Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 7314, Bl. 2-31
Während die SED den "Republikgeburtstag" feierte, war auf den Straßen die Friedliche Revolution in vollem Gange. Die Stasi versuchte den 40. Jahrestag der DDR-Gründung abzusichern und plante Massenverhaftungen.
Am 7. Oktober 1989 beging die DDR ihren 40. Jahrestag. Während die Funktionäre der Staatspartei SED den "Republikgeburtstag" feierten, gab es eine zunehmend wachsende Protestbewegung. Die Friedliche Revolution war in vollem Gang: Tausende DDR-Bürgerinnen und -Bürger forderten auf der Straße grundlegende Reformen. Um die Feierlichkeiten abzusichern startete die Staatssicherheit die Aktion "Jubiläum 40".
Wesentliche Eckpunkte dieser Sicherungsoperation sind im vorliegenden Maßnahmeplan zusammengefasst. Erich Honecker und Erich Mielke haben auf dem Deckblatt unterschrieben und den Plan direkt bestätigt.
Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) hatte größere Demonstrationen im Umfeld der Jubiläumsfeierlichkeiten erwartet. Im "Plan der Maßnahmen" wurde festgelegt, drei Sicherungsbereiche einzurichten. Dazu gehörten jeweils "Zuführungs- und Untersuchungsstützpunkte", durch die Verhaftungen größeren Ausmaßes realisiert werden konnten.
Unverzügliche Ermittlung der Täter und Beweissicherung, einschließlich der zeugenschaftlichen, akustischen, optischen und anderweitigen Dokumentation feindlich-negativer Handlungen.
Einleitung strafrechtlicher und anderer rechtlicher Sanktionen sowie die Entlassung von Personen, die wegen feindlich-negativer Handlungen im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltungen anläß-des 40. Jahrestages der Gründung der DDR durch das MfS bzw. andere Schutz- und Sicherheitsorgane zugeführt bzw. festgenommen wurden, nur nach Abstimmung mit dem zentralen Untersuchungsorgan des MfS.
(11) Einrichtung und Besetzung von Zuführungs- und Untersuchungsstützpunkten und Einsatz zusätzlicher Kräfte in den Untersuchungsorganen bei Erfordernis.
Umfassende Aufdeckung möglicher gegen die Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltungen anläßlich des 40. Jahrestages der Gründung der DDR gerichteter Straftaten sowie begünstigender Umstände und Bedingungen durch die Untersuchungsführung.
(12) Verstärkte Sicherung diversionsgefährdeter Bereiche, besonders der Energie-, Gas- und Wasserversorgung/Abwasserbehandlung, des Handels sowie der Lebensmittelhygiene, und Einleitung von zusätzlichen Maßnahmen zur Verhinderung von Bränden, Havarien, Störungen und anderen öffentlichkeitswirksamen negativen Vorkommnissen.
Staatsverbrechen
Staatsverbrechen waren im StEG/1957 (§§ 13-27) und in Kapitel 2 des StGB/1968 (§§ 96-111) beschriebene politische Straftaten, die in die Zuständigkeit des MfS als strafrechtliches Untersuchungsorgan (HA IX) fielen, weil eine staatsfeindliche Absicht und/oder eine staatsgefährdende Wirkung unterstellt wurden.
Zu den Staatsverbrechen zählten diktaturspezifisch kodifizierte "klassische" politische Straftaten wie Hochverrat und Spionagedelikte sowie als Meinungs- und Organisationsdelikte definierte Handlungen (Staatsfeindliche Hetze, Staatsfeindliche Gruppenbildung), die in demokratischen Staaten als Ausübung von Grundrechten gelten würden, außerdem unterschiedliche Handlungen oder Unterlassungen, bei denen den Tätern eine staatsfeindlich motivierte Schädigungsabsicht unterstellt wurde (Diversion, Sabotage).
Die als Staatsverbrechen bezeichneten Straftatbestände stehen überwiegend in sowjetischer Rechtstradition und gehen letztlich auf Artikel 58 des StGB der RSFSR ("Konterrevolutionäre Verbrechen") zurück. Bis Februar 1958 wurden sie von DDR-Gerichten in Ermangelung konkreter strafrechtlicher Regelungen pauschal mit Hilfe von Artikel VI der Verfassung von 1949 ("Boykott- und Kriegshetze") geahndet.
Staatsverbrechen galten als schwere Straftaten; bei einigen Tatbeständen (Hochverrat, Spionage, Terror, Diversion, Sabotage) umfasste der Strafrahmen bis 1987 auch die Todesstrafe.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Der Begriff Untersuchungsorgan (russ.: sledstwennyj organ) ist sowjetischen Ursprungs und verdrängte in der DDR in den frühen 50er Jahren allmählich den traditionellen deutschen Begriff Ermittlungsbehörde. Untersuchungsorgane hatten laut Strafprozessordnung (StPO) der DDR die Befugnisse polizeilicher Ermittlungsbehörden und unterstanden bei der Bearbeitung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens de jure der Aufsicht des Staatsanwaltes (§§ 95-98 StPO/1952, §§ 87-89 StPO/1968).
Während anfangs das MfS insgesamt als Untersuchungsorgan galt, wurden später zumeist nur noch jene Bereiche, die strafrechtliche Ermittlungsverfahren durchführten, also die HA IX in der Berliner MfS-Zentrale und die fachlich nachgeordneten Abt. IX der BV, als Untersuchungsorgan bezeichnet. Neben den Untersuchungsorganen des MfS gab es in der DDR die Untersuchungsorgane des MdI (Kriminalpolizei) und der Zollverwaltung bzw. ihres Vorläufers Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs (Zollfahndungsdienst). Bis 1953 übten auch die Kommissionen für staatliche Kontrolle in Wirtschaftsstrafverfahren die Funktionen von Untersuchungsorganen aus.
