Konzeption zur Verschleierung des Todes an der Mauer von Horst Einsiedel
Signatur: BStU, MfS, AS, Nr. 754/70, Bd. 44, Bl. 396
Horst Einsiedel arbeitete als Ingenieur in Ost-Berlin. Er fühlte sich eingeschränkt und kam beruflich nicht voran. Er wollte nicht in die SED eintreten, auch nicht den Kontakt zu seiner Mutter und Schwester in West-Berlin abbrechen. Frustriert fasste er den Entschluss, in den Westteil der Stadt zu fliehen. Seiner Ehefrau erschien eine Flucht wegen der kleinen Tochter zu riskant.
Einsiedel wagte es dennoch. Am 15. März 1973 wurde er von DDR-Grenzposten erschossen. Die Staatssicherheit wollte unbedingt jegliches Aufsehen vermeiden. Mit großem Aufwand täuschte sie zunächst ein Gewaltverbrechen vor, später dann einen Unfalltod. "Ich stand unter Schock und habe denen das alles geglaubt", erinnert sich die Ehefrau. Dass Horst Einsiedel an der Mauer getötet worden ist, erfuhr seine Familie erst nach der deutschen Vereinigung im Zuge strafrechtlicher Ermittlungen.
Seine Flucht in den Westen plante Horst Einsiedel von einem Ost-Berliner Friedhof aus, auf dem sein Vater begraben liegt. Der Friedhof lag unmittelbar an den Grenzanlagen. Mithilfe von Friedhofsleitern gelang es ihm, die ersten Hindernisse zu überwinden. Dann wurde er von den Grenzposten bemerkt und beschossen. Er starb noch auf dem Mauerstreifen.
Die ahnungslose Familie gab eine Vermisstenanzeige auf und die Ehefrau wurde im Präsidium der Volkspolizei am Alexanderplatz mehrfach von MfS-Mitarbeitern befragt. Sie wollten herausfinden, ob Frau Einsiedel etwas von den Fluchtplänen ihres Mannes wusste.
Das MfS strickte die Legende eines Gewaltverbrechens und täuschte vor, den leeren PKW von Horst Einsiedel im Wald gefunden zu haben.
Metadaten
Konzeption
Nach intensiver Fahndungsarbeit der Kriminalpolizei des PdVP im Zusammenwirken mit den anderen Polizeikräften gelang es am Samstag, den 24.03.73 den PKW "Trabant 601" pol. Kennzeichen IV 82-89 / Farbe: grau in einem Waldgelände (Schneise) ca. 2 km Luftlinie nördlich der Autobahn Berliner Ring (Süd) unverschlossen aufgefunden. Die Zündschlüssel befanden sich im Zündschloß. Äußerlich wies der PKW keine sichtbaren Schäden auf.
Nähere Hinweise zum PKW-Fund wird sie noch zu gegebener Zeit bekommen, wenn alle Ermittlungshandlungen, die damit im Zusammenhang stehen, abgeschlossen sind.
Im Zusammenhang mit dem Fahndungserfolg nach dem PKW kann sowohl ein ungesetzlicher Grenzübertritt ihres Ehemannes als auch die Möglichkeit, daß gegen ihren Mann ein Verbrechen verübt wurde nicht ausgeschlossen werden.
Die Arbeiten der Kriminalpolizei in beiden Richtungen werden mit aller Intensität fortgesetzt.