Signatur: BArch, MfS, BV Suhl, AFO, Nr. 2/89, Bl. 7-14
Bis zur deutschen Wiedervereinigung lagen sogenannte Grenzinformationsstellen entlang der innerdeutschen Grenze. In den Zonenrandgebieten Bayerns, Hessens, Niedersachsens und Schleswig-Holsteins sowie in Westberlin informierten sich dort jedes Jahr Zehntausende Menschen über das DDR-Grenzregime.
Die Grenzinformationsstellen boten Text- und Bildtafeln, Informationsbroschüren und Schaumodelle, die den Aufbau der Grenzanlagen verdeutlichten. Außerdem thematisierten regelmäßig stattfindende Filmvorführungen, Lesungen und Vorträge die historischen Entwicklungen, die zur deutschen Teilung führten. Weiterhin beschäftigten sich diese mit den politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in der DDR. Als besonderer Programmpunkt galten die Fahrten und Wanderungen an die innerdeutsche Grenze, die mit erklärenden Einweisungen in den Grenzaufbau einhergingen. Die Grenzinformationsstellen waren den Ostberliner Machthabern ein Dorn im Auge, da diese die staatliche Integrität der DDR in Frage stellten. Die SED übertrug ihrer Geheimpolizei die Aufgabe, möglichst viele Belege für den vermeintlich konterrevolutionären Charakter zu sammeln und die Arbeit zu behindern.
Als Feindobjekte bezeichnete das MfS westliche Institutionen und Organisationen, von denen angeblich subversive Aktivitäten gegen die DDR und andere kommunistische Staaten ausgingen. Im Juli 1984 legte die Arbeitsgruppe Grenzsicherheit der KD Hildburghausen die Feindobjektakte "Thüringenblick" an. Anfänglich finden sich in dem Vorgang die Grenzinformationsstellen Breitensee und Dürrenried sowie der Aussichtsturm "Bayernturm" bei Sternberg/Zimmerau. Es ist ersichtlich, dass es dem MfS darum ging, vermutete feindliche Handlungen aufzuklären und Kontakte in die DDR zu dokumentieren.
Hildburghausen, 10. Juli 1984
bestätigt:
Stellvertreter Operativ
[Unterschrift]
Storch
Oberst
Eröffnungsbericht
zum Anlegen der Feindobjektakte "Thüringenblick"
[Stempel: XI 584/84]
1. Es wird vorgeschlagen, die im westlichen Grenzvorfeld des Kreises Hildburghausen existierenden sogenannten
- Informationsstellen Breitensee und Dürrenried sowie den
- Aussichtsturm Sternberg/Zimmerau
in einer Feindobjektakte zu bearbeiten.
Die genannten Einrichtungen des BRD-Landkreises Königshofen und Ebern sind fest in das System der Besichtigungspunkte im bayrischen "Zonengrenzgebiet" eingegliedert.
Sie dienen im Auftrag der bayrischen Staatsregierung der Verbreitung revanchistischen Gedankengutes und sind gegen die Souveränität der DDR, ihre Staatsgrenze und das Grenzgebiet gerichtet.
Der informative und politische Charakter dieser Einrichtungen ist darauf ausgerichtet, im Rahmen von Grenzlandfahrten an die Staatsgrenze herangeführte BRD-Bürger mit der Staatsgrenze, den Grenzsicherungsanlagen und Grenzregimefragen der DDR vertraut zu machen und anhand dessen die "Unmenschlichkeit" der Staatsgrenze und der zu ihrer Sicherung eingesetzten Kräfte der DDR zu veranschaulichen. Dabei sollen bei den BRD-Bürgern Gefühle der "Solidarität" mit den DDR-Bürgern und Haß gegen die DDR-Staatsorgane erzeugt werden.
Es ist nicht auszuschließen, daß diese Einrichtungen als Ausgangspunkte für subversive Handlungen/Aktivitäten gegen die Staatsgrenze, das Grenzgebiet sowie dessen Bewohner im Bereich dieser Einrichtungen genutzt werden.
