Signatur: BStU, MfS, SED-Kreisleitung, Nr. 4575, Bl. 496-552
Gegen das Verbot der sowjetischen Monatszeitschrift Sputnik gab es auch aus den Reihen des MfS Widerspruch. Der stellvertretende Vorsitzende der zentralen SED-Parteikontrollkommission, Werner Müller, versuchte mit einer Rede die Parteidisziplin im Ministerium zu festigen.
Fast alle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) waren auch Mitglieder der Staatspartei SED. Die Parteiführung ging aber Ende der 1980er Jahre immer mehr auf Distanz zur sowjetischen "Bruderpartei" und deren Reformkurs. Das schuf gerade für die Stasi-Offiziere eine höchst problematische Situation, weil sie ein besonders enges Verhältnis zu den sowjetischen "Freunden" pflegten, sich sogar - nach sowjetischem Vorbild - selbst als "Tschekisten" bezeichneten.
Gerade SED-Mitglieder waren jedoch über eine demonstrative Maßnahme der Parteiführung erbost: Als die November-Ausgabe der deutschsprachigen sowjetischen Zeitschrift "Sputnik" von 1988 den in der DDR-Geschichtsschreibung geleugneten Hitler-Stalin-Pakt thematisierte sowie die Stalin-hörige KPD der 1920er Jahre kritisierte, untersagten SED-Funktionäre am 18. November 1988 den weiteren Vertrieb der Zeitschrift in der DDR. Das Heft wurde eingezogen und eingestampft - mit der Begründung, die Zeitschrift enthalte "keinen Beitrag, der der Festigung der deutsch-sowjetischen Freundschaft dient, statt dessen verzerrende Beiträge zur Geschichte".
Dagegen gab es Hunderte von Protestschreiben, die aus allen Teilen der Republik beim SED-Zentralkomitee eintrafen, darunter sogar von einzelnen MfS-Offizieren. Um die Parteidisziplin im Ministerium zu festigen, fand Anfang Februar eine "Arbeitsberatung" mit den zuständigen SED-Funktionären statt, die alle zugleich hauptberufliche Stasi-Offiziere waren. Der stellvertretende Vorsitzende der zentralen SED-Parteikontrollkommission, Werner Müller, hielt dort eine geharnischte Rede.
Müller berichtet über die steigende Zahl von Parteiverfahren, die 1988 in der SED durchgeführt worden sind. Seine Hauptbotschaft aber war, dass diejenigen "aus der Partei zu entfernen" seien, "die glauben, die ganze SED oder einzelne Grundorganisationen reformieren zu können".
prinzipiellen Auseinandersetzungen nicht auszuweichen und keine Haltungen zu dulden, die sich gegen die Politik der Partei richten.
Die Parteiorganisationen haben entsprechend dem Statut große Möglichkeiten, durch ihre Tätigkeit die Qualität und Wirksamkeit der Parteiarbeit zu beeinflussen.
Uns allen ist bekannt, daß im Parteistatut die Verantwortung der Parteikontrollkommissionen formuliert ist.
Unter Punkt 44a heißt es - ich zitiere:
"Sie schützt die Einheit und Reinheit der Partei, kämpft gegen feindliche Einflüsse sowie gegen jede fraktionelle Tätigkeit.
Sie befaßt sich mit den Mitgliedern und Kandidaten, die mit opportunistisch-revisionistischen Auffassungen oder durch dogmatisches Verhalten die Politik der Partei verfälschen und entstellen und zieht diejenigen zur Verantwortung, die sich der Verletzung der Beschlüsse, des Programms und des Statuts der Partei, der Partei- und Staatsdisziplin oder der Parteimoral schuldig gemacht haben."
Der für die ZPKK formulierte Grundsatz gilt auch für alle anderen Parteikontrollkommissionen in den Bezirken, Kreisen und in den bewaffneten Organen. An diesen Grundsätzen wird sich euch in Zukunft nichts ändern.
Signatur: BStU, MfS, SED-Kreisleitung, Nr. 4575, Bl. 496-552
Gegen das Verbot der sowjetischen Monatszeitschrift Sputnik gab es auch aus den Reihen des MfS Widerspruch. Der stellvertretende Vorsitzende der zentralen SED-Parteikontrollkommission, Werner Müller, versuchte mit einer Rede die Parteidisziplin im Ministerium zu festigen.
