Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 309, Bl. 228-231
Während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953 kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt zu vergleichsweise wenig Streiks und Demonstrationen. "Feindtätigkeit" im Bezirk wurde per Fernschreiben an die Stasi-Zentrale in Berlin übermittelt.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen Sachsens hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Die Streikzentren lagen neben der Stadt Karl-Marx-Stadt in den Städten Freiberg, Crimmitschau, Tannenberg, Penig, und in Werdau. Eine Besonderheit der Streiks im Bezirk war, dass sie erst in der Nacht vom 17. zum 18. Juni begannen. Grund für die Arbeitsniederlegung war hier neben Normenerhöhung und der Verschlechterung der Lebensbedingungen vor allem die Verhängung des Ausnahmezustandes selbst.
Die Staatssicherheit dokumentierte in dem vorliegenden Fernschreiben vom 18. Juni 1953 verschiedene auffällige Vorkommnisse während des Volksaufstands im Bezirk Karl-Marx-Stadt. Unter anderem handelt es sich um Meldungen zu Personen, die bei Diskussionen als Redner auftraten, aufgefundene "Hetzparolen" und Flugblätter sowie gestörte Telefonleitungen.
AM 18-06.1953 gegen 9.00 Uhr wurden in Oberschöna Kreis Freiberg in einem Schaukasten der Nationalen Front zwei Hetzplakate gefunden, die folgenden Wortlaut trugen:
"Arbeiter, zeigt es den Ausbeutern und Menschenquälern, daß Ihr nicht unter diesem Terrorsystem leben wollt.
Streikt wir eure Kameraden aus Berlin. Stalinallee, Hinnigsdorf, Bergmann-Borsig, HO Grooberlin.
Arbeiter fordert freie geheime Wahlen für ganz Deutschland. Hinaus mit den Russen. Absetzung der Regierung, Neuwahl."
[handschriftliche Ergänzung: Orig. Abt. 5]
Diese Plakate waren 30 x 40 cm groß und aus weißen glatten Papier. Der Text wurde mit Tinte und kleinem Pinsel in Blockschrift gemalt und das Plakat mittels Gummilösung angebracht. Die Plakate sind wahrscheinlich in den Nachtstunden angebracht worden und wurden am Morge des 18.06.1953 von dem parteilosen Langer, Walter aus Oberschöna abgemacht und dem Bürgermeister übergeben. Vor diesen Plakaten hatte sich vordem eine Menschenmege von ca. 20 bis 30 Personen angesammelt.
[Unterschrift: i.V. Otto]
( Schneider )
Oberstltn.
Leiter der Bezl.-Verwaltung
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Zur Seite 1 wechseln
Zur Seite 2 wechseln
Zur Seite 3 wechseln
aktuelle Seite 4
Zur Seite 1 wechseln
aktuelle Seite 2
Zur Seite 3 wechseln
Zur Seite 4 wechseln
Meldung zu Streiks im Bezirk Karl-Marx-Stadt Dokument, 2 Seiten
Fernschreiben der Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt zu verhinderten Streikaktionen Dokument, 1 Seite
Meldung zu erneuten Streiks im Bezirk Karl-Marx-Stadt Dokument, 4 Seiten
Meldung an die zentrale Einsatzleitung in Berlin über Verhaftungen im Bezirk Karl-Marx-Stadt Dokument, 1 Seite