Signatur: BArch, MfS, BV Dresden, AKG, Nr. 11389, Bl. 1-8
Dresdner Jugendliche riefen im Oktober 1981 zu einer nicht genehmigten Gedenkveranstaltung anlässlich des 37. Jahrestags des Bombenangriffs auf Dresden auf. Dies erregte die Aufmerksamkeit der Staatssicherheit, die den Text der Flugblätter und die an der Verbreitung beteiligten Personen dokumentierten.
Im Oktober 1981 verteilten einige Jugendliche aus der Jungen Gemeinde in der Dresdner Innenstadt einen Aufruf auf Flugblättern, den sie hundertfach illegal vervielfältigt hatten. Damit wollten sie vier Monate vor dem 37. Jahrestag des Bombenangriffs auf Dresden möglichst viele Menschen dazu bewegen, im darauffolgenden Februar zur Ruine der Frauenkirche zu kommen. Im Aufruf hieß es: Um 22:45 Uhr, zum Zeitpunkt des Beginns der Bombardierung Dresdens, zu dem alle Glocken der Stadt läuten, sollen Menschen Kerzen anzünden und Blumen niederlegen. Anschließend sollen die Anwesenden "We shall overcome" singen und der Opfer des Bombenangriffs in Stille gedenken.
Die vollständige Zerstörung der Stadt Dresden durch einen alliierten Bombenangriff in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 war auch nach Jahrzehnten noch ein schmerzlicher Erinnerungstag in der Stadt, der auch offiziell begangen wurde. Der Aufruf der Jugendlichen zu friedlichem Gedenken erregte 1982 die Aufmerksamkeit der Staatssicherheit. Vor allem die hohe Zahl der verbreiteten Flugblätter ließ die Stasi aufhorchen. Sie wollte ähnliche Aufrufe verhindern und zukünftige Planungen ähnlicher Aktionen unterbinden.
In dem vorliegenden Bericht dokumentieren Stasi-Mitarbeiter den Aufruf und legen ihre Ermittlungsergebnisse über die Umstände seiner Entstehung und Verteilung dar. Über den 1. Stellvertreter des Rates des Bezirkes ließ sie beim Präsidenten des Landeskirchenamtes intervenieren. Aus Sorge vor staatlicher Repressionen und negativen Folgen für die Jugendlichen reagierte die Landeskirche. Sie sagte die Veranstaltung jedoch nicht ab, sondern verlegte sie in die Dresdner Kreuzkirche.
[handschriftliche Ergänzung: AKG; 6x]
Ministerium für Staatssicherheit
Bezirksverwaltung Dresden
Gen. Modrow
Streng vertraulich!
Um Rückgabe wird gebeten!
Nr. [handschriftliche Ergänzung: 2] / [handschriftliche Ergänzung: 82]
Dresden, den [handschriftliche Ergänzung: 05.01.1982]
[Auslassung] Blatt
[Auslassung] Exemplar
[handschriftliche Ergänzung: Nicht [unleserlich] ZAIG
Kopie
Oberst Böhm
A1
KD Stadt]
Information
über
die Durchführung einer geplanten Gedenkveranstaltung am 13.02.1982 an der Ruine der Frauenkirche in Dresden
[handschriftliche Ergänzung: gez. im Original
Böhm]
1978 wurden die AIG der Bezirksverwaltungen mit der Integration des Kontrollwesens in Auswertungs- und Kontrollgruppen umgewandelt. Analog zur ZAIG waren die AKG jetzt das Funktionalorgan der Leiter der BV mit den Aufgaben Auswertung und Information, Planung, Überprüfung und Kontrolle, Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen und Weisungen sowie EDV. Darüber hinaus wurden die AKG auch für Öffentlichkeitsarbeit zuständig, die im Ministerium noch bis 1985 der Abteilung Agitation bzw. der Arbeitsgruppe Öffentliche Verbindungen zugeordnet war. 1979 wurden auch in den meisten selbständigen Abteilungen und Hauptabteilungen der MfS-Zentrale AKG gebildet. Die AKG unterstanden den Leitern der jeweiligen Diensteinheit, wurden aber fachlich von der ZAIG angeleitet.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
aktuelle Seite 1
Zur Seite 2 wechseln
Zur Seite 3 wechseln
Zur Seite 4 wechseln
Zur Seite 5 wechseln
Zur Seite 6 wechseln
Zur Seite 7 wechseln
Zur Seite 8 wechseln
Signatur: BArch, MfS, BV Dresden, AKG, Nr. 11389, Bl. 1-8
Dresdner Jugendliche riefen im Oktober 1981 zu einer nicht genehmigten Gedenkveranstaltung anlässlich des 37. Jahrestags des Bombenangriffs auf Dresden auf. Dies erregte die Aufmerksamkeit der Staatssicherheit, die den Text der Flugblätter und die an der Verbreitung beteiligten Personen dokumentierten.
