Signatur: BStU, MfS, HA XX, Nr. 19349, Bl. 111-112
Die Arbeit des MfS vor Ort in Seoul sollte zur weiteren Informationsauswertung auch gleich in der Zentrale in Berlin bekannt gemacht werden. In einem Fernschreiben erstatten die Offiziere des MfS in Südkorea Bericht zurück in die DDR.
Die Teilnahme der DDR an Olympischen Spielen bedeutete für das MfS viel Arbeit. Es hatte alle Mitglieder der Delegation im Vorfeld zu überprüfen und sie während ihres Aufenthaltes im Ausland „abzusichern“. Dabei ging es darum, Fluchtabsichten zu zerstreuen und die Sportler von zu intensivem Kontakt mit westlichen Mannschaften abzuhalten. Auch sollten gegnerische Teams keinen Einblick in Trainingsmethoden, womöglich sogar die Dopingpraxis gewinnen. Ferner wollte die Stasi dafür sorgen, dass sich alle ideologisch vorbildlich verhalten. Dazu kamen etliche IM als Teil der Delegation zum Einsatz.
Das „Fernschreiben aus Soul“ ist als Zwischenbericht zur Lage während der Spiele zu verstehen. Das Fernschreiben zitiert diverse „Quellen“ zur Lage: Informationen von IM („operative Verbindungen“), Informationen der Delegationsleitung, koreanische Presse und südkoreanische Sicherheitsleute. Daher ist davon auszugehen, dass es vom Leiter der Operativgruppe des MfS, die für die Überwachung der Olympia-Delegation zuständig war, verfasst wurde.
Als weiteren Aspekt beschreibt der Autor auch die allgemeine Situation des Lebens in Südkorea, wie er sie bei seinem Aufenthalt wahrnahm. „8 Stunden Arbeit, 8 bis 10 Tage Urlaub, hohe Ausbeutung, 450 Dollar Monatsverdienst. Armut hinter den Hochhäusern, unmenschliche Arbeitsbedingungen, alle Bereiche voll militarisiert usw.“
Berlin, 20.9.1988
Hauptabteilung XX/3
Fernschreiben aus Soul vom 20. 9. 1988
1. Operative Verbindungen funktionieren normal.
[anonymisiert] wurde zwischenzeitlich festgestellt.
Kontakte zur [anonymisiert]wurden bisher nicht bekannt.
Von Freunden liegen uns operativ relevante Informationen nicht vor.
Aus Verbindung zu Landessicherheitsorganen ergeben sich nur allgemein-praktische, nicht zu verwertende Informationen«
Sie teilten mit, dass ihnen bekannt sei, dass BRD versuchen will, einen (namentlich nicht bekannten) Sportler der DDR abzuwerben.
Konkretisierungsversuche bisher erfolglos.
2. Zum bisherigen sportlichen Verlauf schätzt die Leitung ein, dass
Startphase gut verlief.
Besonders gut Schwimmer und Radsportler. Gute Ausgangspositionen der Turnerinnen und Turner in der Mannschaft und Ruderer.
Im Boxen hat Diego Drum trotz seines Ausscheidens seine Möglichkeiten ausgeschöpft. Ansonsten läufts auch dort.
Im Wasserspringen ist man nicht zufrieden.
Wesentlich schlechter ist die Situation im Sportschießen. Geplante Medaille ist nicht gekommen - zur Zeit gibt es Bemühungen, Situation zu verbessern, es wird sachlich, aber kritisch analysiert.
Birgit Schmidt, Kanu ASK Potsdam, laboriert an Muskelzerrung. Martina Jentsch, Turnerin SC Einheit Dresden, hat mit Fußgelenk erhebliche Beschwerden.
Schwerpunkte sind hier für die Mannschaft gesetzt, ideologische Arbeit, Training, Gesundheit.
Starke Temperaturunterschiede bringen bei Nichtbeachtung Probleme, auch Sicherung einer ordentlichen Ernährung.
Disziplin bisher in Ordnung.
3. Koreanische Presse brachte Artikel "Die Medaillenmaschine des Ostblocks ist in Gang gesetzt".
Ansonsten ist in dem von uns zu Analysierenden am Ort keine Schärfe oder grobe Unsachlichkeit festzustellen. Etliche Sportler wurden in "Dorfzeitung" portraitiert.
