Information über die Haltung der zu den Olympischen Sommerspielen 1972 in München weilenden DDR-Delegation und über gegen sie gerichtete Aktivitäten
Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 2067, Bl. 1-8
Nach den Olympischen Spielen hörte die Arbeit der Stasi nicht auf. "Beachtenswerte Erscheinungen", also besondere Vorkommnisse während der Olympiade in München, sollten analysiert werden, um bei kommenden Sportveranstaltungen noch besser gewappnet zu sein.
Es war der Stasi gelungen die Olympischen Spiele bis ins Detail abzusichern. Mit der Platzierung der DDR auf dem dritten Platz im Medaillenspiegel sowie ohne Fluchtversuch eines Athleten, konnte das MfS Lehren für kommende Sportveranstaltungen ziehen. Denn die Weltmeisterschaft im Fußball 1974 stand bevor, die zwei Jahre später ebenfalls in der Bundesrepublik stattfinden sollte.
Anhand einer ausführlichen Dokumentierung der gesamten Olympischen Spiele wurde das Auftreten der eigenen Delegation bewertet um feststellen zu können, ob und in wie fern Ostberlin politischer Schaden entstanden sei. Auch die verbalen oder symbolischen "Angriffe" auf die DDR-Delegation wurde analysiert, um bei weiteren Sportveranstaltungen besser reagieren zu können.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe, Sekretariat
- Datum:
- 1972
- Rechte:
- BStU
- 7 -
Ministerium für Staatssicherheit
Kurz vor der Rückreise der ersten Touristengruppe wurden mehrere DDR-Bürger aufgefordert, in der BRD um "politisches Asyl" zu ersuchen. Einige DDR-Bürger wurden brieflich zu Begegnungen mit Bekannten in der BRD aufgefordert.
Im Büro der DDR-Mannschaft ging wiederholt auf dem Postweg versandtes Hetzmaterial ein. So erhielten z. B. Hetzschriften gleichen Inhalts u. a. die Genossen EWALD und Dr. SCHÖBEL, der Fahnenträger der DDR-Delegation, Manfred WOLKE, der Schwimmer Roland Matthes und der Turner Wolfgang THÜNE.
In verschiedenen Unterkünften der DDR-Touristendelegation in Oberaudorf und Kiefersfelden gingen auf dem Postweg ebenfalls Hetzschriften ein. Auch DDR-Journalisten wurden über den Postweg bzw. durch Ablage in den Postboxen Hetzmaterialien zugesandt. Im Haus 38 des Pressedorfes erfolgten in mehreren Zimmern konspirative Durchsuchungen. (In diesen Räumen wohnten Journalisten von Radion DDR.)
Bei den Hetzschriften handelt es sich um folgende:
- anonym gehaltenes Flugblatt mit dem Text: "DDR/Ostdeutschland/Eure sportlichen Erfolge sind Leichentücher für die Toten an der Mauer",
- Hetzflugblatt, unterzeichnet von einer "Europäischen Vereinigung gegen Tyrannei und Diktatur", mit einem kurzen Text in Versform ("Bald marschiert ihr wieder mal ein ..."-gegen die Hilfsaktion der sozialistischen Staaten in der CSSR gerichtet),
- "Aufruf" des "Zentralkomitees des Anti-Bolschewistischen Blocks der Nationen" (ABN), der sich als Sprecher der "unterdrückten Völker im sowjetrussischen Machtbereich" ausgibt und der die "Auflösung des russischen Imperiums in unabhängige nationale Staaten" fordert,