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Die Aktenkategorie Feindobjektakte (FOA) wurde 1981 als Informationssammlung zu Objekten außerhalb der DDR eingeführt. Vorläufer war der Feindobjektvorgang. Sogenannte Feindobjekte waren in der Abteilung XII zu registrieren. War eine koordinierte Bearbeitung bzw. Aufklärung des Feindobjekts durch mehrere operative Diensteinheiten notwendig, konnten neben einer Zentralen Feindobjektakte bei der hauptverantwortlichen Diensteinheit noch Teilakten registriert und durch die anderen an der Bearbeitung bzw. Aufklärung beteiligten Diensteinheiten geführt werden. Abgeschlossene oder eingestellte Feindobjektakten wurden bei der zuständigen Abteilung XII im Bestand Allgemeine Sachablage archiviert.
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Signatur: BArch, MfS, BV Suhl, AFO, Nr. 2/89, Bl. 7-14
Bis zur deutschen Wiedervereinigung lagen sogenannte Grenzinformationsstellen entlang der innerdeutschen Grenze. In den Zonenrandgebieten Bayerns, Hessens, Niedersachsens und Schleswig-Holsteins sowie in Westberlin informierten sich dort jedes Jahr Zehntausende Menschen über das DDR-Grenzregime.
Die Grenzinformationsstellen boten Text- und Bildtafeln, Informationsbroschüren und Schaumodelle, die den Aufbau der Grenzanlagen verdeutlichten. Außerdem thematisierten regelmäßig stattfindende Filmvorführungen, Lesungen und Vorträge die historischen Entwicklungen, die zur deutschen Teilung führten. Weiterhin beschäftigten sich diese mit den politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in der DDR. Als besonderer Programmpunkt galten die Fahrten und Wanderungen an die innerdeutsche Grenze, die mit erklärenden Einweisungen in den Grenzaufbau einhergingen. Die Grenzinformationsstellen waren den Ostberliner Machthabern ein Dorn im Auge, da diese die staatliche Integrität der DDR in Frage stellten. Die SED übertrug ihrer Geheimpolizei die Aufgabe, möglichst viele Belege für den vermeintlich konterrevolutionären Charakter zu sammeln und die Arbeit zu behindern.
Als Feindobjekte bezeichnete das MfS westliche Institutionen und Organisationen, von denen angeblich subversive Aktivitäten gegen die DDR und andere kommunistische Staaten ausgingen. Im Juli 1984 legte die Arbeitsgruppe Grenzsicherheit der KD Hildburghausen die Feindobjektakte "Thüringenblick" an. Anfänglich finden sich in dem Vorgang die Grenzinformationsstellen Breitensee und Dürrenried sowie der Aussichtsturm "Bayernturm" bei Sternberg/Zimmerau. Es ist ersichtlich, dass es dem MfS darum ging, vermutete feindliche Handlungen aufzuklären und Kontakte in die DDR zu dokumentieren.
2. politisch-operative Einschätzung des Ausgangsmaterials
2.1. "Informationsstelle" Breitensee
Die "Informationsstelle" Breitensee wurde am 18. Juni 1966 im Rahmen der Förderung des Zonengrenzbesuches durch Vertreter der bayrischen Staatsregierung, des Landeskuratoriums Bayern "Unteilbares Deutschland" und den damaligen Landrat von Königshofen Dr. Grünewald eröffnet.
Sie befindet sich im Gebäude der ehemaligen Schule in der Ortslage Breitensee (unmittelbar neben der Kirche) und besteht aus 4 Ausstellungs- bzw. Vorführräumen. Das Objekt liegt in 500m Entfernung zur Staatsgrenze und gegenüber den DDR-Ortschaften Hindfeld (2 km) und Eicha (1,8 km).
