Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Tb, Nr. 1
Minister Erich Mielke forderte ein hartes Vorgehen gegen Verräter aus den eigenen Reihen. Er reagierte damit auf die versuchte Flucht des Stasi-Offiziers Werner Teske.
Nach der erfolgreichen Flucht von Werner Stiller, Oberleutnant der Hauptverwaltung A (HV A), und den gescheiterten Fluchtversuchen von Major Gert Trebeljahr und Hauptmann Werner Teske, sah sich der Minister für Staatssicherheit, Erich Mielke, genötigt, seine leitenden Mitarbeiter auf besondere Weise einzuschwören. Im Januar 1980 hatte er bereits in einem Schreiben an die Leiter aller Diensteinheiten erklärt, dass Verrat das schwerste Verbrechen sei, das ein Mitarbeiter der Staatssicherheit begehen könne und hart bestraft werden müsse.
Diese Position bekräftigte er am 19. Februar 1982 noch einmal in einem Referat vor dem Kollegium des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Einen Verräter müsse man, so seine Überzeugung, zur Not auch ohne Gerichtsurteil hinrichten dürfen.
Ein diesbezügliches Exempel war ein halbes Jahr zuvor an dem Stasi-Hauptmann Werner Teske statuiert worden. Er war im Juni 1981 für einen geplanten Übertritt in den Westen zum Tode verurteilt worden und wurde wenige Tage später in Leipzig durch einen Genickschuss hingerichtet. Es war das letzte volltreckte Todesurteil in der deutschen Geschichte.
Insgesamt verhängten die DDR-Gerichte seit der Staatsgründung 231 Todesurteile. Von diesen wurden 160 nachweisbar vollstreckt (Stand: 2000): 52 wegen politischer Delikte, 64 wegen Verbrechen im NS-Regime und 44 wegen gewöhnlich krimineller Taten. 1987 schaffte die DDR die Todesstrafe ab.
[Erich Mielke:]
... hiermit denn den Betreffenden besser anzuleiten. Es genücht [genügt] nämlich nich [nicht] nur festzustellen, dass die Fehler da lagen. Wie wir's ooch [wir es auch] in diesem Fall wieder haben, hier von, also mit- - Jena. Nicht? Mit - äh - Gera.
[Markus Wolf:]
Gera, ja.
[Erich Mielke:]
Ja. Na ja, Jena. Also, aus Jena komme Gera.
Das jenücht [genügt] nich', Genosse Lehmann. Denn wenn wir vorher heranjegang'n [herangegangen] wären als Leiter - und M- - Jenosse [Genosse] Wolf hat Recht, wir könn'n dit [das] nich' von oben, solche Sachen steuern, dafür haben wir ja den Riesenapparat und die soll'n sie ja auch möglichst selbstständig arbeiten, als Tschekisten.
Warum hat denn 'n Boysen und 'n Sorge, der hat ja auch keene [keine] Anleitung jehabt [gehabt]! Außer die [vermutlich: dem] Grundsatz des Marxismus-Leninismus und seine ideologische Einstellung, Genossen, und vorher Ausbildung, d'is [das ist] doch klar, d-d- - selbstverständlich, dass er Bildung hat, 'ne Ausbildung; und dit ha'm [haben] wir ooch [auch] alle- - kriegen wir ooch, vonne [von der] Schule - manche jeh'n [gehen] ja aus eem [einem] Parteienlehrgang in die operative Schulung und von'er operativen Schulung wieder was weiß ich wohin, nich' wahr, Genosse Felber [lacht auf]. Und die Schulung, da is' nicht die Frage, daran liegt's [liegt es] nich'.
Also, dass - äh - wir natürlich also auch als Leiter überlegen, dass man - äh - und ich praktiziere das auch mit meinen - äh - Stellvertretern, wenn sie mir außerordentlich wicht'che [wichtige] Vorgänge vorlegen und s-sage ihn'n [ihnen], wie man dit- - dass man dit nich' machen darf, so oder so machen muss. Stimmt dit? Die Genossen wissen es selbst.
Und deshalb muss der Leiter natürlich sich auch anstrengen, zu sehen: Donnerwetter, noch dazu wo du Hin-gweise [Hinweise] hattest, dass man also so nich' arbeiten darf! Das also, ich frage jetz' nur dich, du bist nur dat [das] Beispiel, brau- - bleib ruhig sitzen. Alle andern können sich auch daraus so 'n, so 'ne, so 'ne Scheibe abschneiden oder - äh - Lehre daraus ziehen. Also solche Pannen dürfen natürlich im 32. Jahr - darum geht es! - [betont: nich'] mehr passieren. Solche!
Wir sind nich' jefeit [gefeit], leider, und darum hab ick ooch 'n Felber so anjesprochen [angesprochen], nich' wahr; der, wir ein Herz und eine Seele ja sind in dieser Frage. Wir sind nich' jefeit, dass auch mal ein Schuft nu' [nun] unter uns sein kann. Wir sind nich' jefeit dajejen [dagegen], Jenossen, leider.
Wenn ick et [es] schon jetz' wüsste, dann würd'er ab morgen schon nich' mehr leben. Ganz kurz. Prozess. Aber weil ick Humanist bin, deshalb habe ick solche Auffassungen. Lieber Millionen Menschen vor'm Tode retten, als wie een [einen] Banditen leben lassen, der also uns dann also die Toten bringt. Damit wir mal richtig erklären, warum man so hart sein muss.
Und weil 't [weil das] Geschwafel von wejen [wegen] und so weiter, nich' hinrichten und nich' Todesurteil, alles Käse is', Jenossen!
Die Sch- - Hinrichten die Menschen ohne Bil- - Jesetze [Gesetze], äh - Jerichtbarkeit [Gerichtsbarkeit] und so weiter.
Wenn ich jesehen [gesehen] hab, wie sie Frankfurt am Main jehaust ha'm [gehaust haben], auf die- - da die, die Friedens-äh, ähm- Kämpfer [Friedenskämpfer] da, nich' wahr, wie man die behandelt hat, d'e [die] Jenossen und wenn wir een kleen [klein] bisschen Mal den Strolch anfassen, dann machen s'e [sie] ein Jeschrei, als wenn irgendwat [irgendwas] wäre, na ja.
Also: deshalb ist's richtig, was- - deshalb hat Jenosse Wolf nich' umsonst hier gesprochen, Genossen.
Man muss also jetz' die Schlussfolgerung aus dieser - äh - Vortrag, aus dieser Bei-Beitrag jetz' und, und aus meiner Bemerkung nehm'n [nehmen] und doch prüfen einije wicht'je [einige wichtige] oder die wichtigsten Vorgänge, zu prüfen, ob sie wirklich auf Sicherheit beruhen. [belustigt, leicht lachend] Und nich', dass es uns so geht wie in Ammendorf.
Im übertragenen Sinne, nich', versteht ihr, lieber mal so 'n bisschen dit vergleich' [vermutlich: vergleichen].
