Signatur: BStU, MfS, HA I, Nr. 2602, Bl. 46-49
Über die Grenzschleuse Lübeck-Schlutup konnten Personen unerkannt in den Westen gelangen. Damit sie sich dort besser orientieren konnten, fertigte die Stasi eine Fotodokumentation an.
Über Schlupflöcher im Eisernen Vorhang schmuggelte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) unbemerkt Dokumente, Agenten und Sonderkommandos zwischen Ost und West hin und her. Der Geheimpolizei stand dafür ein ausgeklügeltes System an "Grenzschleusen" zur Verfügung, die sich gut versteckt in dichten Wäldern und an abgelegenen Orten befanden. In den überlieferten Unterlagen sind sie sehr detailreich beschreiben.
In den frühen 50ern war es noch üblich, dass die einzelnen Diensteinheiten der Staatssicherheit ihre Agenten in Eigenregie über die Grenze schmuggelten. Dadurch sollte deren Sicherheit gewährleistet werden. Später gingen die so genannten "Operativen Grenzschleusen" (OGS) in den Verantwortungsbereich der Hauptabteilung I (Überwachung der Nationalen Volksarmee und der Grenztruppen) über. In einigen Fällen wurden diese auch durch die Hauptabteilung VIII (Beobachtung, Ermittlung, Durchsuchung, Festnahme) und dem Auslandsgeheimdienst Hauptverwaltung A genutzt, mussten aber vorher jeweils bei der HA I beantragt werden.
Es gab verschiedene Möglichkeiten, die innerdeutsche Grenze zu überwinden. Eine war die Benutzung eines verdeckten Tores im Grenzzaun, das sich mit wenigen Handgriffen öffnen ließ. Der Weg zu diesen "operativ-technisch abgesicherten Grenzübergangsstellen" durch den Grenzstreifen war mit in den Boden eingelassenen "Rundeisen" gekennzeichnet. Während diese Form von Grenzschleuse hauptsächlich dazu diente, um Treffen zwischen Agenten und ihren Führungsoffizieren zu ermöglichen, wurden über sogenannte "Wurfschleusen" Dokumente, Tonbänder oder Filmdosen ausgetauscht.
Die Fotodokumentation zeigt das Gebiet unmittelbar an der Grenzschleuse auf dem Territorium der DDR. Die Fotodokumentation wurde angelegt, damit sich Personen, die die Grenzschleuse benutzten, besser orientieren konnten.
[Das schwarzweiße Lichtbild zeigt einen Blick in die Grenzsicherungsanlagen der DDR. Von links nach rechts sind zu sehen: der Metallzaun, daran angrenzend die geharkte Sandfläche. Ein unbefestigter, aber ausgefahrener Weg wird auf beiden Seiten mit Betonpfeilern markiert. Weiter rechts davon befindet sich ein Grünstreifen, auf dem Elektromasten entlang der Grenzlinie aufgestellt sind. Im Hintergrund liegt eine Kontrollstelle für die Transitstraße. Darum herum sind verstärkt Laternen aufgestellt, ein Wachturm ist in der Nähe. Zwei Stellen wurden auf dem Foto mit blauem Kugelschreiber mittels Pfeilen markiert, die außerhalb des Bildes wie folgt beschriftet wurden:]
1. Kontrollstelle
Postenturm
[handschriftlich mit blauem Kugelschreiber: Panoramaaufnahme vom 1.Knick des Grenzzaunes, auf unseren Gebiet zur Transitstraße Lübeck-Saßnitz gesehen]
Hauptabteilung I (NVA und Grenztruppen)
Die Hauptabteilung I war zuständig für die Überwachung des Ministeriums für Nationale Verteidigung sowie der nachgeordneten Führungsorgane, Truppen und Einrichtungen einschließlich der Grenztruppen der DDR. Armeeintern trug die Hauptabteilung I die Bezeichnung "Verwaltung 2000". Ihre Mitarbeiter wurden als Verbindungsoffiziere bezeichnet. Der Armeeführung war die Hauptabteilung I jedoch weder unterstellt noch rechenschaftspflichtig.
Die Hauptabteilung I ging im Dezember 1951 aus den Abteilungen VII a, VII b und VII c hervor. Seit 1956 (Gründung der Nationalen Volksarmee) trugen ihre Struktureinheiten die taktische Bezeichnung des Truppenteils bzw. der Einheit, für deren abwehrmäßige Sicherung sie zuständig waren. Der Mauerbau 1961 und die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1962 sorgten für Zäsuren in der Arbeit der Hauptabteilung I.
