Signatur: BArch, MfS, HA IX, Nr. 18561, Bl. 50-62
Eine "Information" von Stasi-Minister Erich Mielke fasst die Ereignisse rund um die Besetzung der Iranischen Botschaft in Ost-Berlin 1978 zusammen. Aus dem Dokument geht außerdem hervor, wie das DDR-Außenministerium in Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit auf die Vorwürfe des iranischen Botschafters reagierte.
Die DDR und der Iran unter Schah Mohammad Reza Pahlavi nahmen im Dezember 1972 diplomatische Beziehungen auf. Die Iranische Botschaft bezog daraufhin ihren Dienstsitz in der Hermann-Duncker-Straße 26 (heute Treskowallee) in Berlin-Karlshorst. In den folgenden fünf Jahren pflegten die beiden Staaten gute Beziehungen.
Am 27. Februar 1978 besetzten zwölf Mitglieder der linken Oppositionsgruppe "Confederation of Iranian Students, National Union" (CISNU) aus West-Berlin die Iranische Botschaft. In einer Presseerklärung nannten sie als Grund für ihre Protestaktion ein Massaker durch Truppen des Schah-Regimes in Tabriz, Verhaftungen und Folterungen durch den iranischen Geheimdienst SAVAK. Die Besetzer drangen in die Büroräume ein, verwüsteten das Inventar und hinterließen politische Parolen an Wänden und Einrichtung.
Nach der Festnahme der Protestierenden durch die Deutsche Volkspolizei übernahm die Hauptabteilung IX des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) die Untersuchung des "Tatorts" und die weitere Aufklärung des Falls. Auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse bemühte sich das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten (MfAA), eine Belastung der DDR-Iran-Beziehungen zu verhindern und Vorwürfe des iranischen Botschafters aus dem Weg zu räumen. Dieser hatte die mangelnden Sicherheitsvorkehrungen durch die DDR-Organe kritisiert.
Auf die ersten Untersuchungsberichte der HA IX Ende Februar 1978 folgte im März eine "Information" von Stasi-Minister Erich Mielke zu dem Vorfall in der Iranischen Botschaft. Sie enthält eine Zusammenfassung der Ereignisse, inklusive der bereits am Tag darauf verhängten Strafen, sowie eine Aufzählung der "Täter".
Neben einer Schilderung des Ablaufs der Protestaktion liegt dem zwölfseitigen Dokument eine Erklärung des MfAA für den iranischen Botschafter bei. Darin werden die bis dato vorliegenden Untersuchungsergebnisse des MfS vorgestellt und das Nichteingreifen der DDR-Sicherheitsorgane gerechtfertigt: Diesen seien aufgrund völkerrechtlicher Bestimmungen und ausgebliebener Verdachtsmomente die Hände gebunden gewesen. Die Erklärung wurde dem iranischen Botschafter im Rahmen einer Reihe von Gesprächen übergeben. Die handschriftlichen Markierungen im Dokument weisen darauf hin, dass es sich nicht um den finalen Entwurf handelte.
Trotz der Bemühungen des MfAA ließ sich die politische Krise nicht mehr abwenden. Am 2. März 1978 zog der Iran seine Diplomaten aus der DDR ab. Sogar ein Abbruch der Handelsbeziehungen stand im Raum, wozu es letztlich aber nicht kam. Ein Jahr später erfasste die Islamische Revolution das Land. Deren Sieg und die Absetzung des Schahs Anfang 1979 markierten das Ende der iranischen Monarchie und den Beginn einer islamistischen Diktatur.
Durch das MfAA der DDR wurde im Zusammenwirken mit dem MfS gegenüber dem Kaiserreich Iran in Auswertung des Vorkommnisses wie folgt offensiv reagiert:
1. Am 28.02.1978 wurde ein vom Botschafter des Kaiserreiches Iran vorgetragener unbegründeter Protest wegen angeblicher mangelnder Sicherheit für die Botschaft zurückgewiesen und deshalb auch vom Botschafter unverzüglich zurückgezogen. Im Zusammenhang damit wurde nachdrücklich bekundet, daß die DDR sich strikt an die "Wiener Konvention über diplomatische Beziehungen" vom 18.04.1961 (WDK) hält und alles getan habe und auch zukünftig tun werde, was zum Schutz der Botschaft notwendig ist.
