Signatur: BArch, MfS, HA XVIII, Nr. 45818, Bl. 84-95
Die Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz des MfS nahm eine zentrale Rolle bei der Überwachung der Computerszene in der DDR ein. In einer Information von April 1988 informierte sie die anderen Diensteinheiten über ihre "Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Nutzung privater Rechentechnik".
In den 70er und 80er Jahren erlebte die Mikroelektronik einen weltweiten Aufschwung, von dem auch die DDR nicht unberührt blieb. Auf der 6. Tagung des Zentralkomitees der SED im Juni 1977 erklärte die politische Führungsspitze sie zur Schlüsseltechnologie, in die bis 1989 Milliarden flossen. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) besorgte im Westen die nicht einfuhrgestattete Hard- und Software sowie das nötige "Know-how" für die Produktion und Ausbildung von Fachpersonal.
Mit der neuen wirtschaftspolitischen Ausrichtung kamen Mitte der 80er Jahre die ersten Heimcomputer in der DDR auf den Markt. Diese hielten zwar auch Einzug in die Privathaushalte. Im Vergleich zum Westen waren sie in der DDR aber vor allem in Einrichtungen, wie Schulen, Jugendclubs und Volkseigenen Betrieben, zu finden. Die geringen Produktionszahlen und hohen Kaufpreise machten eine flächendeckende private Nutzung unmöglich.
Diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Wunsch nach Austausch mit Gleichgesinnten trugen maßgeblich dazu bei, dass sich in den 80er Jahren in der ganzen DDR Computerclubs bildeten. Wer selbst kein Gerät besaß, konnte hier die entsprechende Hard- und Software finden und nutzen. Von Rostock bis Suhl schlossen sich Computerbegeisterte zu solchen Interessengemeinschaften zusammen, um zu programmieren, Software zu tauschen und zu spielen. Neben staatlich initiierten Clubs bildeten Computerfans vereinzelt auch ihre eigenen Vereinigungen im privaten Umfeld.
Die Mitte der 80er Jahre einsetzende private Nutzung von Heimcomputern beschäftigte ab 1986 verstärkt auch die Stasi. Die Geheimpolizei wollte wissen, was die jungen Menschen mit ihren Geräten anstellten. Nachdem die zuständige Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz (ZAGG) des MfS bereits Mitte der 80er Jahre mit ihren Untersuchungen begonnen hatte, fasste sie im April 1988 ihre Erkenntnisse in einem zwölfseitigen Dokument zusammen. Die ZAGG war landesweit für die Überwachung der Computerszene verantwortlich und koordinierte das Vorgehen zwischen den MfS-Diensteinheiten.
Im vorliegenden Dokument stellte Wilfried Fetsch, Oberstleutnant bei der ZAGG, fest, dass in der DDR zunehmend Computertechnik aus dem Westen genutzt werde. Besorgt werde diese über entsprechende West-Kontakte. Die Stasi stellte nicht nur großes "Interesse breiter Bevölkerungsschichten an der Technik", sondern auch die "Herausbildung von Interessengemeinschaften oder Computerclubs" fest. Am Ende nennt sie die Schwerpunkte ihrer "vorbeugenden, schadensabwendenden Abwehrarbeit", zu denen u. a. die Überwachung der West-Kontakte vom Computerbesitzerinnen und -besitzern und die Unterbindung des Handels mit verbotener Software zählten. Dazu gehörten etwa Spiele mit "antisozialistischem Charakter", d. h. NS-Bezügen oder kriegsverherrlichenden Darstellungen.
Die ZAGG schickte die Information an alle eingebundenen Diensteinheiten, im vorliegenden Fall an die Hauptabteilung XVIII, die mit der "Sicherung" der Volkswirtschaft betraut war.
- sind 27 Studenten
- sind 20 Lehrer
- tragen 15 den Titel Ingenieur
- besitzen 15 einen akademischen Grad
- sind 5 Programmierer
- sind 2 Operatoren.
