemeine Misstrauen weiter verstärkte und die Forderung nach vollständiger Auflösung der Geheimpolizei wieder lauter werden ließ.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
Auf der Grundlage einer Regierungsverordnung von 1952 wurde im Juli 1954 im damaligen Staatssekretariat für Staatssicherheit ein Kollegium gebildet, dem laut Geschäftsordnung neben dem Staatssekretär (ab November 1955 Minister) als Vorsitzender seine fünf Stellvertreter und der 1. Sekretär der SED-Parteiorganisation angehörten. Der Kreis der formellen und informellen Mitglieder erweiterte sich jedoch schon bald. Informell nahmen die obersten sowjetischen Chefberater und ab April 1957 auch der Leiter des Sektors MfS in der Abteilung für Sicherheitsfragen des ZK an den Sitzungen des Kollegiums teil.
Im Juli 1957 wurde das Gremium durch Beschluss der Sicherheitskommission des ZK um die Leiter wichtiger operativer Hauptabteilungen (HA I, HA II, HA III (Vorläufer HA XVIII), HA V (Vorläufer HA XX) und den stellvertretenden Leiter der HV A, Fruck, erweitert. Das Kollegium war laut Geschäftsordnung ein beratendes Gremium, fällte aber – vor allem in der Schwächephase Wollwebers 1957 – immer wieder auch Beschlüsse.
Im September 1957 – wenige Wochen vor der Einsetzung Mielkes als Minister – wurde die Geschäftsordnung des Kollegiums außer Kraft gesetzt. Unter Mielke verlor das Gremium an Bedeutung, über längere Zeiträume wurde es nicht mehr einberufen. Das Statut des MfS von 1969 enthält nur noch die Festlegung, dass das Kollegium ein "beratendes Organ des Ministers" sei, dessen Mitglieder von ihm berufen werden.
Die Zusammensetzung des Kollegiums variierte im Laufe der Jahrzehnte leicht. 1989 gehörten ihm der Minister, seine Stellvertreter, die Leiter der HA I, II und XVIII sowie der HA KuSch, AGM, ZAIG und der BV Berlin, ferner auch der 1. Sekretär der SED-Kreisleitung im MfS und der Leiter des BdL als Sekretär des Kollegiums an. Am 5.12.1989 wurde das Kollegium zum Rücktritt gezwungen. Entscheidend war dabei die Empörung, die sich in den Tagen zuvor auf den Stasi-internen Parteiversammlungen entladen hatte. Der Generalität wurde vorgeworfen, dass sie jahrzehntelang bedingungslos einer verfehlten Politik gefolgt sei.
Signatur: BStU, MfS, BdL/Dok., Nr. 8409, Bl. 21-31
Nachdem der Ministerrat der DDR am 7. November 1989 zurückgetreten war, hatte dies auch für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) weitreichende Konsequenzen. Das aus den Stasi-Oberen bestehende Kollegium des MfS verfasste am 15. November eine Erklärung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in der auch von gefährdeten Arbeitsplätzen die Rede ist.
Im November 1989 mussten SED und Staatssicherheit unter dem Druck der Bürgerbewegung immer weiter zurückweichen. Die Diktatur befand sich in einer offenen Krise. Davon blieb auch das Ministerium für Staatssicherheit nicht verschont.
Die Öffnung der Westgrenze der DDR am 9. November hatte die Diktatur gebrochen. 28 Jahre hatten Mauer und Stacheldraht Land und Menschen getrennt. Der neuen SED-Führung unter Egon Krenz war in den Wochen zuvor klar geworden, dass sie nicht darum herum kommen würde, die Grenze ein Stück weit zu öffnen.
Der Ministerrat der DDR hatte angesichts der politischen Krise am 7. November seinen Rücktritt bekannt geben lassen. Zum neuen Vorsitzenden des Ministerrates wurde der bisherige 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Dresden, Hans Modrow, auserkoren. Er gehörte nicht zur Ost-Berliner Machtelite und galt als Perestroika-Anhänger. Für die Politbürokratie war er, vor allem wegen seiner Popularität, der letzte Hoffnungsträger.