Und noch eine Bemerkung, Jenossen. Jenosse M-Mi- - Wolf hat eine- - ei- i'ha mich mi'ihm [vermutlich: ich hab mich mit ihm] da auch 'rüber [darüber] unterhalten. Es ist so, wir müssen Schluss machen, Genossen, mit - und auch Abwehr besonders, Schluss machen und in den Bezirken [betont: noch viel mehr], Jenossen, mit der Beschäft'jungstheorie [Beschäftigungstheorie]. Wir müssen die Effektivität der Arbeit erreichen, jedes Einzelnen! Und das muss in der Überprüfung der Qualität seiner Arbeit erfolgen, seiner Vorgänge und so weiter.
Der Kreis der Patrioten - darum hab ick doch das jesagt jehabt [gesagt gehabt], ihr habt's doch alle gehört und- - die Parteiführung hier mit- ist so groß, dass wir, wenn wir wirklich die Verbindung ha-halten und das Vertrauensverhältnis weiter stärken, dass wir rechtzeitig alles erfahren können, so dass manche Sache gar nich' - äh - den Gegenstand eines, eines [betont: Vorganges] sein muss. Ich werde glei' [gleich] noch da paar Worte dazu sagen.
Also ich möchte das noch unterstreichen, Jenossen. Genosse Wolf hat hier auch selbstkritisch selbs-selbstv- - selbstverständlich dazu jesprochen, [betont: aber] - und das ist auch gut, es n- - is' auch 'n gutes Sache, dass die Linie wieder so erfolgreich arbeitet und auch hohe internationale Anerkennung wieder jefunden hat - aber Jenossen, wir müssen Schluss machen mit der, und die andere müssen ja auch Lehren daraus ziehen, dass man glaubt: ach dit jeht schon noch und so weiter. Mit [betont: dieser] Einstellung kann man nich' arbeiten. Risiko ist etwas Anderes, Jenossen, nicht; nich' wahr, Risiko ist etwas Anders.
Und noch eine Bemerkung zu dieser Sache, Jenossen, die ich mir ebend ooch für dieses Schlusswort aufgehoben habe hier, is - äh:
Ihr habt nun alles - äh - aufmerksam gehört und verfolgt, aber man muss jetz' auch überlegen, welche operativen Möglichkeiten bietet uns denn die Sache, Jenossen. Man muss jetz' sozusagen einen kleinen - äh - Spiegel machen, nich' wahr, und dann an dieser mal bisschen erarbeiten. Genosse Misch- - Wolf sprach von denen, die da fahren, sprach von Tourismus für andere und andere Möglichkeiten gibt es. Wir müssen also mehr analysieren! Und noch einmal Genossen: Ich habe da vor langer, langer Zeit gesprochen vor den Jenossen - mh, weeß [weiß], dit war no'n [noch ein] andrer Raum- - saß, woand- -wo die- - Aufkl- - der Aufklärung - wir müssen noch mehr die offiziellen Nachrichten auch auswerten, Jenossen. Aber nu' nich' etwat - äh, äh - von 24 Stunden 23 Stunden die offiziellen Nachrichten lesen, nich' [lacht].
Dann bleibt nich' viel übrig für die [lacht] andere Arbeit, sondern Auswerten heeßt [heißt] den Riecher haben! Wir machen 's doch auch so, Genossen, hier oben. Das müsst'r [müsst ihr] unbedingt! Da liegt auch 'ne Feinheit drin in der Arbeit, aber besonders gilt es natürlich hier fürs Ministerium, nich' wahr, hier oben, ja. Und mancher kleiner Artikel in der Zeitung, in der Morgenpost, der jibt uns Signale, mein lieber Schwanitz. Nö, nö. Du warst ja ni' [nicht], kannst ruhig sitzen bleiben. Bleib ruhig sitzen, wird ja ooch nich' besser dadurch, wenn du ooch uffstehst [aufstehst].
Genossen, ihr müsst also auch - wills mal- - viel kühner, viel klüger, ihr müsst- - man muss mehr denken und man muss mehr geistig arbeiten, Jenossen.
Und da komme ich g'rade nun zu einer nächsten Sache noch. Also is' da zu viel- - man kann natürlich noch viel mehr dazu sagen, das war aber nich' der Sinn der heutigen Ko- - äh - Aussch- - Konferenz [unverständlich] Tagung.
Denken, Denken und nochmals Denken, Jenossen, is' die Voraussetzung, Voraussetzung. Hilft ja alles nischt, wenn man alle guten Befehle hat und Weisungen und Direktiven und was weiß ich noch alles, Statistiken, aber vor allem muss man denken.
Und Jenossen, noch eine operative Bemerkung, jetz': wir haben in der nächsten Zeit viele Sportveranstaltungen, von auswärts kommend. Jenosse Mittig hat sich da jetz' schon mit befasst. Mh - ich weiß nich', wie weit es schon nach unten gekommen is' oder? Is' schon da? Noch nich' nach ganz nach unten. Wir müssen besonders Obacht geben, Jenossen, dass da an uns nichts vorbei geht. Und dass wir nicht irgendwelche Dinge erleben, von denen wir sagen: na ja Gott, die hätten wir ja eigentlich im Griff haben können.
Ich sage das deshalb, weil immer mehr wird - äh - auch das- - der Sport das Gebiet, nich' wahr, wo die ideologische Diversion zum Tragen kommt, wo - genau wie bei der Kirche jesprochen - ooch beim Sport ha'm wir das. Sage ich jetz' extra zum Schluss noch, weil den Sport hatte ich nich' mit erwähnt. Aber ooch auf'm Gebiet des Sportes, Genossen. Nich' ausjebaut [ausgebaut] hier, aber hier erwähnt hab ich ihn - oder ich hab etwas - weil hier in der letzten Zeit sich ein'je Dinge entwickelt haben, die nich' also - äh - von uns so Beachtung geschenkt wur- - äh, äh - be-be-be- - beachtet wurden, sodass also dort operative Vorgänge sich entwickelten, die nicht hätten sein müssen.
Und das hängt zusammen mit dem Grundsatz, noch einmal wiederhole ich: Wir müssen alles erfahren. Es darf an uns nichts vorbeigehen und das machen manche Leiter noch nicht. Die merken das noch nicht einmal, Jenossen, einige uns- - unter uns. Die [betont: begreifen] das noch so gar nicht richtig. Das is' ebend die Dialektik des Klassenkampfes und der Arbeit des Tschekisten.
Nun Jenossen, zur [Pause] noch zu einer Frage. Jenossen, die Entwicklung uns'rer operativen Arbeit ist nich' schlecht, Jenossen. Sowohl also als - ähm - registriertes Material, Ermittlungsvorgänge, als auch aus nicht unmittelbar registriertem Material, Ermittlungsvorgänge und auch durch die Übernahme. Im Prozentsatz, Jenossen, eine gute Entwicklung, eine gute Entwicklung. Es zeigt sich, dass die operative Arbeit wirklich sich verbessert hat. Aber trotzdem is' immer noch sehr großer Unterschied, nich' wahr. Und - äh - [Pause] gibt es einije - wobei man natürlich auch in Betracht ziehen muss, dass die Lage anders is' in, nicht gleichmäßig is' in allen Bezirken, nich', also anders is' in manchen Bezirken, Berlin und Neubrandenburg, nicht, aber trotzdem- - oder Cottbus oder Frankfurt/Oder, Suhl oder Schwerin - jedenfalls, aber im Verhältnis also zu anderen Bezirksverwaltungen, sind ein'je Bezirksverwaltungen nicht so stark beteiligt daran.