[handschriftliche Ergänzung: Summe =/= 1.200 keine Aussage]
[handschriftliche Ergänzung: das sind [unleserlich] 156 [unleserlich] Personen!]
Ebenfalls sind bestimmte Konzentrationspunkte der Besitzer privater Computertechnik zu erkennen.
Ausgehend von der analytischen Vergleichsarbeit in der ZAG
Geheimnisschutz ergibt sich folgende territoriale Verteilung:
- Gesamt: 1.200 [handschriftliche Ergänzung: = stimmt nicht] (Stand März 1938)
- Berlin: 754
die Bezirke
- Dresden: 64
- Halle: 50
- Karl-Marx-Stadt : 46
- Leipzig: 41
- Potsdam: 38
- Rostock: 38
- Erfurt: 35
- Magdeburg: 34
- Frankfurt/Oder: 29
- Cottbus: 25
- Gera: 24 davon die Stadt Jena 10
- Suhl: 19
- Schwerin: 15
- Neubrandenburg: 10
Hauptabteilung XVIII (Volkswirtschaft)
Nach dem Vorbild der "Verwaltung für Wirtschaft" in der sowjetischen Hauptverwaltung für Staatssicherheit erhielt das am 8.2.1950 gebildete MfS eine Einrichtung, die zunächst unter der Bezeichnung Abteilung III bzw. Hauptabteilung III agierte. Vorläufer war die von Mielke geleitete Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft im MdI. Die Kernaufgaben bestanden in der Sabotageabwehr, im Schutz des Volkseigentums und in der Überwachung der Betriebe. Für die SAG Wismut wurde 1951 eine separate Struktureinheit, die Objektverwaltung "W" gegründet.
1955 wurde die systematische Überprüfung von Leitungskadern (später Sicherheitsüberprüfungen), 1957 der Aufbau des Informantennetzes, die Zusammenarbeit mit staatlichen Leitern und Parteisekretären, der Aufbau von Operativgruppen und Objektdienststellen sowie die Gewinnung von IM für Schlüsselpositionen in wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben und Institutionen etabliert. Mit der Auflösung der Abteilung VI erhielt die HA III den Auftrag zur Sicherung volkswirtschaftlicher Maßnahmen auf dem Gebiet der Landesverteidigung.
1964 erfolgte im Zusammenhang mit den Reformen in der DDR-Volkswirtschaft die Umbenennung der HA III in HA XVIII. Die neue Struktur basierte auf dem Produktionsprinzip, das zunächst auf die führenden Wirtschaftszweige Bau und Industrie fokussiert war. Andere Wirtschaftsobjekte wurden nach dem Territorialprinzip von den Kreisdienststellen bearbeitet. Der HA XVIII in der Zentrale entsprachen gemäß dem Linienprinzip auf der Bezirksebene die Abteilungen XVIII der Bezirksverwaltungen. Sicherungsschwerpunkte waren vor allem Außenhandel, Wissenschaft und Technik sowie die Verteidigungsindustrie. Mit der Richtlinie 1/82 wurde der Akzent auf die Gewährleistung der inneren Stabilität verschoben. Strukturelle Auswirkungen hatte insbesondere die Hochtechnologie Mikroelektronik. 1983 wurde die für den Bereich KoKo zuständige AG BKK aus der für den Außenhandel zuständigen Abteilung 7 der HA XVIII herausgelöst.
Zuletzt wies die Organisationsstruktur 6 Arbeitsbereiche und 62 Referate auf. Sie diente vor allem der Aufklärung gegnerischer Geheimdienste ("Arbeit im und nach dem Operationsgebiet"), der inneren Abwehrarbeit in den Betrieben und Institutionen, der Gewährleistung der inneren Stabilität, der Wahrung von Sicherheit, Ordnung und Geheimnisschutz sowie der Unterstützung der Wirtschaft durch "effektivitäts- und leistungsfördernde Maßnahmen". Leiter der HA XVIII waren Knoppe (1950–1953), Hofmann (1953–1957), Weidauer (1957–1963), Mittig (1964–1974) und Kleine (1974–1989). Der hauptamtliche Mitarbeiterbestand stieg 1954–1989 von 93 auf 646, auf der gesamten Linie XVIII waren es zuletzt 1623. 1989 arbeiteten für die Linie XVIII ca. 11.000 IM.
Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz (ZAGG) ging 1968 hervor aus der Arbeitsgruppe Sicherung von Staatsgeheimnissen (AG SVS). Aufgaben: politisch-operative Sicherung ausgewählter Staats- und Dienstgeheimnisse sowie von Geheimnisträgern und Einflussnahme auf Organe und Einrichtungen zur Gewährleistung des Geheim(nis)schutzes; dazu u. a. ständige Überprüfung und Kontrolle der Beachtung der Rechtsvorschriften zum Geheimschutz.
Signatur: BArch, MfS, HA XVIII, Nr. 45818, Bl. 84-95
Die Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz des MfS nahm eine zentrale Rolle bei der Überwachung der Computerszene in der DDR ein. In einer Information von April 1988 informierte sie die anderen Diensteinheiten über ihre "Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Nutzung privater Rechentechnik".
In den 70er und 80er Jahren erlebte die Mikroelektronik einen weltweiten Aufschwung, von dem auch die DDR nicht unberührt blieb. Auf der 6. Tagung des Zentralkomitees der SED im Juni 1977 erklärte die politische Führungsspitze sie zur Schlüsseltechnologie, in die bis 1989 Milliarden flossen. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) besorgte im Westen die nicht einfuhrgestattete Hard- und Software sowie das nötige "Know-how" für die Produktion und Ausbildung von Fachpersonal.
Mit der neuen wirtschaftspolitischen Ausrichtung kamen Mitte der 80er Jahre die ersten Heimcomputer in der DDR auf den Markt. Diese hielten zwar auch Einzug in die Privathaushalte. Im Vergleich zum Westen waren sie in der DDR aber vor allem in Einrichtungen, wie Schulen, Jugendclubs und Volkseigenen Betrieben, zu finden. Die geringen Produktionszahlen und hohen Kaufpreise machten eine flächendeckende private Nutzung unmöglich.
Diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Wunsch nach Austausch mit Gleichgesinnten trugen maßgeblich dazu bei, dass sich in den 80er Jahren in der ganzen DDR Computerclubs bildeten. Wer selbst kein Gerät besaß, konnte hier die entsprechende Hard- und Software finden und nutzen. Von Rostock bis Suhl schlossen sich Computerbegeisterte zu solchen Interessengemeinschaften zusammen, um zu programmieren, Software zu tauschen und zu spielen. Neben staatlich initiierten Clubs bildeten Computerfans vereinzelt auch ihre eigenen Vereinigungen im privaten Umfeld.
Die Mitte der 80er Jahre einsetzende private Nutzung von Heimcomputern beschäftigte ab 1986 verstärkt auch die Stasi. Die Geheimpolizei wollte wissen, was die jungen Menschen mit ihren Geräten anstellten. Nachdem die zuständige Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz (ZAGG) des MfS bereits Mitte der 80er Jahre mit ihren Untersuchungen begonnen hatte, fasste sie im April 1988 ihre Erkenntnisse in einem zwölfseitigen Dokument zusammen. Die ZAGG war landesweit für die Überwachung der Computerszene verantwortlich und koordinierte das Vorgehen zwischen den MfS-Diensteinheiten.
Im vorliegenden Dokument stellte Wilfried Fetsch, Oberstleutnant bei der ZAGG, fest, dass in der DDR zunehmend Computertechnik aus dem Westen genutzt werde. Besorgt werde diese über entsprechende West-Kontakte. Die Stasi stellte nicht nur großes "Interesse breiter Bevölkerungsschichten an der Technik", sondern auch die "Herausbildung von Interessengemeinschaften oder Computerclubs" fest. Am Ende nennt sie die Schwerpunkte ihrer "vorbeugenden, schadensabwendenden Abwehrarbeit", zu denen u. a. die Überwachung der West-Kontakte vom Computerbesitzerinnen und -besitzern und die Unterbindung des Handels mit verbotener Software zählten. Dazu gehörten etwa Spiele mit "antisozialistischem Charakter", d. h. NS-Bezügen oder kriegsverherrlichenden Darstellungen.
