Information über Diskussionen unter FDJ-Mitgliedern
Signatur: BStU, MfS, HA XX, ZMA, Nr. 20037, Bl. 72
1983 erhielt Udo Lindenberg die Genehmigung für einen Auftritt in der DDR. Die Stasi verzeichnete bald Unzufriedenheit über die Art der Kartenverteilung für das Konzert.
Zu Beginn der 1980er Jahre bemühte sich der westdeutsche Musiker Udo Lindenberg intensiv um die Genehmigung für einen Auftritt in der DDR. Dort hatte Lindenberg viele Fans, die seine Musik unter anderem aus den auch in Ostdeutschland zu hörenden Westsendern kannten. Nachdem Lindenberg mehrfach mit seinem Wunsch gescheitert war, gelang ihm im Herbst 1983 doch noch der Coup. Im Rahmen eines so genannten "Friedenskonzerts", organisiert von der FDJ, sollte der Künstler im Palast der Republik auftreten dürfen.
Die Stasi, die den Einfluss Lindenbergs auf seine Fans in der DDR argwöhnisch verfolgte, beobachtete die Stimmung in der Bevölkerung nach Bekanntwerden des Auftritts genau. Im vorliegenden Dokument informiert die HA II über Diskussionen unter FDJ-Mitgliedern. Obwohl nur ideologisch verlässliche Jugendliche Karten erhalten sollten, seien auch weniger systemtreue FDJ-Mitglieder an Karten gekommen.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Hauptabteilung II
- Datum:
- 21.10.1983
Hauptabteilung II
Streng geheim
Berlin, 11.10.83
Informations-Nr. 3468/83
Information
Der Parteileitung des VEB Gaststätten HO Berlin wurde bekannt, daß es unter FDJlern ihres Verantwortungsbereiches Diskussionen über die Kartenverteilung zur Abschlußveranstaltung der vom FDJ-Zentralrat organisierten Liedertournee für den Frieden an 25.10.1983 im Palast der Republik gibt.
Die FDJler hatten festgestellt, daß aus ihrer FDJ-Grundorganisation Jugendliche, die eine ablehnende Haltung gegenüber der DDR einnehmen und den Antrag auf Austritt aus der FDJ gestellt haben, im Besitz von Karten für diese Veranstaltung sind. Die betreffenden Jugendlichen erklärten, daß sie ihre Karten über die Kirche erhalten hätten.
Weiterhin wurde die Parteileitung des VEB Gaststätten HO Berlin vom Direktor der Betriebsberufsschule informiert, daß die betreffenden Jugendlichen während der vormilitärischen Ausbildung das Erlernen der Handhabung der Waffe verweigerten.
Von den genannten Vorgängen wurde die Abt. Handel / Nahrungsgüterwirtschaft der SED-Bezirksleitung Berlin in Kenntnis gesetzt, die am 24.10.1983 eine entsprechende Information an die Abteilung Sicherheit der Bezirksleitung weiterleiten wird.
Die Information wurde durch zuverlässige Verbindungen erarbeitet und kann als glaubhaft eingeschätzt werden.
Quellenschutz ist erforderlich.