Signatur: BStU, MfS, WR Berlin, Tb, Nr. 60
Oberst Karl Naumann, Politoffizier des MfS-Wachregiments "Feliks E. Dzierzynski", ermahnt junge Soldaten im regimentseigenen Radiosender. Sie hatten über den öffentlichen Rundfunk junge Frauen in die Kaserne eingeladen.
Das Funkstudio Adlershof, war der eigene Radiosender des Wachregiments. Er war in den Kasernen des Wachregiments in jeder Stube über Lautsprecher zu hören. Den Soldaten, die keine privaten Radios benutzen durften, bot der Sender die einzige Möglichkeit, Musik zu hören. Neben Hitparaden, Konzertmitschnitten und Wunschsendungen stand jedoch "Agitation" auf dem Programm: Während der Sendezeit zwischen 6 und 22 Uhr liefen Propagandasendungen und Aufnahmen von Reden des Ministers Erich Mielke oder anderer Persönlichkeiten der Staats- und Parteiführung.
Natürlich diente der Sender auch der Disziplinierung der Soldaten. Der vorliegende Mitschnitt ist ein Beispiel dafür. Oberst Naumann, als Politstellvertreter unter anderem zuständig für die „politische Erziehung“ der Soldaten, kritisiert darin eine Kompanie des Wachregiments in Berlin-Adlershof. Mehrere Soldaten hatten dort versucht, über die öffentlich zu empfangende Jugendsendung DT 64 junge Frauen in ihre Kaserne einzuladen.
Naumann befürchtete, dass diese öffentliche Einladung die "leichten Mädchen von Berlin" vor die Tore der Kaserne locken würde – wegen der Aussicht, sich eine "guten Menschen, einen Dzierzynski-Soldaten" angeln zu können. Auch dass "der Feind" so Spitzel in die Kaserne einschleusen könnte, weckte seinen Argwohn.
[Oberst Karl Naumann:]
DT 64 hat gesendet, dass unsere Genossen Soldaten, und sicher auch ne Reihe Unteroffiziere, sich bemüh'n - hm - anständige Mädchen, das betone ich, anständige Mädchen, bei uns in den Veranstaltungen, Zugabend, so möchte ich vielleicht sagen, hier bei uns im Wachregiment, im Klubhaus zu haben. Wir meinen, das ist nicht ganz überlegt. Mehr noch: So ne Sache, die kann für uns mächtig an den Baum gehen.
Ich will aber zunächst sagen, ich habe völliges Verständnis für unsere Genossen und wir ziehn daraus auch entsprechende Schlussfolgerungen. Weil ich unseren jungen Menschen genau nachfühlen kann, noch dazu, wie - äh - das bei den Genossen der 6. Kompanie ist, die uns ja die Sache eingefädelt haben mit DT 64, dass sie en Zugabend organisiert hatten, auch über de FDJ sicher, Verbindung aufgenommen hatten, mit dem Krankenhaus Buch, also mit den FDJlerinnen, wenn man so will Schwestern, um mit ihnen gemeinsam den Zugabend im Klubhaus durchführen wollten. Dann ergab sich die Situation so, dass die FDJlerinnen, unsere lieben Schwestern, abgesagt haben und nun sicher so'n pfiffiger Bursche entschieden hat, also passt auf, wir machen das so wie bei der Nationalen Volksarmee, wir machen zu DT 64 eine Alarmmeldung. Und das ist geschehen.
Der Fernsehfunk, das wissen wir ja alle, wie auch andere Institutionen, nu überhaupt die Deutsche Demokratische Republik, die werkttätigen Menschen zu uns sehr gut und immer sehr hilfreich stehn, hat man sofort Verständnis für die Frage gehabt, und es wurde gesendet. Schon vorgestern, und die Alarmzeichen kamen natürlich auch sofort zur Politabteilung. Wir haben - äh - wenn man so will, sofort darauf reagiert, aber was so auf Band geschnitten ist und mit Schichtwechsel verbunden ist, das wird nicht immer gleich korrigiert und so ergab's sich, gestern rollte die Sache noch einmal über DT 64. Und, ich sag auch nochmal, wird zum Diskussionsstoff zur Anleitung bei uns, in unserem Regiment.