Ich hätte nicht einmal Neubrandenburg erwähnt, wenn ich nich' meine den Vergleich der EVs zu den EVs der registrierten, da ist 's besonders krass, nich' wahr Genossen, der Unterschied. Während die andern alle turmhoch stehen. Oder Schwerin.
Dieses Verhältnis zwischen registrierten - nicht registrierten - übernommenen müssen die Chefs analysieren und muss- - das is', was ooch Genosse Wolf sagte, das is' auch mit die Leitungstätigkeit, nich' wahr, des Prüfens. Daraus kann man die Qualität der Arbeit, ja sogar prüfen die theoretischen Grundsatz der Sicherheit 'Garantieren überall, unter allen Umständen', nich' wahr, des Nicht-Überraschens und alles kann man prüfen, Jenossen, kann man durchsetzen, wenn man so analysiert.
Besonders wichtig is' auch noch eins, Jenossen, bei der Analyse, da, die ich -äh - da machte, dass es gute Ergebnisse sind in Bezug also auf Staatsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gegenüber den anderen Erscheinungen. Das is' auch ein gute Sache, zeigt auch die Qualitätsverbesserung. Und auch die, Genossen, die Zusammensetzung, derjenigen die wir festgenommen haben, dass ein hoher Prozentsatz, nich' wahr, gerade Ausländer sind, BRD und West-Berliner. Das auch eine gute Sache. Das war auch politisch gut, Jenossen.
Aus dieser gewissermaßen Analyse, die ich habe eben extra für heute hier fertijen [fertigen] lassen, ergeben sich also einige Schlussfolgerungen für den Leiter, die gleichfalls mal ein wenig sich so ins Kämmerlein zurückziehen und sollten sich mal überlegen, nich', äh - wie kann man also diese - äh - Pyramide etwas verändern. Zugunsten des operativen Ar- - Materials und der Erarbeitung durch unsre kon- - äh - durch unsere konservative Arbeitsmethoden, unsere tschekistischen Arbeitsmethoden, nicht.
Das also wollte ich noch mit auf'n Wech [Weg] geben und dann [Pause, wiederkehrendes Papierrascheln] ein paar Bemerkungen über den - äh - unterschiedlichen - äh - Erfüllungsstand der Aufklärung. Jenossen, da is' es so, Jenossen, dass wir wirklich große Unterschiede haben. Inwieweit also V-Vorkommnisse jeklärt worden sind. Mh.
Und - äh - muss schon sagen, nich' wahr, dass sich einige Bezirke ein wenig mehr, [Pause] wie man so sagt - oder einige Chefs der Bezirke vielleicht besser an den Riemen kl- - reißen müssen.
Berlin - unbedingt. [Pause]
Leipzig - ganz schlimm. [Pause]
Gera steht auch nicht sehr gut da.
Magdeburg und dann besonders, weil du mich so treuherzig anguckst Martin, Erfurt ooch nich', ganz schlecht.
Empfehle euch [unverständlich] Karl-Marx-Stadt - Mensch, will nich' alle uffzählen, hier.
Ich empfehle euch, Jenossen, auch das einmal analytisch zu erarbeiten für euch und ein wenig- - das als - äh - wie Micha mit Recht sagte, als Plan nehmen der Lenkung der Arbeit. Ja, Jenossen, ist doch so. Stimmt dit?
Ich habe [unverständlich] erzählt das ständig, ihr kriegt das ja auch dauernd, das ständig, täglich werdet ihr dit jetz' unter Druck jesetzt [gesetzt].
Nun will ich euch noch sagen, natürlich gibt es einen Haufen Vorkommnisse und hier manche, die nich' so eingeweiht sind, die 'n Dreck sind und die überhaupt bloß eenma' [einmal] erscheinen, eben für den Tag, die registrieren wir halt, die zählen nicht. Aber es gibt auch einige - deshalb sprech ich drüber! - einigje Vorkommnisse, bedeutsame, die man [betont: unbedingt klären muss]! Vom Standpunkt aus der Sicherheit und Garantie der Sicherheit unserer Republik. Das wollte ich auch noch mit erwähnen, Jenossen.
Nur von diesem Standpunkt aus, nicht eine absolute Größe.
Wenn da eener mal am Baum, wie wir jetz hier ja jehört haben, nich' wahr, außerhalb bei Grünau, einen Zettelchen hängt, so 'n kleener Fetzen, da stand, äh - heit [heißt] dit? Waffen- - "Welt ohne Waffen" oder wat,+ weeß ick nich' jerade [gerade].
[männliche Stimme 1:]
[unverständlich im Hintergrund]
[Erich Mielke:]
Hä? Frieden schaffen [belustigt] ohne Wa- - [Waffen]. Dann ist das natürlich- - das is' natürlich keen Vorkommnis, die die Republik aus den Angeln heben wird.
Wenn wir es aufklären könnten wär' ooch schön, aber diese Vorkommnisse meine ich nicht.
Und zum Abschluss, Jenossen: wir haben also hier jehört, äh- welche Politik unsre Partei geht in Bezuch [Bezug] auf das Verhältnis zur BRD und zu Fragen der F- - der Entspannung und des, des Beitrages der DDR zu der Frage der Durchsetzung der Entspannung und der friedlichen Koexistenz und der Du- - Erhaltung des Friedens.
Natürlich, Jenossen, können wir diese Maßnahmen gehen, soweit es möglich ist. Ganz klar soweit es möglich is' und das werden wir auch tun. Aber Jenossen, wir sind natürlich auch jederzeit darauf vorbereitet, dass natürlich auch Maßnahmen einjeleitet [eingeleitet] werden von uns gegen diese Embargo und den Druck der USA und der NATO gegen sozialistische Staatengemeinschaft und da sind wir natürlich nich' schlecht - äh - besattelt, in Bezuch auf A- - äh - Möglichkeiten des Antwortens. Aber Jenossen es's [es ist] natürlich der Kurs der Konfrontation hat natürlich auch Folgen und Auswirkungen auf unsre Ökonomie dann und wir müssen natürlich überlegen, [betont: wann] das also erforderlich wird.
Möge es uns jelinge [gelingen] über den Kurs der Verhandlungen, der Entspannung, nich' wahr, beizubehalten. Und auf die Kräfte einzuwirken, von denen ich hier sprach, die dafür eine jewisse [gewisse] Basis bieten oder sogar Voraussetzung bringen, Genossen, auch das gehört dazu, dieses Weiterarbeiten. Das heißt also, nicht nur die Frage gute Sorges und - äh - Boysen' und so weiter und alle wie sie heißen suchen, sondern auch gleichzeitig weiterarbeiten auf [betont: jene] Menschen in der Operationsgebiet und in anderen Ländern, die also f- - auch für den Frieden sind und die bestimmte - äh - Position einnehmen gegen den Kurs der Konfrontation und des Aufrüstens der USA.
Das muss man also auch mit beachten.