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 7314, Bl. 2-31
Während die SED den "Republikgeburtstag" feierte, war auf den Straßen die Friedliche Revolution in vollem Gange. Die Stasi versuchte den 40. Jahrestag der DDR-Gründung abzusichern und plante Massenverhaftungen.
Am 7. Oktober 1989 beging die DDR ihren 40. Jahrestag. Während die Funktionäre der Staatspartei SED den "Republikgeburtstag" feierten, gab es eine zunehmend wachsende Protestbewegung. Die Friedliche Revolution war in vollem Gang: Tausende DDR-Bürgerinnen und -Bürger forderten auf der Straße grundlegende Reformen. Um die Feierlichkeiten abzusichern startete die Staatssicherheit die Aktion "Jubiläum 40".
Wesentliche Eckpunkte dieser Sicherungsoperation sind im vorliegenden Maßnahmeplan zusammengefasst. Erich Honecker und Erich Mielke haben auf dem Deckblatt unterschrieben und den Plan direkt bestätigt.
Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) hatte größere Demonstrationen im Umfeld der Jubiläumsfeierlichkeiten erwartet. Im "Plan der Maßnahmen" wurde festgelegt, drei Sicherungsbereiche einzurichten. Dazu gehörten jeweils "Zuführungs- und Untersuchungsstützpunkte", durch die Verhaftungen größeren Ausmaßes realisiert werden konnten.
Gewährleistung der Funktionssicherheit der Reserven bei auftretenden Störungen.
(13) Verstärkte Sicherung von Mahnmalen, Gedenkstätten und politisch bzw. kulturpolitisch besonders bedeutsamen Friedhöfen zur Verhinderung von terroristischen, rassen-oder religionsfeindlichen Anschlägen, Provokationen und anderen antisozialistischen Handlungen.
(14) Einflußnahme auf die zuständigen Organe zur Gewährleistung
Verantwortlich: Ministerium für Staatssicherheit, Ministerium des Innern
(15) Einflußnahme auf die konsequente Durchsetzung der Rechtsvorschriften und Weisungen sowie innerdienstlichen Bestimmungen und Vorschriften zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung beim Umgang mit Waffen, Munition, Sprengmitteln, Giften und anderen gefährlichen Gütern sowie radioaktiven Materialien und Einleitung verstärkter Sicherungsmaßnahmen an und in entsprechenden Lagern.
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 7314, Bl. 2-31
Während die SED den "Republikgeburtstag" feierte, war auf den Straßen die Friedliche Revolution in vollem Gange. Die Stasi versuchte den 40. Jahrestag der DDR-Gründung abzusichern und plante Massenverhaftungen.
Am 7. Oktober 1989 beging die DDR ihren 40. Jahrestag. Während die Funktionäre der Staatspartei SED den "Republikgeburtstag" feierten, gab es eine zunehmend wachsende Protestbewegung. Die Friedliche Revolution war in vollem Gang: Tausende DDR-Bürgerinnen und -Bürger forderten auf der Straße grundlegende Reformen. Um die Feierlichkeiten abzusichern startete die Staatssicherheit die Aktion "Jubiläum 40".
Wesentliche Eckpunkte dieser Sicherungsoperation sind im vorliegenden Maßnahmeplan zusammengefasst. Erich Honecker und Erich Mielke haben auf dem Deckblatt unterschrieben und den Plan direkt bestätigt.
Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) hatte größere Demonstrationen im Umfeld der Jubiläumsfeierlichkeiten erwartet. Im "Plan der Maßnahmen" wurde festgelegt, drei Sicherungsbereiche einzurichten. Dazu gehörten jeweils "Zuführungs- und Untersuchungsstützpunkte", durch die Verhaftungen größeren Ausmaßes realisiert werden konnten.
Transporte von Waffen, Munition, Sprengmitteln und Giften sind in der Zeit vom 6. Oktober bis 8. Oktober 1989 nur mit Genehmigung des Präsidenten der Volkspolizei Berlin bzw. der Chefs der Bezirksbehörden der DVP durchzuführen. In den Jagdgebieten der Hauptstadt der DDR, Berlin, und in den Randgebieten besteht im gehannten Zeitraum Jagdverbot.
(16) Konsequente Sicherung der Objekte und Einrichtungen, der Bewaffnung, Ausrüstung und Technik der NVA, der Grenztruppen der DDR, des MfS, des MdI, der Kampfgruppen der Arbeiterklasse, der GST und der Zivilverteidigung, insbesondere der militärischen Kampftechnik einschließlich aller Luftfahrzeuge, der Kfz-Technik, Waffen-, Munitions-, Versor-gungs- und Tanklager.
Verstärkte Sicherung von Objekten und Wohngebieten der Westgruppe der Streitkräfte der UdSSR und Einflußnahme auf die Westgruppe der Streitkräfte der UdSSR zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung im Umgang mit Waffen, Munition, Sprengmitteln und anderer militärischer Ausrüstung sowie zur Verhinderung von unerlaubten Entfernungen durch Angehörige der Westgruppe der Streitkräfte der UdSSR.
Verantwortlich: Ministerium für Nationale Verteidigung, Ministerium des Innern, Ministerium für Staatssicherheit
(17) Verstärkte Sicherung der Strafvollzugseinrichtungen und Durchführung spezieller Maßnahmen zur konsequenten Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in diesen Einrichtungen.
In der Zeit vom 6. Oktober bis 8. Oktober 1989 sind alle Außenarbeitskommandos und Gefangenentransporte verstärkt zu sichern.
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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