Signatur: BArch, MfS, BV Dresden, AKG, Nr. 11389, Bl. 1-8
Dresdner Jugendliche riefen im Oktober 1981 zu einer nicht genehmigten Gedenkveranstaltung anlässlich des 37. Jahrestags des Bombenangriffs auf Dresden auf. Dies erregte die Aufmerksamkeit der Staatssicherheit, die den Text der Flugblätter und die an der Verbreitung beteiligten Personen dokumentierten.
Im Oktober 1981 verteilten einige Jugendliche aus der Jungen Gemeinde in der Dresdner Innenstadt einen Aufruf auf Flugblättern, den sie hundertfach illegal vervielfältigt hatten. Damit wollten sie vier Monate vor dem 37. Jahrestag des Bombenangriffs auf Dresden möglichst viele Menschen dazu bewegen, im darauffolgenden Februar zur Ruine der Frauenkirche zu kommen. Im Aufruf hieß es: Um 22:45 Uhr, zum Zeitpunkt des Beginns der Bombardierung Dresdens, zu dem alle Glocken der Stadt läuten, sollen Menschen Kerzen anzünden und Blumen niederlegen. Anschließend sollen die Anwesenden "We shall overcome" singen und der Opfer des Bombenangriffs in Stille gedenken.
Die vollständige Zerstörung der Stadt Dresden durch einen alliierten Bombenangriff in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 war auch nach Jahrzehnten noch ein schmerzlicher Erinnerungstag in der Stadt, der auch offiziell begangen wurde. Der Aufruf der Jugendlichen zu friedlichem Gedenken erregte 1982 die Aufmerksamkeit der Staatssicherheit. Vor allem die hohe Zahl der verbreiteten Flugblätter ließ die Stasi aufhorchen. Sie wollte ähnliche Aufrufe verhindern und zukünftige Planungen ähnlicher Aktionen unterbinden.
In dem vorliegenden Bericht dokumentieren Stasi-Mitarbeiter den Aufruf und legen ihre Ermittlungsergebnisse über die Umstände seiner Entstehung und Verteilung dar. Über den 1. Stellvertreter des Rates des Bezirkes ließ sie beim Präsidenten des Landeskirchenamtes intervenieren. Aus Sorge vor staatlicher Repressionen und negativen Folgen für die Jugendlichen reagierte die Landeskirche. Sie sagte die Veranstaltung jedoch nicht ab, sondern verlegte sie in die Dresdner Kreuzkirche.
Der Vater des Sch. ist unbekannt, die Mutter arbeitet im [anonymisiert] als [anonymisiert]. Die Mutter bemüht sich um die Erziehung ihres Sohnes, jedoch ohne Erfolg. Der Sch. blieb mehrfach der Arbeit fern. [anonymisiert]
[anonymisiert] verkehrt mit Trampern, will den Wehrdienst mit der Waffe ablehnen und verkehrt in den JG Erlöser-Andreas-Kirche, Weinbergskirche, Annenkirche, Dreikönigskirche.
Der Schenk, Torsten und der Reifenstein, Nils unterhielten sich Mitte September 1981 über den 13. Februar. Beide kamen zu dem Entschluß, ihren Freundeskreis, bestehend aus den vorgenannten Personen, am 13.02.1982 zu einer privaten Gedenkveranstaltung an der Frauenkirche zu versammeln.
Der erste Gedanke dazu kam dem Schenk, Torsten am 13.02.1981, inspiriert durch das Glockengeläut gegen 22.00 Uhr zum Gedenken der Opfer, da es beschämend wäre, wieviele Dresdner dieses Datum bereits vergessen hätten.
Ende September unterbreiteten beide Personen ihre Gedanken den genannten Jugendlichen bei einer Zusammenkunft. Das fand allgemeine Zustimmung. Es wurde lediglich festgestellt, zu dieser Veranstaltung den engeren Freundeskreis einzubeziehen. Eine schriftliche Einladung wurde in Erwägung gezogen, ohne daß Festlegungen erfolgten.
Inspiriert durch diese Zusammenkunft entwarf die Ebischbach, Annett den vorliegenden Text des Aufrufes und diskutierte ihn mit anderen Jugendlichen während einer Disko-Veranstaltung in Pirna-Sonnenstein durch. Anschließend vervielfältigte sie ihn ca. 50 mal mittels Schreibmaschine und verteilte ihn am 04.10.1981 am Schwarzbierstand auf dem "Dresdner Markt" sowie an weiteren Konzentrationspunkten Jugendlicher. An der Verbreitung beteiligte sich vor allem der Scholz, Mac.
Desweiteren wurde erarbeitet, daß Kloß, Oliver ebenfalls diesen Aufruf ca. 30 mal mittels Schreibmaschine vervielfältigte und sie an den vorgenannten Orten verbreitete.
Durch den Scholz, Mac erhielt auf dem Dresdner Markt die
Stephan, Ulrike
geb. am [anonymisiert] in [anonymisiert]
wohnhaft [anonymisiert] Dresden, [anonymisiert]
beschäftigt [anonymisiert]
organisiert FDGB, FDJ, DSF
den Aufruf.