Hauptabteilung XX (Staatsapparat, Kultur, Kirchen, Untergrund)
Die Hauptabteilung XX bildete den Kernbereich der politischen Repression und Überwachung der Staatssicherheit. In Struktur und Tätigkeit passte sie sich mehrfach an die sich wandelnden Bedingungen der Herrschaftssicherung an. Die Diensteinheit ging 1964 durch Umbenennung aus der Hauptatbeilung V hervor, die ihrerseits in den Abteilungen V und VI (1950–1953) ihre Vorläufer hatte.
Die Hauptabteilung XX und die ihr nachgeordneten Abteilungen XX in den Bezirksverwaltungen (Linie XX) sowie entsprechende Arbeitsbereiche in den KD überwachten wichtige Teile des Staatsapparates (u. a. Justiz, Gesundheitswesen und bis 1986 das Post- und Fernmeldewesen), die Blockparteien und Massenorganisationen, den Kultur- und Sportbereich, die Medien und die Kirchen sowie SED-Sonderobjekte und Parteibetriebe. Federführend war die Hauptabteilung XX auch bei der Bekämpfung der "politischen Untergrundtätigkeit" (PUT), also der Opposition.
Ab der zweiten Hälfte der 50er Jahre und verstärkt seit dem Beginn der Entspannungspolitik fühlte sich das SED-Regime zunehmend durch die "politisch-ideologische Diversion" (PiD) bedroht. Die Schwächung der "Arbeiter-und-Bauern-Macht" durch "ideologische Aufweichung und Zersetzung" galt als Hauptinstrument des Westens bei der Unterminierung der DDR. Auch bei der Bekämpfung der PiD hatte die Hauptabteilung XX innerhalb des MfS die Federführung.
Das Erstarken der Bürgerrechtsbewegung (Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsgruppen) in der DDR führte in den 80er Jahren zu einem weiteren Bedeutungszuwachs der Linie XX. In der DA 2/85 bestätigte Minister Mielke dementsprechend die Federführung der Hauptabteilung XX bei der Bekämpfung der PUT.
Im Verlauf der fast 40-jährigen Entwicklung der Hauptabteilung XX veränderte sich ihre Struktur mehrfach. In der Endphase verfügte sie über neun operative Abteilungen und vier Funktionalorgane der Leitung (Sekretariat, Arbeitsgruppe der Leitung, Koordinierungsgruppe des Leiters, Auswertungs- und Kontrollgruppe).
Die Hauptabteilung V lag ab 1953 zunächst im unmittelbaren Anleitungsbereich von Mielke in seiner Eigenschaft als 1. Stellvertreter des Staatssicherheitschefs. Ab 1955 war der stellvertretende Minister Bruno Beater und 1964–1974 der stellv. Minister Fritz Schröder auf der Ebene der MfS-Leitung für die Hauptabteilung XX zuständig. Beide waren zuvor selbst (Beater 1953–1955, Schröder 1955–1963) Leiter der Hauptabteilung V. Seit 1975 gehörte die Hauptabteilung XX zum Verantwortungsbereich von Mielkes Stellvertreter Rudi Mittig. Von 1964 bis zur Auflösung des MfS leitete Kienberg die Hauptabteilung XX. Ihm standen seit 1965 zwei Stellvertreter zur Seite.
1954 waren in der Hauptabteilung V insgesamt 139 Mitarbeiter beschäftigt. Im Herbst 1989 verfügte die Hauptabteilung XX über 461 Mitarbeiter, von denen mehr als 200 als IM-führende Mitarbeiter eingesetzt waren.
In den 15 Bezirksverwaltungen waren auf der Linie XX im Oktober 1989 insgesamt knapp 1.000 Kader und damit auf der gesamten Linie XX fast 1.500 hauptamtliche Mitarbeiter im Einsatz. Gleichzeitig konnte allein die Hauptabteilung XX mit etwas mehr als 1.500 IM auf einen überdurchschnittlich hohen Bestand an inoffiziellen Kräften zurückgreifen. Ihrem Aufgabenprofil entsprechend spiegelt sich nicht zuletzt in der Entwicklung der Hauptabteilung XX auch die Geschichte von Opposition, Widerstand und politischer Dissidenz in der DDR. Im Herbst 1989 wurden von der Diensteinheit 31 Operative Vorgänge (10 Prozent aller Operativen Vorgänge im Berliner Ministeriumsbereich) und 59 Operative Personenkontrollen (8,7 Prozent) bearbeitet.