Nun zum Schluss, Jenossen, bleibt uns nichts weiter übrig, als also auch - äh - von hier aus - ich habe das jetan [Kugelschreiber klicken] [vermutlich: in dem Namen] an Generalsekretär - den Dank auszusprechen für die hohe Wertung, Wertschätzung, die uns zu Teil wurde aus Anlass des 32. Jahrestages in der Grußadresse und in den anderen Beförderungen und Ehrungen zu Teil wurde. Und auch, Jenossen, mehr konnte ja nun nicht uns zu Teil werden als die Sch- - Einschätzung unserer Arbeit vor allen Kreissekretären - Jenosse Felber war ja mit bei, nich' wahr, Jenosse Felber? - die uns zu Teil wurde auf der Tagung des Zentralkomitees des ZK - äh - der, der- - Sekretat [Sekretariat] des Zentralkomitees unsrer Partei mit den ersten Kreissekretären, wo Genosse Honecker die Feindtätigkeit und die Pläne, strategischen und taktischen Pläne des Feindes, einschätzte, aber dass unsere Gen- - Jenossen der Staatssicherheit darauf sich einstellen müssen, aber das tun sie auch. In einfachen Worten, aber denke, da steht wohl die beste Einschätzung hinter, in diesen paar Worten. Und bedürfte uns also auch mit einer innerlichen Befriedigung die Voraussetzung geben für ein bess'res und erfolgreiches Arbeiten.
Denke wir sollten auch dafür, von dieser Stelle aus, unsrer Partei, Parteiführung, Genossen Honecker ooch Dank sagen, dass sie unsre Arbeit so werten. Genosse Renkwitz is' ja auch immer im Kollegium mit bei und der is' heute hier ooch mit bei, der hat ja die Möglichkeit das also auch dann entsprechend zu vermerken. Ich denke, dass wir die Rede auch auf dieses Niveau heben sollten, in den Kreisen, auf das Niveau, was wir hier entwickelt haben. Das, was die Rede wirklich bedeutet, eine Rede von grundsätzlicher Bedeutung für die weitere Stärkung unserer Republik und vor allen Dingen für die ideologische Jesch- - Einheit und Jeschlossenheit [Geschlossenheit] unsrer Partei.
Damit ist also unsre Tagung, unsre Sitzung beendet und nu' wünsch ich euch allen 'n Gutes, unten gibt's 'n gutes Mittagbrot, ja - 'n gutes, ja?
[männliche Stimme 2:]
[unverständlich im Hintergrund]
[Erich Mielke:]
Worin besteht es?
[männliche Stimme 2:]
[unverständlich] mit bissl Roulade oder - äh - gedünstetes Schweinefilet- -
[Erich Mielke:]
Wie?
unbekannte Person:
Roulade oder gedünstetes Schweinefilet; so, wie Sie das wollen. Sie müssen es bestellen. [unverständlich]
[Erich Mielke:]
[Papierrascheln, blättern] Ja, na wünschen wa euch guten Appetit, nich' wahr, Jenossen, und eine gute Heimfahrt auch. Fahrt vorsichtig, dass nischt passiert.
Denkt immer daran, dass auch der Verkehrsteilnehmer, nich', äh - der entgegen kommt, oder auch hinterwärtig, dass der also vielleicht auch die Verkehrsordnung nich' beachtet. Daran muss man denken! Also nich' nur glauben man is' im Recht bei der Einhaltung der Verkehrsordnung.
[dumpfer SChlag auf die Tischplatte] Gut. Also guten Appetit und alles Gute, Jenossen.
[Stühle scharren, Schritte]
So jetzt is'et [ist es] - äh?
Hier.
Also Jenossen! Na gut, dann können wir uns noch verabschieden, nich' wahr.
[unverständliche Gespräche im Hintergrund]
Republikflucht
Zwischen 1949 und Sommer 1961 flüchteten rund 3 Mio. Menschen aus der DDR. In gesellschaftlichen Krisensituationen wie 1953, 1956 und 1961 schnellten die Zahlen in die Höhe. Der Bau der Mauer am 13. August 1961 stoppte den Flüchtlingsstrom. Das scharfe Grenzregime einschließlich des Einsatzes von Schusswaffen brachte viele Menschen von Fluchtgedanken ab. Die Anzahl der vereitelten Fluchten übertraf die erfolgreichen.
Für einen Ausreiseantrag in die Bundesrepublik gab es bis Ende 1988 keine Rechtsgrundlage. Lediglich im Fall von Familienzusammenführung und anderen humanitären Gründen prüften die Behörden einen Antrag. Erst auf internationalen Druck hin wurde am 30.11.1988 eine vage Rechtsgrundlage fixiert. Dennoch lagen 1980 21.500 Ausreisanträge vor, 1985 53.000, 1987 über 105.000 und schließlich zum Sommeranfang 1989 rund 160.000. Insgesamt sind zwischen 1962 und Ende Oktober 1989 über 795.000 DDR-Bürger offiziell oder flüchtend in die Bundesrepublik entkommen, fast 200.000 davon allein 1989 vor Öffnung der Mauer.
Zu den vordringlichen Aufgaben staatlicher Institutionen zählte es laut SED-Verständnis, fluchtbereite oder ausreisewillige Menschen daran zu hindern, die DDR zu verlassen. Dies sei, so Mielke in der Anweisung 1/60, "eine der wichtigsten Aufgaben bei der Sicherung des Aufbaus des Sozialismus". Um den Wunsch nach Freizügigkeit diskreditieren und kriminalisieren zu können, sprach die SED abwertend von "Republikflucht" oder "ungesetzlichem Grenzübertritt", die ein friedensgefährdendes Verbrechen darstelle. In den letzten Jahren vor dem Mauerbau sind Republikflüchtige zum Teil wie Schwerverbrecher mit Steckbriefen gesucht worden.
Bei der Verhinderung der Republikflucht arbeitete das MfS eng mit der Volkspolizei, der Armee, den Grenztruppen, freiwilligen Grenz- und Polizeihelfern, kommunalen Staatsinstitutionen sowie – in Grenznähe – den SED-Wohngebietsparteiorganisationen zusammen. Beim Zusammenwirken der "bewaffneten", "gesellschaftlichen" und mit der Strafverfolgung betrauten "Organe" nahm das MfS die zentrale Funktion wahr.
Es zeichnete nicht nur im Vorfeld zuständig für die Aufklärung von Fluchtabsichten sowie die Entwicklung und Koordinierung sog. Handlungsvarianten u. a. für den Fluchtfall, sondern übernahm insbesondere mit Spezialkommissionen der Linie IX (Hauptabteilung IX) federführend als zuständiges staatliches Untersuchungsorgan die Strafverfolgung. In "unspektakulären" Fällen wurde dies den Dezernaten II der Kriminalpolizei überlassen.
In den Diensteinheiten der Polizei war das MfS über die enge offizielle Kooperation hinaus auch inoffiziell fest verankert. So stand z. B. im Präsidium der Volkspolizei in Ostberlin eine ständige Einsatzgruppe der Abt. IX der BVfS Berlin zur Verfügung. Starben Menschen beim Fluchtversuch durch Schüsse oder Minen bzw. wurden verletzt, war allein das MfS befugt, Ermittlungen zu führen, Beweise zu sichern, kriminaltechnische und gerichtsmedizinische Untersuchungen zu veranlassen, Maßnahmen der strikten Geheimhaltung – auch gegenüber den Angehörigen der Opfer – durchzusetzen und eigentlich zuständige juristische Instanzen auf formale Kontrollfunktionen zu beschränken.