Die ZAGG schickte die Information an alle eingebundenen Diensteinheiten, im vorliegenden Fall an die Hauptabteilung XVIII, die mit der "Sicherung" der Volkswirtschaft betraut war.
Von 1.200 Personen:
- sind 727 Personen im Besitz eines eigenen Computers
- haben 140 Personen schriftliche Unterlagen, wie Bauanleitungen, Beschreibungen und Dokumentationen erhalten
- erhielten 10 Personen Disketten auf dem Postweg
- und 5 Personen haben Disketten auf dem Postweg innerhalb der DDR verschickt.
Von diesen 1.200 Personen sind:
- 24 an der Humboldt Universität Berlin
- 21 bei der Deutschen Post
- 14 in der Akademie der Wissenschaften
- 12 im Werk für Fernsehelektronik
— 6 bei der Deutschen Reichsbahn
- 5 im Funkwerk Köpenik
beschäftigt.
Von den insgesamt 1.200 Personen verfügen [unterstrichen: ca. 25% über NSW-Verbindungen.] Wobei es sich in den meisten Fällen um verwandtschaftliche Verhältnisse handelt. Von Interesse sind aber auch die NSW-Verbindungen, wo keinerlei verwandtschaftliche Verhältnisse vorliegen, sondern solche Verbindungen zum Zwecke der Hardware- bzw. der Softwarebeschaffung oder zum Informationsaustausch hergestellt wurden.
Durch die NSW-Verbindungen kann es, bezüglich der empfangenen Hard- und Software, zu Abhängigkeitsverhältnissen der DDR-Bürger kommen, die dann durch den Gegner ausgenutzt werden können, da sie sich in vielen Fällen zu einer gewissen Gegenleistung verpflichtet fühlen.
[handschriftliche Ergänzung: [unleserlich] [Paraphe]]
Bei den 250 Verbindungen in das NSW handelt es sich um:
- 7 Personen mit 2 Verbindungen in das NSW
- 3 Personen mit 3 Verbindungen in das NSW
- 2 Personen mit 5 Verbindungen in das NSW.
Hauptabteilung XVIII (Volkswirtschaft)
Nach dem Vorbild der "Verwaltung für Wirtschaft" in der sowjetischen Hauptverwaltung für Staatssicherheit erhielt das am 8.2.1950 gebildete MfS eine Einrichtung, die zunächst unter der Bezeichnung Abteilung III bzw. Hauptabteilung III agierte. Vorläufer war die von Mielke geleitete Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft im MdI. Die Kernaufgaben bestanden in der Sabotageabwehr, im Schutz des Volkseigentums und in der Überwachung der Betriebe. Für die SAG Wismut wurde 1951 eine separate Struktureinheit, die Objektverwaltung "W" gegründet.
1955 wurde die systematische Überprüfung von Leitungskadern (später Sicherheitsüberprüfungen), 1957 der Aufbau des Informantennetzes, die Zusammenarbeit mit staatlichen Leitern und Parteisekretären, der Aufbau von Operativgruppen und Objektdienststellen sowie die Gewinnung von IM für Schlüsselpositionen in wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben und Institutionen etabliert. Mit der Auflösung der Abteilung VI erhielt die HA III den Auftrag zur Sicherung volkswirtschaftlicher Maßnahmen auf dem Gebiet der Landesverteidigung.