Die Kirchen gerieten nicht selten unter Verdacht, gegen die politischen Verhältnisse in der DDR zu opponieren. Das lag an ihrer weitgehenden Eigenständigkeit, an der christlichen Botschaft, die von den kommunistischen Ideologen als konkurrierendes Sinn- und Erklärungsangebot abgelehnt wurde, sowie an ihrem Beharren auf Mitsprache und Gestaltungsanspruch in gesellschaftlichen Fragen. Im Auftrag der SED wurde daher das MfS tätig, um die von den Kirchen ausgehenden vermeintlichen und tatsächlichen Gefahren für das politisch-ideologische System der DDR abzuwehren.
Die SED-Kirchenpolitik war in den vier Jahrzehnten der DDR Wandlungen unterworfen. In den 50er Jahren führte die SED mehrfach einen offenen Kirchenkampf. Dieser richtete sich u. a. gegen die kirchliche Jugend- und Studentenarbeit, v. a. bei der Einführung der Jugendweihe, sowie gegen karitative Einrichtungen wie die Bahnhofsmissionen. Mehrere Religionsgemeinschaften wurden verboten und deren Anhänger verfolgt.
Die SED war zudem bestrebt, die Verlesung von solchen Hirtenbriefen und Kanzelabkündigungen zu unterbinden, in denen sozialethische, gesellschaftskritische oder politische Fragen aufgegriffen wurden. Von der Polizei und dem MfS wurden kirchliche Einrichtungen durchsucht und Literatur beschlagnahmt. Neben kirchlichen Mitarbeitern wurden unter Mitwirkung des MfS auch Pfarrer – zwischen 1950 und 1960 mindestens 140 – inhaftiert.
Ab den 60er Jahren beschränkte sich die SED zunehmend darauf, durch eine rigorose Auslegung der Veranstaltungsordnung unerwünschte kirchliche Aktivitäten zu behindern. Das offizielle Eindringen in kirchliche Räume wie im November 1987, als es nachts in der Zionsgemeinde in Ostberlin zu Durchsuchungen und Festnahmen kam, war in den 70er und 80er Jahren eher untypisch, weil dies die Staat-Kirche-Beziehungen erheblich belastete. Vor allem seit 1978 bemühte sich die SED, ein Stillhalteabkommen zwischen Kirchenleitungen und Staat zu respektieren.
Das MfS versuchte aber stets, indirekt Einfluss auf kirchliche Entscheidungen zu nehmen. Dies und die verdeckte Informationsbeschaffung zählten zu den Hauptbetätigungsfeldern des MfS im Rahmen der von der SED konzipierten Kirchenpolitik. Die Informationsbeschaffung erfolgte mittels Observation, IM-Einsatz und auf dem Weg der sog. Gesprächsabschöpfung. Dabei gelang es in Einzelfällen auch, Christen in kirchlichen Leitungspositionen als IM zu gewinnen.
So arbeitete der thüringische Kirchenjurist und Oberkirchenrat Gerhard Lotz seit 1955 mit dem MfS als IM "Karl" zusammen. Durch die Positionierung eines Offiziers im besonderen Einsatz im Konsistorium in Magdeburg, Detlev Hammer, der ab 1974 juristischer, dann Oberkonsistorialrat war, vermochte es das MfS, einen hauptamtlichen Mitarbeiter innerhalb der Leitungsstruktur der provinzsächsischen Kirche zu platzieren. Außerdem hatte das MfS gegenüber den Kirchen dann tätig zu werden, wenn Verdachtsmomente dafür vorlagen, dass die Kirchen über den ihnen von der SED zugewiesenen religiös-kultischen Bereich hinaus tätig wurden.
Dementsprechend observierte das MfS Kirchengemeinden und Pfarrer, die – wie es beim MfS hieß – im Rahmen der "Partnerschaftsarbeit" Besuchskontakt zu Kirchengemeinden in der Bundesrepublik unterhielten. Das MfS legte hierzu OV an und ermittelte gegen die Organisatoren der Zusammenkünfte.
Als Ziele der MfS-Aufklärung galten ebenso kirchliche Synoden und Basistreffen, auf denen grundsätzlich die potenzielle Gefahr bestand, dass Kritik an den Verhältnissen in der DDR geübt werden würde. In das Blickfeld des MfS rückten die evangelischen Kirchen insbesondere ab Mitte der 70er Jahre: Zunächst rief die auch unter nichtkirchlichen Jugendlichen an Attraktivität gewinnende kirchliche Jugendarbeit, dann die Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsarbeit unter dem Dach der Kirche den Argwohn des MfS hervor.
Insgesamt war das MfS nur eine von mehreren Institutionen des SED-Staates, die im Rahmen der SED-Kirchenpolitik tätig wurden. Im Zusammenspiel mit ihnen versuchte das MfS, die Kirchen zu kontrollieren und zu disziplinieren.
In Auswertung der kirchenpolitischen Kampagnen der 50er Jahre und bestärkt durch konzeptionelle Arbeiten, drängte die SED-Führung ab Anfang der 80er Jahre zunehmend auf ein koordiniertes Vorgehen. Die vom MdI und den Abteilungen für Inneres erstellten Rapportmeldungen, Berichte und Personeneinschätzungen zu Gottesdiensten und kirchlichen Mitarbeitern wurden vereinbarungsgemäß dem MfS zur Verfügung gestellt und bildeten häufig den Grundstock jener Berichte und Personencharakteristiken, die sich in den Beständen des MfS wiederfinden.