Fast alle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) waren auch Mitglieder der Staatspartei SED. Die Parteiführung ging aber Ende der 1980er Jahre immer mehr auf Distanz zur sowjetischen "Bruderpartei" und deren Reformkurs. Das schuf gerade für die Stasi-Offiziere eine höchst problematische Situation, weil sie ein besonders enges Verhältnis zu den sowjetischen "Freunden" pflegten, sich sogar - nach sowjetischem Vorbild - selbst als "Tschekisten" bezeichneten.
Gerade SED-Mitglieder waren jedoch über eine demonstrative Maßnahme der Parteiführung erbost: Als die November-Ausgabe der deutschsprachigen sowjetischen Zeitschrift "Sputnik" von 1988 den in der DDR-Geschichtsschreibung geleugneten Hitler-Stalin-Pakt thematisierte sowie die Stalin-hörige KPD der 1920er Jahre kritisierte, untersagten SED-Funktionäre am 18. November 1988 den weiteren Vertrieb der Zeitschrift in der DDR. Das Heft wurde eingezogen und eingestampft - mit der Begründung, die Zeitschrift enthalte "keinen Beitrag, der der Festigung der deutsch-sowjetischen Freundschaft dient, statt dessen verzerrende Beiträge zur Geschichte".
Dagegen gab es Hunderte von Protestschreiben, die aus allen Teilen der Republik beim SED-Zentralkomitee eintrafen, darunter sogar von einzelnen MfS-Offizieren. Um die Parteidisziplin im Ministerium zu festigen, fand Anfang Februar eine "Arbeitsberatung" mit den zuständigen SED-Funktionären statt, die alle zugleich hauptberufliche Stasi-Offiziere waren. Der stellvertretende Vorsitzende der zentralen SED-Parteikontrollkommission, Werner Müller, hielt dort eine geharnischte Rede.
Müller berichtet über die steigende Zahl von Parteiverfahren, die 1988 in der SED durchgeführt worden sind. Seine Hauptbotschaft aber war, dass diejenigen "aus der Partei zu entfernen" seien, "die glauben, die ganze SED oder einzelne Grundorganisationen reformieren zu können".
Unser Einfluß als Organ der gewählten Leitung auf Grundorganisationen muß im Zusammenhang mit den Parteiverfahren zur Anerziehung einer hohen Partei-, Staats-und Arbeitsdisziplin beitragen. Jeder von uns weiß, besonders in den kommenden Jahren werden wir die Hauptarbeit bei der Durchführung von Parteiverfahren in den Grundorganisationen leisten. In der Regel wird in den Mitgliederversammlungen entsprechend dem Parteistatut die Auseinandersetzung geführt. In den kommenden Jahren werden wir - so wie bereits im Jahr 1988 - deshalb vor der Aufgabe stehen, den Grundorganisationen ganz intensiv politisch-ideologische und organisatorische Hilfe bei der Durchführung von Parteiverfahren zu geben, klare Parteistandpunkte zu schaffen und alle Abweichungen zu bekämpfen.
Im Jahre 1989 werden in unserer Partei - entsprechend dem Beschluß des Zentralkomitees - die Parteidokumente umgetauscht. Im Monat Mai sind dazu die notwendigen politisch-ideologischen und organisatorischen Maßnahmen durchzuführen. In die entsprechenden Kommissionen, die in den Bezirken, Kreisen und den bewaffneten Organen gebildet werden, sind Genossen aus den PKK zu benennen.
Wir gehen davon aus, daß die erforderlichen Auseinandersetzungen mit Parteimitgliedern, die in der Vergangenheit und heute nicht ihre Pflichten erfüllen, bereits vor dem beschlossenen Dokumentenumtausch stattfinden.
Es ist auf jeden Fall für die Partei besser, wenn wir in dieser Beziehung unserer Verantwortung recht schnell gerecht werden.
Signatur: BStU, MfS, SED-Kreisleitung, Nr. 4575, Bl. 496-552
Gegen das Verbot der sowjetischen Monatszeitschrift Sputnik gab es auch aus den Reihen des MfS Widerspruch. Der stellvertretende Vorsitzende der zentralen SED-Parteikontrollkommission, Werner Müller, versuchte mit einer Rede die Parteidisziplin im Ministerium zu festigen.