1964 erfolgte im Zusammenhang mit den Reformen in der DDR-Volkswirtschaft die Umbenennung der HA III in HA XVIII. Die neue Struktur basierte auf dem Produktionsprinzip, das zunächst auf die führenden Wirtschaftszweige Bau und Industrie fokussiert war. Andere Wirtschaftsobjekte wurden nach dem Territorialprinzip von den Kreisdienststellen bearbeitet. Der HA XVIII in der Zentrale entsprachen gemäß dem Linienprinzip auf der Bezirksebene die Abteilungen XVIII der Bezirksverwaltungen. Sicherungsschwerpunkte waren vor allem Außenhandel, Wissenschaft und Technik sowie die Verteidigungsindustrie. Mit der Richtlinie 1/82 wurde der Akzent auf die Gewährleistung der inneren Stabilität verschoben. Strukturelle Auswirkungen hatte insbesondere die Hochtechnologie Mikroelektronik. 1983 wurde die für den Bereich KoKo zuständige AG BKK aus der für den Außenhandel zuständigen Abteilung 7 der HA XVIII herausgelöst.
Zuletzt wies die Organisationsstruktur 6 Arbeitsbereiche und 62 Referate auf. Sie diente vor allem der Aufklärung gegnerischer Geheimdienste ("Arbeit im und nach dem Operationsgebiet"), der inneren Abwehrarbeit in den Betrieben und Institutionen, der Gewährleistung der inneren Stabilität, der Wahrung von Sicherheit, Ordnung und Geheimnisschutz sowie der Unterstützung der Wirtschaft durch "effektivitäts- und leistungsfördernde Maßnahmen". Leiter der HA XVIII waren Knoppe (1950–1953), Hofmann (1953–1957), Weidauer (1957–1963), Mittig (1964–1974) und Kleine (1974–1989). Der hauptamtliche Mitarbeiterbestand stieg 1954–1989 von 93 auf 646, auf der gesamten Linie XVIII waren es zuletzt 1623. 1989 arbeiteten für die Linie XVIII ca. 11.000 IM.
Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz (ZAGG) ging 1968 hervor aus der Arbeitsgruppe Sicherung von Staatsgeheimnissen (AG SVS). Aufgaben: politisch-operative Sicherung ausgewählter Staats- und Dienstgeheimnisse sowie von Geheimnisträgern und Einflussnahme auf Organe und Einrichtungen zur Gewährleistung des Geheim(nis)schutzes; dazu u. a. ständige Überprüfung und Kontrolle der Beachtung der Rechtsvorschriften zum Geheimschutz.
Signatur: BArch, MfS, HA XVIII, Nr. 45818, Bl. 84-95
Die Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz des MfS nahm eine zentrale Rolle bei der Überwachung der Computerszene in der DDR ein. In einer Information von April 1988 informierte sie die anderen Diensteinheiten über ihre "Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Nutzung privater Rechentechnik".
In den 70er und 80er Jahren erlebte die Mikroelektronik einen weltweiten Aufschwung, von dem auch die DDR nicht unberührt blieb. Auf der 6. Tagung des Zentralkomitees der SED im Juni 1977 erklärte die politische Führungsspitze sie zur Schlüsseltechnologie, in die bis 1989 Milliarden flossen. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) besorgte im Westen die nicht einfuhrgestattete Hard- und Software sowie das nötige "Know-how" für die Produktion und Ausbildung von Fachpersonal.
Mit der neuen wirtschaftspolitischen Ausrichtung kamen Mitte der 80er Jahre die ersten Heimcomputer in der DDR auf den Markt. Diese hielten zwar auch Einzug in die Privathaushalte. Im Vergleich zum Westen waren sie in der DDR aber vor allem in Einrichtungen, wie Schulen, Jugendclubs und Volkseigenen Betrieben, zu finden. Die geringen Produktionszahlen und hohen Kaufpreise machten eine flächendeckende private Nutzung unmöglich.
Diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Wunsch nach Austausch mit Gleichgesinnten trugen maßgeblich dazu bei, dass sich in den 80er Jahren in der ganzen DDR Computerclubs bildeten. Wer selbst kein Gerät besaß, konnte hier die entsprechende Hard- und Software finden und nutzen. Von Rostock bis Suhl schlossen sich Computerbegeisterte zu solchen Interessengemeinschaften zusammen, um zu programmieren, Software zu tauschen und zu spielen. Neben staatlich initiierten Clubs bildeten Computerfans vereinzelt auch ihre eigenen Vereinigungen im privaten Umfeld.
