Signatur: BStU, MfS, BV Erfurt, AS, Nr. 1/65, Bd. 2, Bl. 160-162
Im thüringischen Sömmerda entlud sich am 17. Juni 1953 der aufgestaute Unmut von Arbeitern des VEB Rheinmetall. Ein Informationsbericht der MfS-Bezirksverwaltung Erfurt schildert den Ablauf des Streiks.
Am 17. Juni 1953 äußerten große Teile der DDR-Bevölkerung ihren Unmut über die SED-Herrschaft und die erzwungene Einführung des Sozialismus. Waren es zunächst wirtschaftliche Forderungen, die die Menschen auf die Straße trieben, entwickelten sich die Demonstrationen an diesem Tag schnell zu einem Volksaufstand, in dessen Verlauf auch weitgehende politische Forderungen laut wurden.
Im thüringischen Sömmerda gingen die Aktionen von der Belegschaft des VEB Rheinmetall aus. Die Arbeiter wehrten sich gegen die einschneidende Kürzung ihrer bescheidenen Löhne. Die Beschäftigten des Rheinmetall-Werkes versammelten sich zuerst auf dem Betriebsgelände. Dann gingen sie auf die Straßen und zogen vor das Rathaus. Die Demonstranten besetzten auch den Stadtrundfunk und riefen die Beschäftigten der anderen Sömmerdaer Betriebe sowie die Stadtbevölkerung zur Teilnahme an einer Kundgebung auf dem Marktplatz auf. Bereits am frühen Vormittag waren hier über 7.000 Demonstranten versammelt. Sie forderten Veränderungen und soziale Verbesserungen. Neben wirtschaftlichen Forderungen, wie eine Senkung der Arbeitsnormen und Verbesserung der Versorgungslage, standen politische Forderungen wie freie gesamtdeutsche Wahlen und Sturz der verhassten SED-Regierung.
Am Nachmittag verhängte der sowjetische Militärkommandant Rjasankin in Sömmerda den Ausnahmezustand. In den Folgetagen begann eine große Verhaftungswelle. Redner und vermeintliche Führer des Aufstandes wurden zu meist vieljährigen Zuchthausstrafen verurteilt. Andere flüchteten in den Westen und verloren ihre Heimat.
Der vorliegende Informationsbericht an die SED-Bezirksleitung Erfurt dokumentiert die Ereignisse während des Volkaufstands vom 17. Juni 1953 in Sömmerda und anderer Orte im Bezirk Erfurt.
SED Bezirksleitung Erfurt
Abtlg. Leitende Organe der Partei u. Massenorganisationen
Erfurt, am 17.06.53
Kö
[handschriftliche Ergänzung: IX; [Kürzel unleserlich]]
Informationsbericht
Sömmerda: 16.15 Uhr
Genosse Stange, 1. Kreissekretär, hielt sich ab 12.30 Uhr ständig bei der Streikleitung auf und bemühte sich, die Verhandlungen auf die Frage der Normsenkung und Rückgängigmachung der Entlassungen zu beschränken. Während der Sitzung der Streikleitung kamen au dem Möbeltischlereibetrieb, aus dem Kreisbauhof und de, Dachziegelwerk je 2 bzw. 4 Vertreter mit Zustimmungserklärungen zur Streikbewegung der Rheinmetall-Arbeiter. Der Kreisbauhof legte ein Entschliessung mit 4 Unterschriften vor, [druchgestrichen: die] in der es u.a. heisst:
Die Belegschaft schliesst sich den Forderungen der Berliner Bauarbeiter in der Stalinallee an und fordert:
Genosse Stange konnte erreichen, dass die Streikleitung diese Entschliessung entgegennahm, ohne über die einzelnen Forderungen eine Diskussion zu entfalten.
Der Stadtkommandant von Sömmerda hat sämtliche Versammlungen und Kundgebungen verboten.
Die lebenswichtigen Zentren des Betriebes haben die Arbeit aufgenommen. Der Betriebsschutz ist verstärkt.
Die Vertreter der Streikleitung sind 14.30 Uhr zu den gewählten Vertretern in die Abteilungen gegangen und haben die Kollegen aufgefordert, weiter zu arbeiten unter der Weglassung der erhöhten Normen und der Zusicherung, dass keine weiteren Entlassungen mehr stattfinden.
Die Kollegen in den Abteilungen haben darauf so reagiert, dass sie jolen anfingen und die Streikleitung aus Verräter bezeichneten. Es ginge ihn nicht nur um die Normensenkung, sondern um die Verbesserung der Lebenslage überhaupt. "Wann und wo können wir endlich einmal reden?und den Mund aufmachen - Das Polit-Büro der SED hat uns nichts zu sagen, nur die Regierung. Wo ist unsere Regierung?!"
