Information zur Reaktion des Publikums während des Konzerts von Udo Lindenberg
Signatur: BStU, MfS, HA XX, ZMA, Nr. 20037, Bl. 102
Ein Auftritt Udo Lindenbergs 1983 im Palast der Republik sorgte für Aufregung bei SED und Stasi. Eine Einschätzung der Publikumsreaktion.
Am 25. Oktober trat der westdeutsche Musiker Udo Lindenberg im Rahmen eines so genannten "Friedenskonzerts" der FDJ im Palast der Republik auf. Das Gastspiel während einer solchen Propagandaveranstaltung war eine Bedingung der Verantwortlichen für eine Tournee Lindenbergs in der DDR gewesen, um die sich der Musiker lange bemüht hatte. Die SED-Führung beobachtete den Einfluss des in ihren Augen respektlosen Lindenberg auf die Jugend jedoch argwöhnisch.
Die Stasi achtete deshalb ganz genau auf die Reaktionen der Öffentlichkeit zum Auftritt. In dem vorliegenden Dokument fasst die HA II ihre Beobachtung des Publikums im Palast der Republik zusammen. Obwohl eigentlich nur ideologisch verlässliche Jugendliche und SED-Funktionäre Karten erhalten hatten, nahmen die Stasi-Beobachter Begeisterung im Publikum wahr. In dem Dokument schwingt der Verdacht mit, dass Lindenberg bei seinem Bemühen um Konzerte in der DDR politische Hintergedanken gehabt haben könnte. Erstmals vermutet die Stasi hier einen "sachkundigen Berater", der Lindenberg unterstützt haben könnte. Gemeint ist damit ein Insider aus Funktionärskreisen der DDR.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Hauptabteilung II
- Datum:
- 23.11.1983
Hauptabteilung II
Streng geheim
Berlin, 23.11.83
Informations-Nr.: 3823/83
Information über Meinungsäußerungen im Zusammenhang mit dem Auftritt des Udo Lindenberg in der DDR
Inoffiziell wurden die folgenden Einschätzungen eines langjährigen kulturpolitisch und redaktionell tätigen Musikers der DDR zum Auftritt des BRD-Rocksängers Udo Lindenberg im Palast der Republik bekannt.
Der Auftritt das Lindenberg habe bei den Zuschauern im Palast der Republik eine größere Begeisterung ausgelöst, als von den verantwortlichen Funktionären der FDJ erwartet wurde. Hätte Lindenberg seinen Auftritt auch nur um ein Lied ausgedehnt, wären vermutlich die Zuschauer, trotz der vorherigen Belehrung, nicht mehr zu disziplinieren gewesen.
Es wird die Gefahr gesehen, daß es, wenn die FDJ 1984 als Veranstalter der Lindenberg-Tournee durch die DDR in Erscheinung tritt, zu Widersprüchen zwischen den jeweils verantwortlichen FDJ-Leitungen und den Zuschauern kommen kann, die Lindenberg geschickt schüren könnte (z.B. in der Frage der Kartenvergabe). Es wird deshalb für günstiger gehalten, wenn die Tournee rein kommerziell z.B. durch die Konzert- und Gastspieldirektion, organisiert würde. Damit könnte gleichzeitig eine ungerechtfertigte politische Aufwertung des Lindenberg verhindert werden.
Hinsichtlich der Vorbereitungen des Auftritts von Lindenberg wird durch eine Quelle, die in der Vergangenheit mehrfach Kontakte zu Lindenberg hatte, eingeschätzt, daß er bei seinem Vorgehen einen sehr sachkundigen Berater gehabt haben muß. Zu der Person dieses Beraters können jedoch keine weiteren Hinweise gegeben werden.