Die Mitte der 80er Jahre einsetzende private Nutzung von Heimcomputern beschäftigte ab 1986 verstärkt auch die Stasi. Die Geheimpolizei wollte wissen, was die jungen Menschen mit ihren Geräten anstellten. Nachdem die zuständige Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz (ZAGG) des MfS bereits Mitte der 80er Jahre mit ihren Untersuchungen begonnen hatte, fasste sie im April 1988 ihre Erkenntnisse in einem zwölfseitigen Dokument zusammen. Die ZAGG war landesweit für die Überwachung der Computerszene verantwortlich und koordinierte das Vorgehen zwischen den MfS-Diensteinheiten.
Im vorliegenden Dokument stellte Wilfried Fetsch, Oberstleutnant bei der ZAGG, fest, dass in der DDR zunehmend Computertechnik aus dem Westen genutzt werde. Besorgt werde diese über entsprechende West-Kontakte. Die Stasi stellte nicht nur großes "Interesse breiter Bevölkerungsschichten an der Technik", sondern auch die "Herausbildung von Interessengemeinschaften oder Computerclubs" fest. Am Ende nennt sie die Schwerpunkte ihrer "vorbeugenden, schadensabwendenden Abwehrarbeit", zu denen u. a. die Überwachung der West-Kontakte vom Computerbesitzerinnen und -besitzern und die Unterbindung des Handels mit verbotener Software zählten. Dazu gehörten etwa Spiele mit "antisozialistischem Charakter", d. h. NS-Bezügen oder kriegsverherrlichenden Darstellungen.
Die ZAGG schickte die Information an alle eingebundenen Diensteinheiten, im vorliegenden Fall an die Hauptabteilung XVIII, die mit der "Sicherung" der Volkswirtschaft betraut war.
Von Interesse sind aber auch die Verbindungen und Kontakte von Personen innerhalb der DDR, wenn sie operativ bedeutsame Anhaltspunkte, die im weiteren genannt werden, aufweisen.
Bei den 950 Inlandverbindungen handelt es sich um:
— 741 Personen mit 1 Verbindung
- 119 Personen mit 2 Verbindungen
- 61 Personen mit 3-5 Verbindungen
- 14 Personen mit 6-10 Verbindungen
- 5 Personen mit 11-15 Verbindungen
- 4 Personen mit 16-20 Verbindungen
- 5 Personen mit mehr als 20 Verbindungen.
Durch den immer stärkeren Einsatz der Computertechnik in allen Bereichen der Gesellschaft wurde folgerichtig das Interesse breiter Bevölkerungsschichten an der Technik geweckt. Das führte nicht nur zum Einsatz der Computertechnik im privaten Sektor, sondern auch zur Herausbildung von Interessengemeinschaften oder Computerclubs.
Diese Interessengemeinschaften oder Computerclubs bildeten sich in der Regel auf der Basis der verschiedenen Gerätetypen oder Programmiersprachen heraus und werden durch gesellschaftliche Organisationen (FDJ, KdT, URANIA, [handschriftliche Ergänzung: auch [unleserlich]] u.a.) gestützt.
In einzelnen Fällen entstanden sie durch Privatinitiative.
So sind von 1.200 analysierten Personen derzeit
- 107 Personen
Mitglied in einer Interessengemeinschaft oder in einem Computerclub.
Unter anderem sind folgende Interessengemeinschaften oder Computerclubs bekannt:
- C - 16 - Club Dresden
- Commodore Club Jena
- DDR Commodore Club
- Schneider Computerclub Berlin
- Arbeitsgemeinschaft Mikrorechentechnik Berlin
Hauptabteilung XVIII (Volkswirtschaft)
Nach dem Vorbild der "Verwaltung für Wirtschaft" in der sowjetischen Hauptverwaltung für Staatssicherheit erhielt das am 8.2.1950 gebildete MfS eine Einrichtung, die zunächst unter der Bezeichnung Abteilung III bzw. Hauptabteilung III agierte. Vorläufer war die von Mielke geleitete Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft im MdI. Die Kernaufgaben bestanden in der Sabotageabwehr, im Schutz des Volkseigentums und in der Überwachung der Betriebe. Für die SAG Wismut wurde 1951 eine separate Struktureinheit, die Objektverwaltung "W" gegründet.