Bereits vor Gründung des MfS hatte bei der Deutschen Verwaltung des Innern in der Abteilung K 5 das Referat C 3 existiert. Als Aufgabenbeschreibung wurde die "Aufklärung und Bekämpfung der kirchlichen Feindtätigkeit" genannt. Ab 1950 bestand im MfS zunächst die Abteilung V, die sich ab 1953 Hauptabteilung V nannte und 1964 im Zuge einer Umstrukturierung zur Hauptabteilung XX wurde.
Innerhalb dieser Organisationsstruktur zeichnete die Abt. 4 für die "Bearbeitung" der Kirchen verantwortlich. 1988 gliedert sich diese in sechs Fachreferate, wobei je eins für die evangelischen Kirchen, die katholische Kirche sowie die Religionsgemeinschaften und Sekten zuständig war. Ein Referat widmete sich Operativen Vorgängen. Als Schwerpunkt der Arbeit wurde die "Bekämpfung der politischen Untergrundtätigkeit" benannt. Zwei weitere Referate nahmen koordinierende Funktionen wahr.
Neben der Hauptabteilung XX/4 stützte sich das MfS bei der Bekämpfung und Infiltration der Kirchen auf die Zuarbeit verschiedener Hauptabteilungen und Abteilungen - so u. a. auf die Dienste der HV A bei der "Aufklärung" von westlichen Partnergemeinden und Pfarrern, die die kirchliche Friedensarbeit in den ostdeutschen Gemeinden unterstützten. Im Fall der Inhaftierung kirchlicher Mitarbeiter übernahm die Hauptabteilung IX als Untersuchungsorgan den Vorgang.
Hinzu kamen andere institutionalisierte Formen der "Bearbeitung". Als politisch-ideologische fungierte ab 1958 das Referat Familienforschung, das Verwicklungen missliebiger Kirchenvertreter in das NS-Regime aufdecken oder konstruieren sollte, um die so Diffamierten unter Druck setzen zu können. Angesiedelt war es beim Deutschen Zentralarchiv in Potsdam. Es verwaltete verschiedene aus NS-Beständen stammende Unterlagen und wertete sie aus. Dabei handelte es sich um eine verdeckt arbeitende Einrichtung des MfS.
Um den steigenden Informationsbedarf – unter Berücksichtigung der Spezifik kirchlicher und religiöser Angelegenheiten – zu decken und um Sonderaufträge u. a. auch im Ausland ausführen zu können, etablierte das MfS 1960 die sog. Auswertungsgruppe, die dem Referat V zugeordnet wurde. In einem konspirativen Objekt in Berlin-Pankow ("Institut Wandlitz") arbeiteten hauptamtliche IM und mehrere OibE zusammen.
Seine "Absicherung" fand das Vorgehen des MfS gegenüber den Kirchen durch ein umfangreiches Netz von OibE und IM, die das MfS im Staatssekretariat für Kirchenfragen und in den Kirchenabteilungen der DDR-Bezirke unterhielt. 1989 gab es im Staatssekretariat drei OibE; zudem berichtete der persönliche Referent und Büroleiter der Staatssekretäre Hans Seigewasser und Klaus Gysi, Horst Dohle, ab 1975 als IM "Horst" dem MfS. Insgesamt aber gelang es dem MfS nicht, die Kirchen umfassend zu unterwandern.
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Signatur: BArch, MfS, BV Dresden, AKG, Nr. 11389, Bl. 1-8
Dresdner Jugendliche riefen im Oktober 1981 zu einer nicht genehmigten Gedenkveranstaltung anlässlich des 37. Jahrestags des Bombenangriffs auf Dresden auf. Dies erregte die Aufmerksamkeit der Staatssicherheit, die den Text der Flugblätter und die an der Verbreitung beteiligten Personen dokumentierten.
Im Oktober 1981 verteilten einige Jugendliche aus der Jungen Gemeinde in der Dresdner Innenstadt einen Aufruf auf Flugblättern, den sie hundertfach illegal vervielfältigt hatten. Damit wollten sie vier Monate vor dem 37. Jahrestag des Bombenangriffs auf Dresden möglichst viele Menschen dazu bewegen, im darauffolgenden Februar zur Ruine der Frauenkirche zu kommen. Im Aufruf hieß es: Um 22:45 Uhr, zum Zeitpunkt des Beginns der Bombardierung Dresdens, zu dem alle Glocken der Stadt läuten, sollen Menschen Kerzen anzünden und Blumen niederlegen. Anschließend sollen die Anwesenden "We shall overcome" singen und der Opfer des Bombenangriffs in Stille gedenken.
Die vollständige Zerstörung der Stadt Dresden durch einen alliierten Bombenangriff in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 war auch nach Jahrzehnten noch ein schmerzlicher Erinnerungstag in der Stadt, der auch offiziell begangen wurde. Der Aufruf der Jugendlichen zu friedlichem Gedenken erregte 1982 die Aufmerksamkeit der Staatssicherheit. Vor allem die hohe Zahl der verbreiteten Flugblätter ließ die Stasi aufhorchen. Sie wollte ähnliche Aufrufe verhindern und zukünftige Planungen ähnlicher Aktionen unterbinden.