Dem Botschafter wurde - in Übereinstimmung mit den von ihm ausgedrückten Erwartungen - erklärt, daß die Täter vor Gericht gestellt und nach den Gesetzen der DDR zur Verantwortung gezogen werden. Damit wurde auch die Erwartung erfüllt, die vom amtierenden Außenminister des Kaiserreiches Iran gegenüber dem Botschafter der DDR am gleichen Tage in Teheran ausgesprochen worden war.
2. Am 01.03.1978 wurde auf Initiative des Stellvertreters des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten, Gen. Moldt, mit dem Botschafter des Kaiserreiches Iran in der DDR ein erneutes Gespräch geführt.
In diesem Gespräch wurde über die Ergebnisse der Untersuchung der Vorkommnisse ausführlich informiert und zur Ausschaltung möglicher Mißverständnisse und Übermittlungsfehler der Text der vorgetragenen Untersuchungsergebnisse (Anlage 1) übergeben.
Die Übergabe der Dokumente ist ein außerordentliches Entgegenkommen der DDR und als Ausdruck dafür zu werten, daß die DDR alles unternimmt, um keinen Anlaß für die Belastungen der Beziehungen zum Kaiserreich Iran zu geben.
Hauptabteilung IX (Untersuchungsorgan)
Die Hauptabteilung IX war die für strafrechtliche Ermittlungen und Strafverfolgung zuständige Diensteinheit. Sie hatte wie die nachgeordneten Abteilung IX in den Bezirksverwaltung (BV) (Linie IX) die Befugnisse eines Untersuchungsorgans, d. h. einer kriminalpolizeilichen Ermittlungsbehörde. Ursprünglich vor allem für die sog. Staatsverbrechen zuständig, befasste sie sich in der Honecker-Ära überwiegend mit Straftaten gegen die staatliche Ordnung, vor allem mit Fällen "ungesetzlichen Grenzübertritts" und Delikten, die mit Ausreisebegehren zu tun hatten. Nach StPO der DDR standen auch die Ermittlungsverfahren der Linie IX unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft, in der Praxis arbeitete das MfS hier jedoch weitgehend eigenständig.
Die Hauptabteilung IX und die Abteilungen IX der BV waren berechtigt, Ermittlungsverfahren einzuleiten sowie Festnahmen, Vernehmungen, Durchsuchungen, Beschlagnahmen und andere strafprozessuale Handlungen vorzunehmen sowie verpflichtet, diese Verfahren nach einer bestimmten Frist - meist durch die Übergabe an die Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung - zum Abschluss zu bringen (Untersuchungsvorgang). Daneben führte sie Vorermittlungen zur Feststellung von Ursachen und Verantwortlichen bei Großhavarien (industriellen Störfällen), Flugblättern widerständigen Inhalts, öffentlichen Protesten u. ä. (Vorkommnisuntersuchung, Sachverhaltsprüfung).
Die Hauptabteilung IX gehörte zeit ihres Bestehens zum Anleitungsbereich Mielkes, in den ersten Jahren in seiner Funktion als Staatssekretär und 1. stellv. Minister, ab 1957 als Minister. Ihre Leiter waren Alfred Karl Scholz (1950-1956), Kurt Richter (1956-1964), Walter Heinitz (1964-1973) und Rolf Fister (1973-1989).
1953 bestand die Hauptabteilung IX aus drei Abteilungen, die für Spionagefälle, Fälle politischer "Untergrundtätigkeit" und die Anleitung der Abt. IX der BV zuständig waren. Durch Ausgliederungen entstanden weitere Abteilungen, so u. a. für Wirtschaftsdelikte, Militärstraftaten, Delikte von MfS-Angehörigen und Fluchtfälle. Ende 1988 bestand die Hauptabteilung IX aus zehn Untersuchungsabteilungen sowie der Auswertungs- und Kontrollgruppe (AKG) und der AGL (Arbeitsgruppe des Ministers (AGM)) mit insgesamt 489 Mitarbeitern. Auf der Linie IX arbeiteten 1.225 hauptamtliche Mitarbeiter.
Die Linie IX wirkte eng mit den Abteilung XIV (Haft) und der Linie VIII (Beobachtung, Ermittlung), die für die Durchführung der Festnahmen zuständig waren, zusammen. Bei der juristischen Beurteilung von Operativen Vorgängen (OV) wurde die Hauptabteilung IX von den geheimdienstlich arbeitenden Diensteinheiten häufig einbezogen.