1955 wurde die systematische Überprüfung von Leitungskadern (später Sicherheitsüberprüfungen), 1957 der Aufbau des Informantennetzes, die Zusammenarbeit mit staatlichen Leitern und Parteisekretären, der Aufbau von Operativgruppen und Objektdienststellen sowie die Gewinnung von IM für Schlüsselpositionen in wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben und Institutionen etabliert. Mit der Auflösung der Abteilung VI erhielt die HA III den Auftrag zur Sicherung volkswirtschaftlicher Maßnahmen auf dem Gebiet der Landesverteidigung.
1964 erfolgte im Zusammenhang mit den Reformen in der DDR-Volkswirtschaft die Umbenennung der HA III in HA XVIII. Die neue Struktur basierte auf dem Produktionsprinzip, das zunächst auf die führenden Wirtschaftszweige Bau und Industrie fokussiert war. Andere Wirtschaftsobjekte wurden nach dem Territorialprinzip von den Kreisdienststellen bearbeitet. Der HA XVIII in der Zentrale entsprachen gemäß dem Linienprinzip auf der Bezirksebene die Abteilungen XVIII der Bezirksverwaltungen. Sicherungsschwerpunkte waren vor allem Außenhandel, Wissenschaft und Technik sowie die Verteidigungsindustrie. Mit der Richtlinie 1/82 wurde der Akzent auf die Gewährleistung der inneren Stabilität verschoben. Strukturelle Auswirkungen hatte insbesondere die Hochtechnologie Mikroelektronik. 1983 wurde die für den Bereich KoKo zuständige AG BKK aus der für den Außenhandel zuständigen Abteilung 7 der HA XVIII herausgelöst.
Zuletzt wies die Organisationsstruktur 6 Arbeitsbereiche und 62 Referate auf. Sie diente vor allem der Aufklärung gegnerischer Geheimdienste ("Arbeit im und nach dem Operationsgebiet"), der inneren Abwehrarbeit in den Betrieben und Institutionen, der Gewährleistung der inneren Stabilität, der Wahrung von Sicherheit, Ordnung und Geheimnisschutz sowie der Unterstützung der Wirtschaft durch "effektivitäts- und leistungsfördernde Maßnahmen". Leiter der HA XVIII waren Knoppe (1950–1953), Hofmann (1953–1957), Weidauer (1957–1963), Mittig (1964–1974) und Kleine (1974–1989). Der hauptamtliche Mitarbeiterbestand stieg 1954–1989 von 93 auf 646, auf der gesamten Linie XVIII waren es zuletzt 1623. 1989 arbeiteten für die Linie XVIII ca. 11.000 IM.
Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz (ZAGG) ging 1968 hervor aus der Arbeitsgruppe Sicherung von Staatsgeheimnissen (AG SVS). Aufgaben: politisch-operative Sicherung ausgewählter Staats- und Dienstgeheimnisse sowie von Geheimnisträgern und Einflussnahme auf Organe und Einrichtungen zur Gewährleistung des Geheim(nis)schutzes; dazu u. a. ständige Überprüfung und Kontrolle der Beachtung der Rechtsvorschriften zum Geheimschutz.
Information der Arbeitsgruppe Geheimnisschutz zur Bildung von Computerclubs in der DDR Dokument, 3 Seiten
Information über die Nutzung von Computertechnik durch oppositionelle Gruppen Dokument, 2 Seiten
IM-Bericht über den Ost-Berliner Computerclub im Haus der jungen Talente Dokument, 2 Seiten
Mitgliedskarte aus dem Computerclub "Chaotic Crew" in Karl-Marx-Stadt Dokument, 1 Seite