In dem vorliegenden Bericht dokumentieren Stasi-Mitarbeiter den Aufruf und legen ihre Ermittlungsergebnisse über die Umstände seiner Entstehung und Verteilung dar. Über den 1. Stellvertreter des Rates des Bezirkes ließ sie beim Präsidenten des Landeskirchenamtes intervenieren. Aus Sorge vor staatlicher Repressionen und negativen Folgen für die Jugendlichen reagierte die Landeskirche. Sie sagte die Veranstaltung jedoch nicht ab, sondern verlegte sie in die Dresdner Kreuzkirche.
Die Stephan lebt bei der Mutter. Diese ist [anonymisiert]. Mit Wissen und Unterstützung der Mutter wendete sich die St. im September 1981 an die Himmelfahrtskirche Dresden-Leuben mit dem Ziel, sich taufen zu lassen und Katechetik zu studieren.
Die Stephan, Ulrike zeigte diesen Aufruf ihrer Freundin
Schanz, Elke
geb. am [anonymisiert] in [anonymisiert]
wohnhaft [anonymisiert] Dresden, [anonymisiert]
beschäftigt [anonymisiert]
organisiert FDGB, FDJ, DSF
im Oktober 1981.
Beide Elternteile der Schanz arbeiten als [anonymisiert] in der [anonymisiert]. Der Vater ist [anonymisiert]. Kirchliche Bindungen bestehen nicht.
Aufgrund ihrer beruflichen Ausbildung setzte die Schanz den Text und ohne Einbeziehung und Wissen anderer Personen wurden ca. 50 Exemplare durch sie persönlich gedruckt. Dies geschah unter Umgehung der betrieblichen Ordnung und stellt somit einen Disziplinarverstoß dar.
Ca. 10 Exemplare nahm die Stephan, Ulrike an sich und verbreitete sie in der Gruppierung weiter.
Nachdem die Schanz Kenntnis vom Ausmaß der Verbreitung des Aufrufes erhielt, vernichtete sie gemeinsam mit der Stephan, Ulrike die restlichen 40 Exemplare.
Bisher wurden 31 Jugendliche namentlich bekannt, die derartige Aufrufe erhielten bzw. weiter verbreiteten. Die Verbreitung erfolgte mittels Weitergabe des schriftlichen Aufrufes und durch mündliche Übermittlung auf dem Dresdner Markt, im Volkshaus Laubegast, der "Tonne", in der Gaststätte "Am Frankenberg".
Weiterhin wurde erarbeitet, daß die Verbreitung der Aufrufe in anderen Kreisen des Bezirkes, wie z. B. Meißen, Bautzen, Riesa und Bischofswerda erfolgte.
Überbezirklich wurde bisher inoffiziell bekannt, daß anläßlich eines kirchlichen Jugendtreffens In Karl-Marx-Stadt Anfang Dezember 1981 der Aufruf diskutiert wurde.
In dem Bestreben, eine Trägerorganisation für ihre Aktion zu gewinnen, wandte sich ein Teil der Organisatoren an die Pfarrer Wonneberger (Weinbergkirche), Zeitz (Erlöser-Andreas-Kirche) und Landesjugendpfarrer Brettschneider, um die Kirche dafür zu gewinnen.
Die Kirchen gerieten nicht selten unter Verdacht, gegen die politischen Verhältnisse in der DDR zu opponieren. Das lag an ihrer weitgehenden Eigenständigkeit, an der christlichen Botschaft, die von den kommunistischen Ideologen als konkurrierendes Sinn- und Erklärungsangebot abgelehnt wurde, sowie an ihrem Beharren auf Mitsprache und Gestaltungsanspruch in gesellschaftlichen Fragen. Im Auftrag der SED wurde daher das MfS tätig, um die von den Kirchen ausgehenden vermeintlichen und tatsächlichen Gefahren für das politisch-ideologische System der DDR abzuwehren.
Die SED-Kirchenpolitik war in den vier Jahrzehnten der DDR Wandlungen unterworfen. In den 50er Jahren führte die SED mehrfach einen offenen Kirchenkampf. Dieser richtete sich u. a. gegen die kirchliche Jugend- und Studentenarbeit, v. a. bei der Einführung der Jugendweihe, sowie gegen karitative Einrichtungen wie die Bahnhofsmissionen. Mehrere Religionsgemeinschaften wurden verboten und deren Anhänger verfolgt.
Die SED war zudem bestrebt, die Verlesung von solchen Hirtenbriefen und Kanzelabkündigungen zu unterbinden, in denen sozialethische, gesellschaftskritische oder politische Fragen aufgegriffen wurden. Von der Polizei und dem MfS wurden kirchliche Einrichtungen durchsucht und Literatur beschlagnahmt. Neben kirchlichen Mitarbeitern wurden unter Mitwirkung des MfS auch Pfarrer – zwischen 1950 und 1960 mindestens 140 – inhaftiert.
Ab den 60er Jahren beschränkte sich die SED zunehmend darauf, durch eine rigorose Auslegung der Veranstaltungsordnung unerwünschte kirchliche Aktivitäten zu behindern. Das offizielle Eindringen in kirchliche Räume wie im November 1987, als es nachts in der Zionsgemeinde in Ostberlin zu Durchsuchungen und Festnahmen kam, war in den 70er und 80er Jahren eher untypisch, weil dies die Staat-Kirche-Beziehungen erheblich belastete. Vor allem seit 1978 bemühte sich die SED, ein Stillhalteabkommen zwischen Kirchenleitungen und Staat zu respektieren.