Von 1956 bis 1961 war die Hauptabteilung I außerdem für die Überwachung der Bereitschaftspolizei zuständig und von 1958 bis 1986 für das Wachregiment des MfS. Die Arbeit der Hauptabteilung I umfasste folgende Aufgaben:
Der Leiter der Hauptabteilung I unterstand einem Ministerstellvertreter, zuletzt Gerhard Neiber. Leiter der Hauptabteilung I waren 1950-1953 Heinz Gronau, 1953-1955 Ottomar Pech, 1955-1981 Karl Kleinjung und ab 1981 Manfred Dietze. Der Verantwortungsbereich der Hauptabteilung I umfasste 1986 knapp 300.000 Soldaten und Zivilbeschäftigte. Hierfür waren ihr 1989 2.223 Planstellen zugeteilt, darunter jede 2. Stelle für IM-führende Mitarbeiter. Die Hauptabteilung I verfügte über 13 Planstellen für Offiziere im besonderen Einsatz (OibE). 1987 führte die Hauptabteilung I 22.585 Inoffizielle Mitarbeiter (IM) und Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit (GMS). Zu den Informanten zählten nicht nur Militärangehörige oder Zivilbeschäftigte. Die Zahl der IM, die die Hauptabteilung I im Westen führte, lag unter 150. Die Bearbeitung von Operativen Vorgängen (OV) und Operativen Personenkontrollen (OPK) war vergleichsweise gering. Sie betrug 1988 59 OV und 312 OPK.
Als Operative Grenzschleuse (OGS) bezeichnete das MfS Übertrittsstellen, die sich in der Regel in dichten Wäldern oder anderen unübersichtlichen Stellen an der DDR-Westgrenze und an der Grenze zu Westberlin befanden. Auf diesem Weg wurden Personen (zumeist IM) oder Material (z. B. Dokumente, Filme, technisches Gerät) vom MfS unter Umgehung der Grenzkontrollen unbemerkt über die innerdeutsche Grenze gebracht. Entsprechend unterschied es Personenschleusen (OGS/P) und Materialschleusen (OGS/M).
Grundsätzlich standen die OGS unter der Verantwortung der Grenzaufklärung der Hauptabteilung I. Diese übergab aber auch geeignete Grenzabschnitte an die Hauptabteilung VIII und die HV A, die eigenständig OGS unterhielten. Bei der Durchführung und Absicherung von Schleusungen wurden auf westlichem Territorium spezielle IM eingesetzt (IME/Grenze, Grenz-IM, Schleuser).
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Signatur: BStU, MfS, HA I, Nr. 2602, Bl. 46-49
Über die Grenzschleuse Lübeck-Schlutup konnten Personen unerkannt in den Westen gelangen. Damit sie sich dort besser orientieren konnten, fertigte die Stasi eine Fotodokumentation an.
Über Schlupflöcher im Eisernen Vorhang schmuggelte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) unbemerkt Dokumente, Agenten und Sonderkommandos zwischen Ost und West hin und her. Der Geheimpolizei stand dafür ein ausgeklügeltes System an "Grenzschleusen" zur Verfügung, die sich gut versteckt in dichten Wäldern und an abgelegenen Orten befanden. In den überlieferten Unterlagen sind sie sehr detailreich beschreiben.
In den frühen 50ern war es noch üblich, dass die einzelnen Diensteinheiten der Staatssicherheit ihre Agenten in Eigenregie über die Grenze schmuggelten. Dadurch sollte deren Sicherheit gewährleistet werden. Später gingen die so genannten "Operativen Grenzschleusen" (OGS) in den Verantwortungsbereich der Hauptabteilung I (Überwachung der Nationalen Volksarmee und der Grenztruppen) über. In einigen Fällen wurden diese auch durch die Hauptabteilung VIII (Beobachtung, Ermittlung, Durchsuchung, Festnahme) und dem Auslandsgeheimdienst Hauptverwaltung A genutzt, mussten aber vorher jeweils bei der HA I beantragt werden.
Es gab verschiedene Möglichkeiten, die innerdeutsche Grenze zu überwinden. Eine war die Benutzung eines verdeckten Tores im Grenzzaun, das sich mit wenigen Handgriffen öffnen ließ. Der Weg zu diesen "operativ-technisch abgesicherten Grenzübergangsstellen" durch den Grenzstreifen war mit in den Boden eingelassenen "Rundeisen" gekennzeichnet. Während diese Form von Grenzschleuse hauptsächlich dazu diente, um Treffen zwischen Agenten und ihren Führungsoffizieren zu ermöglichen, wurden über sogenannte "Wurfschleusen" Dokumente, Tonbänder oder Filmdosen ausgetauscht.
Die Fotodokumentation zeigt das Gebiet unmittelbar an der Grenzschleuse auf dem Territorium der DDR. Die Fotodokumentation wurde angelegt, damit sich Personen, die die Grenzschleuse benutzten, besser orientieren konnten.
