Meldung einer "Hetzparole" in Freiberg
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 309, Bl. 155
Während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953 kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt zu vergleichsweise wenig Streiks und Demonstrationen. Die Kreisdienststelle Freiberg der Staatssicherheit meldete die an einem Lok-Schuppen angebrachte Losung "Nieder mit der SED".
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Die Streikzentren lagen neben der Stadt Karl-Marx-Stadt in den Städten Freiberg, Crimmitschau, Tannenberg, Penig, und in Werdau. Eine Besonderheit der Streiks im Bezirk war, dass sie erst in der Nacht vom 17. zum 18. Juni begannen. Grund für die Arbeitsniederlegung war hier neben Normenerhöhung und der Verschlechterung der Lebensbedingungen vor allem die Verhängung des Ausnahmezustandes selbst.
Die MfS-Kreisdienststelle in Freiberg meldete am 18. Juni 1953, dass an einem Lok-Schuppen in Freiberg mit weißer Kreide die Parole "Nieder mit der SED" angebracht wurde. Ein Volkspolizist hatte diese entdeckt und sogleich verwischt.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Kreisdienststelle Freiberg
- Datum:
- 18.6.1953
- Rechte:
- BStU
- Überlieferungsform:
- Dokument
Karl-Marx-Stadt, am 18.06.1953
Betr.: Meldung der Kreisdienststelle Freiberg
1 a) 18.06.53 - 3.45 Uhr
1 b) 18.06.53 - 4.20 Uhr
2) Freiberg, Käthe-Kollwitz-Str., am Lok-Schuppen
3) Hetzparole: "Nieder mit der SED"
4) Mit weißer Kreide an den Lok-Schuppen geschrieben, Größe der Buchstaben: 15 cm
5) Weiße Kreide
6) Entfällt
7) Der VP-Abschnittsbevollmächtigte [anonymisiert] stellte gegen 3.45 Uhr die Hetzparole fest. Er verwischte diese, da er nichts bei sich hatte, um die Parole zu überkleben. Gegen 4.20 Uhr bei Beendigung seines Streifenganges meldete er dies dem OP-Stab.
gez. Schenker
Entgegengenommen: Reißig
am 18.06.53 - 5.00 Uhr