Das MfS versuchte aber stets, indirekt Einfluss auf kirchliche Entscheidungen zu nehmen. Dies und die verdeckte Informationsbeschaffung zählten zu den Hauptbetätigungsfeldern des MfS im Rahmen der von der SED konzipierten Kirchenpolitik. Die Informationsbeschaffung erfolgte mittels Observation, IM-Einsatz und auf dem Weg der sog. Gesprächsabschöpfung. Dabei gelang es in Einzelfällen auch, Christen in kirchlichen Leitungspositionen als IM zu gewinnen.
So arbeitete der thüringische Kirchenjurist und Oberkirchenrat Gerhard Lotz seit 1955 mit dem MfS als IM "Karl" zusammen. Durch die Positionierung eines Offiziers im besonderen Einsatz im Konsistorium in Magdeburg, Detlev Hammer, der ab 1974 juristischer, dann Oberkonsistorialrat war, vermochte es das MfS, einen hauptamtlichen Mitarbeiter innerhalb der Leitungsstruktur der provinzsächsischen Kirche zu platzieren. Außerdem hatte das MfS gegenüber den Kirchen dann tätig zu werden, wenn Verdachtsmomente dafür vorlagen, dass die Kirchen über den ihnen von der SED zugewiesenen religiös-kultischen Bereich hinaus tätig wurden.
Dementsprechend observierte das MfS Kirchengemeinden und Pfarrer, die – wie es beim MfS hieß – im Rahmen der "Partnerschaftsarbeit" Besuchskontakt zu Kirchengemeinden in der Bundesrepublik unterhielten. Das MfS legte hierzu OV an und ermittelte gegen die Organisatoren der Zusammenkünfte.
Als Ziele der MfS-Aufklärung galten ebenso kirchliche Synoden und Basistreffen, auf denen grundsätzlich die potenzielle Gefahr bestand, dass Kritik an den Verhältnissen in der DDR geübt werden würde. In das Blickfeld des MfS rückten die evangelischen Kirchen insbesondere ab Mitte der 70er Jahre: Zunächst rief die auch unter nichtkirchlichen Jugendlichen an Attraktivität gewinnende kirchliche Jugendarbeit, dann die Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsarbeit unter dem Dach der Kirche den Argwohn des MfS hervor.
Insgesamt war das MfS nur eine von mehreren Institutionen des SED-Staates, die im Rahmen der SED-Kirchenpolitik tätig wurden. Im Zusammenspiel mit ihnen versuchte das MfS, die Kirchen zu kontrollieren und zu disziplinieren.
In Auswertung der kirchenpolitischen Kampagnen der 50er Jahre und bestärkt durch konzeptionelle Arbeiten, drängte die SED-Führung ab Anfang der 80er Jahre zunehmend auf ein koordiniertes Vorgehen. Die vom MdI und den Abteilungen für Inneres erstellten Rapportmeldungen, Berichte und Personeneinschätzungen zu Gottesdiensten und kirchlichen Mitarbeitern wurden vereinbarungsgemäß dem MfS zur Verfügung gestellt und bildeten häufig den Grundstock jener Berichte und Personencharakteristiken, die sich in den Beständen des MfS wiederfinden.
Bereits vor Gründung des MfS hatte bei der Deutschen Verwaltung des Innern in der Abteilung K 5 das Referat C 3 existiert. Als Aufgabenbeschreibung wurde die "Aufklärung und Bekämpfung der kirchlichen Feindtätigkeit" genannt. Ab 1950 bestand im MfS zunächst die Abteilung V, die sich ab 1953 Hauptabteilung V nannte und 1964 im Zuge einer Umstrukturierung zur Hauptabteilung XX wurde.
Innerhalb dieser Organisationsstruktur zeichnete die Abt. 4 für die "Bearbeitung" der Kirchen verantwortlich. 1988 gliedert sich diese in sechs Fachreferate, wobei je eins für die evangelischen Kirchen, die katholische Kirche sowie die Religionsgemeinschaften und Sekten zuständig war. Ein Referat widmete sich Operativen Vorgängen. Als Schwerpunkt der Arbeit wurde die "Bekämpfung der politischen Untergrundtätigkeit" benannt. Zwei weitere Referate nahmen koordinierende Funktionen wahr.
Neben der Hauptabteilung XX/4 stützte sich das MfS bei der Bekämpfung und Infiltration der Kirchen auf die Zuarbeit verschiedener Hauptabteilungen und Abteilungen - so u. a. auf die Dienste der HV A bei der "Aufklärung" von westlichen Partnergemeinden und Pfarrern, die die kirchliche Friedensarbeit in den ostdeutschen Gemeinden unterstützten. Im Fall der Inhaftierung kirchlicher Mitarbeiter übernahm die Hauptabteilung IX als Untersuchungsorgan den Vorgang.
Hinzu kamen andere institutionalisierte Formen der "Bearbeitung". Als politisch-ideologische fungierte ab 1958 das Referat Familienforschung, das Verwicklungen missliebiger Kirchenvertreter in das NS-Regime aufdecken oder konstruieren sollte, um die so Diffamierten unter Druck setzen zu können. Angesiedelt war es beim Deutschen Zentralarchiv in Potsdam. Es verwaltete verschiedene aus NS-Beständen stammende Unterlagen und wertete sie aus. Dabei handelte es sich um eine verdeckt arbeitende Einrichtung des MfS.
