Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 5145, Bl. 81-83
Im Dienstobjekt "Walli" bei Wartin bildete die Hauptabteilung XXII Sondereinheiten zur Terrorismusbekämpfung aus.
Zur Ausbildung von eigenen Mitarbeitern und ausländischen Kadern aus den sogenannten "jungen Nationalstaaten" diente der Stasi das Objekt "Walli" in Wartin bei Prenzlau. Hier wurden auch Sondereinheiten zur Terrorismusbekämpfung trainiert, die sogenannten Zentralen Spezifischen Kräfte, Flugsicherungsbegleiter und Objektsicherungskräfte.
Auf dem Gelände bestanden die Voraussetzungen zur Sprengausbildung und ab Mitte der 80er Jahre konnten an einem ausgemusterten Verkehrsflugzeug vom Typ Tu-134 Antiterroreinheiten eine Befreiung entführter Passagiermaschinen trainieren.
Im Juni 1989 arbeitete das MfS ein Perspektivplan zur Werterhaltung des Dienstobjekts aus. Darin wurden notwendige Bau- und Instandhaltungsarbeiten aufgelistet. Geklagt wurde vor allem, dass die vorhandene Bausubstanz in solch schlechtem Zustand sei, dass es nicht länger möglich sei, neue Ausbildungskräfte unterzubringen.
Vier Monate später informierte der Leiter der Hauptabteilung XXII, Horst Franz, im vorliegenden Protokoll, dass das vorhandene Dienstobjekt bis Juli 1990 zu räumen und einem anderen Nutzer zu übergeben sei. Die dort durchgeführten Ausbildungsinhalte könnten auch auf dem Truppenübungsplatz des Wachregiments Berlin mit der dort vorhandenen Ausstattung durchgeführt werden.
Die Mitnutzung des TÜP Lehnin muß jährlich abgestimmt werden und wurde für 1990 bereits vereinbart.
Bei Realisierung der auf der Grundlage der unterbreiteten Vorschläge und geführten Vorabstimmungen konzipierten Aufgabenkomplexe (Maßnahmeplan vgl. Anlage) kann sichergestellt werden, daß das DO Wartin ab 1. Juli 1990 durch die HA XXII geräumt und an einen anderen Nutzer übergeben werden kann.
Franz
Oberst
Anlagen
Hauptabteilung XXII ("Terrorabwehr")
Die Abteilung XXII richtete ihre Aufmerksamkeit vor allem auf linksterroristische Organisationen, jedoch auch auf linksextreme Gruppen in der Bundesrepublik mit DDR-kritischer Ausrichtung (etwa "trotzkistischer" oder "maoistischer" Spielart), die autonome Szene in Westberlin sowie militante Gruppierungen im palästinensischen bzw. arabischen Lager (wie die Abu-Nidal-Gruppe). Sobald sich die Arbeit solcher Zellen gegen die DDR zu richten schienen, leitete die Abteilung XXII umfangreiche Zersetzungsmaßnahmen ein (so zum Beispiel gegenüber der KPD/ML).
Die Diensteinheit befasste sich auch mit neonazistischen und rechtsextremen Gruppen in der Bundesrepublik (wie der "Wehrsportgruppe Hoffmann") sowie allen Einrichtungen, die dezidiert antikommunistische Positionen vertraten (wie etwa die Arbeitsgemeinschaft 13. August - Haus am Checkpoint Charlie). Im Umfeld solcher Organisationen hatte die Abteilung XXII 161 IM platziert, davon 35 aus dem Westen (wie etwa den RAF-Anwalt Klaus Croissant oder den Ex-Terroristen Till Meyer).
Die Bildung der Abteilung XXII im Jahre 1975 war eine Reaktion auf die Entstehung des arabisch/palästinensischen und bundesdeutschen Terrorismus. Die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter dieser Diensteinheit wuchs bis 1980 auf fast 140 Personen an, doch sogar mit 248 Mitarbeitern im Jahre 1988 war die Abteilung innerhalb des Mielke-Apparates vergleichsweise klein dimensioniert. Aufgrund der Brisanz ihrer Tätigkeit war sie besonders um Abschottung und Konspiration bemüht und suchte häufig Rückendeckung von oben.
Zunächst wurde die Abteilung XXII von Harry Dahl geleitet, ihm folgte 1985 Horst Franz. Um etwaige Drohanrufe oder potenzielle Gewaltakte auch in der DDR sowie mögliche Rückverbindungen westlicher Terroristen nach Ostdeutschland aufzudecken, existierten in den BV sogenannte Arbeitsgruppen XXII mit insgesamt 69 Mitarbeitern.
Aus weltanschaulichen Gründen hat die Staatssicherheit zudem damalige Befreiungsbewegungen der Dritten Welt (wie den Afrikanischen Nationalkongress / ANC) sowie etliche "junge Nationalstaaten" protegiert. Als Verbündete im Kampf gegen den "Imperialismus" wurden zwischen 1970 und 1989 insgesamt 1 895 Mitglieder dieser Organisationen militärisch oder geheimpolizeilich ausgebildet. Hierfür zuständig war die Arbeitsgruppe des Ministers/Sonderfragen (AGM/S), die auch Aufgaben der bewaffneten Flugsicherungsbegleitung wahrnahm und ggf. Gewalttäter überwältigen sollte.
Im Jahre 1987 wurde diese Diensteinheit in Abteilung XXIII umbenannt und verschmolz 1989 mit der Abteilung XXII zur Hauptabteilung XXII mit zuletzt 878 Mitarbeitern.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
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Ausbildungsmöglichkeiten im Dienstobjekt "Walli" bei Wartin Dokument, 6 Seiten
Lageskizze des Dienstobjektes "Walli" bei Wartin Dokument, 1 Seite
Unterbringungsmöglichkeiten im Dienstobjekt "Walli" bei Wartin Dokument, 3 Seiten
Bericht über die Besichtigung des Dienstobjektes Wartin durch Ortsgruppe Schwedt der SDP Dokument, 1 Seite