Vernommen wurden vom MfS alle Personen, denen man aufgrund ihrer persönlichen Verbindung zu festgenommenen oder erfolgreichen Flüchtlingen eine – strafbare – Mitwisserschaft unterstellte. Gelang der Nachweis, so wurden diese häufig in Haft genommen oder vom MfS unter Druck gesetzt. So wurde etwa verlangt, dass sie sich vom Inhaftierten öffentlich lossagen und distanzieren; oder sie sollten bei dem Versuch mitwirken, den Flüchtling zu einer Rückkehr in die DDR zu bewegen. Auch IM Anwerbungen erfolgten unter diesem Druck.
Informationen, die auf Fluchtabsichten hindeuteten, oder Meldungen, die Fluchtversuche, erfolgreiche "Grenzdurchbrüche" oder Sicherheitslücken im Grenzsicherungssystem betrafen, waren dem MfS von den, wie es hieß – "Partnern des Zusammenwirkens" (POZW) – unmittelbar mitzuteilen und mit ihnen zu beraten. Auch im Vorfeld militärischer Planungen z. B. bei der Zusammensetzung von Grenzposten oder beim mehrstufigen Auswahlverfahren zukünftiger Grenzsoldaten und Kader war das MfS nicht nur beratend eingebunden, wie die Aufgabenbreite der Dienstanweisungen 7/71 und 7/84 verdeutlicht.
Seit 1963 wurde die Zusammenarbeit bei der Unterbindung von Fluchten zwischen dem MfS, dem Ministerium für Nationale Verteidigung und ab 1968 mit dem Ministerium des Innern durch vertrauliche inner- und interministerielle Vereinbarungen fixiert. Die innerhalb der Grenztruppen für die Umsetzung und Kontrolle der Vereinbarungen sowie für die Abwehrarbeit innerhalb der Truppen verantwortliche sog. Verwaltung 2000 (ab 1985: der Bereich 2000) setzte sich ausschließlich aus Mitarbeitern der Hauptabteilung I zusammen. Diese waren in den Uniformen der jeweiligen Militäreinheit getarnt und vorrangig in deren Stäben eingesetzt, ohne jedoch der Befehlsgewalt der NVA bzw. Grenztruppen zu unterliegen.
Eine Hauptaufgabe war die permanente Kontrolle der politischideologischen Zuverlässigkeit, um frühzeitig jegliche Hinweise auf politische Abweichungen oder beabsichtigte Fluchten zu entdecken und zu verhindern. Präventiv, gerade aber auch nach Fluchtversuchen wurde nach Schwachstellen im Grenzsicherungssystem gefahndet und auf deren Beseitigung gedrängt.
Auch an den Grenzübergangsstellen (Güst) war das MfS federführend im Einsatz. Mit dem Minister Befehl 446/62 war die Arbeitsgruppe "Passkontrolle und Fahndung" gebildet worden. Spätestens ab 1964 übernahmen mit dem Befehl 40/64 MfS-Mitarbeiter der späteren Pass- und Kontrolleinheiten der Hauptabteilung VI in Uniformen der Grenztruppen vollständig die Kontrolle der Ein- und Ausreisen an den Güst. Nicht zuletzt sollten so Fluchtversuche z. B. mittels Passfälschungen oder Personenschleusungen in Fahrzeugen verhindert und die Einhaltung der Transitregelungen gesichert werden.
Mit dem Befehl 1/75 entstanden die Zentrale Koordinierungsgruppe und die Bezirkskoordinierungsgruppen. Laut Aufgabenbeschreibung bestand ihr Auftrag u. a. in der "Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der DDR" und in der Bekämpfung des "staatsfeindlichen Menschenhandels", also der Unterbindung von Fluchthilfe. Neben den Koordinationsaufgaben im Zusammenhang mit Flucht und Übersiedlung hatten sie vor allem die zahlreichen Berichte der einzelnen Diensteinheiten über das Fluchtgeschehen und die Wirksamkeit der Gegenmaßnahmen zu analysieren.
Das besondere Augenmerk lag auf der Bekämpfung der spektakulären Fluchtabsichten z. B. mit Flugkörpern, mit schwerer Verkehrstechnik oder den Fluchtversuchen unter Anwendung von Gewalt wie Flugzeugentführungen und Geiselnahmen. Diese oblagen ansonsten der Hauptabteilung XXII.
Mit der Dienstanweisung 10/81 verdeutlichte der Minister in Erweiterung seiner Dienstanweisung 10/66 erneut, dass die Verhinderung von Republikfluchten zentrale Aufgabe aller Diensteinheiten des MfS sei. Für jede Diensteinheit wurden das bereits bestehende spezifische Aufgabenfeld konkretisiert, persönliche Verantwortungen benannt, verbindliche Formen der gegenseitigen Informations- und Kooperationsbeziehungen innerhalb des MfS verfeinert sowie differenzierte Beratungs- und Berichtspflichten erweitert.
Zusätzlich zu den Grenzbeauftragten des MfS, die bereits in der Mitte der 60er Jahre zunächst auf der Linie VII installiert und durch Befehl 2/86 mit erweiterten Aufgaben der Hauptabteilung I unterstellt wurden, wurden zur vorbeugenden Verhinderung von Fluchten in den 80er Jahren ständige Kommissionen für Ordnung und Sicherheit bei den betreffenden kommunalen Institutionen gebildet, die mit dem MfS, speziell deren Grenzbeauftragten, unmittelbar zusammenwirkten und u. a. regelmäßig gemeinsame Grenzbegehungen durchführten, bei denen vermeintliche Sicherheitslücken behoben werden sollten.
Die Grenzbeauftragten sollten auch das "gesellschaftliche" Potenzial – vor allem das der freiwilligen Helfer der Grenztruppen und der Grenzbevölkerung – zur aktiven Mitwirkung an der weit bis ins Hinterland gestaffelten Grenzsicherung mobilisieren. Diese war mit dem Abbau der Minen Ende 1985 eingeführt worden und führte zur Festnahme der meisten Flüchtlinge, bevor diese überhaupt das Grenzgebiet erreichen konnten. Schließlich war das MfS auch maßgeblich in die "politischideologische Arbeit" zur vorbeugenden "Bekämpfung von Flucht und ständiger Ausreise" involviert.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Die Kirchen gerieten nicht selten unter Verdacht, gegen die politischen Verhältnisse in der DDR zu opponieren. Das lag an ihrer weitgehenden Eigenständigkeit, an der christlichen Botschaft, die von den kommunistischen Ideologen als konkurrierendes Sinn- und Erklärungsangebot abgelehnt wurde, sowie an ihrem Beharren auf Mitsprache und Gestaltungsanspruch in gesellschaftlichen Fragen. Im Auftrag der SED wurde daher das MfS tätig, um die von den Kirchen ausgehenden vermeintlichen und tatsächlichen Gefahren für das politisch-ideologische System der DDR abzuwehren.