Die neue Regierung unter seiner Leitung sollte sich in zwei zentralen Aspekten von den Vorgängerregierungen unterscheiden: Die Regierung sollte nicht länger ausführendes Organ des SED-Parteiapparats sein. Und die "Blockparteien", die bisher in der Regel unbedeutende Ministerposten inne gehabt hatten, wurden aufgewertet.
Für die Staatssicherheit waren mehrere Konsequenzen der Regierungsumbildung unmittelbar sichtbar. Das Ministerium, umbenannt in "Amt für Nationale Sicherheit", war nun dem Vorsitzenden des Ministerrates statt wie bisher dem SED-Generalsekretär unterstellt. Zudem war absehbar, dass die Stasi um einen gewissen Personalabbau nicht herumkommen würde. Und schließlich musste ihre künftige Funktion in dem sich wandelnden Staatswesen neu bestimmt werden.
Die Spitzengeneralität der Staatssicherheit hatte einige Schwierigkeiten, sich der Wende anzupassen. Davon zeugt auch die vorliegende "Erklärung", mit der sie ihre Mitarbeiter auf anstehende Veränderungen vorbereiten wollte. Das Kollegium bestand nach dem Ausscheiden Erich Mielkes nur noch aus 13 Mitgliedern und setzte sich zusammen aus den vier stellvertretenden Ministern für Staatssicherheit, den Leitern einiger wichtiger Hauptabteilungen und dem Chef der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Berlin. Da das Kollegium selbst nicht genau wusste, wie es künftig für das MfS weitergehen sollte, schwankte es zwischen der Ankündigung "gravierender Umwälzungen" (zum Beispiel "Durchsetzung der parlamentarischen Demokratie") und traditionalistischen Floskeln ("Alle Angriffe des Gegners und innerer Feinde" seien "zu vereiteln"). So blieb bei den Stasi-Angehörigen vor allem zweierlei hängen: Erstens sei der schwankende Kurs der neuen SED-Führung hinzunehmen, und zweitens – aus ihrer Sicht noch wichtiger – sei mit "einer erheblichen Reduzierung des Kaderbestandes" – also der Streichung von Arbeitsplätzen – zu rechnen.
[unterstrichen: Drittens] werden die Verantwortlichkeiten und Aufgabenstellungen zur Gewährleistung der staatlichen Sicherheit sowohl durch die neuen und sich weiter entwickelnden politisch-operativen Lagebedingungen als auch durch die inneren Bedingungen, unter denen künftig die operative und fachliche Arbeit zu realisieren ist, maßgeblich beeinflußt.
Es ist davon auszugehen, daß Konsequenzen in dem zu erarbeitenden und durch die Volkskammer zu beschließenden Gesetz über die öffentliche Ordnung und staatliche Sicherheit ihren Niederschlag finden werden. In diesem Gesetz werden auch die Verantwortung, die Aufgaben, Befugnisse und Grundsätze der Arbeitsweise des Amtes für Nationale Sicherheit geregelt werden. Die Erarbeitung des Gesetzes wird unter breiter Mitwirkung sachkundiger Mitarbeiter erfolgen.