Fast alle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) waren auch Mitglieder der Staatspartei SED. Die Parteiführung ging aber Ende der 1980er Jahre immer mehr auf Distanz zur sowjetischen "Bruderpartei" und deren Reformkurs. Das schuf gerade für die Stasi-Offiziere eine höchst problematische Situation, weil sie ein besonders enges Verhältnis zu den sowjetischen "Freunden" pflegten, sich sogar - nach sowjetischem Vorbild - selbst als "Tschekisten" bezeichneten.
Gerade SED-Mitglieder waren jedoch über eine demonstrative Maßnahme der Parteiführung erbost: Als die November-Ausgabe der deutschsprachigen sowjetischen Zeitschrift "Sputnik" von 1988 den in der DDR-Geschichtsschreibung geleugneten Hitler-Stalin-Pakt thematisierte sowie die Stalin-hörige KPD der 1920er Jahre kritisierte, untersagten SED-Funktionäre am 18. November 1988 den weiteren Vertrieb der Zeitschrift in der DDR. Das Heft wurde eingezogen und eingestampft - mit der Begründung, die Zeitschrift enthalte "keinen Beitrag, der der Festigung der deutsch-sowjetischen Freundschaft dient, statt dessen verzerrende Beiträge zur Geschichte".
Dagegen gab es Hunderte von Protestschreiben, die aus allen Teilen der Republik beim SED-Zentralkomitee eintrafen, darunter sogar von einzelnen MfS-Offizieren. Um die Parteidisziplin im Ministerium zu festigen, fand Anfang Februar eine "Arbeitsberatung" mit den zuständigen SED-Funktionären statt, die alle zugleich hauptberufliche Stasi-Offiziere waren. Der stellvertretende Vorsitzende der zentralen SED-Parteikontrollkommission, Werner Müller, hielt dort eine geharnischte Rede.
Müller berichtet über die steigende Zahl von Parteiverfahren, die 1988 in der SED durchgeführt worden sind. Seine Hauptbotschaft aber war, dass diejenigen "aus der Partei zu entfernen" seien, "die glauben, die ganze SED oder einzelne Grundorganisationen reformieren zu können".
Wir haben bereits im Jahre 1988 wahrscheinlich stärker als früher - darauf orientiert, den Parteileitungen und Grundorganisationen aktive Hilfe zu gewähren, damit Schwachstellen, die es in Grundorganisationen beider Durchführung der Beschlüsse der Partei gibt, bekämpft werden. In der bekannten Information 245 "zum einheitlichen und geschlossenen Handeln der Mitglieder und Kandidaten der SED", die den Parteileitungen und Grundorganisationen übersandt wurde, sind die Anforderungen formuliert, die auch für die Zeit bis zum XII. Parteitag gelten.
Darin heißt es:
"Wer feindliche Ideologien oder Auffassungen vertritt, gehört nicht in die Partei. Die Mitgliedschaft in der Partei setzt die Bereitschaft voraus, die auf dem XI. Parteitag beschlossene Strategie und Taktik unserer Partei unter allen Bedingungen mit durchsetzen zu helfen. Wer der gegnerischen Hetze und Demagogie erliegt, von dem trennen wir uns. Er hat das Recht verwirkt, den Ehrennamen Kommunist zu tragen. Das gleiche gilt auch für Meckerer und ewige Nörgler."
Ja, Genossen, und auch diejenigen, die nach dem 7. Plenum und den prinzipiellen Darlegungen des Genossen Erich Honecker noch die Meinung vertreten, "wir müssen unsere Politik ändern", "wir müssen dem feindlichen Druck nachgeben", "man muß der Parteiführung Ratschläge geben und durch Vorschläge die bewährte Politik der Partei korrigieren", gehören nicht mehr in unsere Partei.
Bericht der Parteikontrollkommission über die Verwirklichung der Beschlüsse der 7. Tagung des Zentralkomitees Dokument, 59 Seiten
Protokoll der Delegiertenkonferenz aller Grundorganisationen der SED in der Zentrale des AfNS Dokument, 70 Seiten
Referat Erich Mielkes zur Auswertung der 8. Tagung des Zentralkomitees der SED Dokument, 146 Seiten
Rede von Minister Erich Mielke zum 8. Jahrestag des Ministeriums für Staatssicherheit Audio, 1 Stunde, 25 Minuten, 51 Sekunden