Operativgruppe (OG)
Das MfS unterhielt ständige Niederlassungen in der Sowjetunion (seit 1951), Bulgarien (1961), Ungarn (1964), ČSSR (1965), Polen (1980) sowie in einigen Entwicklungsländern, die als Operativgruppen (OG) bezeichnet wurden. In den osteuropäischen Ländern umfasste eine Operativgruppe zuletzt 8 bis 14 MfS-Offiziere (in Polen: 20, in der Sowjetunion einschließlich der dort an die Operativgruppe angeschlossenen Linien I und XVIII ca. 35), die auf mehrere Städte verteilt waren und bis zu 40 IM (in Polen: 150, sowie zahlreiche Kontaktpersonen, in der Sowjetunion einschließlich der Linien I und XVIII ca. 400) führten, bei denen es sich zumeist um DDR-Bürger handelte, die längerfristig in dem Land lebten.
Die Operativgruppen war an den jeweiligen Landesgeheimdienst angebunden und kooperierte mit diesem. Eine Operativgruppe setzte sich aus Mitarbeitern mehrerer MfS-Diensteinheiten zusammen (insbesondere HA VI, HA II, ZKG); die an den Botschaften tätigen HV-A-Mitarbeiter agierten weitgehend unabhängig davon. Die Aufgabe der Operativgruppen bestand darin, DDR-Bürger im Ausland zu überwachen und Fluchtversuche in den Westen zu verhindern, in der Spionageabwehr, in Entwicklungsländern auch im Schutz von DDR-Bürgern sowie in der Beratung und Unterstützung der örtlichen Sicherheitsdienste. In der ČSSR ab 1968 und Polen ab 1980 waren sie an der Unterdrückung der Opposition beteiligt.
Viele Geheimdienste sozialistischer Länder unterhielten ihrerseits bis 1989/90 eine Operativgruppe in der DDR. Die Operativgruppen bildete nur eines von mehreren Elementen geheimdienstlicher Kooperation.
Operativgruppe war aber auch eine Bezeichnung für Struktureinheiten auf den unteren Ebenen der MfS-Diensteinheiten, zumeist mit einer eng begrenzten oder befristeten Aufgabe. Eine Operativgruppe konnte aber auch zu einer Abteilung aufgebaut werden. So entstand aus einer 1976 bis 1980 tätigen Operativgruppe der Hauptabteilung XX ab 1981 die Hauptabteilung XX/9, die Dissidenten und Oppositionelle verfolgte.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Signatur: BStU, MfS, HA XX, Nr. 19349, Bl. 111-112
Die Arbeit des MfS vor Ort in Seoul sollte zur weiteren Informationsauswertung auch gleich in der Zentrale in Berlin bekannt gemacht werden. In einem Fernschreiben erstatten die Offiziere des MfS in Südkorea Bericht zurück in die DDR.
Die Teilnahme der DDR an Olympischen Spielen bedeutete für das MfS viel Arbeit. Es hatte alle Mitglieder der Delegation im Vorfeld zu überprüfen und sie während ihres Aufenthaltes im Ausland „abzusichern“. Dabei ging es darum, Fluchtabsichten zu zerstreuen und die Sportler von zu intensivem Kontakt mit westlichen Mannschaften abzuhalten. Auch sollten gegnerische Teams keinen Einblick in Trainingsmethoden, womöglich sogar die Dopingpraxis gewinnen. Ferner wollte die Stasi dafür sorgen, dass sich alle ideologisch vorbildlich verhalten. Dazu kamen etliche IM als Teil der Delegation zum Einsatz.
Das „Fernschreiben aus Soul“ ist als Zwischenbericht zur Lage während der Spiele zu verstehen. Das Fernschreiben zitiert diverse „Quellen“ zur Lage: Informationen von IM („operative Verbindungen“), Informationen der Delegationsleitung, koreanische Presse und südkoreanische Sicherheitsleute. Daher ist davon auszugehen, dass es vom Leiter der Operativgruppe des MfS, die für die Überwachung der Olympia-Delegation zuständig war, verfasst wurde.
Als weiteren Aspekt beschreibt der Autor auch die allgemeine Situation des Lebens in Südkorea, wie er sie bei seinem Aufenthalt wahrnahm. „8 Stunden Arbeit, 8 bis 10 Tage Urlaub, hohe Ausbeutung, 450 Dollar Monatsverdienst. Armut hinter den Hochhäusern, unmenschliche Arbeitsbedingungen, alle Bereiche voll militarisiert usw.“
Samaranch gab Interview mit folgendem Inhalt:
4. Koreanische Sicherheitsleute sind sehr stark an Teilnahme von Röder, Hellmann oder Erbach an einem Essen interessiert. Alle drei haben abgelehnt, weil es sportlich nichts bringt. Sie haben entsprechend glaubhafte Entschuldigungen gegeben. Unser Genosse Wiesner wird allein daran auch nicht teilnehmen.
