Signatur: BStU, MfS, BV Leipzig, KD Leipzig-Land, Nr. 2261, Bl. 51-52
Preußische Traditionen erlebten in den letzten Jahren der DDR einen staatlich initiierten Aufschwung. Das international ausgerichtete Gedenken an die Völkerschlacht 1983 und 1988 und die damit erwarteten Gäste aus dem Ausland erregten auch die Aufmerksamkeit der Staatssicherheit.
Das SED-Regime entdeckte das Preußentum Anfang der 80er Jahre für seine Zwecke. Daher wurden 1983 und 1988 mit staatlicher Förderung entsprechende Festveranstaltungen in Leipzig in Szene gesetzt. Die Staatssicherheit spielte dabei eine aktive Rolle.
Die Motive der regierenden SED, eine Preußen-Renaissance zuzulassen, waren vielfältig. Preußische Tugenden wie Disziplin und Fleiß ließen sich für die eigene Propaganda gewinnbringend instrumentalisieren. Zudem konnte die Parteiführung auf das preußisch-russische Bündnis als Traditionslinie verweisen. Insgesamt erhoffte sich die SED eine engere Bindung der DDR-Bürger an den Staat. Aus diesem Grund forcierte und unterstützte das Regime auch die Beschäftigung mit den preußischen Traditionen, wie z.B. Waffenkunde. Inbegriffen waren daher auch die Ereignisse der Völkerschlacht bei Leipzig 1813.
Eine der an den Jubiläumsfeiern besonders rege beteiligten Gruppen war die "Interessengemeinschaft Völkerschlacht 1813", die unter dem Dach des Kulturbundes aktiv war. Dabei handelte es sich um eine Gruppe von historischen Darstellern, die in originalgetreuen Uniformen Szenen aus dem Jahr der Völkerschlacht 1813 nachstellten und Traditionspflege betrieben. Gegen diese Art von Betätigung gab es ein großes Misstrauen innerhalb der Stasi. Erschwerend hinzu kamen die Auslandskontakte der Interessengemeinschaft (IG). Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) leitete daher Überwachungsmaßnahmen ein.
Der 175. Jahrestag der Völkerschlacht im Jahr 1988 stellte einen kulturpolitischen Höhepunkt in der DDR dar. Staat und Partei finanzierten ein umfangreiches Festprogramm. Die Grundlage dazu bildete ein Beschluss des Zentralkomitees der SED aus dem Jahre 1987. Als Begleiterscheinung reisten immer mehr an der Völkerschlacht Interessierte in die DDR ein und gerieten ebenfalls ins Visier der Staatssicherheit.
BV für Staatssicherheit
KD Leipzig-Land
[handschriftliche Ergänzung unleserlich]
Leipzig, den 04.03.1988
IV/pau-kö
Operativinformation Nr. [handschriftliche Ergänzung: 73]/88
Inoffiziell wurde bekannt, daß die Vorbereitung und Durchführung des 175. Jahrestages der Befreiungskriege mit dem Höhepunkt der Völkerschlacht bei Leipzig in einem großen öffentlichkeitswirksamen Rahmen begangen wird.
Diese Veranstaltungen werden in der Zeit vom 14.10.88 bis 16.10.88 in dem Stadt- und Landkreis Leipzig, unter dem Thema
"Auf den Spuren der Völkerschlacht"
durchgeführt.
Der Durchführung der Veranstaltungen liegt u. a. der Beschluß des Sekretariats des ZK der SED vom 29.11.87 und der Beschluß des Rates der Stadt 247/87 vom 23.09.87 zugrunde. Derzeit wird durch den Rat der Stadt Leipzig die Konzeption über den Programmablauf erarbeitet, welche bis zum 15.03.88 zu erstellen ist.
Über die Planung der Veranstaltungen ist bis dato bekannt, daß an den Veranstaltungen Ausländer aus mehreren sozialistischen und kapitalistischen Staaten teilnehmen werden. Vorrangig wird sich das auf die Länder der BRD, Frankreich, Belgien, Österreich, Großbritannien, der CSSR, UdSSR, VR Polen und der UVR beziehen. Aus diesen Ländern werden Orchester für die historische Militärmusik sowie Interessengruppen, die sich mit der Historie der Befreiungskriege, speziell der Völkerschlacht beschäftigen, eingeladen.
Darüber hinaus kann eingeschätzt werden, daß speziell aus Frankreich und Österreich mehrere "Sympathisanten" der Geschichte der Völkerschlacht zu den Feierlichkeiten nach Leipzig einreisen werden, wodurch Kontakte zu DDR-Bürgern nicht auszuschließen sind.
Zu vergangenen Jahresfeiern der Völkerschlacht reiste mehrfach eine belgische Interessengruppe in die DDR ein, welche auch bei Treffen in Austerlitz/CSSR meist anwesend waren. Diese sind des öfteren nach größerem Alkoholkonsum negativ angefallen, indem sie die gastronomischen Einrichtungen mehrfach demolierten bzw. zerstörten.