Von ihrer Einrichtung her beinhaltet die "Informationsstelle" Anschauungs- und Kartenmaterial, das sich mit der Beschaffenheit der Staatsgrenze und den Grenzsicherungsanlagen allgemein, mit der Ausrüstung und Bekleidung der Angehörigen der Grenztruppen der DDR, dem verlauf der Grenzen von 1937 und 1945 sowie mit dem Grenzgebiet, das der Informationsstelle unmittelbar gegenüberliegt, beschäftigt.
Im Rahmen der von der bayrischen Staatsregierung finanziell gestützten Grenzlandfahrten werden die Besucher der "Informationsstelle" auf Grund der günstigen territorialen Lage der Ortschaft Breitensee nach der Einweisung unmittelbar an die Staatsgrenze (Besichtigungspunkt Straße Breitensee - Trappstadt) herangeführt.
Die Hauptaufgabe der "Informationsstelle" ist darauf gerichtet, alle an die Staatsgrenze herangeführten BRD-Bürger im Sinne der CDU/CSU-Politik und des Revanchismus zu beeinflussen, sie gegen die Staatsgrenze und deren Souveränität aufzuwiegeln und sie zu feindlich-negativen Handlungen gegen diese zu veranlassen.
Im Mittelpunkt steht dabei die Erzeugung von Gedankengut, das auf die Abschaffung der bestehenden Staatsgrenze und die Herbeiführung der Wiedervereinigung gerichtet ist.
Weiterhin werden BRD-Bürger durch das Vertrautmachen mit aktuellem Bildmaterial über touristische Zentren der DDR zum Besuch der DDR angeregt und auf dieser Basis zur Schaffung von Kontakten und Verbindungen zu DDR-Bürgern inspiriert.
Im Zeitraum des Bestehens der "Informationsstelle" wurden nachfolgende operativ-bedeutsame Handlungen im betreffenden Bereich der Staatsgrenze registriert;
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Die Kirchen gerieten nicht selten unter Verdacht, gegen die politischen Verhältnisse in der DDR zu opponieren. Das lag an ihrer weitgehenden Eigenständigkeit, an der christlichen Botschaft, die von den kommunistischen Ideologen als konkurrierendes Sinn- und Erklärungsangebot abgelehnt wurde, sowie an ihrem Beharren auf Mitsprache und Gestaltungsanspruch in gesellschaftlichen Fragen. Im Auftrag der SED wurde daher das MfS tätig, um die von den Kirchen ausgehenden vermeintlichen und tatsächlichen Gefahren für das politisch-ideologische System der DDR abzuwehren.
Die SED-Kirchenpolitik war in den vier Jahrzehnten der DDR Wandlungen unterworfen. In den 50er Jahren führte die SED mehrfach einen offenen Kirchenkampf. Dieser richtete sich u. a. gegen die kirchliche Jugend- und Studentenarbeit, v. a. bei der Einführung der Jugendweihe, sowie gegen karitative Einrichtungen wie die Bahnhofsmissionen. Mehrere Religionsgemeinschaften wurden verboten und deren Anhänger verfolgt.
Die SED war zudem bestrebt, die Verlesung von solchen Hirtenbriefen und Kanzelabkündigungen zu unterbinden, in denen sozialethische, gesellschaftskritische oder politische Fragen aufgegriffen wurden. Von der Polizei und dem MfS wurden kirchliche Einrichtungen durchsucht und Literatur beschlagnahmt. Neben kirchlichen Mitarbeitern wurden unter Mitwirkung des MfS auch Pfarrer – zwischen 1950 und 1960 mindestens 140 – inhaftiert.
Ab den 60er Jahren beschränkte sich die SED zunehmend darauf, durch eine rigorose Auslegung der Veranstaltungsordnung unerwünschte kirchliche Aktivitäten zu behindern. Das offizielle Eindringen in kirchliche Räume wie im November 1987, als es nachts in der Zionsgemeinde in Ostberlin zu Durchsuchungen und Festnahmen kam, war in den 70er und 80er Jahren eher untypisch, weil dies die Staat-Kirche-Beziehungen erheblich belastete. Vor allem seit 1978 bemühte sich die SED, ein Stillhalteabkommen zwischen Kirchenleitungen und Staat zu respektieren.