[Auf Höhe des Grenzzaunes wurde in die Grenzbefestigungsanlagen der DDR fotografiert. Im Anschluss an den Zaun ist ein mit Betonplatten befestigter Kfz-Graben, direkt gefolgt von einer geharkte Sandfläche. Erst am Rand der rechten Seite ist die Grünfläche mit den Strommasten zu sehen. Im Hintergrund tauchen viele Laternenmasten auf, auch die Kontrollstelle und der Wachturm sind besser zu erkennen. Es ist ein schwarzweißes Lichtbild.]
Hauptabteilung I (NVA und Grenztruppen)
Die Hauptabteilung I war zuständig für die Überwachung des Ministeriums für Nationale Verteidigung sowie der nachgeordneten Führungsorgane, Truppen und Einrichtungen einschließlich der Grenztruppen der DDR. Armeeintern trug die Hauptabteilung I die Bezeichnung "Verwaltung 2000". Ihre Mitarbeiter wurden als Verbindungsoffiziere bezeichnet. Der Armeeführung war die Hauptabteilung I jedoch weder unterstellt noch rechenschaftspflichtig.
Die Hauptabteilung I ging im Dezember 1951 aus den Abteilungen VII a, VII b und VII c hervor. Seit 1956 (Gründung der Nationalen Volksarmee) trugen ihre Struktureinheiten die taktische Bezeichnung des Truppenteils bzw. der Einheit, für deren abwehrmäßige Sicherung sie zuständig waren. Der Mauerbau 1961 und die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1962 sorgten für Zäsuren in der Arbeit der Hauptabteilung I.
Von 1956 bis 1961 war die Hauptabteilung I außerdem für die Überwachung der Bereitschaftspolizei zuständig und von 1958 bis 1986 für das Wachregiment des MfS. Die Arbeit der Hauptabteilung I umfasste folgende Aufgaben:
Der Leiter der Hauptabteilung I unterstand einem Ministerstellvertreter, zuletzt Gerhard Neiber. Leiter der Hauptabteilung I waren 1950-1953 Heinz Gronau, 1953-1955 Ottomar Pech, 1955-1981 Karl Kleinjung und ab 1981 Manfred Dietze. Der Verantwortungsbereich der Hauptabteilung I umfasste 1986 knapp 300.000 Soldaten und Zivilbeschäftigte. Hierfür waren ihr 1989 2.223 Planstellen zugeteilt, darunter jede 2. Stelle für IM-führende Mitarbeiter. Die Hauptabteilung I verfügte über 13 Planstellen für Offiziere im besonderen Einsatz (OibE). 1987 führte die Hauptabteilung I 22.585 Inoffizielle Mitarbeiter (IM) und Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit (GMS). Zu den Informanten zählten nicht nur Militärangehörige oder Zivilbeschäftigte. Die Zahl der IM, die die Hauptabteilung I im Westen führte, lag unter 150. Die Bearbeitung von Operativen Vorgängen (OV) und Operativen Personenkontrollen (OPK) war vergleichsweise gering. Sie betrug 1988 59 OV und 312 OPK.
Als Operative Grenzschleuse (OGS) bezeichnete das MfS Übertrittsstellen, die sich in der Regel in dichten Wäldern oder anderen unübersichtlichen Stellen an der DDR-Westgrenze und an der Grenze zu Westberlin befanden. Auf diesem Weg wurden Personen (zumeist IM) oder Material (z. B. Dokumente, Filme, technisches Gerät) vom MfS unter Umgehung der Grenzkontrollen unbemerkt über die innerdeutsche Grenze gebracht. Entsprechend unterschied es Personenschleusen (OGS/P) und Materialschleusen (OGS/M).
Grundsätzlich standen die OGS unter der Verantwortung der Grenzaufklärung der Hauptabteilung I. Diese übergab aber auch geeignete Grenzabschnitte an die Hauptabteilung VIII und die HV A, die eigenständig OGS unterhielten. Bei der Durchführung und Absicherung von Schleusungen wurden auf westlichem Territorium spezielle IM eingesetzt (IME/Grenze, Grenz-IM, Schleuser).
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Fotodokumentation der Grenzschleuse Lübeck-Schlutup auf westlicher Seite Dokument, 3 Seiten
Panoramaaufnahmen der Umgebung der Grenzschleuse Lübeck-Schlutup Dokument, 3 Seiten
Skizze des Gebietes um die Grenzschleuse in Lübeck-Schlutup Dokument, 1 Seite
Skizze von Lübeck-Schlutup jenseits der Grenzschleuse Dokument, 1 Seite