Nach Abstimmung und Bestätigung der Konzeption für den Programmablauf erhalten Sie noch eine Ergänzung zur Operativinformation über die geplanten Maßnahmen sowie die konkrete Teilnahme der Ausländer.
Signatur: BStU, MfS, BV Leipzig, KD Leipzig-Land, Nr. 2261, Bl. 51-52
Preußische Traditionen erlebten in den letzten Jahren der DDR einen staatlich initiierten Aufschwung. Das international ausgerichtete Gedenken an die Völkerschlacht 1983 und 1988 und die damit erwarteten Gäste aus dem Ausland erregten auch die Aufmerksamkeit der Staatssicherheit.
Das SED-Regime entdeckte das Preußentum Anfang der 80er Jahre für seine Zwecke. Daher wurden 1983 und 1988 mit staatlicher Förderung entsprechende Festveranstaltungen in Leipzig in Szene gesetzt. Die Staatssicherheit spielte dabei eine aktive Rolle.
Die Motive der regierenden SED, eine Preußen-Renaissance zuzulassen, waren vielfältig. Preußische Tugenden wie Disziplin und Fleiß ließen sich für die eigene Propaganda gewinnbringend instrumentalisieren. Zudem konnte die Parteiführung auf das preußisch-russische Bündnis als Traditionslinie verweisen. Insgesamt erhoffte sich die SED eine engere Bindung der DDR-Bürger an den Staat. Aus diesem Grund forcierte und unterstützte das Regime auch die Beschäftigung mit den preußischen Traditionen, wie z.B. Waffenkunde. Inbegriffen waren daher auch die Ereignisse der Völkerschlacht bei Leipzig 1813.
Eine der an den Jubiläumsfeiern besonders rege beteiligten Gruppen war die "Interessengemeinschaft Völkerschlacht 1813", die unter dem Dach des Kulturbundes aktiv war. Dabei handelte es sich um eine Gruppe von historischen Darstellern, die in originalgetreuen Uniformen Szenen aus dem Jahr der Völkerschlacht 1813 nachstellten und Traditionspflege betrieben. Gegen diese Art von Betätigung gab es ein großes Misstrauen innerhalb der Stasi. Erschwerend hinzu kamen die Auslandskontakte der Interessengemeinschaft (IG). Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) leitete daher Überwachungsmaßnahmen ein.
Der 175. Jahrestag der Völkerschlacht im Jahr 1988 stellte einen kulturpolitischen Höhepunkt in der DDR dar. Staat und Partei finanzierten ein umfangreiches Festprogramm. Die Grundlage dazu bildete ein Beschluss des Zentralkomitees der SED aus dem Jahre 1987. Als Begleiterscheinung reisten immer mehr an der Völkerschlacht Interessierte in die DDR ein und gerieten ebenfalls ins Visier der Staatssicherheit.
Die Information ist nicht überprüft, die Quelle berichtete bisher ehrlich und zuverlässig.
Leiter der KD
[Unterschrift]
Händel
Oberstleutnant
Verteiler:
Linie XX (Staatsapparat, Kirchen, Kultur, Untergrund)
Die Hauptabteilung XX bildete den Kernbereich der politischen Repression und Überwachung der Staatssicherheit. In Struktur und Tätigkeit passte sie sich mehrfach an die sich wandelnden Bedingungen der Herrschaftssicherung an. Die Diensteinheit ging 1964 durch Umbenennung aus der Hauptatbeilung V hervor, die ihrerseits in den Abteilungen V und VI (1950–1953) ihre Vorläufer hatte.
Die Hauptabteilung XX und die ihr nachgeordneten Abteilungen XX in den Bezirksverwaltungen (Linie XX) sowie entsprechende Arbeitsbereiche in den KD überwachten wichtige Teile des Staatsapparates (u. a. Justiz, Gesundheitswesen und bis 1986 das Post- und Fernmeldewesen), die Blockparteien und Massenorganisationen, den Kultur- und Sportbereich, die Medien und die Kirchen sowie SED-Sonderobjekte und Parteibetriebe. Federführend war die Hauptabteilung XX auch bei der Bekämpfung der "politischen Untergrundtätigkeit" (PUT), also der Opposition.
Ab der zweiten Hälfte der 50er Jahre und verstärkt seit dem Beginn der Entspannungspolitik fühlte sich das SED-Regime zunehmend durch die "politisch-ideologische Diversion" (PiD) bedroht. Die Schwächung der "Arbeiter-und-Bauern-Macht" durch "ideologische Aufweichung und Zersetzung" galt als Hauptinstrument des Westens bei der Unterminierung der DDR. Auch bei der Bekämpfung der PiD hatte die Hauptabteilung XX innerhalb des MfS die Federführung.