Das MfS versuchte aber stets, indirekt Einfluss auf kirchliche Entscheidungen zu nehmen. Dies und die verdeckte Informationsbeschaffung zählten zu den Hauptbetätigungsfeldern des MfS im Rahmen der von der SED konzipierten Kirchenpolitik. Die Informationsbeschaffung erfolgte mittels Observation, IM-Einsatz und auf dem Weg der sog. Gesprächsabschöpfung. Dabei gelang es in Einzelfällen auch, Christen in kirchlichen Leitungspositionen als IM zu gewinnen.
So arbeitete der thüringische Kirchenjurist und Oberkirchenrat Gerhard Lotz seit 1955 mit dem MfS als IM "Karl" zusammen. Durch die Positionierung eines Offiziers im besonderen Einsatz im Konsistorium in Magdeburg, Detlev Hammer, der ab 1974 juristischer, dann Oberkonsistorialrat war, vermochte es das MfS, einen hauptamtlichen Mitarbeiter innerhalb der Leitungsstruktur der provinzsächsischen Kirche zu platzieren. Außerdem hatte das MfS gegenüber den Kirchen dann tätig zu werden, wenn Verdachtsmomente dafür vorlagen, dass die Kirchen über den ihnen von der SED zugewiesenen religiös-kultischen Bereich hinaus tätig wurden.
Dementsprechend observierte das MfS Kirchengemeinden und Pfarrer, die – wie es beim MfS hieß – im Rahmen der "Partnerschaftsarbeit" Besuchskontakt zu Kirchengemeinden in der Bundesrepublik unterhielten. Das MfS legte hierzu OV an und ermittelte gegen die Organisatoren der Zusammenkünfte.
Als Ziele der MfS-Aufklärung galten ebenso kirchliche Synoden und Basistreffen, auf denen grundsätzlich die potenzielle Gefahr bestand, dass Kritik an den Verhältnissen in der DDR geübt werden würde. In das Blickfeld des MfS rückten die evangelischen Kirchen insbesondere ab Mitte der 70er Jahre: Zunächst rief die auch unter nichtkirchlichen Jugendlichen an Attraktivität gewinnende kirchliche Jugendarbeit, dann die Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsarbeit unter dem Dach der Kirche den Argwohn des MfS hervor.
Insgesamt war das MfS nur eine von mehreren Institutionen des SED-Staates, die im Rahmen der SED-Kirchenpolitik tätig wurden. Im Zusammenspiel mit ihnen versuchte das MfS, die Kirchen zu kontrollieren und zu disziplinieren.
In Auswertung der kirchenpolitischen Kampagnen der 50er Jahre und bestärkt durch konzeptionelle Arbeiten, drängte die SED-Führung ab Anfang der 80er Jahre zunehmend auf ein koordiniertes Vorgehen. Die vom MdI und den Abteilungen für Inneres erstellten Rapportmeldungen, Berichte und Personeneinschätzungen zu Gottesdiensten und kirchlichen Mitarbeitern wurden vereinbarungsgemäß dem MfS zur Verfügung gestellt und bildeten häufig den Grundstock jener Berichte und Personencharakteristiken, die sich in den Beständen des MfS wiederfinden.
Bereits vor Gründung des MfS hatte bei der Deutschen Verwaltung des Innern in der Abteilung K 5 das Referat C 3 existiert. Als Aufgabenbeschreibung wurde die "Aufklärung und Bekämpfung der kirchlichen Feindtätigkeit" genannt. Ab 1950 bestand im MfS zunächst die Abteilung V, die sich ab 1953 Hauptabteilung V nannte und 1964 im Zuge einer Umstrukturierung zur Hauptabteilung XX wurde.
Innerhalb dieser Organisationsstruktur zeichnete die Abt. 4 für die "Bearbeitung" der Kirchen verantwortlich. 1988 gliedert sich diese in sechs Fachreferate, wobei je eins für die evangelischen Kirchen, die katholische Kirche sowie die Religionsgemeinschaften und Sekten zuständig war. Ein Referat widmete sich Operativen Vorgängen. Als Schwerpunkt der Arbeit wurde die "Bekämpfung der politischen Untergrundtätigkeit" benannt. Zwei weitere Referate nahmen koordinierende Funktionen wahr.