Warum müssen wir dazu etwas sagen? Warum sagen wir: so geht's nicht, sondern wir müssen andere Lösungswege finden, ganz einfach so. Liebe Genossen, stellt euch doch vor, stellt euch doch bitte vor, nicht nur, dass wir uns im bestimmten Sinne ein Armutszeugnis ausstell'n, dass wir über DT 64 FDJlerinnen suchen. Das wäre ja noch am Ende zu verdauen, aber stellt euch doch vor, eine zweite Sache, wir machen ja keinen Hehl daraus, und wer wüsst' es besser wie ihr, in Berlin gibt's ja natürlich genügend leichte Mädchen, die seh'n sich ja geradezu angelockt, wenn freier Eintritt, wenn freie Verpflegung und noch dazu, wenn man so will, noch einen guten Menschen und einen Dzierzynki-Soldaten bei der Hand.
Also, zunächst müsste man sagen, dort müssen wir damit rechnen, nicht nur, aber wir müssen damit rechnen, dass vor unseren Toren erscheinen, die leichten Mädchen von Berlin. Können wir uns das leisten? Natürlich können wir uns das nicht leischten, leisten. Wir haben ja kein Interesse dran, die leichten Mädchen von Berlin ins Klubhaus ins Wachregiment zu konzentrieren! Ganz im Gegenteil, wir sind froh, wenn unsere Genossen Soldaten in dieser Beziehung recht wählerisch sind und genau prüfen, wen sie an ihrer Seite haben!
Aber, noch mehr, noch mehr. Die zweite Sache, stellt euch vor, die Sendung DT 64 wird ja nicht nur bei uns in der Deutschen Demokratischen Republik gehört, sondern mit Sicherheit hört gerade diese Sendung auch der Feind. Welch leichtes Spiel wohl, wenn er gehört hat, dass eine Truppe bei uns im Wachregiment dazu aufruft, zur Einladung ins Klubhaus Wachregiment "Feliks Dzierzynski". Er wird sicher versuchen, an seinen Strippen zu zieh'n und, und die er an an Netzen hält und damit müssen wir Tschekisten auch immer rechnen und wissen das, sofort zu instruiern und zu sagen nichts wie auf, los, rein beteilige dich daran und nehm an der Sache teil, und morgen oder übermorgen Informationsbericht, über Lage des Klubhaus, Charakter, Stimmung unter den Soldaten, Offizieren und so weiter und sofort. Darum, liebe Genossen sagen wir: So gehts nicht, sondern wir müssen einen besseren, einen vernünftigeren Lösungsweg suchen.
Ich hab' das für notwendig gehalten, das zu sagen, weil wir ja immer davon ausgehen unseren Genossen Soldaten das zu erläutern, wenn wir zu irgendetwas unbedingt nein sagen müssen und ziehn selbst daraus die Schlußfolgerung, wie wir die Sache besser machen können. Also, verstehen wir uns in dieser Beziehung und unsere Genossen der 6. Kompanie und auch der Genosse, der das ganz konkret gemacht hat, ich will jetzt auf den Namen verzichten, der das ganz konkret gemacht hat, Genosse Politstellvertreter sorgt dafür, dass die Sache in Ordnung kommt dass es vor unserem Klubhaus, nachdem die Einladung nu zwei mal rausgegangen ist, nicht noch zu Unliebsamkeiten kommt. Zu dessen seid ihr verpflichtet.
Für unsererseits haben selbstverständlich auf anderem Wege abgesichert, abgesichert, dass wir fordern sowohl von Rundfunk und vom Fernsehen, wie das eigentlich schon festliegt, was und wie über Rundfunk und Fernsehen aus dem Wachregiment gesendet wird, das kann nicht losgelöst vom Kommandeur und damit von seinem Politstellvertreter und den leitenden Organen geschehen. Was und wie notwendig ist wird abgesprochen mit unserer Pressestelle, und dann würde es die entsprechenden notwendigen Veröffentlichungen geben. Eben aus diesem Grund, von welchem ich vorher sprach. Das, liebe Genossen, habe ich auch für notwendig gehalten, heute noch in unserer Sendung auszusprechen.