Ein PK-Leiter von der Bezirksbehörde der VP hat sich ungeschickt benommen, Er trat auf mit den Worten "Ich komme direkt von Berlin."
Er wurde ausgelacht.
Nach Meinung des Genossen Stange ist die Situation im Betrieb noch nicht beruhigt, obwohl die Mehrzahl der Arbeiter die Arbeit aufnehmen will, aber immer wieder kommen heftige Diskussionen zustande.
Die Genossen verhalten sich passiv, abwartend und zurückhaltend.
Es muss beachtet werden, dass jetzt bei Schichtwechsel in ca. 130 Gemeinden durch die Rheinmetall-Arbeiter die negativen Diskussionen hineingetraten werden. So wurde z.B. schon in Tunzhausen von einem gewissen [anonymisiert], der mit in der Gemeindevertretung ist, gefordert, eine Einwohnerversammlung einzuberufen, die sich mit der Streikbewegung solidarisch erklären soll.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Die Allgemeine Sachablage (AS) ist Bestand 2 der Abteilung XII. Der Bestand enthält v. a. sachbezogene Unterlagen. Größte Registraturbildner waren die HA I, die HA IX und das BdL. Des Weiteren liegen hier auch Vorgangshefte und Objektvorgänge sowie Akten der MfS-Vorgänger. Inhalte sind u. a. Ermittlungen zu Havarien und Unfällen, Untersuchungen von Widerstand und Flucht, Berichterstattung an die SED, Eingabenbearbeitung, Kontakte mit Ostblock-Diensten und Sicherung von Großveranstaltungen. Der Bestand ist zugänglich über ein BStU-Findbuch und die F 16. Der Umfang beträgt 490 lfm.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
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Signatur: BStU, MfS, BV Erfurt, AS, Nr. 1/65, Bd. 2, Bl. 160-162
Im thüringischen Sömmerda entlud sich am 17. Juni 1953 der aufgestaute Unmut von Arbeitern des VEB Rheinmetall. Ein Informationsbericht der MfS-Bezirksverwaltung Erfurt schildert den Ablauf des Streiks.
Am 17. Juni 1953 äußerten große Teile der DDR-Bevölkerung ihren Unmut über die SED-Herrschaft und die erzwungene Einführung des Sozialismus. Waren es zunächst wirtschaftliche Forderungen, die die Menschen auf die Straße trieben, entwickelten sich die Demonstrationen an diesem Tag schnell zu einem Volksaufstand, in dessen Verlauf auch weitgehende politische Forderungen laut wurden.
Im thüringischen Sömmerda gingen die Aktionen von der Belegschaft des VEB Rheinmetall aus. Die Arbeiter wehrten sich gegen die einschneidende Kürzung ihrer bescheidenen Löhne. Die Beschäftigten des Rheinmetall-Werkes versammelten sich zuerst auf dem Betriebsgelände. Dann gingen sie auf die Straßen und zogen vor das Rathaus. Die Demonstranten besetzten auch den Stadtrundfunk und riefen die Beschäftigten der anderen Sömmerdaer Betriebe sowie die Stadtbevölkerung zur Teilnahme an einer Kundgebung auf dem Marktplatz auf. Bereits am frühen Vormittag waren hier über 7.000 Demonstranten versammelt. Sie forderten Veränderungen und soziale Verbesserungen. Neben wirtschaftlichen Forderungen, wie eine Senkung der Arbeitsnormen und Verbesserung der Versorgungslage, standen politische Forderungen wie freie gesamtdeutsche Wahlen und Sturz der verhassten SED-Regierung.
Am Nachmittag verhängte der sowjetische Militärkommandant Rjasankin in Sömmerda den Ausnahmezustand. In den Folgetagen begann eine große Verhaftungswelle. Redner und vermeintliche Führer des Aufstandes wurden zu meist vieljährigen Zuchthausstrafen verurteilt. Andere flüchteten in den Westen und verloren ihre Heimat.
Der vorliegende Informationsbericht an die SED-Bezirksleitung Erfurt dokumentiert die Ereignisse während des Volkaufstands vom 17. Juni 1953 in Sömmerda und anderer Orte im Bezirk Erfurt.
Sondershausen:
Der Direktor der HO Sondershausen hat Anweisung gegeben, dass in den HO-Geschäften sämtliche Plakate herabgenommen werden. In der Stadt bewegen sich Menschengruppen. Alle von der Partei angewiesenen Sicherungsmassnahmen sind veranlasst.