Das Erstarken der Bürgerrechtsbewegung (Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsgruppen) in der DDR führte in den 80er Jahren zu einem weiteren Bedeutungszuwachs der Linie XX. In der DA 2/85 bestätigte Minister Mielke dementsprechend die Federführung der Hauptabteilung XX bei der Bekämpfung der PUT.
Im Verlauf der fast 40-jährigen Entwicklung der Hauptabteilung XX veränderte sich ihre Struktur mehrfach. In der Endphase verfügte sie über neun operative Abteilungen und vier Funktionalorgane der Leitung (Sekretariat, Arbeitsgruppe der Leitung, Koordinierungsgruppe des Leiters, Auswertungs- und Kontrollgruppe).
Die Hauptabteilung V lag ab 1953 zunächst im unmittelbaren Anleitungsbereich von Mielke in seiner Eigenschaft als 1. Stellvertreter des Staatssicherheitschefs. Ab 1955 war der stellvertretende Minister Bruno Beater und 1964–1974 der stellv. Minister Fritz Schröder auf der Ebene der MfS-Leitung für die Hauptabteilung XX zuständig. Beide waren zuvor selbst (Beater 1953–1955, Schröder 1955–1963) Leiter der Hauptabteilung V. Seit 1975 gehörte die Hauptabteilung XX zum Verantwortungsbereich von Mielkes Stellvertreter Rudi Mittig. Von 1964 bis zur Auflösung des MfS leitete Kienberg die Hauptabteilung XX. Ihm standen seit 1965 zwei Stellvertreter zur Seite.
1954 waren in der Hauptabteilung V insgesamt 139 Mitarbeiter beschäftigt. Im Herbst 1989 verfügte die Hauptabteilung XX über 461 Mitarbeiter, von denen mehr als 200 als IM-führende Mitarbeiter eingesetzt waren.
In den 15 Bezirksverwaltungen waren auf der Linie XX im Oktober 1989 insgesamt knapp 1.000 Kader und damit auf der gesamten Linie XX fast 1.500 hauptamtliche Mitarbeiter im Einsatz. Gleichzeitig konnte allein die Hauptabteilung XX mit etwas mehr als 1.500 IM auf einen überdurchschnittlich hohen Bestand an inoffiziellen Kräften zurückgreifen. Ihrem Aufgabenprofil entsprechend spiegelt sich nicht zuletzt in der Entwicklung der Hauptabteilung XX auch die Geschichte von Opposition, Widerstand und politischer Dissidenz in der DDR. Im Herbst 1989 wurden von der Diensteinheit 31 Operative Vorgänge (10 Prozent aller Operativen Vorgänge im Berliner Ministeriumsbereich) und 59 Operative Personenkontrollen (8,7 Prozent) bearbeitet.
1978 wurden die AIG der Bezirksverwaltungen mit der Integration des Kontrollwesens in Auswertungs- und Kontrollgruppen umgewandelt. Analog zur ZAIG waren die AKG jetzt das Funktionalorgan der Leiter der BV mit den Aufgaben Auswertung und Information, Planung, Überprüfung und Kontrolle, Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen und Weisungen sowie EDV. Darüber hinaus wurden die AKG auch für Öffentlichkeitsarbeit zuständig, die im Ministerium noch bis 1985 der Abteilung Agitation bzw. der Arbeitsgruppe Öffentliche Verbindungen zugeordnet war. 1979 wurden auch in den meisten selbständigen Abteilungen und Hauptabteilungen der MfS-Zentrale AKG gebildet. Die AKG unterstanden den Leitern der jeweiligen Diensteinheit, wurden aber fachlich von der ZAIG angeleitet.
Quelle war eine zentrale IM-Kategorie der Hauptverwaltung A. Als Quelle wurden im sogenannten Operationsgebiet tätige inoffizielle Mitarbeiter bezeichnet, die in der Lage waren, an geheime Informationen über Aktivitäten und Absichten sowie Ressourcen und interne Lagebedingungen gegnerischer Einrichtungen zu gelangen.
Es wurden zwei Typen von Quellen unterschieden:
Zuletzt besaß die HV A (einschließlich der ihr nachgeordneten Abteilungen XV der BV) in der Bundesrepublik und Westberlin 133 A-Quellen und 449 O-Quellen.
Bericht des IMS "Bodo" zum Abschluss der Jubiläumswoche zum 170. Jahrestag der Völkerschlacht Dokument, 1 Seite
Auftrag für den GMS "Bund" zur Aufklärung der "IG Völkerschlacht 1813" Dokument, 1 Seite
Übersichtsbogen zur Operativen Personenkontrolle "Napoleon" Dokument, 2 Seiten
"Fixi" - ein IM in Schlüsselposition im Bauhaus Dessau Dokument, 3 Seiten