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
Signatur: BArch, MfS, HA IX, Nr. 18561, Bl. 50-62
Eine "Information" von Stasi-Minister Erich Mielke fasst die Ereignisse rund um die Besetzung der Iranischen Botschaft in Ost-Berlin 1978 zusammen. Aus dem Dokument geht außerdem hervor, wie das DDR-Außenministerium in Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit auf die Vorwürfe des iranischen Botschafters reagierte.
Die DDR und der Iran unter Schah Mohammad Reza Pahlavi nahmen im Dezember 1972 diplomatische Beziehungen auf. Die Iranische Botschaft bezog daraufhin ihren Dienstsitz in der Hermann-Duncker-Straße 26 (heute Treskowallee) in Berlin-Karlshorst. In den folgenden fünf Jahren pflegten die beiden Staaten gute Beziehungen.
Am 27. Februar 1978 besetzten zwölf Mitglieder der linken Oppositionsgruppe "Confederation of Iranian Students, National Union" (CISNU) aus West-Berlin die Iranische Botschaft. In einer Presseerklärung nannten sie als Grund für ihre Protestaktion ein Massaker durch Truppen des Schah-Regimes in Tabriz, Verhaftungen und Folterungen durch den iranischen Geheimdienst SAVAK. Die Besetzer drangen in die Büroräume ein, verwüsteten das Inventar und hinterließen politische Parolen an Wänden und Einrichtung.
Nach der Festnahme der Protestierenden durch die Deutsche Volkspolizei übernahm die Hauptabteilung IX des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) die Untersuchung des "Tatorts" und die weitere Aufklärung des Falls. Auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse bemühte sich das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten (MfAA), eine Belastung der DDR-Iran-Beziehungen zu verhindern und Vorwürfe des iranischen Botschafters aus dem Weg zu räumen. Dieser hatte die mangelnden Sicherheitsvorkehrungen durch die DDR-Organe kritisiert.
Auf die ersten Untersuchungsberichte der HA IX Ende Februar 1978 folgte im März eine "Information" von Stasi-Minister Erich Mielke zu dem Vorfall in der Iranischen Botschaft. Sie enthält eine Zusammenfassung der Ereignisse, inklusive der bereits am Tag darauf verhängten Strafen, sowie eine Aufzählung der "Täter".
Neben einer Schilderung des Ablaufs der Protestaktion liegt dem zwölfseitigen Dokument eine Erklärung des MfAA für den iranischen Botschafter bei. Darin werden die bis dato vorliegenden Untersuchungsergebnisse des MfS vorgestellt und das Nichteingreifen der DDR-Sicherheitsorgane gerechtfertigt: Diesen seien aufgrund völkerrechtlicher Bestimmungen und ausgebliebener Verdachtsmomente die Hände gebunden gewesen. Die Erklärung wurde dem iranischen Botschafter im Rahmen einer Reihe von Gesprächen übergeben. Die handschriftlichen Markierungen im Dokument weisen darauf hin, dass es sich nicht um den finalen Entwurf handelte.
Trotz der Bemühungen des MfAA ließ sich die politische Krise nicht mehr abwenden. Am 2. März 1978 zog der Iran seine Diplomaten aus der DDR ab. Sogar ein Abbruch der Handelsbeziehungen stand im Raum, wozu es letztlich aber nicht kam. Ein Jahr später erfasste die Islamische Revolution das Land. Deren Sieg und die Absetzung des Schahs Anfang 1979 markierten das Ende der iranischen Monarchie und den Beginn einer islamistischen Diktatur.
Ein erneut vorgetragener Protest des Botschafters wurde als unbegründet in außerordentlich sachlicher Form zurückgewiesen.
Dem Botschafter wurde nachdrücklich erklärt und auf der Grundlage der vorliegenden Untersuchungsergebnisse bewiesen:
- Die DDR erfüllt die sich aus der Wiener Konvention über diplomatische Beziehungen ergebenden Verpflichtungen zum Schutz der Botschaft des Kaiserreiches Iran in der DDR konsequent und ihre Sicherheitskräfte haben aufgrund dessen und in Übereinstimmung mit dem zweiseitigen Abkommen ihre Pflicht erfüllt. Diese Feststellung beruht auf Artikel 22 dieser Konvention, wonach die Räumlichkeiten der Botschaft unverletzlich sind und durch DDR-Vertreter nur mit Zustimmung des Missionschefs betreten werden dürfen. Außerdem gewährleistet die DDR gemäß Artikel 27 der genannten Konvention den freien Verkehr der Mission für alle amtlichen Zwecke.