Bis zum Erlaß dieses neuen Gesetzes geht es vor allem darum,
Die Umwandlung des MfS in ein AfNS erfolgte im Zusammenhang mit der Neubildung der Regierung durch Ministerpräsident Hans Modrow am 17./18.11.1989. Zum Leiter des Amtes wurde Schwanitz gewählt. War Mielke als Minister für Staatssicherheit noch dem Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates der DDR und faktisch dem SED-Generalsekretär unterstellt gewesen, so ordnete man Schwanitz dem Vorsitzenden des Ministerrates unter. In der Regierungserklärung wurde dem neuen Amt vorgegeben, dass »neues Denken in Fragen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit« auch von diesem Bereich erwartet werde und dass der Apparat zu verkleinern sei. Näheres hätte in einem Gesetz geregelt werden müssen, das geplant wurde, aber nie verabschiedet worden ist. Noch am Tag seiner Wahl informierte der neue Amtschef die Mitarbeiter der Staatssicherheit, dass der »Prozess der revolutionären Erneuerung« vorbehaltlos zu unterstützen sei. Kommissionen zur Neustrukturierung wurden eingerichtet und die Diensteinheiten aufgefordert, eigene Vorschläge einzubringen. Dies waren Versuche einer technokratischen Reform, die von der alten Generalsriege angeleitet wurden. Angekündigt wurde, das Personal abzubauen – zuerst ging es um 10 %, zwei Wochen später war die Vorgabe bereits eine Reduktion um 50 %. Das alte Feindbild sollte nicht mehr gelten: »Andersdenkende« seien jetzt zu tolerieren, nur »Verfassungsfeinde« zu bekämpfen. Unklar blieb, wer Letzteren in einer Zeit zuzurechnen war, in der die Verfassung selbst zur Disposition stand. Zugleich wurde die Aktenvernichtung in diesen Wochen fortgesetzt, viele inoffizielle Mitarbeiter »abgeschaltet«. Die Mitarbeiter waren zunehmend verunsichert und demotiviert. Anfang Dezember beschleunigte sich der revolutionäre Umbruch: Am 1.12.1989 wurde die führende Rolle der SED aus der Verfassung gestrichen, am 3. trat das ZK der SED zurück, am 4. und 5.12. besetzten aufgebrachte Bürger KD und Bezirksämter des AfNS. Die Stasi-Mitarbeiter leisteten keinen gewaltsamen Widerstand. Am 5.12. trat das Kollegium des AfNS zurück. In den folgenden Tagen wurden die Leiter der meisten Hauptabteilungen und der Bezirksämter abgesetzt. Am 7.12.1989 forderte der Zentrale Runde Tisch die Auflösung des AfNS – auch mit den Stimmen der SED-Sprecher. Am 14.12. wurde durch den Ministerrat beschlossen, das AfNS aufzulösen und durch einen sehr viel kleineren Verfassungsschutz (ca. 10 000 Mitarbeiter) und einen mit ca. 4000 Mitarbeitern gegenüber der HV A fast unveränderten Nachrichtendienst zu ersetzen. In diese Dienste sollten keine ehemaligen Führungskader der Staatssicherheit übernommen werden. Parallel dazu bestand aber das »AfNS in Auflösung« fort, dessen Leiter den alten Apparat abwickeln sollten. Das war eine Ambivalenz, die das allgemeine Misstrauen weiter verstärkte und die Forderung nach vollständiger Auflösung der Geheimpolizei wieder lauter werden ließ.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
Auf der Grundlage einer Regierungsverordnung von 1952 wurde im Juli 1954 im damaligen Staatssekretariat für Staatssicherheit ein Kollegium gebildet, dem laut Geschäftsordnung neben dem Staatssekretär (ab November 1955 Minister) als Vorsitzender seine fünf Stellvertreter und der 1. Sekretär der SED-Parteiorganisation angehörten. Der Kreis der formellen und informellen Mitglieder erweiterte sich jedoch schon bald. Informell nahmen die obersten sowjetischen Chefberater und ab April 1957 auch der Leiter des Sektors MfS in der Abteilung für Sicherheitsfragen des ZK an den Sitzungen des Kollegiums teil.
Im Juli 1957 wurde das Gremium durch Beschluss der Sicherheitskommission des ZK um die Leiter wichtiger operativer Hauptabteilungen (HA I, HA II, HA III (Vorläufer HA XVIII), HA V (Vorläufer HA XX) und den stellvertretenden Leiter der HV A, Fruck, erweitert. Das Kollegium war laut Geschäftsordnung ein beratendes Gremium, fällte aber – vor allem in der Schwächephase Wollwebers 1957 – immer wieder auch Beschlüsse.
