Poster gegen Militärparaden an der "Speakers' Corner" der Carl-von-Ossietzky-Schule
Signatur: BStU, MfS, BV Berlin, AOP, Nr. 1224/91, Bd. 6, Bl. 11
Im Herbst 1988 wurden Schüler der Carl-von-Ossietzky-Schule in Berlin-Pankow der Schule verwiesen, weil sie sich offen gegen Militärparaden und Rechtsextremismus in der DDR ausgesprochen hatten. Ein Schüler forderte in einem Aushang an der Diskussionsecke "Speaker’s Corner" der FDJ, auf die Militärparade zum Jahrestag der DDR am 7. Oktober zu verzichten.
Am 30. September 1988 wurden drei Schüler und eine Schülerin der Carl-von-Ossietzky-Schule im Ost-Berliner Stadtteil Pankow der Schule verwiesen, weil sie sich offen gegen Militärparaden ausgesprochen und vor dem Rechtsextremismus in der DDR gewarnt hatten. Zwei weitere Klassenkameraden wurden an andere Schulen versetzt, zwei erhielten einen Verweis. Die Betroffenen wurden durch ein systematisches Zusammenspiel von Schule, Leitung der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und Elternrat gemaßregelt und gedemütigt. Anders als viele ähnliche Fälle wurde dieser Vorgang jedoch öffentlich. Die sogenannte Ossietzky-Affäre schlug hohe Wellen. Der Mut der Schüler rief eine Welle der Solidarität hervor.
Bereits am 13. September 1988 hatte ein Schüler an der Speakers’ Corner, einer Diskussionsecke der FDJ in der Carl-von-Ossietzky-Schule Berlin, ein Poster gegen Militärparaden angebracht. 38 Schülerinnen und Schüler hatten den Aufruf unterzeichnet.
Metadaten
- Datum:
- 13.9.1988
- Rechte:
- BStU
[Handschriftlich angefertigtes "Poster". Auf einem nach rechts zeigenden Pfeil: [unleserlich] wenigen Wochen]
Ist es so weit!
Im Zentrum Berlins
werden riesige Geschosse aufgefahren,
todbringende Waffen zur Schau gestellt.
Die Panzer rollen einer Zeit über die Straßen Berlins, da gerade [Unterstreichung: vertrauensbildende Maßnahmen] eine gemeinsame Sicherheit in Europa schaffen sollen.
[Unleserlich] einer solchen Zeit ist das öffentliche Vorführen militärischer Stärke, das laute Bekunden von Abschreckung ungesund für die politische Schönwetter-Phase, die vielleicht [Unterstreichung: historisch] werden kann.
Es paßt auch nicht in die Friedenspolitik der DDR.
[Unleserlich] Ansehen der DDR
[Unleserlich] Friedens-Prozeß
Verzicht auf die
Militärparade
[auf einem links zeigenden Pfeil am unteren rechten Rand: Eure Meinung?]
Dafür sollten wir uns einsetzen
Das wäre ein guter Schritt
Kai Feller
Das ist nicht direkt verkehrt
[anonymisiert]
[unterstrichen: ganz meine Meinung!]
[Es folgen einige Unterschriften und weitere Meinungsäußerungen, die z. T. nicht lesbar sind.]
Ich bin auch der Meinung
Nichts entgegen zusetzen
Es sei hier noch ein mal betont, daß es sich [Unterstreichung: nicht] um Statusfragen handelt
[Auch hier viele Unterschriften]