Neben der Hauptabteilung XX/4 stützte sich das MfS bei der Bekämpfung und Infiltration der Kirchen auf die Zuarbeit verschiedener Hauptabteilungen und Abteilungen - so u. a. auf die Dienste der HV A bei der "Aufklärung" von westlichen Partnergemeinden und Pfarrern, die die kirchliche Friedensarbeit in den ostdeutschen Gemeinden unterstützten. Im Fall der Inhaftierung kirchlicher Mitarbeiter übernahm die Hauptabteilung IX als Untersuchungsorgan den Vorgang.
Hinzu kamen andere institutionalisierte Formen der "Bearbeitung". Als politisch-ideologische fungierte ab 1958 das Referat Familienforschung, das Verwicklungen missliebiger Kirchenvertreter in das NS-Regime aufdecken oder konstruieren sollte, um die so Diffamierten unter Druck setzen zu können. Angesiedelt war es beim Deutschen Zentralarchiv in Potsdam. Es verwaltete verschiedene aus NS-Beständen stammende Unterlagen und wertete sie aus. Dabei handelte es sich um eine verdeckt arbeitende Einrichtung des MfS.
Um den steigenden Informationsbedarf – unter Berücksichtigung der Spezifik kirchlicher und religiöser Angelegenheiten – zu decken und um Sonderaufträge u. a. auch im Ausland ausführen zu können, etablierte das MfS 1960 die sog. Auswertungsgruppe, die dem Referat V zugeordnet wurde. In einem konspirativen Objekt in Berlin-Pankow ("Institut Wandlitz") arbeiteten hauptamtliche IM und mehrere OibE zusammen.
Seine "Absicherung" fand das Vorgehen des MfS gegenüber den Kirchen durch ein umfangreiches Netz von OibE und IM, die das MfS im Staatssekretariat für Kirchenfragen und in den Kirchenabteilungen der DDR-Bezirke unterhielt. 1989 gab es im Staatssekretariat drei OibE; zudem berichtete der persönliche Referent und Büroleiter der Staatssekretäre Hans Seigewasser und Klaus Gysi, Horst Dohle, ab 1975 als IM "Horst" dem MfS. Insgesamt aber gelang es dem MfS nicht, die Kirchen umfassend zu unterwandern.
Die Aktenkategorie Feindobjektakte (FOA) wurde 1981 als Informationssammlung zu Objekten außerhalb der DDR eingeführt. Vorläufer war der Feindobjektvorgang. Sogenannte Feindobjekte waren in der Abteilung XII zu registrieren. War eine koordinierte Bearbeitung bzw. Aufklärung des Feindobjekts durch mehrere operative Diensteinheiten notwendig, konnten neben einer Zentralen Feindobjektakte bei der hauptverantwortlichen Diensteinheit noch Teilakten registriert und durch die anderen an der Bearbeitung bzw. Aufklärung beteiligten Diensteinheiten geführt werden. Abgeschlossene oder eingestellte Feindobjektakten wurden bei der zuständigen Abteilung XII im Bestand Allgemeine Sachablage archiviert.
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Signatur: BArch, MfS, BV Suhl, AFO, Nr. 2/89, Bl. 7-14
Bis zur deutschen Wiedervereinigung lagen sogenannte Grenzinformationsstellen entlang der innerdeutschen Grenze. In den Zonenrandgebieten Bayerns, Hessens, Niedersachsens und Schleswig-Holsteins sowie in Westberlin informierten sich dort jedes Jahr Zehntausende Menschen über das DDR-Grenzregime.