Die SED-Kirchenpolitik war in den vier Jahrzehnten der DDR Wandlungen unterworfen. In den 50er Jahren führte die SED mehrfach einen offenen Kirchenkampf. Dieser richtete sich u. a. gegen die kirchliche Jugend- und Studentenarbeit, v. a. bei der Einführung der Jugendweihe, sowie gegen karitative Einrichtungen wie die Bahnhofsmissionen. Mehrere Religionsgemeinschaften wurden verboten und deren Anhänger verfolgt.
Die SED war zudem bestrebt, die Verlesung von solchen Hirtenbriefen und Kanzelabkündigungen zu unterbinden, in denen sozialethische, gesellschaftskritische oder politische Fragen aufgegriffen wurden. Von der Polizei und dem MfS wurden kirchliche Einrichtungen durchsucht und Literatur beschlagnahmt. Neben kirchlichen Mitarbeitern wurden unter Mitwirkung des MfS auch Pfarrer – zwischen 1950 und 1960 mindestens 140 – inhaftiert.
Ab den 60er Jahren beschränkte sich die SED zunehmend darauf, durch eine rigorose Auslegung der Veranstaltungsordnung unerwünschte kirchliche Aktivitäten zu behindern. Das offizielle Eindringen in kirchliche Räume wie im November 1987, als es nachts in der Zionsgemeinde in Ostberlin zu Durchsuchungen und Festnahmen kam, war in den 70er und 80er Jahren eher untypisch, weil dies die Staat-Kirche-Beziehungen erheblich belastete. Vor allem seit 1978 bemühte sich die SED, ein Stillhalteabkommen zwischen Kirchenleitungen und Staat zu respektieren.
Das MfS versuchte aber stets, indirekt Einfluss auf kirchliche Entscheidungen zu nehmen. Dies und die verdeckte Informationsbeschaffung zählten zu den Hauptbetätigungsfeldern des MfS im Rahmen der von der SED konzipierten Kirchenpolitik. Die Informationsbeschaffung erfolgte mittels Observation, IM-Einsatz und auf dem Weg der sog. Gesprächsabschöpfung. Dabei gelang es in Einzelfällen auch, Christen in kirchlichen Leitungspositionen als IM zu gewinnen.
So arbeitete der thüringische Kirchenjurist und Oberkirchenrat Gerhard Lotz seit 1955 mit dem MfS als IM "Karl" zusammen. Durch die Positionierung eines Offiziers im besonderen Einsatz im Konsistorium in Magdeburg, Detlev Hammer, der ab 1974 juristischer, dann Oberkonsistorialrat war, vermochte es das MfS, einen hauptamtlichen Mitarbeiter innerhalb der Leitungsstruktur der provinzsächsischen Kirche zu platzieren. Außerdem hatte das MfS gegenüber den Kirchen dann tätig zu werden, wenn Verdachtsmomente dafür vorlagen, dass die Kirchen über den ihnen von der SED zugewiesenen religiös-kultischen Bereich hinaus tätig wurden.
Dementsprechend observierte das MfS Kirchengemeinden und Pfarrer, die – wie es beim MfS hieß – im Rahmen der "Partnerschaftsarbeit" Besuchskontakt zu Kirchengemeinden in der Bundesrepublik unterhielten. Das MfS legte hierzu OV an und ermittelte gegen die Organisatoren der Zusammenkünfte.
Als Ziele der MfS-Aufklärung galten ebenso kirchliche Synoden und Basistreffen, auf denen grundsätzlich die potenzielle Gefahr bestand, dass Kritik an den Verhältnissen in der DDR geübt werden würde. In das Blickfeld des MfS rückten die evangelischen Kirchen insbesondere ab Mitte der 70er Jahre: Zunächst rief die auch unter nichtkirchlichen Jugendlichen an Attraktivität gewinnende kirchliche Jugendarbeit, dann die Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsarbeit unter dem Dach der Kirche den Argwohn des MfS hervor.
Insgesamt war das MfS nur eine von mehreren Institutionen des SED-Staates, die im Rahmen der SED-Kirchenpolitik tätig wurden. Im Zusammenspiel mit ihnen versuchte das MfS, die Kirchen zu kontrollieren und zu disziplinieren.
In Auswertung der kirchenpolitischen Kampagnen der 50er Jahre und bestärkt durch konzeptionelle Arbeiten, drängte die SED-Führung ab Anfang der 80er Jahre zunehmend auf ein koordiniertes Vorgehen. Die vom MdI und den Abteilungen für Inneres erstellten Rapportmeldungen, Berichte und Personeneinschätzungen zu Gottesdiensten und kirchlichen Mitarbeitern wurden vereinbarungsgemäß dem MfS zur Verfügung gestellt und bildeten häufig den Grundstock jener Berichte und Personencharakteristiken, die sich in den Beständen des MfS wiederfinden.
Bereits vor Gründung des MfS hatte bei der Deutschen Verwaltung des Innern in der Abteilung K 5 das Referat C 3 existiert. Als Aufgabenbeschreibung wurde die "Aufklärung und Bekämpfung der kirchlichen Feindtätigkeit" genannt. Ab 1950 bestand im MfS zunächst die Abteilung V, die sich ab 1953 Hauptabteilung V nannte und 1964 im Zuge einer Umstrukturierung zur Hauptabteilung XX wurde.
Innerhalb dieser Organisationsstruktur zeichnete die Abt. 4 für die "Bearbeitung" der Kirchen verantwortlich. 1988 gliedert sich diese in sechs Fachreferate, wobei je eins für die evangelischen Kirchen, die katholische Kirche sowie die Religionsgemeinschaften und Sekten zuständig war. Ein Referat widmete sich Operativen Vorgängen. Als Schwerpunkt der Arbeit wurde die "Bekämpfung der politischen Untergrundtätigkeit" benannt. Zwei weitere Referate nahmen koordinierende Funktionen wahr.
Neben der Hauptabteilung XX/4 stützte sich das MfS bei der Bekämpfung und Infiltration der Kirchen auf die Zuarbeit verschiedener Hauptabteilungen und Abteilungen - so u. a. auf die Dienste der HV A bei der "Aufklärung" von westlichen Partnergemeinden und Pfarrern, die die kirchliche Friedensarbeit in den ostdeutschen Gemeinden unterstützten. Im Fall der Inhaftierung kirchlicher Mitarbeiter übernahm die Hauptabteilung IX als Untersuchungsorgan den Vorgang.
Hinzu kamen andere institutionalisierte Formen der "Bearbeitung". Als politisch-ideologische fungierte ab 1958 das Referat Familienforschung, das Verwicklungen missliebiger Kirchenvertreter in das NS-Regime aufdecken oder konstruieren sollte, um die so Diffamierten unter Druck setzen zu können. Angesiedelt war es beim Deutschen Zentralarchiv in Potsdam. Es verwaltete verschiedene aus NS-Beständen stammende Unterlagen und wertete sie aus. Dabei handelte es sich um eine verdeckt arbeitende Einrichtung des MfS.
