Information über den Ablauf der X. Weltfestspiele in Ost-Berlin
Signatur: BArch, MfS, AG XVII, Nr. 3590, Bl. 46-47
Bei den X. Weltfestspielen 1973 in Ost-Berlin sollte die Staatssicherheit für Sicherheit und Ruhe während des Festivals sorgen. Darüber hinaus überwachte die Geheimpolizei auch die Kontakte zwischen den DDR-Jugendlichen und den ausländischen Gästen.
Die Spiele fanden vom 28. Juli bis zum 5. August 1973 in Ost-Berlin statt. Unter dem Motto "Für antiimperialistische Solidarität, Frieden und Freundschaft" kamen mehr als 25.000 Festival-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer aus 140 Ländern in die Hauptstadt der DDR, darunter auch Delegationen aus der Bundesrepublik.
Für die SED-Führung waren die Weltfestspiele Chance und Herausforderung zugleich. Sie konnte die DDR einerseits der Welt als ein offenes und selbstbewusstes Land präsentieren, fürchtete aber den westlichen Einfluss auf die eigene Jugend.
Die Planung der Weltfestspiele lag in der Verantwortung des "nationalen Vorbereitungskomitees". Es wurde 1972 unter der Leitung des Ersten Sekretärs des Zentralkomitees der SED Erich Honecker gegründet. Die Staatssicherheit war an der Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung beteiligt. Die generalstabsmäßig geplante Kontrolle der Spiele lief bei der Stasi unter dem Namen Aktion "Banner".
Anweisungen ergingen an alle Diensteinheiten. So sollten zum Beispiel Mitarbeiter der Arbeitsgruppe XVII (Besucherbüro West-Berlin) Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Festivals belauschen. Das vorliegende Dokument zeigt einen Bericht von vier Mitarbeitern der AG XVII, die ihre Beobachtungen auf dem Ost-Berliner Alexanderplatz notierten.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Arbeitsgruppe XVII, Abteilung 4
- Datum:
- 29.7.1973
- Rechte:
- BArch
Meinung aufgezwungen wird und sie nicht frei denken dürfen. Bei ihnen (BRD) könnte jeder Jugendliche machen was er wolle. Auf sachliche Gegenargumente unserer FDJler reagierte er mit den Worten, davon ist mir nichts bekannt. Er vertrat ferner die Ansicht, daß es nicht möglich ist, zu studieren und nebenbei auch noch den Marxismus [durchgestrichen: auch noch] zu studieren. Man müßte ein [durchgestrichen: Genosse] [handschriftliche Ergänzung: Genie] sein, um den Marxismus-Leninismus zu verstehen.
Zur völkerrechtlichen Anerkennung der DDR äußerte der gleiche Sprecher, daß sie die DDR vor 5 Jahren nicht anerkannt hätten, heute jedoch daran nichts mehr zu ändern ist. Auf das Gegenargument, warum Willy Brandt die Anerkennung noch nicht öffentlich ausgesprochen hätte, meinte er, dazu wäre er zu feige.
In diesem Zusammenhang vertrat er die Auffassung, daß mit dem Inkrafttreten des Grundlagenvertrages eine juristische Anerkennung erfolgt ist.
2. Von allen Genossen wurde festgestellt, daß die Diskussionsgruppen auf dem Alex von mehreren Personen (FDJler, abseits stehenden Zivilisten, dem Aussehen und Verhalten nach Mitarbeiter des MfS sowie in einem Fall durch einen Zivilisten mit einer Plakette mit der Aufschrift DKP) fotografiert. [handschriftliche Ergänzung: wurden.]
3. Auf dem Alexanderplatz spielte eine Musik-Singegruppe der NVA. Die Armeeangehörigen saßen bzw. lagen in ihren Uniformen auf dem Erdboden des Alexanderplatzes.
Wir sind der Auffassung, daß dieses über das normale Maß hinaus legere Verhalten nicht gerade zum Ansehen unserer NVA beiträgt.
[Unterschrift]
Kaschke
Stfw.
Eisold
Ultn.
Urban
Ofw.
Müller
Ofw.