Im September 1957 – wenige Wochen vor der Einsetzung Mielkes als Minister – wurde die Geschäftsordnung des Kollegiums außer Kraft gesetzt. Unter Mielke verlor das Gremium an Bedeutung, über längere Zeiträume wurde es nicht mehr einberufen. Das Statut des MfS von 1969 enthält nur noch die Festlegung, dass das Kollegium ein "beratendes Organ des Ministers" sei, dessen Mitglieder von ihm berufen werden.
Die Zusammensetzung des Kollegiums variierte im Laufe der Jahrzehnte leicht. 1989 gehörten ihm der Minister, seine Stellvertreter, die Leiter der HA I, II und XVIII sowie der HA KuSch, AGM, ZAIG und der BV Berlin, ferner auch der 1. Sekretär der SED-Kreisleitung im MfS und der Leiter des BdL als Sekretär des Kollegiums an. Am 5.12.1989 wurde das Kollegium zum Rücktritt gezwungen. Entscheidend war dabei die Empörung, die sich in den Tagen zuvor auf den Stasi-internen Parteiversammlungen entladen hatte. Der Generalität wurde vorgeworfen, dass sie jahrzehntelang bedingungslos einer verfehlten Politik gefolgt sei.
Mit Operationsgebiet bezeichnete das MfS zusammenfassend alle Länder, in denen bzw. gegen die es geheimdienstliche Aktionen durchführte. Zumeist waren damit die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin gemeint, der Begriff konnte aber auch jedes andere westliche oder neutrale Land einschließen. Aufgrund besonderer innenpolitischer Entwicklungen galten 1968/69 auch die Tschechoslowakei, spätestens seit den 70er Jahren faktisch Rumänien und in den 80er Jahren auch Polen als Operationsgebiet.
Signatur: BStU, MfS, BdL/Dok., Nr. 8409, Bl. 21-31
Nachdem der Ministerrat der DDR am 7. November 1989 zurückgetreten war, hatte dies auch für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) weitreichende Konsequenzen. Das aus den Stasi-Oberen bestehende Kollegium des MfS verfasste am 15. November eine Erklärung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in der auch von gefährdeten Arbeitsplätzen die Rede ist.
Im November 1989 mussten SED und Staatssicherheit unter dem Druck der Bürgerbewegung immer weiter zurückweichen. Die Diktatur befand sich in einer offenen Krise. Davon blieb auch das Ministerium für Staatssicherheit nicht verschont.
Die Öffnung der Westgrenze der DDR am 9. November hatte die Diktatur gebrochen. 28 Jahre hatten Mauer und Stacheldraht Land und Menschen getrennt. Der neuen SED-Führung unter Egon Krenz war in den Wochen zuvor klar geworden, dass sie nicht darum herum kommen würde, die Grenze ein Stück weit zu öffnen.
Der Ministerrat der DDR hatte angesichts der politischen Krise am 7. November seinen Rücktritt bekannt geben lassen. Zum neuen Vorsitzenden des Ministerrates wurde der bisherige 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Dresden, Hans Modrow, auserkoren. Er gehörte nicht zur Ost-Berliner Machtelite und galt als Perestroika-Anhänger. Für die Politbürokratie war er, vor allem wegen seiner Popularität, der letzte Hoffnungsträger.
Die neue Regierung unter seiner Leitung sollte sich in zwei zentralen Aspekten von den Vorgängerregierungen unterscheiden: Die Regierung sollte nicht länger ausführendes Organ des SED-Parteiapparats sein. Und die "Blockparteien", die bisher in der Regel unbedeutende Ministerposten inne gehabt hatten, wurden aufgewertet.
Für die Staatssicherheit waren mehrere Konsequenzen der Regierungsumbildung unmittelbar sichtbar. Das Ministerium, umbenannt in "Amt für Nationale Sicherheit", war nun dem Vorsitzenden des Ministerrates statt wie bisher dem SED-Generalsekretär unterstellt. Zudem war absehbar, dass die Stasi um einen gewissen Personalabbau nicht herumkommen würde. Und schließlich musste ihre künftige Funktion in dem sich wandelnden Staatswesen neu bestimmt werden.