Die Grenzinformationsstellen boten Text- und Bildtafeln, Informationsbroschüren und Schaumodelle, die den Aufbau der Grenzanlagen verdeutlichten. Außerdem thematisierten regelmäßig stattfindende Filmvorführungen, Lesungen und Vorträge die historischen Entwicklungen, die zur deutschen Teilung führten. Weiterhin beschäftigten sich diese mit den politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in der DDR. Als besonderer Programmpunkt galten die Fahrten und Wanderungen an die innerdeutsche Grenze, die mit erklärenden Einweisungen in den Grenzaufbau einhergingen. Die Grenzinformationsstellen waren den Ostberliner Machthabern ein Dorn im Auge, da diese die staatliche Integrität der DDR in Frage stellten. Die SED übertrug ihrer Geheimpolizei die Aufgabe, möglichst viele Belege für den vermeintlich konterrevolutionären Charakter zu sammeln und die Arbeit zu behindern.
Als Feindobjekte bezeichnete das MfS westliche Institutionen und Organisationen, von denen angeblich subversive Aktivitäten gegen die DDR und andere kommunistische Staaten ausgingen. Im Juli 1984 legte die Arbeitsgruppe Grenzsicherheit der KD Hildburghausen die Feindobjektakte "Thüringenblick" an. Anfänglich finden sich in dem Vorgang die Grenzinformationsstellen Breitensee und Dürrenried sowie der Aussichtsturm "Bayernturm" bei Sternberg/Zimmerau. Es ist ersichtlich, dass es dem MfS darum ging, vermutete feindliche Handlungen aufzuklären und Kontakte in die DDR zu dokumentieren.
So kam es im Zeitraum
- 1973 - 1975 zu einem erhöhten Ansteigen von provokatorischen Grenzüberschreitungen, Aufforderungen zur Fahnenflucht, versuchten Kontaktaufnahmen und Einweisungen;
- Juni 1977 durch 2 Angehörige des GZD und 2 Zivilpersonen zum Versenden von 20 Ballons mit Hetzschriften im Bereich Breitensee
(Überschrift - "Verweigerung der Menschenrechte durch DDR-Behörden");
- 18. Juni und 30. Juli 1978 durch unbekannte Täter zum Beschädigen von je 3 Grenzsäulen im Bereich Eicha
Zu beachten sind weiterhin die bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt über dem Durchschnitt liegenden Einweisungen von Zivilpersonen und die damit verbundenen Handlungen gegen die Staatsgrenze, wie versuchte Kontaktaufnahmen mit Aufforderung zur Fahnenflucht und provokatorische Grenzüberschreitungen.
Die wesentlichste Aufgabenstellung der "Informationsstelle" richtet sich auf die Inspirierung von BRD-Personen zur Herstellung von Kontakten und Verbindungen in die DDR. Auf dieser Basis sollen Voraussetzungen zur Schaffung einer inneren Opposition unter besonderer Beachtung der im Grenzgebiet der DDR wohnhaften Bevölkerung herausgebildet werden.
Die Anleitung des Personals der "Informationsstelle" erfolgt durch die bayrische Staatsregierung in enger Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft "Staat und Gesellschaft e.V." der BRD.
Qualifizierungsmaßnahmen für das Informationsstellenpersonal erfolgen in Form regelmäßig stattfindender Arbeitstagungen.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird die "Informationsstelle" durch folgende Personen betreut:
- [anonymisiert]
geb. [anonymisiert]
wh. [anonymisiert]
tätig als kaufmännische Angestellte [anonymisiert]
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Bekämpfung von Widerstand und Opposition umschreibt, was zwischen 1950 und 1989 als eine Kernaufgabe des MfS galt. Gegen den Willen eines Großteils der ostdeutschen Bevölkerung wurde eine Diktatur etabliert, die nicht durch Wahlen legitimiert war: Dies war einer der Gründe für die Bildung des MfS am 8.2.1950.