Um den steigenden Informationsbedarf – unter Berücksichtigung der Spezifik kirchlicher und religiöser Angelegenheiten – zu decken und um Sonderaufträge u. a. auch im Ausland ausführen zu können, etablierte das MfS 1960 die sog. Auswertungsgruppe, die dem Referat V zugeordnet wurde. In einem konspirativen Objekt in Berlin-Pankow ("Institut Wandlitz") arbeiteten hauptamtliche IM und mehrere OibE zusammen.
Seine "Absicherung" fand das Vorgehen des MfS gegenüber den Kirchen durch ein umfangreiches Netz von OibE und IM, die das MfS im Staatssekretariat für Kirchenfragen und in den Kirchenabteilungen der DDR-Bezirke unterhielt. 1989 gab es im Staatssekretariat drei OibE; zudem berichtete der persönliche Referent und Büroleiter der Staatssekretäre Hans Seigewasser und Klaus Gysi, Horst Dohle, ab 1975 als IM "Horst" dem MfS. Insgesamt aber gelang es dem MfS nicht, die Kirchen umfassend zu unterwandern.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Die Hauptverwaltung A (HV A) war die Spionageabteilung des MfS, deren Bezeichnung sich an die der Spionageabteilung des KGB, 1. Verwaltung, anlehnt. Der Ordnungsbuchstabe A wurde in der Bundesrepublik oftmals, aber unzutreffenderweise mit "Aufklärung" aufgelöst. Die HV A wurde 1951 als Institut für Wirtschaftswissenschaftliche Forschung (IWF) gebildet und ging im September 1953 als HA XV in das Staatssekretariat für Staatssicherheit ein. Sie wurde im MfS von 1956 bis zur Auflösung im Juni 1990 als HV A bezeichnet.
Der Schwerpunkt nachrichtendienstlicher Tätigkeit der HV A lag in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, wo sie mit Objektquellen, d. h. den IM in den nachrichtendienstlichen Zielobjekten, aktiv war.
Die HV A gliederte sich 1956 in 15, 1989 in 20 Abteilungen.
Für die operative Arbeit gegen das Bundeskanzleramt und wichtige Bundesministerien war die Abteilung I, für die gegen die bundesdeutschen Parteien die Abteilung II und für die Arbeit außerhalb Deutschlands die Abteilung III zuständig. Für die Infiltration der USA war die Abteilung XI, für die NATO und die Europäischen Gemeinschaften die Abteilung XII verantwortlich. Mit der Militärspionage war die Abteilung IV befasst, mit der Unterwanderung gegnerischer Nachrichtendienste die Abteilung IX.
Innerhalb der Hauptverwaltung war vornehmlich der Sektor Wissenschaft und Technik (SWT) mit Wissenschafts- und Technikspionage befasst, der zu diesem Zweck die Abteilung XIII bis XV sowie die Arbeitsgruppen 1, 3 und 5 unterhielt sowie eine eigene Auswertungsabteilung, die Abteilung V bzw. ab 1959 Abteilung VII.
Leiter der HV A waren 1951/52 Anton Ackermann, kurzzeitig Richard Stahlmann, 1952-1986 Markus Wolf, dann Werner Großmann und 1989/90 Bernd Fischer. Von anfangs zwölf Mitarbeitern wuchs der Apparat bis 1955 auf 430, bis 1961 auf 524 Mitarbeiter und erreichte bis 1972 einen Umfang von 1.066 hauptamtlichen Mitarbeitern. Bis 1989 wuchs die HV A auf 3.299 hauptamtliche Mitarbeiter, hinzu kamen 701 OibE (1985: 1.006) sowie 778 HIM. OibE und HIM arbeiteten verdeckt in der DDR und im Operationsgebiet. Insgesamt verfügte die HV A also zuletzt über 4.778 Mitarbeiter.
Die Anzahl der von der HV A geführten IM umfasste im Jahre 1989 rund 13.400 in der DDR und weitere 1.550 in der Bundesrepublik. Über 40 Jahre hinweg werden nach Hochrechnungen insgesamt rund 6.000 Bundesbürger und Westberliner IM der HV A gewesen sein.
Die Hauptverwaltung A (HV A) war die Spionageabteilung des MfS, deren Bezeichnung sich an die der Spionageabteilung des KGB, 1. Verwaltung, anlehnt. Der Ordnungsbuchstabe A wurde in der Bundesrepublik oftmals, aber unzutreffenderweise mit "Aufklärung" aufgelöst. Die HV A wurde 1951 als Institut für Wirtschaftswissenschaftliche Forschung (IWF) gebildet und ging im September 1953 als HA XV in das Staatssekretariat für Staatssicherheit ein. Sie wurde im MfS von 1956 bis zur Auflösung im Juni 1990 als HV A bezeichnet.
Der Schwerpunkt nachrichtendienstlicher Tätigkeit der HV A lag in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, wo sie mit Objektquellen, d. h. den IM in den nachrichtendienstlichen Zielobjekten, aktiv war.
Die HV A gliederte sich 1956 in 15, 1989 in 20 Abteilungen.
Für die operative Arbeit gegen das Bundeskanzleramt und wichtige Bundesministerien war die Abteilung I, für die gegen die bundesdeutschen Parteien die Abteilung II und für die Arbeit außerhalb Deutschlands die Abteilung III zuständig. Für die Infiltration der USA war die Abteilung XI, für die NATO und die Europäischen Gemeinschaften die Abteilung XII verantwortlich. Mit der Militärspionage war die Abteilung IV befasst, mit der Unterwanderung gegnerischer Nachrichtendienste die Abteilung IX.
Innerhalb der Hauptverwaltung war vornehmlich der Sektor Wissenschaft und Technik (SWT) mit Wissenschafts- und Technikspionage befasst, der zu diesem Zweck die Abteilung XIII bis XV sowie die Arbeitsgruppen 1, 3 und 5 unterhielt sowie eine eigene Auswertungsabteilung, die Abteilung V bzw. ab 1959 Abteilung VII.
Leiter der HV A waren 1951/52 Anton Ackermann, kurzzeitig Richard Stahlmann, 1952-1986 Markus Wolf, dann Werner Großmann und 1989/90 Bernd Fischer. Von anfangs zwölf Mitarbeitern wuchs der Apparat bis 1955 auf 430, bis 1961 auf 524 Mitarbeiter und erreichte bis 1972 einen Umfang von 1.066 hauptamtlichen Mitarbeitern. Bis 1989 wuchs die HV A auf 3.299 hauptamtliche Mitarbeiter, hinzu kamen 701 OibE (1985: 1.006) sowie 778 HIM. OibE und HIM arbeiteten verdeckt in der DDR und im Operationsgebiet. Insgesamt verfügte die HV A also zuletzt über 4.778 Mitarbeiter.
Die Anzahl der von der HV A geführten IM umfasste im Jahre 1989 rund 13.400 in der DDR und weitere 1.550 in der Bundesrepublik. Über 40 Jahre hinweg werden nach Hochrechnungen insgesamt rund 6.000 Bundesbürger und Westberliner IM der HV A gewesen sein.