- Daraus ergibt sich, daß die eingesetzten Sicherungskräfte
nicht das Recht haben, Besucher bei Betreten der Botschaft zu kontrollieren oder davon abzuhalten, zumal sich aus der Tatsache, daß die Täter einzeln das Gebäude betraten, keinerlei Veranlassung für eine erhöhte Aufmerksamkeit ergab und
nur in solchen Fällen einschreiten können, wenn ein ausdrückliches Ersuchen vorliegt, was erst 14.20 Uhr - also fast 1 1/2 Stunden nach dem Vorkommnis - eintraf.
- Die Sicherheitsorgane hatten auch keine Veranlassung, gegen nicht auffällige Personen in der Umgebung der Botschaft einzuschreiten.
Hauptabteilung IX (Untersuchungsorgan)
Die Hauptabteilung IX war die für strafrechtliche Ermittlungen und Strafverfolgung zuständige Diensteinheit. Sie hatte wie die nachgeordneten Abteilung IX in den Bezirksverwaltung (BV) (Linie IX) die Befugnisse eines Untersuchungsorgans, d. h. einer kriminalpolizeilichen Ermittlungsbehörde. Ursprünglich vor allem für die sog. Staatsverbrechen zuständig, befasste sie sich in der Honecker-Ära überwiegend mit Straftaten gegen die staatliche Ordnung, vor allem mit Fällen "ungesetzlichen Grenzübertritts" und Delikten, die mit Ausreisebegehren zu tun hatten. Nach StPO der DDR standen auch die Ermittlungsverfahren der Linie IX unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft, in der Praxis arbeitete das MfS hier jedoch weitgehend eigenständig.
Die Hauptabteilung IX und die Abteilungen IX der BV waren berechtigt, Ermittlungsverfahren einzuleiten sowie Festnahmen, Vernehmungen, Durchsuchungen, Beschlagnahmen und andere strafprozessuale Handlungen vorzunehmen sowie verpflichtet, diese Verfahren nach einer bestimmten Frist - meist durch die Übergabe an die Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung - zum Abschluss zu bringen (Untersuchungsvorgang). Daneben führte sie Vorermittlungen zur Feststellung von Ursachen und Verantwortlichen bei Großhavarien (industriellen Störfällen), Flugblättern widerständigen Inhalts, öffentlichen Protesten u. ä. (Vorkommnisuntersuchung, Sachverhaltsprüfung).
Die Hauptabteilung IX gehörte zeit ihres Bestehens zum Anleitungsbereich Mielkes, in den ersten Jahren in seiner Funktion als Staatssekretär und 1. stellv. Minister, ab 1957 als Minister. Ihre Leiter waren Alfred Karl Scholz (1950-1956), Kurt Richter (1956-1964), Walter Heinitz (1964-1973) und Rolf Fister (1973-1989).
1953 bestand die Hauptabteilung IX aus drei Abteilungen, die für Spionagefälle, Fälle politischer "Untergrundtätigkeit" und die Anleitung der Abt. IX der BV zuständig waren. Durch Ausgliederungen entstanden weitere Abteilungen, so u. a. für Wirtschaftsdelikte, Militärstraftaten, Delikte von MfS-Angehörigen und Fluchtfälle. Ende 1988 bestand die Hauptabteilung IX aus zehn Untersuchungsabteilungen sowie der Auswertungs- und Kontrollgruppe (AKG) und der AGL (Arbeitsgruppe des Ministers (AGM)) mit insgesamt 489 Mitarbeitern. Auf der Linie IX arbeiteten 1.225 hauptamtliche Mitarbeiter.
Die Linie IX wirkte eng mit den Abteilung XIV (Haft) und der Linie VIII (Beobachtung, Ermittlung), die für die Durchführung der Festnahmen zuständig waren, zusammen. Bei der juristischen Beurteilung von Operativen Vorgängen (OV) wurde die Hauptabteilung IX von den geheimdienstlich arbeitenden Diensteinheiten häufig einbezogen.
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
Signatur: BArch, MfS, HA IX, Nr. 18561, Bl. 50-62
Eine "Information" von Stasi-Minister Erich Mielke fasst die Ereignisse rund um die Besetzung der Iranischen Botschaft in Ost-Berlin 1978 zusammen. Aus dem Dokument geht außerdem hervor, wie das DDR-Außenministerium in Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit auf die Vorwürfe des iranischen Botschafters reagierte.