Wachregiment des MfS "Feliks Dzierżyński"
Das am 1.1.1951 als "Wachbataillon A" gegründete Wachregiment des MfS, welches seit 1967 den Namen des ersten sowjetischen Geheimdienstchefs Feliks Dzierżyński trug, wuchs im Laufe der Jahrzehnte zu einer Wach- und Sicherungstruppe mit 11.000 Angehörigen an (1989). Als militärisch-operativer Arm des MfS bezeichnet, hatte das Wachregiment, in und um Ostberlin stationiert, in erster Linie die Aufgabe, Partei- und Staatsobjekte wie die Politbürosiedlung Wandlitz zu bewachen sowie zeitweilig bestimmte Einsatzräume zu beziehen, um die Sicherheit führender Repräsentanten der DDR einschließlich ihrer Gäste zu gewährleisten.
Im Krisen- und Kriegsfall sollten die "Dzierżyński-Soldaten" die SED-Parteiführung schützen und bei inneren Unruhen eingreifen. Ihre "militärisch-tschekistische" Ausbildung war auf den Orts- und Häuserkampf ausgerichtet. Die Bewaffnung bestand zuletzt neben den üblichen Infanteriewaffen aus Panzerbekämpfungsmitteln, Flugabwehrraketen und mehr als 400 Schützenpanzerwagen.
Das Wachregiment rekrutierte sich zu etwa 80 Prozent aus freiwillig drei Jahre dienenden Soldaten und Unteroffizieren. Die SED-Führung und Mielke wollten in den Angehörigen des Wachregiments politische Soldaten sehen, die in einem besonderen Treueverhältnis zur Partei- und Staatsführung stehen sollten. Ihre Sonderstellung wurde durch einen besonderen Fahneneid, Uniformen aus Offiziersstoff, Ärmelstreifen und durch eine bessere Besoldung unterstrichen.
Gegenüber anderen bewaffneten Organen entwickelten die MfS-Soldaten deshalb gelegentlich Formen überheblichen Verhaltens. Es existierte zeitweise so etwas wie ein Korpsgeist, man begriff sich als eine Art "Rote Garde". Einsätze am 17. Juni 1953 und am 13. August 1961 stellte man in der Traditionspflege besonders heraus.
Im Oktober 1989 erfolgte gegen Demonstranten in Ostberlin der letzte "Sicherungseinsatz" von kleineren Teilen des Wachregiments; danach verweigerte die Mehrheit der Soldaten den bisherigen "absoluten Gehorsam". Die Modrow-Regierung löste das Wachregiment im Dezember 1989 auf.
Wachregiment des MfS "Feliks Dzierżyński"
Das am 1.1.1951 als "Wachbataillon A" gegründete Wachregiment des MfS, welches seit 1967 den Namen des ersten sowjetischen Geheimdienstchefs Feliks Dzierżyński trug, wuchs im Laufe der Jahrzehnte zu einer Wach- und Sicherungstruppe mit 11.000 Angehörigen an (1989). Als militärisch-operativer Arm des MfS bezeichnet, hatte das Wachregiment, in und um Ostberlin stationiert, in erster Linie die Aufgabe, Partei- und Staatsobjekte wie die Politbürosiedlung Wandlitz zu bewachen sowie zeitweilig bestimmte Einsatzräume zu beziehen, um die Sicherheit führender Repräsentanten der DDR einschließlich ihrer Gäste zu gewährleisten.
Im Krisen- und Kriegsfall sollten die "Dzierżyński-Soldaten" die SED-Parteiführung schützen und bei inneren Unruhen eingreifen. Ihre "militärisch-tschekistische" Ausbildung war auf den Orts- und Häuserkampf ausgerichtet. Die Bewaffnung bestand zuletzt neben den üblichen Infanteriewaffen aus Panzerbekämpfungsmitteln, Flugabwehrraketen und mehr als 400 Schützenpanzerwagen.
Das Wachregiment rekrutierte sich zu etwa 80 Prozent aus freiwillig drei Jahre dienenden Soldaten und Unteroffizieren. Die SED-Führung und Mielke wollten in den Angehörigen des Wachregiments politische Soldaten sehen, die in einem besonderen Treueverhältnis zur Partei- und Staatsführung stehen sollten. Ihre Sonderstellung wurde durch einen besonderen Fahneneid, Uniformen aus Offiziersstoff, Ärmelstreifen und durch eine bessere Besoldung unterstrichen.
Gegenüber anderen bewaffneten Organen entwickelten die MfS-Soldaten deshalb gelegentlich Formen überheblichen Verhaltens. Es existierte zeitweise so etwas wie ein Korpsgeist, man begriff sich als eine Art "Rote Garde". Einsätze am 17. Juni 1953 und am 13. August 1961 stellte man in der Traditionspflege besonders heraus.
