Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Fi, Nr. 39
Fluchtversuch wie im Agentenfilm: Die Stasi rekonstruierte eine versuchte Schleusung mit einem präparierten LKW. Das Fahrzeug kann auf Knopfdruck sein Kennzeichen verändern und hat ein geräumiges Versteck hinter dem Fahrersitz
Immer wieder versuchten sogenannte Fluchthelfer aus der Bundesrepublik, DDR-Bürgern beim Verlassen des Landes zu helfen. Sie bauten Tunnel unter der Berliner Mauer hindurch oder versteckten Menschen in den Kofferräumen ihrer Fahrzeuge. Das MfS bezeichnete solche Aktionen als "Schleusen" oder "Menschenraub" und versuchte sie mit allen Mitteln zu verhindern. Die Fluchthelfer wurden als "kriminelle Menschenhändler" verunglimpft.
Dieser Film rekonstruiert einen besonders ausgeklügelten Fluchtplan. Es handelt sich vermutlich um einen Lehrfilm des MfS, mit dem die Stasi ihre Mitarbeiter auf besonders trickreiche Vorgehensweisen aufmerksam machen wollte.
Ein präparierter Transporter und ein Hilfsfahrzeug fahren auf der Transitautobahn. Der Transporter biegt von der Autobahn ab und wechselt auf Knopfdruck sein Kennzeichen. Nun erscheint er als ein in der DDR zugelassenes Fahrzeug. Nur so kann er unbehelligt abseits der für Fahrten zwischen West-Berlin und Westdeutschland freigegebenen Transitautobahn verkehren. An einer Landstraße nimmt er einige Männer auf, die über eine hinter dem Fahrersitz versteckte Luke in ein verstecktes Abteil klettern. Der Wagen fährt weiter. Bei einer Kontrolle durch die Volkspolizei zeigt der Fahrer gefälschte Papiere. Am Ende fährt der Transporter zurück auf die Transitautobahn und wechselt wieder zu einem BRD-Kennzeichen
Der Film zeigt, wie das MfS einen Schleusungsversuch in einem Großraumtransporter des Typs Büssing der Firma Umtrans Gemeinschaft Möbelverkehr nachstellt. Zu sehen ist, wie das Fahrzeug die Transitstrecke verlässt und durch Betätigung einer elektromagnetischen Eininrichtung das Kennzeichnen wechselt. Vier Männer steigen aus der Fahrerkabine über eine Einstiegsluke unter dem Fahrersitz in den Laderaum des LKW. Weiterhin zu sehen ist die Passkontrolle des Fahrzeugführers mit gefälschten Papieren auf der Landstraße durch die Verkehrspolizei. Fünf männliche Personen verstecken sich in dem LKW. Danach fährt dieser auf der Autobahn unter erneuten Wechsel des Kennzeichens weiter.
Schleuser waren IM, die Personen, Materialien oder Fahrzeuge inoffiziell über die Staatsgrenze der DDR in das Operationsgebiet einschleusten oder von dort zurückbeförderten. Dementsprechend unterschied das MfS auch zwischen Personenschleuse, bei der einer oder mehrere Schleuser aus der DDR oder dem Westen zum Einsatz kamen, und der Materialschleuse. Die Schleuser wurden teilweise auch als Grenz-IM (GIM) bezeichnet. Im Dezember 1988 gab es in der Bundesrepublik und Westberlin 47 GIM.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
"FIAT II" - Schulungsfilm zur Verhinderung von Fluchten durch die Schleusung in Fahrzeugen Video, 18 Minuten, 47 Sekunden
Fotodokumentation eines Fluchtversuchs auf der Grenzübergangsstelle Chausseestraße Dokument, 4 Seiten
Foto-Dokumentation einer versuchten Republikflucht 14 Fotografien
Lageplan der Grenzübergangsstelle Chausseestraße mit Skizze des Verlaufs eines Fluchtversuches Dokument, 1 Seite