Information über einen unangemeldeten Besuch Udo Lindenbergs in Ost-Berlin
Signatur: BStU, MfS, HA XX, ZMA, Nr. 20037, Bl. 105-106
1984 besuchte Udo Lindenberg unangemeldet Ost-Berlin. Ein dazu gebetener FDJ-Funktionär erstattete darüber genau Bericht.
Am 15. Januar 1984 besuchte Udo Lindenberg die DDR-Band Mona Lise in Ost-Berlin. Er bat einen FDJ-Funktionär hinzu, den er während seines Auftritts im Oktober des Vorjahres im Palast der Republik kennengelernt hatte. Offiziell angemeldet wurde der Besuch jedoch nicht. Auch der Funktionär informierte zunächst niemanden über die Visite des westdeutschen Musikers.
Der vorliegende Bericht des FDJ-Funktionärs entstand erst nach dem Besuch. Mittlerweile hatte sich der Autor stark kritisieren lassen müssen, weil er nicht sofort Meldung erstattet hatte. Lindenbergs Tournee war unter anderem wegen dieses Besuchs abgesagt worden. Zudem war der Funktionär in den Verdacht geraten, Udo Lindenberg bei einer von der Stasi vermuteten politischen Kampagne gegen die DDR unterstützt zu haben. Der vorliegende Bericht ist daher nicht nur eine Schilderung des Besuchs, sondern auch eine Rechtfertigung des Funktionärs. Ungeachtet dessen verlor er alle seine Ämter.
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Am 14.1. rief mich gegen Mittag [geschwärzt] an. Er teilte mir mit, daß morgen Udo und [geschwärzt] nach Berlin / DDR kommen wollten, um sich mit Mona Lise zu treffen. Sie würden sich für diese Frauenband interessieren. Ich riet von diesem Besuch ab. Man könnte vermuten, daß es einen Zusammenhang zu "Rock für den Frieden" gäbe. [geschwärzt] stimmte meinen Gedanken zu und versprach, auf eine Terminänderung hinzuwirken. Ich bat ihn, mich auf dem laufenden zu halten, falls der Besuch doch stattfinden sollte.
Am 15.1. gegen 16.30 Uhr erhielt ich wieder einen Anruf, daß man doch gefahren sei, und daß der Grenzübergang reibungslos verlaufen sei. Es wäre schön, sich mit mir in der Manetstr. 20 zu treffen. Daraufhin fuhr ich unverzüglich in die Manetstraße. In einem kleinen Probenraum stellten die 4 Musikerinnen von Mona Lise ihre Musik vor. Man unterhielt sich ausschließlich über künstlerische Dinge, Arrangements usw.
Am Rande unterhielt ich mich mit [geschwärzt]
Er teilte unseren Ärger über BAP und meinte, solches Verhalten wäre verantwortungslos. Er selbst habe mit BAP auch schon schlechte Erfahrungen gemacht. Die Gruppe wolle Schlagzeilen um jeden Preis machen.
Udo L. teilte die Verurteilung von BAP.
Er meinte, die Gruppe wollte für Aufsehen vor ihrer neuen Platte sorgen. Als ich ihm sagte, BAP hätte damit argumentiert, daß sich Udo L. vor einen Karren hat spannen lassen, war er darüber sehr ärgerlich. Er wäre für Färness, so wie es am 25. gewesen sei, so wird es auch künftig sein. Alles, was stattfindet, wird vorher besprochen, darauf können wir uns 100 %ig verlassen.
[geschwärzt] kam auch auf den 25. und auf den Liedersommer zurück und meinte, nur so soll man zusammenarbeiten. Er habe jetzt eine 45-minütige Fernsehsendung produziert und aus seiner politischen Meinung keinen Hehl gemacht. Die Sendung soll am 10. Februar ausgestrahlt werden.
Gegen 19.00 Uhr begann man, sich zu verabschieden. Man habe noch eine Verabredung mit einer türkischen Gruppe in Westberlin. Es sei nett gewesen, sich kennengelernt zu haben usw. Verabredungen o.ä. wurden nicht getroffen.
Das Treffen fand ausschließlich im Proberaum statt (ein Laubenhäuschen). Anwesend waren die 4 Musikerinnen von Mona Lise, ein [geschwärzt] von [geschwärzt], Udo L., [geschwärzt], [geschwärzt] sowie [geschwärzt], der das Auto fuhr. ([geschwärzt] ist mir flüchtig vom 25.10. bekannt.)
Es gab keine Absichten, irgendwie bei "Rock für den Frieden" vorbeizuschauen. Ich begleitete das Auto (auch um mich zu vergewissern) bis zum Grenzübergang.
Anschließend fuhr ich direkt zum Palast der Republik.