Um ihren gesellschaftlichen Alleinvertretungs- und Herrschaftsanspruch zu sichern, schuf sich die SED als Repressions- und polizeistaatliche Unterdrückungsinstanz das MfS - das konsequenterweise so auch offiziell von ihr als "Schild und Schwert der Partei" bezeichnet wurde. Bereits in der "Richtlinie über die Erfassung von Personen, die eine feindliche Tätigkeit durchführen und von den Organen des MfS der DDR festgestellt wurden" vom 20.9.1950 wurde dementsprechend festgelegt, dass "alle Personen" zu registrieren seien, deren Verhalten geeignet war, die "Grundlagen" der DDR in Frage zu stellen.
Ferner wurde bestimmt, dass "über Personen, die eine feindliche Tätigkeit ausüben, [...] Vorgänge" anzulegen sind und über "die erfassten Personen [...] eine zentrale Kartei" einzurichten ist. Das offensive Vorgehen gegen Regimegegner erfuhr eine Ergänzung in den gleichzeitig getroffenen Festlegungen zur Übergabe der als "feindlich" klassifizierten Personen an die Staatsanwaltschaften.
Das MfS wurde somit bei der Bekämpfung von Widerstand und Opposition zur Ermittlungsinstanz; die nachfolgenden Urteile gegen Oppositionelle und Regimekritiker ergingen in enger Kooperation mit den vom MfS zumeist vorab instruierten Gerichten und zum Schein vermeintlicher Rechtsstaatlichkeit unter Hinzuziehung von mit dem MfS häufig zusammenarbeitenden Rechtsanwälten.
Inhalte, Auftreten und Erscheinungsbild von politisch abweichendem Verhalten, Widerstand und Opposition wandelten sich im Laufe der DDR-Geschichte. Zugleich änderten sich auch die Strategien und Methoden des MfS in Abhängigkeit vom konkreten Erscheinungsbild von Protest und Widerstand, aber auch analog zum Ausbauniveau des Apparates und seines Zuträger- und Informantennetzes sowie zur jeweils getroffenen Lageeinschätzung und unter Berücksichtigung der politischen Rahmenbedingungen.
Zu allen Zeiten gab es in beinahe allen Bevölkerungsgruppen und in allen Regionen Aufbegehren, Opposition und Widerstand. In den ersten Jahren nach Gründung der DDR gingen die SED und das MfS mit drakonischen Abschreckungsstrafen (u. a. Todesurteilen) gegen politische Gegner vor. Gefällt wurden die Urteile nicht selten in penibel vorbereiteten Strafprozessen mit präparierten Belastungszeugen und unter Verwendung erzwungener Geständnisse.
In mehreren Orten der DDR wurden z. B. Oberschüler (Werdau, Leipzig, Werder, Eisenfeld, Fürstenberg/Oder, Güstrow), die anknüpfend an das Vorbild der Gruppe "Weiße Rose" in der NS-Diktatur Widerstand geleistet hatte, zum Tode oder zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt, weil sie Informationen gesammelt und Flugblätter verteilt hatten. Manch einer von ihnen überlebte die Haftbedingungen nicht oder nur mit dauerhaften gesundheitlichen Schäden.
Im Laufe der 50er Jahre ging das MfS schrittweise zum verdeckten Terror über. Nach wie vor ergingen langjährige Zuchthausstrafen; politische Opponenten, die von Westberlin aus die Verhältnisse in der DDR kritisierten, wurden - wie Karl Wilhelm Fricke 1955 - in geheimen Operationen entführt, nach Ostberlin verschleppt, in MfS-Haft festgehalten und vor DDR-Gerichte gestellt (Entführung).
Das Bestreben der SED, sich in der westlichen Öffentlichkeit aufgrund dieser ungelösten Fälle und angesichts eklatanter Menschenrechtsverletzungen nicht fortlaufender Kritik ausgesetzt zu sehen, führte, begünstigt durch die Absicht, der maroden Finanz- und Wirtschaftslage mit westlicher Unterstützung beizukommen, schrittweise zu einem Wandel. Im Ergebnis kam es auch zu einer Modifikation der MfS-Strategien im Vorgehen gegenüber Widerstand und Opposition.