Die Spitzengeneralität der Staatssicherheit hatte einige Schwierigkeiten, sich der Wende anzupassen. Davon zeugt auch die vorliegende "Erklärung", mit der sie ihre Mitarbeiter auf anstehende Veränderungen vorbereiten wollte. Das Kollegium bestand nach dem Ausscheiden Erich Mielkes nur noch aus 13 Mitgliedern und setzte sich zusammen aus den vier stellvertretenden Ministern für Staatssicherheit, den Leitern einiger wichtiger Hauptabteilungen und dem Chef der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Berlin. Da das Kollegium selbst nicht genau wusste, wie es künftig für das MfS weitergehen sollte, schwankte es zwischen der Ankündigung "gravierender Umwälzungen" (zum Beispiel "Durchsetzung der parlamentarischen Demokratie") und traditionalistischen Floskeln ("Alle Angriffe des Gegners und innerer Feinde" seien "zu vereiteln"). So blieb bei den Stasi-Angehörigen vor allem zweierlei hängen: Erstens sei der schwankende Kurs der neuen SED-Führung hinzunehmen, und zweitens – aus ihrer Sicht noch wichtiger – sei mit "einer erheblichen Reduzierung des Kaderbestandes" – also der Streichung von Arbeitsplätzen – zu rechnen.
Es ist grundsätzlich davon auszugehen, daß das Amt für Nationale Sicherheit auch zukünftig den mit der Verfassung der DDR übertragenen Auftrag, den Sozialismus zuverlässig zu schützen, zu erfüllen hat.
Dabei werden bestimmte Aufgabenkomplexe unsere Arbeit zukünftig maßgeblich bestimmen bzw. noch an Bedeutung gewinnen. Das betrifft das gesamte Gebiet der Aufklärung zur Sicherung des Friedens, zur Gewährleistung der äußeren und inneren Sicherheit sowie zur Stärkung der Volkswirtschaft der DDR.
Das betrifft ebenso das gesamte Gebiet der Abwehr zur Gewährleistung der Sicherheit und des Schutzes der verfassungsmäßigen Grundlagen unseres Staates. Dazu gehören solche Aufgabenkomplexe wie
wobei auf diesen Gebieten künftig keine herkömmliche Sicherung von gesellschaftlichen Bereichen bzw. Objekten mehr erfolgen wird.
Das betrifft weiter solche Aufgabenkomplexe wie
Als Abwehr wurden alle geheimpolizeilichen Aktivitäten zur Sicherung der politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Stabilität der DDR und des kommunistischen Bündnissystems bezeichnet, die nach dem Verständnis des MfS durch feindliche Angriffe gefährdet waren. Maßnahmen zur Bekämpfung westlicher Spionage und politischer Opposition galten somit ebenso als Abwehr wie etwa die Sicherung von Produktivität und Anlagensicherheit in den Betrieben sowie die Verhinderung von Republikflucht und Ausreisen. Demgemäß waren die meisten operativen Arbeitsbereiche des MfS ganz überwiegend mit Abwehr befasst.