Die DDR und der Iran unter Schah Mohammad Reza Pahlavi nahmen im Dezember 1972 diplomatische Beziehungen auf. Die Iranische Botschaft bezog daraufhin ihren Dienstsitz in der Hermann-Duncker-Straße 26 (heute Treskowallee) in Berlin-Karlshorst. In den folgenden fünf Jahren pflegten die beiden Staaten gute Beziehungen.
Am 27. Februar 1978 besetzten zwölf Mitglieder der linken Oppositionsgruppe "Confederation of Iranian Students, National Union" (CISNU) aus West-Berlin die Iranische Botschaft. In einer Presseerklärung nannten sie als Grund für ihre Protestaktion ein Massaker durch Truppen des Schah-Regimes in Tabriz, Verhaftungen und Folterungen durch den iranischen Geheimdienst SAVAK. Die Besetzer drangen in die Büroräume ein, verwüsteten das Inventar und hinterließen politische Parolen an Wänden und Einrichtung.
Nach der Festnahme der Protestierenden durch die Deutsche Volkspolizei übernahm die Hauptabteilung IX des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) die Untersuchung des "Tatorts" und die weitere Aufklärung des Falls. Auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse bemühte sich das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten (MfAA), eine Belastung der DDR-Iran-Beziehungen zu verhindern und Vorwürfe des iranischen Botschafters aus dem Weg zu räumen. Dieser hatte die mangelnden Sicherheitsvorkehrungen durch die DDR-Organe kritisiert.
Auf die ersten Untersuchungsberichte der HA IX Ende Februar 1978 folgte im März eine "Information" von Stasi-Minister Erich Mielke zu dem Vorfall in der Iranischen Botschaft. Sie enthält eine Zusammenfassung der Ereignisse, inklusive der bereits am Tag darauf verhängten Strafen, sowie eine Aufzählung der "Täter".
Neben einer Schilderung des Ablaufs der Protestaktion liegt dem zwölfseitigen Dokument eine Erklärung des MfAA für den iranischen Botschafter bei. Darin werden die bis dato vorliegenden Untersuchungsergebnisse des MfS vorgestellt und das Nichteingreifen der DDR-Sicherheitsorgane gerechtfertigt: Diesen seien aufgrund völkerrechtlicher Bestimmungen und ausgebliebener Verdachtsmomente die Hände gebunden gewesen. Die Erklärung wurde dem iranischen Botschafter im Rahmen einer Reihe von Gesprächen übergeben. Die handschriftlichen Markierungen im Dokument weisen darauf hin, dass es sich nicht um den finalen Entwurf handelte.
Trotz der Bemühungen des MfAA ließ sich die politische Krise nicht mehr abwenden. Am 2. März 1978 zog der Iran seine Diplomaten aus der DDR ab. Sogar ein Abbruch der Handelsbeziehungen stand im Raum, wozu es letztlich aber nicht kam. Ein Jahr später erfasste die Islamische Revolution das Land. Deren Sieg und die Absetzung des Schahs Anfang 1979 markierten das Ende der iranischen Monarchie und den Beginn einer islamistischen Diktatur.
Es ist im Gegenteil zu erwarten, daß mögliche verdachtserregende Feststellungen von Botschaftsangehörigen den zuständigen DDR-Organen übermittelt werden.
- Aus der Tatsache der Einreise der 12 Täter in die Hauptstadt der DDR mit Visum zum Tagesaufenthalt sind für die Grenzsicherungsorgane der DDR keine Auffälligkeiten abzuleiten, da eine solche geringe Anzahl von Einreisenden angesichts der auch der internationalen Öffentlichkeit bekannten Zahlen über den Besucherverkehr in der DDR keinerlei Verdacht erregt.
- Die Behandlung der Täter durch die zuständigen Organe der DDR erfolgte in Übereinstimmung mit den entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen auf der Grundlage der innerstaatlichen Rechtsvorschriften der DDR.
Sie wurden nach der zügig geführten allseitigen Untersuchung dem zuständigen Gericht übergeben und in Übereinstimmung mit den Erwartungen, sie "entsprechend den Landesgesetzen" abzuurteilen, bestraft. Die erfolgte Ausweisung aus der DDR hat für sie künftig eine Einreise- und Transitsperre zur Folge.