Erfurt-Stadt: 16.00 Uhr
Bauarbeiter auf der Stalinallee gegenüber derBezirksleitung haben die Arbeit niedergelegt und befinden sich auf dem Wege zur Stotternheimer Str. zu einer Kundgebung. Die Kreisleitung hat einen Genossen Sekretär und 20 Genossen als Agitatoren hingeschickt und ebenfalls Genossen aus dem Stadtbezirk Nord. Sie bitten gleichzeitig um Unterstützung der Bezirksleitung.
Langenslaza: 16.25 Uhr
In Ückersleben wurde an 2 Anschlagtafeln mit Kreide folgendes angeschmiert: "Merkt Euch die Genossen der SED. Letzter Gruss der SED."
In Bodenheiligen erschien heute Vormittag ein Motorradfahrer in der Gemeindeschänke und führte eine Art Versammlung durch, wo die Bauern aufgefordert wurden, heute Nachmittag um 15.00 Uhr zu einer Demonstration nach Mühlhausen zu fahren. Eine durchgeführte Kontrolle ergab, dass eine Zugmaschine mit ca. 25 Bauern bereits weggefahren war. Diese wurde nicht mehr erreicht.
Mühlhausen:
300 Bauern aus der Umgebung Mühlhausens sind in Mühlhausen eingetroffen und versuchen, die Wohnbezirke zur Demonstration mitzureissen.
Die Kreisleitung hat ca. 150 - 200 Agitatoren eingesetztz. In den Betrieben herrscht Disziplin. Das Mühlhäuser Möbel-Werk (Möwe?) wurde von Dömmerda angerufen, den Streikbewegungen der Sömmerdaer Arbeiter nachzukommen.
Apolda:
Von dem Genossen [anonymisiert], VBV, erhielten wir Mitteilungen darüber, dass die Zeiss-Arbeiter, die in Apolda wohnen, jetzt von Jena nach Apolda kommen und in den Strassen der Stadt Gruppen bilden und Diskussionen entfachen.
Von der Bezirksleitung der FDJ wurde folgendes mitgeteilt: 17.15 Uhr
Die Kreisleitung der FSJ Gotha teilt mit, dass in der DSG Waltershausen in der Zeit von 15.00 - 15.10 Uhr eine Arbeitsniederlegung stattfand als Solidarität mit den Arbeitern in Berlin. Alle Mitglieder der FDJ - ausser den Funktionären - beteiligten sich daran. Durch Entfaltung einer Diskussion konnte nach 15 Minuten die Arbeit wieder aufgenommen werden.
In der FDJ Betriebsgruppe Fa. Dölle und &.,Erfurt Stadt, sollten heute die neuen Dokumente an die Jugendfreunde ausgegeben werden.
Die Annahme der Dokumente wurde verweigert und diese den Mitarbeitern der Kreisleitung vor die Füsse geworfen.
Aus der Uhren und Maschinenfabrik Ruhla wird weiter mitgeteilt, dass eine Delegation von Arbeitern zu Betriebsleitung gegangen sind mit der Forderung auf Herabsetzung der Normen.
Von Eisenach wird von der Kreisleitung der FDJ mitgeteilt, dass über dem Kreis Eisenach der Ausnahmezustand verhängt sei. Es dürfen keine Versammlungen mehr stattfinden auf Anordnung der Kommandanten.
Die Allgemeine Sachablage (AS) ist Bestand 2 der Abteilung XII. Der Bestand enthält v. a. sachbezogene Unterlagen. Größte Registraturbildner waren die HA I, die HA IX und das BdL. Des Weiteren liegen hier auch Vorgangshefte und Objektvorgänge sowie Akten der MfS-Vorgänger. Inhalte sind u. a. Ermittlungen zu Havarien und Unfällen, Untersuchungen von Widerstand und Flucht, Berichterstattung an die SED, Eingabenbearbeitung, Kontakte mit Ostblock-Diensten und Sicherung von Großveranstaltungen. Der Bestand ist zugänglich über ein BStU-Findbuch und die F 16. Der Umfang beträgt 490 lfm.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
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Signatur: BStU, MfS, BV Erfurt, AS, Nr. 1/65, Bd. 2, Bl. 160-162
Im thüringischen Sömmerda entlud sich am 17. Juni 1953 der aufgestaute Unmut von Arbeitern des VEB Rheinmetall. Ein Informationsbericht der MfS-Bezirksverwaltung Erfurt schildert den Ablauf des Streiks.