Um den steigenden Informationsbedarf – unter Berücksichtigung der Spezifik kirchlicher und religiöser Angelegenheiten – zu decken und um Sonderaufträge u. a. auch im Ausland ausführen zu können, etablierte das MfS 1960 die sog. Auswertungsgruppe, die dem Referat V zugeordnet wurde. In einem konspirativen Objekt in Berlin-Pankow ("Institut Wandlitz") arbeiteten hauptamtliche IM und mehrere OibE zusammen.
Seine "Absicherung" fand das Vorgehen des MfS gegenüber den Kirchen durch ein umfangreiches Netz von OibE und IM, die das MfS im Staatssekretariat für Kirchenfragen und in den Kirchenabteilungen der DDR-Bezirke unterhielt. 1989 gab es im Staatssekretariat drei OibE; zudem berichtete der persönliche Referent und Büroleiter der Staatssekretäre Hans Seigewasser und Klaus Gysi, Horst Dohle, ab 1975 als IM "Horst" dem MfS. Insgesamt aber gelang es dem MfS nicht, die Kirchen umfassend zu unterwandern.
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Signatur: BArch, MfS, BV Dresden, AKG, Nr. 11389, Bl. 1-8
Dresdner Jugendliche riefen im Oktober 1981 zu einer nicht genehmigten Gedenkveranstaltung anlässlich des 37. Jahrestags des Bombenangriffs auf Dresden auf. Dies erregte die Aufmerksamkeit der Staatssicherheit, die den Text der Flugblätter und die an der Verbreitung beteiligten Personen dokumentierten.
Im Oktober 1981 verteilten einige Jugendliche aus der Jungen Gemeinde in der Dresdner Innenstadt einen Aufruf auf Flugblättern, den sie hundertfach illegal vervielfältigt hatten. Damit wollten sie vier Monate vor dem 37. Jahrestag des Bombenangriffs auf Dresden möglichst viele Menschen dazu bewegen, im darauffolgenden Februar zur Ruine der Frauenkirche zu kommen. Im Aufruf hieß es: Um 22:45 Uhr, zum Zeitpunkt des Beginns der Bombardierung Dresdens, zu dem alle Glocken der Stadt läuten, sollen Menschen Kerzen anzünden und Blumen niederlegen. Anschließend sollen die Anwesenden "We shall overcome" singen und der Opfer des Bombenangriffs in Stille gedenken.
Die vollständige Zerstörung der Stadt Dresden durch einen alliierten Bombenangriff in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 war auch nach Jahrzehnten noch ein schmerzlicher Erinnerungstag in der Stadt, der auch offiziell begangen wurde. Der Aufruf der Jugendlichen zu friedlichem Gedenken erregte 1982 die Aufmerksamkeit der Staatssicherheit. Vor allem die hohe Zahl der verbreiteten Flugblätter ließ die Stasi aufhorchen. Sie wollte ähnliche Aufrufe verhindern und zukünftige Planungen ähnlicher Aktionen unterbinden.
In dem vorliegenden Bericht dokumentieren Stasi-Mitarbeiter den Aufruf und legen ihre Ermittlungsergebnisse über die Umstände seiner Entstehung und Verteilung dar. Über den 1. Stellvertreter des Rates des Bezirkes ließ sie beim Präsidenten des Landeskirchenamtes intervenieren. Aus Sorge vor staatlicher Repressionen und negativen Folgen für die Jugendlichen reagierte die Landeskirche. Sie sagte die Veranstaltung jedoch nicht ab, sondern verlegte sie in die Dresdner Kreuzkirche.
Die Pfarrer lehnten jedoch eine derartig nichtgenehmigte Veranstaltung ab und distanzierten sich von der Art und Weise der Organisation.
in einem Gespräch zwischen dem Superindenten Ziemer, dem Landesjugendpfarrer Brettschneider, dem Stadtjugendpfarrer Meis, dem Studentenpfarrer Dr. Günther und Pfarrer Reimann wurde dazu erörtert, daß, da es sich bei den Initiatoren um kirchlich gebundene Jugendliche handelt, die Kirche etwas unternehmen muß.
Ausgehend von dieser Tatsache rechnet man damit in diesen Kreise, daß die staatlichen Organe die geplante Veranstaltung sicherlich der Kirche zuordnen und dort auch die geistigen Urheber suchen werden. Da man aber zunächst nichts damit zu tun hat, erwägt man, die Jugendlichen von der Straße in kircheneigene Räume wegzubekommen.
Die Superindenten der Stadt Dresden Dr. Wetzel, Ziemer und Scheibner haben in einem Gespräch erwogen, zu der geplanten Aktion einen Gegenpol zu schaffen. Nach ihrer Vorstellung sollte in der Kreuzkirche am Abend des 13.02.1982 eine Veranstaltung der "Jungen Gemeinde" geplant worden, in der profilierte kirchliche Persönlichkeiten grundsätzliche Ausführungen zur kirchlichen Friedensarbeit machen sollen.
In diesem Zusammenhang wurde bekannt, daß der Landesbischof Dr. Hempel mit Wahrscheinlichkeit einen solchen "Vorschlag" dem 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung, Genossen Modrow, in dem am 06.01.1982 vorgesehenen Gespräch unterbreiten wird.