Höchster Sicherheitschef, mit dem es durch Genossen Röder Kontakt gab, weiß von dieser für uns nicht deutlich er-kennbaren Einladung unseres persönlichen Sicherheits¬beraters Kang nichts.
Wir gehen also da nicht hin.
Am 20.9. und wahrscheinlich am 21.9. sind Sportleitungen Bulgariens und der CSSR bei DDR zu Gast.
5. Wir argumentieren - auch über unsere Verbindungen - dass Soul nicht nur der moderne Flugplatz, die Hochstraßen, die vielen PKW und Elektronik und das "Dorf" ist.
Wenn man Zeit, Fahrzeug und den Willen hat, sieht man hier vieles, was unsere Menschen erstaunen ließe.
Täglich, einschließlich Sonnabend und zum Teil Sonntag, 8 Stunden Arbeit, 8 bis 10 Tage Urlaub, hohe Ausbeutung, 450 Dollar Monatsverdienst, Armut hinter den Hochhäusern, unmenschliche Arbeitsbedingungen, alle Bereiche voll militarisiert usw.
Leider können wir das nicht allen zeigen - Unsicherheit ist dort zu groß und unsere Sportler haben zuerst ihren Auftrag zu erfüllen.
6. Zwei kleine Demonstrationen, wenige hundert Beteiligte konnten hier festgestellt werden.
Im Dorf und in der Stadt ist das nicht zu bemerken, wenn man nicht gerade direkt an dieser Stelle des Geschehens ist.
Operativgruppe (OG)
Das MfS unterhielt ständige Niederlassungen in der Sowjetunion (seit 1951), Bulgarien (1961), Ungarn (1964), ČSSR (1965), Polen (1980) sowie in einigen Entwicklungsländern, die als Operativgruppen (OG) bezeichnet wurden. In den osteuropäischen Ländern umfasste eine Operativgruppe zuletzt 8 bis 14 MfS-Offiziere (in Polen: 20, in der Sowjetunion einschließlich der dort an die Operativgruppe angeschlossenen Linien I und XVIII ca. 35), die auf mehrere Städte verteilt waren und bis zu 40 IM (in Polen: 150, sowie zahlreiche Kontaktpersonen, in der Sowjetunion einschließlich der Linien I und XVIII ca. 400) führten, bei denen es sich zumeist um DDR-Bürger handelte, die längerfristig in dem Land lebten.
Die Operativgruppen war an den jeweiligen Landesgeheimdienst angebunden und kooperierte mit diesem. Eine Operativgruppe setzte sich aus Mitarbeitern mehrerer MfS-Diensteinheiten zusammen (insbesondere HA VI, HA II, ZKG); die an den Botschaften tätigen HV-A-Mitarbeiter agierten weitgehend unabhängig davon. Die Aufgabe der Operativgruppen bestand darin, DDR-Bürger im Ausland zu überwachen und Fluchtversuche in den Westen zu verhindern, in der Spionageabwehr, in Entwicklungsländern auch im Schutz von DDR-Bürgern sowie in der Beratung und Unterstützung der örtlichen Sicherheitsdienste. In der ČSSR ab 1968 und Polen ab 1980 waren sie an der Unterdrückung der Opposition beteiligt.
Viele Geheimdienste sozialistischer Länder unterhielten ihrerseits bis 1989/90 eine Operativgruppe in der DDR. Die Operativgruppen bildete nur eines von mehreren Elementen geheimdienstlicher Kooperation.
Operativgruppe war aber auch eine Bezeichnung für Struktureinheiten auf den unteren Ebenen der MfS-Diensteinheiten, zumeist mit einer eng begrenzten oder befristeten Aufgabe. Eine Operativgruppe konnte aber auch zu einer Abteilung aufgebaut werden. So entstand aus einer 1976 bis 1980 tätigen Operativgruppe der Hauptabteilung XX ab 1981 die Hauptabteilung XX/9, die Dissidenten und Oppositionelle verfolgte.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Ausreiseentscheid für die Teilnehmer zu den XXIV. Olympischen Sommerspielen Dokument, 2 Seiten
Bericht über die Tätigkeit der eingesetzten Operativ-Gruppe des MfS zur Sicherung der DDR-Olympia-Delegation vom 9.9. bis 3.10.1988 Dokument, 11 Seiten
Bericht über die Teilnahme der DDR-Mannschaft an den Spielen der XXIV. Olympiade Dokument, 18 Seiten
Konzeption für die operative Sicherung der DDR-Delegation zu den XII. Olympischen Winterspielen in Innsbruck Dokument, 9 Seiten