Am 17. Juni 1953 äußerten große Teile der DDR-Bevölkerung ihren Unmut über die SED-Herrschaft und die erzwungene Einführung des Sozialismus. Waren es zunächst wirtschaftliche Forderungen, die die Menschen auf die Straße trieben, entwickelten sich die Demonstrationen an diesem Tag schnell zu einem Volksaufstand, in dessen Verlauf auch weitgehende politische Forderungen laut wurden.
Im thüringischen Sömmerda gingen die Aktionen von der Belegschaft des VEB Rheinmetall aus. Die Arbeiter wehrten sich gegen die einschneidende Kürzung ihrer bescheidenen Löhne. Die Beschäftigten des Rheinmetall-Werkes versammelten sich zuerst auf dem Betriebsgelände. Dann gingen sie auf die Straßen und zogen vor das Rathaus. Die Demonstranten besetzten auch den Stadtrundfunk und riefen die Beschäftigten der anderen Sömmerdaer Betriebe sowie die Stadtbevölkerung zur Teilnahme an einer Kundgebung auf dem Marktplatz auf. Bereits am frühen Vormittag waren hier über 7.000 Demonstranten versammelt. Sie forderten Veränderungen und soziale Verbesserungen. Neben wirtschaftlichen Forderungen, wie eine Senkung der Arbeitsnormen und Verbesserung der Versorgungslage, standen politische Forderungen wie freie gesamtdeutsche Wahlen und Sturz der verhassten SED-Regierung.
Am Nachmittag verhängte der sowjetische Militärkommandant Rjasankin in Sömmerda den Ausnahmezustand. In den Folgetagen begann eine große Verhaftungswelle. Redner und vermeintliche Führer des Aufstandes wurden zu meist vieljährigen Zuchthausstrafen verurteilt. Andere flüchteten in den Westen und verloren ihre Heimat.
Der vorliegende Informationsbericht an die SED-Bezirksleitung Erfurt dokumentiert die Ereignisse während des Volkaufstands vom 17. Juni 1953 in Sömmerda und anderer Orte im Bezirk Erfurt.
Sömmerda: 16.30 Uhr
Der Vorsitzende des Rates des Kreises Sömmerda, Gen. Seidel, teilt mit:
Durch einen Genossen Mier wurde in Sömmerda festgestellt, dass der Handwerksmeister Gross der Verbindungsmann zur Streikleitung der Rheinmetall und zu den Hanswerkern von Sömmerda ist. Durch ihn wurde die Verbindung mit Zeiss Jena und Waggonbau Weimar hergestellt.
(Der Genosse Gaida wurde bereits benachrichtigt).
Erfurt - Stadt: 15.10 Uhr
Im Funkwerk versammelten sich ca. 250 - 300 Menschen auf dem Hof, als die Meldung durch das Radio kam, dass in Berlin der Ausnahmezustand besteht. Die Kollegen reagierten teilweise durch pfeifen, teilweise durch klatschen. Das Klatschen muss man in der Form aufnehmen, indem die Zustimmung für die Menschen gegeben wurde, die in Berlin gegen die Politik unserer Partei und Regierung arbeiten.
Sonst wird die Meinung vertreten, dass die SU ihre Freundschaft beweist und dass der Zustand in Berlin (jetzt Schaffung geordneter Verhältnisse) ein Beweis ihrer Freundschaft zum deutschen Volk ist.
SED Bezirksleitung Erfurt
Abtlg. Leitende Organe der Partei u. Massenorganisationen
Sektor
Parteiinformation
[Unterschrift: i.V. [unleserlich]]
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Die Allgemeine Sachablage (AS) ist Bestand 2 der Abteilung XII. Der Bestand enthält v. a. sachbezogene Unterlagen. Größte Registraturbildner waren die HA I, die HA IX und das BdL. Des Weiteren liegen hier auch Vorgangshefte und Objektvorgänge sowie Akten der MfS-Vorgänger. Inhalte sind u. a. Ermittlungen zu Havarien und Unfällen, Untersuchungen von Widerstand und Flucht, Berichterstattung an die SED, Eingabenbearbeitung, Kontakte mit Ostblock-Diensten und Sicherung von Großveranstaltungen. Der Bestand ist zugänglich über ein BStU-Findbuch und die F 16. Der Umfang beträgt 490 lfm.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
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Demonstration von Arbeitern des VEB Rheinmetall in Sömmerda am 17. Juni 1953 7 Fotografien
Bericht über die Ereignisse in der DDR am 17. Juni 1953 Dokument, 15 Seiten
Gesamtübersicht über die Ereignisse in den Tagen um den 17. Juni 1953 im Bezirk Dresden Dokument, 26 Seiten
Meldung einer Arbeitsniederlegung in Freiberg Dokument, 1 Seite