Neben die im Vergleich zu den 50er Jahren zwar niedrigeren, für die Betroffenen aber nach wie vor empfindlich hohen Haftstrafen traten als beabsichtigt "lautloses" Vorgehen die Strategien der Kriminalisierung und Zersetzung. In einem "Entwurf der Sektion politisch-operative Spezialdisziplin" des MfS, der auf 1978 zu datieren ist, wird hierzu ausgeführt: "Um der Behauptung des Gegners die Spitze zu nehmen, dass wir ideologische Meinungsverschiedenheiten oder Andersdenkende mit Mitteln des sogenannten politischen Strafrechts bekämpfen, sind dazu noch wirksamer Maßnahmen zur Kriminalisierung dieser Handlungen sowie nicht strafrechtliche Mittel anzuwenden."
In der Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" vom Januar 1976 wurden unter Punkt 2.6 "die Anwendung von Maßnahmen der Zersetzung" geregelt und unter Punkt 2.6.2 die "Formen, Mittel und Methoden der Zersetzung" erörtert. Jene reichten u. a. von der "systematischen Diskreditierung des öffentlichen Rufes" auch mittels "unwahrer […] Angaben" und der "Verbreitung von Gerüchten" über das "Erzeugen von Misstrauen", dem "Vorladen von Personen zu staatlichen Dienststellen" bis zur "Verwendung anonymer oder pseudonymer Briefe, […] Telefonanrufe".
Mit der "Ordnungswidrigkeitenverordnung" (OWVO) von 1984 ging man zudem verstärkt dazu über, politisch unliebsame Personen, sofern sie sich an Protesten beteiligten, mit Ordnungsstrafen zu überziehen und sie somit materiell unter Druck zu setzen. All diese Maßnahmen sollten nach außen hin den Eindruck erwecken, dass das MfS weniger rigoros als in früheren Jahren gegen Regimegegner vorging.
Nach der Freilassung von Oppositionellen, die kurz zuvor während der Durchsuchung der Umweltbibliothek 1987 und nach den Protesten am Rande der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration 1988 in Berlin inhaftiert worden waren, äußerten selbst SED-Mitglieder Zweifel, ob das MfS noch in der Lage sei, offensiv und effektiv gegen politische Opponenten vorzugehen.
Hochgerüstet und allemal zum Einschreiten bereit, trat das MfS jedoch noch bis in den Herbst 1989 gegenüber weniger prominenten Menschen in Aktion, die Widerstand leisteten, inhaftierte diese und ließ gegen sie hohe Haftstrafen verhängen. Bis zum Ende der DDR schritt das MfS bei sog. Demonstrativhandlungen ein und ging gegen - wie es hieß - ungesetzliche Gruppenbildungen vor.
Die Aktenkategorie Feindobjektakte (FOA) wurde 1981 als Informationssammlung zu Objekten außerhalb der DDR eingeführt. Vorläufer war der Feindobjektvorgang. Sogenannte Feindobjekte waren in der Abteilung XII zu registrieren. War eine koordinierte Bearbeitung bzw. Aufklärung des Feindobjekts durch mehrere operative Diensteinheiten notwendig, konnten neben einer Zentralen Feindobjektakte bei der hauptverantwortlichen Diensteinheit noch Teilakten registriert und durch die anderen an der Bearbeitung bzw. Aufklärung beteiligten Diensteinheiten geführt werden. Abgeschlossene oder eingestellte Feindobjektakten wurden bei der zuständigen Abteilung XII im Bestand Allgemeine Sachablage archiviert.
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Konzeption zur weiteren Bearbeitung der Feindobjektakte "Thüringenblick" Dokument, 4 Seiten
Bericht über einige Probleme im Zusammenhang mit Tageseinreisen durch Bürger der Bundesrepublik in den Bezirk Suhl Dokument, 7 Seiten
Bericht über die Situation an der Grenze der DDR zur Bundesrepublik im Juli 1961 Dokument, 23 Seiten
Einschätzung über die Lage an der Staatsgrenze zur Bundesrepublik im Bezirk Gera Dokument, 23 Seiten