Die Umwandlung des MfS in ein AfNS erfolgte im Zusammenhang mit der Neubildung der Regierung durch Ministerpräsident Hans Modrow am 17./18.11.1989. Zum Leiter des Amtes wurde Schwanitz gewählt. War Mielke als Minister für Staatssicherheit noch dem Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates der DDR und faktisch dem SED-Generalsekretär unterstellt gewesen, so ordnete man Schwanitz dem Vorsitzenden des Ministerrates unter. In der Regierungserklärung wurde dem neuen Amt vorgegeben, dass »neues Denken in Fragen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit« auch von diesem Bereich erwartet werde und dass der Apparat zu verkleinern sei. Näheres hätte in einem Gesetz geregelt werden müssen, das geplant wurde, aber nie verabschiedet worden ist. Noch am Tag seiner Wahl informierte der neue Amtschef die Mitarbeiter der Staatssicherheit, dass der »Prozess der revolutionären Erneuerung« vorbehaltlos zu unterstützen sei. Kommissionen zur Neustrukturierung wurden eingerichtet und die Diensteinheiten aufgefordert, eigene Vorschläge einzubringen. Dies waren Versuche einer technokratischen Reform, die von der alten Generalsriege angeleitet wurden. Angekündigt wurde, das Personal abzubauen – zuerst ging es um 10 %, zwei Wochen später war die Vorgabe bereits eine Reduktion um 50 %. Das alte Feindbild sollte nicht mehr gelten: »Andersdenkende« seien jetzt zu tolerieren, nur »Verfassungsfeinde« zu bekämpfen. Unklar blieb, wer Letzteren in einer Zeit zuzurechnen war, in der die Verfassung selbst zur Disposition stand. Zugleich wurde die Aktenvernichtung in diesen Wochen fortgesetzt, viele inoffizielle Mitarbeiter »abgeschaltet«. Die Mitarbeiter waren zunehmend verunsichert und demotiviert. Anfang Dezember beschleunigte sich der revolutionäre Umbruch: Am 1.12.1989 wurde die führende Rolle der SED aus der Verfassung gestrichen, am 3. trat das ZK der SED zurück, am 4. und 5.12. besetzten aufgebrachte Bürger KD und Bezirksämter des AfNS. Die Stasi-Mitarbeiter leisteten keinen gewaltsamen Widerstand. Am 5.12. trat das Kollegium des AfNS zurück. In den folgenden Tagen wurden die Leiter der meisten Hauptabteilungen und der Bezirksämter abgesetzt. Am 7.12.1989 forderte der Zentrale Runde Tisch die Auflösung des AfNS – auch mit den Stimmen der SED-Sprecher. Am 14.12. wurde durch den Ministerrat beschlossen, das AfNS aufzulösen und durch einen sehr viel kleineren Verfassungsschutz (ca. 10 000 Mitarbeiter) und einen mit ca. 4000 Mitarbeitern gegenüber der HV A fast unveränderten Nachrichtendienst zu ersetzen. In diese Dienste sollten keine ehemaligen Führungskader der Staatssicherheit übernommen werden. Parallel dazu bestand aber das »AfNS in Auflösung« fort, dessen Leiter den alten Apparat abwickeln sollten. Das war eine Ambivalenz, die das allgemeine Misstrauen weiter verstärkte und die Forderung nach vollständiger Auflösung der Geheimpolizei wieder lauter werden ließ.
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
Auf der Grundlage einer Regierungsverordnung von 1952 wurde im Juli 1954 im damaligen Staatssekretariat für Staatssicherheit ein Kollegium gebildet, dem laut Geschäftsordnung neben dem Staatssekretär (ab November 1955 Minister) als Vorsitzender seine fünf Stellvertreter und der 1. Sekretär der SED-Parteiorganisation angehörten. Der Kreis der formellen und informellen Mitglieder erweiterte sich jedoch schon bald. Informell nahmen die obersten sowjetischen Chefberater und ab April 1957 auch der Leiter des Sektors MfS in der Abteilung für Sicherheitsfragen des ZK an den Sitzungen des Kollegiums teil.
Im Juli 1957 wurde das Gremium durch Beschluss der Sicherheitskommission des ZK um die Leiter wichtiger operativer Hauptabteilungen (HA I, HA II, HA III (Vorläufer HA XVIII), HA V (Vorläufer HA XX) und den stellvertretenden Leiter der HV A, Fruck, erweitert. Das Kollegium war laut Geschäftsordnung ein beratendes Gremium, fällte aber – vor allem in der Schwächephase Wollwebers 1957 – immer wieder auch Beschlüsse.
Im September 1957 – wenige Wochen vor der Einsetzung Mielkes als Minister – wurde die Geschäftsordnung des Kollegiums außer Kraft gesetzt. Unter Mielke verlor das Gremium an Bedeutung, über längere Zeiträume wurde es nicht mehr einberufen. Das Statut des MfS von 1969 enthält nur noch die Festlegung, dass das Kollegium ein "beratendes Organ des Ministers" sei, dessen Mitglieder von ihm berufen werden.