Mit Operationsgebiet bezeichnete das MfS zusammenfassend alle Länder, in denen bzw. gegen die es geheimdienstliche Aktionen durchführte. Zumeist waren damit die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin gemeint, der Begriff konnte aber auch jedes andere westliche oder neutrale Land einschließen. Aufgrund besonderer innenpolitischer Entwicklungen galten 1968/69 auch die Tschechoslowakei, spätestens seit den 70er Jahren faktisch Rumänien und in den 80er Jahren auch Polen als Operationsgebiet.
Staatsverbrechen waren im StEG/1957 (§§ 13-27) und in Kapitel 2 des StGB/1968 (§§ 96-111) beschriebene politische Straftaten, die in die Zuständigkeit des MfS als strafrechtliches Untersuchungsorgan (HA IX) fielen, weil eine staatsfeindliche Absicht und/oder eine staatsgefährdende Wirkung unterstellt wurden.
Zu den Staatsverbrechen zählten diktaturspezifisch kodifizierte "klassische" politische Straftaten wie Hochverrat und Spionagedelikte sowie als Meinungs- und Organisationsdelikte definierte Handlungen (Staatsfeindliche Hetze, Staatsfeindliche Gruppenbildung), die in demokratischen Staaten als Ausübung von Grundrechten gelten würden, außerdem unterschiedliche Handlungen oder Unterlassungen, bei denen den Tätern eine staatsfeindlich motivierte Schädigungsabsicht unterstellt wurde (Diversion, Sabotage).
Die als Staatsverbrechen bezeichneten Straftatbestände stehen überwiegend in sowjetischer Rechtstradition und gehen letztlich auf Artikel 58 des StGB der RSFSR ("Konterrevolutionäre Verbrechen") zurück. Bis Februar 1958 wurden sie von DDR-Gerichten in Ermangelung konkreter strafrechtlicher Regelungen pauschal mit Hilfe von Artikel VI der Verfassung von 1949 ("Boykott- und Kriegshetze") geahndet.
Staatsverbrechen galten als schwere Straftaten; bei einigen Tatbeständen (Hochverrat, Spionage, Terror, Diversion, Sabotage) umfasste der Strafrahmen bis 1987 auch die Todesstrafe.
Zur Legitimation der DDR-Geheimpolizei diente eine spezifische Ausformung der marxistisch-leninistischen Ideologie, die rückblickend als "Tschekismus" bezeichnet werden kann. Das MfS konstruierte damit ein normatives Gefüge, dessen Begriffskern die Berufung auf die 1917 von den Bolschewiki gegründete sowjetische Geheimpolizei Tscheka (oder ČK – russ.: Außerordentliche Allrussische Kommission zur Bekämpfung von Konterrevolution, Spekulation und Sabotage) war.
Daraus leitete das MfS einen Katalog von Funktionen, Selbstzuschreibungen und Verhaltensmaßgaben für die Mitarbeiter ab. Im Vokabular der Staatssicherheit tauchte der Begriff als Bezeichnung für die Mitarbeiter ("Tschekisten") sowie als daraus abgeleitetes Adjektiv ("tschekistisch ") auf. Elemente der "tschekistischen" Ideologie waren:
Aus dieser Ideologie ergab sich das normative Leitbild der "tschekistischen Persönlichkeit" für die Formung und seelisch-moralische Orientierung der MfS-Mitarbeiter als Weltanschauungskämpfer. Im Mittelpunkt standen die "tiefen Gefühle des Hasses, des Abscheus, der Abneigung und Unerbittlichkeit" als "entscheidende Grundlage für den leidenschaftlichen und unversöhnlichen Kampf gegen den Feind".
Hinzu kamen soldatische Tugenden wie bedingungslose Einsatzbereitschaft, Härte, Standhaftigkeit, Mut und Opferbereitschaft und geheimdienstliche Kompetenzen wie die Fähigkeit zur Konspiration und zur Verkörperung von operativen Legenden, die an die maskuline Kampf- und Gewaltkultur aus der Epoche der Bürgerkriege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts anknüpften.
Diese Kombination aus Leidenschaft, Prinzipientreue und Härte wurde personifiziert in der kulthaften Überhöhung des asketisch-revolutionären Tscheka-Vorsitzenden Feliks Dzierżyński (1877–1926), dessen (nicht belegtes) Zitat: "Tschekist sein kann nur ein Mensch mit kühlem Kopf, heißem Herzen und sauberen Händen" die wohl meistzitierte Formel der "tschekistischen" Ideologie war. Sie diente der Erziehung zur "bewussten Disziplin".
Zugleich diente dieser Kult als normatives Widerlager zur Alltagskultur der geheimen Sicherheitsbürokratie, in der sich das elitäre Selbstverständnis der "Genossen erster Kategorie" (Wilhelm Zaisser 1953) in einem Gemenge von Machtbewusstsein, Privilegienwirtschaft und einer Neigung zu periodischen Alkoholexzessen niederschlug.
Historisch betrachtet war die "tschekistische" Ideologie im MfS von den Anfängen an Grundlage der inneren Verfassung, gewann jedoch als explizites Leitbild erst infolge der halbherzigen Entstalinisierung nach 1956 an Bedeutung, als Stalin und seine Leitsätze wie der von der "ständigen Verschärfung des Klassenkampfes" nicht mehr benutzt werden konnten. Die damit auch in der Sowjetunion einhergehende Dzierżyński-Renaissance führte in der DDR zur öffentlichen Aufwertung, deren Höhepunkt die Feierlichkeiten anlässlich des 100. Geburtstages Dzierżyńskis 1977 bildeten.
Bis zum Beginn der kritischen vergangenheitspolitischen Debatten in der Sowjetunion 1985/86 gewann der Tscheka-Kult zudem neben der Traditionsarbeit zum kommunistischen Antifaschismus im MfS weiter an Bedeutung. Beide dienten als Surrogat für die verblassende Sinnstiftung unter den MfS-Mitarbeitern, denen es an persönlichen Kampferfahrungen fehlte und die die sukzessive Begrenzung ihrer "außerordentlichen" Legitimation in der täglichen Verfolgungspraxis (sinkende Strafmaße, Freikauf von Häftlingen, Tätigkeit westlicher Medien von der DDR aus usw.) verarbeiten mussten.
In den Rettungs- und Rechtfertigungsversuchen im und nach dem Herbst 1989 rückten SED/PDS und MfS-Führung schnell ab von der "tschekistischen" Ideologie. Der Versuch, einen entstalinisierten "sauberen Tschekismus" zu etablieren, blieb die Ausnahme. An ihre Stelle trat ein Etatismus, der das MfS als Element "normaler" Staatlichkeit legitimierte.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Schulungskassette zu einer Wohngebietsermittlung im Bezirk Rostock Audio, 27 Minuten, 55 Sekunden
Dienstkonferenz im Bezirksamt Karl-Marx-Stadt nach der Besetzung von Stasi-Dienststellen Audio, 30 Minuten, 33 Sekunden
Podiumsveranstaltung mit George Blake als Redner in der Schule der Hauptverwaltung A in Belzig Video, 1 Stunde, 47 Minuten, 45 Sekunden
Festnahmen am Berliner Alexanderplatz Video, 17 Minuten, 47 Sekunden