Im Oktober 1981 verteilten einige Jugendliche aus der Jungen Gemeinde in der Dresdner Innenstadt einen Aufruf auf Flugblättern, den sie hundertfach illegal vervielfältigt hatten. Damit wollten sie vier Monate vor dem 37. Jahrestag des Bombenangriffs auf Dresden möglichst viele Menschen dazu bewegen, im darauffolgenden Februar zur Ruine der Frauenkirche zu kommen. Im Aufruf hieß es: Um 22:45 Uhr, zum Zeitpunkt des Beginns der Bombardierung Dresdens, zu dem alle Glocken der Stadt läuten, sollen Menschen Kerzen anzünden und Blumen niederlegen. Anschließend sollen die Anwesenden "We shall overcome" singen und der Opfer des Bombenangriffs in Stille gedenken.
Die vollständige Zerstörung der Stadt Dresden durch einen alliierten Bombenangriff in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 war auch nach Jahrzehnten noch ein schmerzlicher Erinnerungstag in der Stadt, der auch offiziell begangen wurde. Der Aufruf der Jugendlichen zu friedlichem Gedenken erregte 1982 die Aufmerksamkeit der Staatssicherheit. Vor allem die hohe Zahl der verbreiteten Flugblätter ließ die Stasi aufhorchen. Sie wollte ähnliche Aufrufe verhindern und zukünftige Planungen ähnlicher Aktionen unterbinden.
In dem vorliegenden Bericht dokumentieren Stasi-Mitarbeiter den Aufruf und legen ihre Ermittlungsergebnisse über die Umstände seiner Entstehung und Verteilung dar. Über den 1. Stellvertreter des Rates des Bezirkes ließ sie beim Präsidenten des Landeskirchenamtes intervenieren. Aus Sorge vor staatlicher Repressionen und negativen Folgen für die Jugendlichen reagierte die Landeskirche. Sie sagte die Veranstaltung jedoch nicht ab, sondern verlegte sie in die Dresdner Kreuzkirche.
Am 04.10.1981 wurden durch zum damaligen Zeitpunkt unbekannte Personen auf dem "Dresdner Markt" Aufrufe zu einer nicht genehmigten Gedenkveranstaltung am 13.02.1982 vor der Frauenkirche verteilt.
Diese Aufrufe waren mit Schreibmaschine vervielfältigte Texte in DIN A4 Format.
Zu einem späteren Zeitpunkt wurden noch Texte verbreitet, die im Graphischen Großbetrieb Völkerfreundschaft gedruckt wurden (siehe Anlage 1 - gedruckter Text und Anlage 2 - Übersetzung des englischen Liedes).
Durch die Bearbeitung und Aufklärung dieses Sachverhaltes konnten die Initiatoren und Organisatoren ermittelt werden.
Es handelt sich um 5 Jugendliche und Jungerwachsene im Alter zwischen 17 und 19 Jahren.
Diese gehören einer jugendlichen Gruppierung an, die sich auf der Prager Straße, in der Mocca-Stube am Altmarkt und in der Winzerstube regelmäßig treffen. Dabei handelt es sich um folgende Personen:
1. Schenk, Torsten
geb. am [anonymisiert] in [anonymisiert]
wohnhaft [anonymisiert] Dresden, [anonymisiert]
beschäftigt [anonymisiert], [anonymisiert]
organisiert FDJ, FDGB
Der [anonymisiert] stammt aus einer Arbeiterfamilie. Der Vater ist [anonymisiert] in einer [anonymisiert], die Mutter arbeitet als [anonymisiert]. Die gesamte Familie hat enge kirchliche Bindungen. Der Schenk, Torsten verkehrt in der Jungen Gemeinde Weinbergskirche und Annenkirche. Er geht regelmäßig seiner Arbeit nach.
2. Reifenstein, Nils
geb. am [anonymisiert] in [anonymisiert]
wohnhaft [anonymisiert] Dresden, [anonymisiert]
beschäftigt [anonymisiert], [anonymisiert]
organisiert FDJ, FDGB
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Zur Seite 1 wechseln
aktuelle Seite 2
Zur Seite 3 wechseln
Zur Seite 4 wechseln
Zur Seite 5 wechseln
Zur Seite 6 wechseln
Zur Seite 7 wechseln
Zur Seite 8 wechseln
Information über die Durchführung eines Friedensforums in der Kreuzkirche Dresden Dokument, 20 Seiten
„Maßnahmeplan“ für die Kontrolle des Dresdner Friedensforums am 13. Februar 1984 Dokument, 6 Seiten
Brief der Streikenden aus den Dresdner Industriebetrieben mit ihren Forderungen an die Regierung der DDR Dokument, 1 Seite
Vernehmungsprotokoll eines Schülers wegen Herstellung von Flugblättern mit Aufruf zur Leipziger "Beat-Demo" Dokument, 8 Seiten