Meiner Einschätzung nach ist es zweckmäßig und prüfenswert, daß sich die Leitung der Landeskirche Sachsen für eine derartige Veranstaltung am 13.02.1982 in der Kreuzkirche engagiert, um dadurch zur Verhinderung der Aktion vor der Frauenkirche beizutragen und die Jugendlichen in kircheneigenen Räumen zu binden.
Des weiteren wird vorgeschlagen, daß die 5 Initiatoren [anonymisiert], [anonymisiert], [anonymisiert], [anonymisiert] und [anonymisiert] sowie die [anonymisiert] wegen der Herstellung des Aufrufes durch den Bezirksstaatsanwalt bestellt und aufgrund ihrer ungesetzlichen beabsichtigten bzw. durchgeführten Handlungen verwarnt sowie mit Auflagen belegt werden.
Dies sollte unter Einbeziehung der Eltern der genannten Jugendlichen erfolgen.
Außerdem ist vorgesehen, daß die bisher erkannten Verbreiter des Aufrufes (bisher 31 Jugendliche) sowie evtl. weiterhin bekanntwerdende Personen durch geeignete gesellschaftliche Kräfte abgesprochen, belehrt und auf die Ungesetzlichkeit der bereits durch sie erfolgten Weitergabe des Aufrufes hingewiesen werden,
Die Kirchen gerieten nicht selten unter Verdacht, gegen die politischen Verhältnisse in der DDR zu opponieren. Das lag an ihrer weitgehenden Eigenständigkeit, an der christlichen Botschaft, die von den kommunistischen Ideologen als konkurrierendes Sinn- und Erklärungsangebot abgelehnt wurde, sowie an ihrem Beharren auf Mitsprache und Gestaltungsanspruch in gesellschaftlichen Fragen. Im Auftrag der SED wurde daher das MfS tätig, um die von den Kirchen ausgehenden vermeintlichen und tatsächlichen Gefahren für das politisch-ideologische System der DDR abzuwehren.
Die SED-Kirchenpolitik war in den vier Jahrzehnten der DDR Wandlungen unterworfen. In den 50er Jahren führte die SED mehrfach einen offenen Kirchenkampf. Dieser richtete sich u. a. gegen die kirchliche Jugend- und Studentenarbeit, v. a. bei der Einführung der Jugendweihe, sowie gegen karitative Einrichtungen wie die Bahnhofsmissionen. Mehrere Religionsgemeinschaften wurden verboten und deren Anhänger verfolgt.
Die SED war zudem bestrebt, die Verlesung von solchen Hirtenbriefen und Kanzelabkündigungen zu unterbinden, in denen sozialethische, gesellschaftskritische oder politische Fragen aufgegriffen wurden. Von der Polizei und dem MfS wurden kirchliche Einrichtungen durchsucht und Literatur beschlagnahmt. Neben kirchlichen Mitarbeitern wurden unter Mitwirkung des MfS auch Pfarrer – zwischen 1950 und 1960 mindestens 140 – inhaftiert.
Ab den 60er Jahren beschränkte sich die SED zunehmend darauf, durch eine rigorose Auslegung der Veranstaltungsordnung unerwünschte kirchliche Aktivitäten zu behindern. Das offizielle Eindringen in kirchliche Räume wie im November 1987, als es nachts in der Zionsgemeinde in Ostberlin zu Durchsuchungen und Festnahmen kam, war in den 70er und 80er Jahren eher untypisch, weil dies die Staat-Kirche-Beziehungen erheblich belastete. Vor allem seit 1978 bemühte sich die SED, ein Stillhalteabkommen zwischen Kirchenleitungen und Staat zu respektieren.
Das MfS versuchte aber stets, indirekt Einfluss auf kirchliche Entscheidungen zu nehmen. Dies und die verdeckte Informationsbeschaffung zählten zu den Hauptbetätigungsfeldern des MfS im Rahmen der von der SED konzipierten Kirchenpolitik. Die Informationsbeschaffung erfolgte mittels Observation, IM-Einsatz und auf dem Weg der sog. Gesprächsabschöpfung. Dabei gelang es in Einzelfällen auch, Christen in kirchlichen Leitungspositionen als IM zu gewinnen.
So arbeitete der thüringische Kirchenjurist und Oberkirchenrat Gerhard Lotz seit 1955 mit dem MfS als IM "Karl" zusammen. Durch die Positionierung eines Offiziers im besonderen Einsatz im Konsistorium in Magdeburg, Detlev Hammer, der ab 1974 juristischer, dann Oberkonsistorialrat war, vermochte es das MfS, einen hauptamtlichen Mitarbeiter innerhalb der Leitungsstruktur der provinzsächsischen Kirche zu platzieren. Außerdem hatte das MfS gegenüber den Kirchen dann tätig zu werden, wenn Verdachtsmomente dafür vorlagen, dass die Kirchen über den ihnen von der SED zugewiesenen religiös-kultischen Bereich hinaus tätig wurden.
Dementsprechend observierte das MfS Kirchengemeinden und Pfarrer, die – wie es beim MfS hieß – im Rahmen der "Partnerschaftsarbeit" Besuchskontakt zu Kirchengemeinden in der Bundesrepublik unterhielten. Das MfS legte hierzu OV an und ermittelte gegen die Organisatoren der Zusammenkünfte.
