Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 4528, Bl. 18-19
Während Mitglieder von SED und FDJ den Auftritt Lindenbergs heftig kritisierten, waren viele Jugendliche vom Konzert im Palast der Republik begeistert.
Am 25. Oktober 1983 spielte Udo Lindenberg zum ersten und vor dem Mauerfall einzigen Mal in der DDR. 15 Minuten dauerte der Auftritt des westdeutschen Rockers beim so genannten "Friedensfestival" der Freien Deutschen Jugend (FDJ) in Ostberlin. Der Auftritt löste bei der Stasi einen umfangreichen Einsatz aus, weil Udo Lindenberg ein steter Kritiker der Verhältnisse in der DDR war. Verschiedene Diensteinheiten der Geheimpolizei begleiteten die Vorbereitungen, das Konzert und die sammelten Reaktionen im Anschluss daran.
Der vorliegende ZAIG-Bericht an die SED-Führung bringt die unterschiedlichen Haltungen der DDR-Bevölkerung zum Ausdruck. Mitglieder der SED und FDJ kritisierten den Auftritt als "politische Fehlentscheidung". Ein "beträchtlicher Teil" der Jugendlichen hingegen begrüßte das Konzert.
Anlage 1
Hinweis über Reaktionen / Haltungen von Teilen der Bevölkerung der DDR zum Auftritt des BRD-Rocksängers Udo Lindenberg am 25.10.83 im Palast der Republik
Vorliegenden Hinweisen aus der Mehrzahl der Bezirke der DDR zufolge hat der Auftritt des BRD-Rocksängers Udo Lindenberg am 25.10.1983 im Palast der Republik große Beachtung gefunden. Diesbezüglich bekanntgewordene Meinungsäußerungen widerspiegeln zum Teil völlig gegensätzliche Bewertungen des Auftritts.
Besonders progressive Kräfte, darunter zahlreiche Mitglieder der SED, FDJ-Funktionäre und Pädagogen brachten in Diskussionen offen ihre ablehnende Haltung zum Ausdruck. Sie verwiesen insbesondere darauf, daß die während des Auftritts von Lindenberg getätigten Äußerungen (Abschaffung der Raketen in Ost und West), seine vulgäre Sprache und sein dekadentes Äußeres nicht dem Grundanliegen dieser bedeutsamen Friedensmanifestation entsprochen haben. Wiederholt wurden Vergleiche zwischen seinen diskriminierenden Äußerungen gegenüber dem Generalsekretär des ZK der SED in dem Song "Sonderzug nach Pankow" und seinem Auftritt im Palast der Republik angestellt. In diesem Zusammenhang wurde die gewährte Auftrittserlaubnis als "politische Fehlentscheidung" bzw. "Inkonsequenz" des Zentralrats der FDD bewertet.
Sein Engagement in der BRD-Friedensbewegung wird als nicht glaubwürdig eingeschätzt.
Unverständnis löste bei den vorgenannten Personenkreisen die Ankündigung einer Lindenberg-Tournee durch die DDR im Jahre 1984 aus.
Die AIG entstanden mit der Einführung des einheitlichen Auswertungs- und Informationssystems 1965 aus den in den Bezirksverwaltungen und zentralen operativen Diensteinheiten des MfS schon bestehenden Informationsgruppen. In ihrem Zuständigkeitsbereich oblag ihnen die Bewertung und Selektion von Informationen, die Gewährleistung des Informationsflusses und die Fertigung der Berichte für die Partei- und Staatsfunktionäre. Die AIG unterstanden der fachlichen Anleitung und Kontrolle der ZAIG. 1978/79 wurden sie zu Auswertungs- und Kontrollgruppen erweitert.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 4528, Bl. 18-19
Während Mitglieder von SED und FDJ den Auftritt Lindenbergs heftig kritisierten, waren viele Jugendliche vom Konzert im Palast der Republik begeistert.
Am 25. Oktober 1983 spielte Udo Lindenberg zum ersten und vor dem Mauerfall einzigen Mal in der DDR. 15 Minuten dauerte der Auftritt des westdeutschen Rockers beim so genannten "Friedensfestival" der Freien Deutschen Jugend (FDJ) in Ostberlin. Der Auftritt löste bei der Stasi einen umfangreichen Einsatz aus, weil Udo Lindenberg ein steter Kritiker der Verhältnisse in der DDR war. Verschiedene Diensteinheiten der Geheimpolizei begleiteten die Vorbereitungen, das Konzert und die sammelten Reaktionen im Anschluss daran.
Der vorliegende ZAIG-Bericht an die SED-Führung bringt die unterschiedlichen Haltungen der DDR-Bevölkerung zum Ausdruck. Mitglieder der SED und FDJ kritisierten den Auftritt als "politische Fehlentscheidung". Ein "beträchtlicher Teil" der Jugendlichen hingegen begrüßte das Konzert.
Es wurden Befürchtungen geäußert, daß der direkte Kontakt bei den jugendlichen Zuhörern negative, gegen den Staat gerichtete Reaktionen und Verhaltensweisen auslösen können.
Im Gegensatz dazu wurde der Auftritt Lindenberg‘s und seine angekündigte DDR-Tournee von einem beträchtlichen Teil Jugendlicher zustimmend aufgenommen. In Einzelfällen wurde spekuliert, daß erhobene Sanktionen gegen Schallplattenunterhalter, die den Song "Sonderzug nach Pankow" abgespielt hatten, rückgängig gemacht werden.
Wiederholt äußerten Jugendliche die Absicht, Udo Lindenberg bei der geplanten DDR-Tournee zu begleiten.
Die AIG entstanden mit der Einführung des einheitlichen Auswertungs- und Informationssystems 1965 aus den in den Bezirksverwaltungen und zentralen operativen Diensteinheiten des MfS schon bestehenden Informationsgruppen. In ihrem Zuständigkeitsbereich oblag ihnen die Bewertung und Selektion von Informationen, die Gewährleistung des Informationsflusses und die Fertigung der Berichte für die Partei- und Staatsfunktionäre. Die AIG unterstanden der fachlichen Anleitung und Kontrolle der ZAIG. 1978/79 wurden sie zu Auswertungs- und Kontrollgruppen erweitert.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Hinweis über Reaktionen der Bevölkerung zum bevorstehenden Auftritt von Udo Lindenberg Dokument, 3 Seiten
Information zur Reaktion des Publikums während des Konzerts von Udo Lindenberg Dokument, 1 Seite
Zutrittskarte für das Udo-Lindenberg-Konzert am 25.10.1983 Dokument, 1 Seite
Zutrittskarte für das Udo-Lindenberg-Konzert am 25.10.1983 Dokument, 1 Seite