Die Zusammensetzung des Kollegiums variierte im Laufe der Jahrzehnte leicht. 1989 gehörten ihm der Minister, seine Stellvertreter, die Leiter der HA I, II und XVIII sowie der HA KuSch, AGM, ZAIG und der BV Berlin, ferner auch der 1. Sekretär der SED-Kreisleitung im MfS und der Leiter des BdL als Sekretär des Kollegiums an. Am 5.12.1989 wurde das Kollegium zum Rücktritt gezwungen. Entscheidend war dabei die Empörung, die sich in den Tagen zuvor auf den Stasi-internen Parteiversammlungen entladen hatte. Der Generalität wurde vorgeworfen, dass sie jahrzehntelang bedingungslos einer verfehlten Politik gefolgt sei.
Spionageabwehr beinhaltete nicht nur defensives Abwehren westlicher Spionage, sondern auch offensive Bekämpfung westlicher (zumeist bundesdeutscher) Sicherheitsbehörden auf dem Gebiet der Bundesrepublik. Das MfS fasste den Spionagebegriff sehr weit, so dass auch Angehörige oppositioneller Gruppen oder westliche Korrespondenten und Diplomaten regelmäßig im Visier der Spionageabwehr standen.
Das MfS unterschied drei Arten der Spionageabwehr. Die innere Spionageabwehr agierte innerhalb der DDR. Die äußere (auch: offensive) Spionageabwehr sollte bundesdeutsche Sicherheitsbehörden direkt bekämpfen, sich dabei aber auf deren Außenstellen und nachgeordnete Diensteinheiten konzentrieren. Die Gegenspionage hatte die Aufgabe, Spione in den Zentralen bundesdeutscher Sicherheitsbehörden zu platzieren, um die westliche Spionage gegen die DDR schon im Vorfeld zu paralysieren. In der Praxis waren die Grenzen zwischen äußerer Spionageabwehr, für die die Hauptabteilung II zuständig war, und der Gegenspionage, die Sache der Abt. IX der HV A war, fließend.
Die Spionageabwehr des MfS reagierte einerseits auf die tatsächliche Spionage gegen die DDR. Vor allem der BND und sein Vorgänger, die Organisation Gehlen, unterhielten in der DDR bis zum Mauerbau 1961 ein großes Agentennetz. In den Folgejahren brachen viele Kontakte westlicher Geheimdienste zu ihren Agenten in der DDR ab, auch enttarnte die Spionageabwehr viele von ihnen.
Der BND setzte daraufhin verstärkt Bundesbürger zur Informationsgewinnung ein, die als Besucher oder Transitreisende in der DDR unterwegs waren ("Reise- und Transitspione"). Seit den 70er Jahren versuchte der BND vor allem DDR-Bürger, die als Dienstreisende in den Westen kamen, als Agenten anzuwerben. Westliche Geheimdienste betrieben in der DDR schwerpunktmäßig Militärspionage.
Das MfS ging andererseits von der unzutreffenden Annahme aus, dass politisch widerständiges Verhalten von DDR-Bürgern zumeist von westlichen Geheimdiensten inspiriert würde (Diversion, politisch-ideologische), sodass die Bekämpfung politischer Gegner oft in den Bereich der Spionageabwehr fiel, ebenso wie die Überwachung westlicher Journalisten und Diplomaten. Aufgrund des weit gefassten Spionagebegriffs waren zahlreiche MfS-Abteilungen mit Spionageabwehr befasst, was zu Ineffizienz führte. Mielke wies deshalb 1987 der Hauptabteilung II die Federführung bei der Spionageabwehr zu.
1953 bis 1955 verhaftete das MfS in drei Großaktionen 1.200 Personen in der DDR und Westberlin, die pauschal als westliche Agenten bezeichnet wurden. Tatsächlich befanden sich darunter etliche Personen, die nur politischen Widerstand gegen die SED geleistet hatten. In vielen Fällen wurden hohe Haftstrafen verhängt, mindestens zehn Menschen wurden hingerichtet. Zugleich nutzte das MfS diese Aktionen erfolgreich als Vorlagen für ausgeklügelte Pressekampagnen.