- Es wurde ausdrücklich betont, die DDR sei bereit, alles zu tun, was der Botschafter des Kaiserreiches Iran in der DDR an zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen gegenüber der Botschaft wünsche.
Ungeachtet dieses völkerrechtsgemäßen und entgegenkommenden Verhaltens seitens der DDR, das darauf gerichtet war, eine Beeinträchtigung der Beziehungen zwischen der DDR und dem Kaiserreich Iran zu verhindern, hat die iranische Regierung am 02.03.1978 beschlossen, ihren Botschafter und Mitarbeiter der Botschaft aus der DDR abzuberufen und die Botschaft auf der Ebene eines charge des affaires zu belassen.
Hauptabteilung IX (Untersuchungsorgan)
Die Hauptabteilung IX war die für strafrechtliche Ermittlungen und Strafverfolgung zuständige Diensteinheit. Sie hatte wie die nachgeordneten Abteilung IX in den Bezirksverwaltung (BV) (Linie IX) die Befugnisse eines Untersuchungsorgans, d. h. einer kriminalpolizeilichen Ermittlungsbehörde. Ursprünglich vor allem für die sog. Staatsverbrechen zuständig, befasste sie sich in der Honecker-Ära überwiegend mit Straftaten gegen die staatliche Ordnung, vor allem mit Fällen "ungesetzlichen Grenzübertritts" und Delikten, die mit Ausreisebegehren zu tun hatten. Nach StPO der DDR standen auch die Ermittlungsverfahren der Linie IX unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft, in der Praxis arbeitete das MfS hier jedoch weitgehend eigenständig.
Die Hauptabteilung IX und die Abteilungen IX der BV waren berechtigt, Ermittlungsverfahren einzuleiten sowie Festnahmen, Vernehmungen, Durchsuchungen, Beschlagnahmen und andere strafprozessuale Handlungen vorzunehmen sowie verpflichtet, diese Verfahren nach einer bestimmten Frist - meist durch die Übergabe an die Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung - zum Abschluss zu bringen (Untersuchungsvorgang). Daneben führte sie Vorermittlungen zur Feststellung von Ursachen und Verantwortlichen bei Großhavarien (industriellen Störfällen), Flugblättern widerständigen Inhalts, öffentlichen Protesten u. ä. (Vorkommnisuntersuchung, Sachverhaltsprüfung).
Die Hauptabteilung IX gehörte zeit ihres Bestehens zum Anleitungsbereich Mielkes, in den ersten Jahren in seiner Funktion als Staatssekretär und 1. stellv. Minister, ab 1957 als Minister. Ihre Leiter waren Alfred Karl Scholz (1950-1956), Kurt Richter (1956-1964), Walter Heinitz (1964-1973) und Rolf Fister (1973-1989).
1953 bestand die Hauptabteilung IX aus drei Abteilungen, die für Spionagefälle, Fälle politischer "Untergrundtätigkeit" und die Anleitung der Abt. IX der BV zuständig waren. Durch Ausgliederungen entstanden weitere Abteilungen, so u. a. für Wirtschaftsdelikte, Militärstraftaten, Delikte von MfS-Angehörigen und Fluchtfälle. Ende 1988 bestand die Hauptabteilung IX aus zehn Untersuchungsabteilungen sowie der Auswertungs- und Kontrollgruppe (AKG) und der AGL (Arbeitsgruppe des Ministers (AGM)) mit insgesamt 489 Mitarbeitern. Auf der Linie IX arbeiteten 1.225 hauptamtliche Mitarbeiter.
Die Linie IX wirkte eng mit den Abteilung XIV (Haft) und der Linie VIII (Beobachtung, Ermittlung), die für die Durchführung der Festnahmen zuständig waren, zusammen. Bei der juristischen Beurteilung von Operativen Vorgängen (OV) wurde die Hauptabteilung IX von den geheimdienstlich arbeitenden Diensteinheiten häufig einbezogen.
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
Fotodokumentation der verwüsteten Büroräume in der Iranischen Botschaft in Ost-Berlin 1978 Dokument, 11 Seiten
Personenfestellungen im Bereich der Botschaft der VR China Dokument, 3 Seiten
Bericht über Verbindungen der PLO zu Terroristen bei der Vorbereitung von Gewaltakten Dokument, 16 Seiten
Thesenzuarbeit für Erich Mielke in Vorbereitung der Antiterrorismuskonsultationen der DDR mit den USA Dokument, 14 Seiten