Als Ziele der MfS-Aufklärung galten ebenso kirchliche Synoden und Basistreffen, auf denen grundsätzlich die potenzielle Gefahr bestand, dass Kritik an den Verhältnissen in der DDR geübt werden würde. In das Blickfeld des MfS rückten die evangelischen Kirchen insbesondere ab Mitte der 70er Jahre: Zunächst rief die auch unter nichtkirchlichen Jugendlichen an Attraktivität gewinnende kirchliche Jugendarbeit, dann die Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsarbeit unter dem Dach der Kirche den Argwohn des MfS hervor.
Insgesamt war das MfS nur eine von mehreren Institutionen des SED-Staates, die im Rahmen der SED-Kirchenpolitik tätig wurden. Im Zusammenspiel mit ihnen versuchte das MfS, die Kirchen zu kontrollieren und zu disziplinieren.
In Auswertung der kirchenpolitischen Kampagnen der 50er Jahre und bestärkt durch konzeptionelle Arbeiten, drängte die SED-Führung ab Anfang der 80er Jahre zunehmend auf ein koordiniertes Vorgehen. Die vom MdI und den Abteilungen für Inneres erstellten Rapportmeldungen, Berichte und Personeneinschätzungen zu Gottesdiensten und kirchlichen Mitarbeitern wurden vereinbarungsgemäß dem MfS zur Verfügung gestellt und bildeten häufig den Grundstock jener Berichte und Personencharakteristiken, die sich in den Beständen des MfS wiederfinden.
Bereits vor Gründung des MfS hatte bei der Deutschen Verwaltung des Innern in der Abteilung K 5 das Referat C 3 existiert. Als Aufgabenbeschreibung wurde die "Aufklärung und Bekämpfung der kirchlichen Feindtätigkeit" genannt. Ab 1950 bestand im MfS zunächst die Abteilung V, die sich ab 1953 Hauptabteilung V nannte und 1964 im Zuge einer Umstrukturierung zur Hauptabteilung XX wurde.
Innerhalb dieser Organisationsstruktur zeichnete die Abt. 4 für die "Bearbeitung" der Kirchen verantwortlich. 1988 gliedert sich diese in sechs Fachreferate, wobei je eins für die evangelischen Kirchen, die katholische Kirche sowie die Religionsgemeinschaften und Sekten zuständig war. Ein Referat widmete sich Operativen Vorgängen. Als Schwerpunkt der Arbeit wurde die "Bekämpfung der politischen Untergrundtätigkeit" benannt. Zwei weitere Referate nahmen koordinierende Funktionen wahr.
Neben der Hauptabteilung XX/4 stützte sich das MfS bei der Bekämpfung und Infiltration der Kirchen auf die Zuarbeit verschiedener Hauptabteilungen und Abteilungen - so u. a. auf die Dienste der HV A bei der "Aufklärung" von westlichen Partnergemeinden und Pfarrern, die die kirchliche Friedensarbeit in den ostdeutschen Gemeinden unterstützten. Im Fall der Inhaftierung kirchlicher Mitarbeiter übernahm die Hauptabteilung IX als Untersuchungsorgan den Vorgang.
Hinzu kamen andere institutionalisierte Formen der "Bearbeitung". Als politisch-ideologische fungierte ab 1958 das Referat Familienforschung, das Verwicklungen missliebiger Kirchenvertreter in das NS-Regime aufdecken oder konstruieren sollte, um die so Diffamierten unter Druck setzen zu können. Angesiedelt war es beim Deutschen Zentralarchiv in Potsdam. Es verwaltete verschiedene aus NS-Beständen stammende Unterlagen und wertete sie aus. Dabei handelte es sich um eine verdeckt arbeitende Einrichtung des MfS.
Um den steigenden Informationsbedarf – unter Berücksichtigung der Spezifik kirchlicher und religiöser Angelegenheiten – zu decken und um Sonderaufträge u. a. auch im Ausland ausführen zu können, etablierte das MfS 1960 die sog. Auswertungsgruppe, die dem Referat V zugeordnet wurde. In einem konspirativen Objekt in Berlin-Pankow ("Institut Wandlitz") arbeiteten hauptamtliche IM und mehrere OibE zusammen.
Seine "Absicherung" fand das Vorgehen des MfS gegenüber den Kirchen durch ein umfangreiches Netz von OibE und IM, die das MfS im Staatssekretariat für Kirchenfragen und in den Kirchenabteilungen der DDR-Bezirke unterhielt. 1989 gab es im Staatssekretariat drei OibE; zudem berichtete der persönliche Referent und Büroleiter der Staatssekretäre Hans Seigewasser und Klaus Gysi, Horst Dohle, ab 1975 als IM "Horst" dem MfS. Insgesamt aber gelang es dem MfS nicht, die Kirchen umfassend zu unterwandern.
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Information über die Durchführung eines Friedensforums in der Kreuzkirche Dresden Dokument, 20 Seiten
„Maßnahmeplan“ für die Kontrolle des Dresdner Friedensforums am 13. Februar 1984 Dokument, 6 Seiten
Brief der Streikenden aus den Dresdner Industriebetrieben mit ihren Forderungen an die Regierung der DDR Dokument, 1 Seite
Vernehmungsprotokoll eines Schülers wegen Herstellung von Flugblättern mit Aufruf zur Leipziger "Beat-Demo" Dokument, 8 Seiten