Auch in späteren Jahren wurden Erfolge der Spionageabwehr popularisiert, nicht zuletzt um spionagebereite DDR-Bürger abzuschrecken. Schwerpunktaktionen der Hauptabteilung II in den 70er und 80er Jahren richteten sich u. a. gegen Transitspione sowie gegen die Anwerbung von Angehörigen bestimmter Personengruppen durch westliche Dienste (beispielsweise Militärangehörige, Reisekader). Erfolge erzielte die HV A im Rahmen der Gegenspionage in den 70er und 80er Jahren u. a. aufgrund ihrer Top-Quellen im BND (Gabriele Gast, Alfred Spuhler), BfV (Klaus Kuron) und MAD (Joachim Krase).
Seit den 70er Jahren intensivierte das MfS die Strategie der "vorbeugenden Verhinderung": Immer mehr Bürger wurden als potenziell spionageverdächtig observiert, immer mehr Berufsgruppen zu Geheimnisträgern erklärt, das Personal der Hauptabteilung II aufgestockt, auch die Kreisdienststellen setzten nun einen Mitarbeiter ausschließlich für Aufgaben der Linie II (Linienprinzip) ein.
Generell profitierte die Spionageabwehr von der geschlossenen Gesellschaft der DDR, der flächendeckenden Observierung der Bevölkerung, der Kooperation mit anderen sozialistischen Geheimdiensten sowie der Strategie, Verdächtige mitunter über einen sehr langen Zeitraum zu observieren. Post- und Telefonkontrolle und die Funküberwachung im In- und Ausland dienten in erheblichem Maße der Spionageabwehr.
Die überzogene Sicherheitsdoktrin führte dazu, dass das MfS in der ersten Hälfte der 70er Jahre dem Hirngespinst eines Hochstaplers aufsaß und 144 DDR-Bürger als angebliche "Agenten mit spezieller Auftragsstruktur" (AsA), quasi als Eliteagenten westlicher Dienste, einstufte und es auf dieser fiktiven Grundlage zu zahlreichen Verurteilungen kam.
Vagen Schätzungen zufolge spionierten zwischen 1949 und 1989 rund 10.000 Ost- und Westdeutsche für den BND in der DDR, viele von ihnen nur für kurze Zeit und nicht in Schlüsselpositionen. Etwa 4.000 Agenten bundesdeutscher Dienste sollen in dieser Zeit durch die Spionageabwehr der DDR erkannt und festgenommen worden sein.
Etwa 90 Prozent der "Innenquellen" des BND in der DDR (Agenten, die direkt in einem auszuspionierenden Objekt tätig waren) sollen in den 70er und 80er Jahren als Doppelagenten auch dem MfS gedient haben. Darunter waren offenbar viele, die "überworben" wurden, das heißt, das MfS hatte ihre BND-Anbindung erkannt, sie aber nicht verhaftet, sondern als IM angeworben und nun gegen den BND eingesetzt.
Sichere Angaben darüber, in welchem Umfang westliche Agenten in der DDR unerkannt geblieben sind, liegen nicht vor. Insofern kann noch keine abschließende Bilanz der Wirksamkeit der Spionageabwehr gezogen werden.
Schreiben des amtierenden Leiters an die Leiter der Diensteinheiten zur Notwendigkeit eines Verfassungsschutzes Dokument, 6 Seiten
Beschluss des Ministerrats der DDR "zur sozialen Sicherstellung von Angehörigen des Amtes für Nationale Sicherheit" Dokument, 5 Seiten
Erklärung der SED-Kreisleitung im MfS zu Mielkes Auftritt in der Volkskammer Dokument, 1 Seite
"Beratungsprotokoll der Leitung des Verfassungsschutzes mit den Beauftragten der Bezirksämter" Dokument, 5 Seiten