Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Fi, Nr. 37
Im Schulungsfilm "FIAT II" rekonstruierte die Stasi Fluchtversuche von Menschen, die sich in Hohlräumen von Fahrzeugen versteckten. Dabei erhielten sie Unterstützung von Fluchthelfern aus der Bundesrepublik.
In der DDR durfte bis zum November 1989 die Mehrheit der Bevölkerung nicht in das westliche Ausland reisen. Selbst nahe Verwandte in Westdeutschland konnten nur ausnahmsweise und in "dringenden Familienangelegenheiten" besucht werden. Solche Reisen unterlagen jedoch einer sehr restriktiven Genehmigungspraxis. Das Regime befürchtete, die Menschen könnten ihrem Land den Rücken kehren und Reisen zur Flucht aus der DDR nutzen. Angesichts der anhaltenden Flucht tausender Menschen wusste die Regierung sich nicht anders zu helfen, als das eigene Volk einzusperren. Eine unüberwindbare Mauer sollte die Massenflucht stoppen und der SED die Macht im Land sichern.
Die Sicherung der Grenzen der DDR stellte eine wichtige Voraussetzung für die Existenz des SED-Staates dar. Sie bezog sich auch auf das Gebiet der DDR und umfasste vielfältige Kontroll-, Überwachungs- und Repressionsmaßnahmen. Eine wichtige Rolle spielte dabei das Ministerium für Staatssicherheit, dessen Arbeit im Laufe der Jahre zunehmend auf die präventive Verhinderung von Fluchten gerichtet war.
Um aus der DDR zu fliehen, nahmen viele Menschen unkalkulierbare Risiken und Gefahren auf sich. Viele ließen sich von Bürgern aus der Bundesrepublik helfen, wie beispielsweise bei der Schleusung in Fahrzeugen. Dabei wurden PKW und LKW speziell für Fluchtvorhaben präpariert. Als Verstecke für die Flüchtlinge dienten die unterschiedlichsten Hohlräume. Erst mit der Zeit bekamen die DDR-Grenzkontrolleure Routine beim Aufspüren dieser Verstecke.
Dies ist auch der Inhalt des vorliegenden Schulungsfilms "FIAT II". Darin stellte die Stasi sogenannte "Schleusungsvorgänge" nach. Hier versteckten sich die Flüchtlinge im Kofferraum des Autos und hofften, so unerkannt fliehen zu können. Besondere Aufmerksamkeit im Film schenkte die Stasi der Mechanik zum Wechseln des KFZ-Kennzeichens.
Der Schulungsfilm zeigt eine nachgestellte Schleusungen von Personen. Zu sehen sind die Schleusungsfahrzeug, deren Fahrtroute und die Kontaktaufnahme mit Flüchtlingen im Raum Bitterfeld.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Schleuser waren IM, die Personen, Materialien oder Fahrzeuge inoffiziell über die Staatsgrenze der DDR in das Operationsgebiet einschleusten oder von dort zurückbeförderten. Dementsprechend unterschied das MfS auch zwischen Personenschleuse, bei der einer oder mehrere Schleuser aus der DDR oder dem Westen zum Einsatz kamen, und der Materialschleuse. Die Schleuser wurden teilweise auch als Grenz-IM (GIM) bezeichnet. Im Dezember 1988 gab es in der Bundesrepublik und Westberlin 47 GIM.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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Vergleich der Entführungen von Hanns Martin Schleyer und Aldo Moro Dokument, 6 Seiten
Rekonstruktion eines Fluchtversuchs mit einem präparierten LKW Video, 13 Minuten, 16 Sekunden