Im Oktober 1989 erfolgte gegen Demonstranten in Ostberlin der letzte "Sicherungseinsatz" von kleineren Teilen des Wachregiments; danach verweigerte die Mehrheit der Soldaten den bisherigen "absoluten Gehorsam". Die Modrow-Regierung löste das Wachregiment im Dezember 1989 auf.
Bevor sich Anfang der 80er Jahre der Begriff Öffentlichkeitsarbeit, zumeist als Begriffspaar Öffentlichkeits- und Traditionsarbeit (ÖTA), durchsetzte, wurde dieses Tätigkeitsfeld im MfS als Agitation bezeichnet. Im Verlauf der MfS-Geschichte nahm sie unterschiedliche Ausprägungen an. Ihren Höhepunkt erlebte sie in den 50er und 60er Jahren, später reduzierte sich ihre Bedeutung deutlich.
Schon die Gründung des MfS wurde von einer Medienkampagne gegen westliche "Saboteure und Agenten" begleitet. 1954 wurde für die Öffentlichkeitsarbeit ein eigenes Referat in der für Verwaltungsaufgaben zuständigen Abteilung Allgemeines eingerichtet, das 1955 als selbständige Abteilung Agitation ausgelagert wurde. Der Bereich wurde nach außen als Pressestelle oder Presseabteilung bezeichnet, seine Leiter traten in den 50er und 60er Jahren auch als Pressesprecher des MfS auf. 1985 wurde der Bereich umorganisiert und als Bereich 6 in die ZAIG eingegliedert. In den Bezirksverwaltungen und Hauptabteilungen des Ministeriums lag die Zuständigkeit für die Öffentlichkeitsarbeit bei einzelnen Stabsoffizieren, die nach Einrichtung der AKG 1978/79 diesem Bereich zugeordnet waren. Aufgaben einer wirklichen Pressestelle erfüllte der Agitationsbereich nur begrenzt. Die Medien wurden vom MfS nur sehr restriktiv informiert, aber umso intensiver instrumentalisiert. Es ging primär um Popularisierung der Arbeit der Staatssicherheit; die Abwehr gegnerischer Angriffe stand thematisch im Zentrum der Öffentlichkeitsarbeit Konkrete Angaben zum eigenen Apparat, etwa zu Mitarbeiterzahlen, Aufbau und Arbeitsweise wurden grundsätzlich nicht in die Öffentlichkeit gegeben.
Wie kaum ein anderes Tätigkeitsfeld der Staatssicherheit war die Öffentlichkeitsarbeit in der Ulbricht-Ära unmittelbar in die entsprechenden Aktivitäten des zentralen Parteiapparates der SED (Abteilungen Agitation und Propaganda des ZK, Agitationskommission des ZK) eingebunden. Auch die Beziehungen zu anderen staatlichen Akteuren, etwa dem Amt für Information oder der Generalstaatsanwaltschaft, waren vorrangig offizieller Natur. Der Einsatz von IM oder OibE spielte in diesem Bereich eine untergeordnete Rolle. Eine prominente Ausnahme war der Publizist Julius Mader, der von 1962 bis 1989 OibE des MfS-Agitationsbereichs war und mit seinen geheimdienstspezifischen Büchern (z. B. Nicht länger geheim, 1966; Who’s who in CIA, 1968) durchaus Breitenwirkung erzielte. In den 50er Jahren konzentrierte sich die MfS-Agitation darauf, "Diversanten", "Spione" und ihre westlichen "Hintermänner" anzuprangern. Die Öffentlichkeitsarbeit wurde ab 1953 im Rahmen der Strategie der "Konzentrierten Schläge" erheblich intensiviert. Große Verhaftungsaktionen mit den Codenamen "Feuerwerk" (1953), "Pfeil" (1954) und "Blitz" (1955), die jeweils zu Hunderten von Festnahmen führten, wurden mit Pressekonferenzen beendet. Hierbei wurden auch "reumütige" Agenten vorgeführt, bei denen es sich zumeist um abgezogene IM der Staatssicherheit handelte. Außerdem gehörten Beiträge in Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und der Kino-Wochenschau ebenso dazu wie Ausstellungen und Vorträge von hohen MfS-Kadern in Betriebsversammlungen.
Ab Ende der 50er Jahre konzentrierten sich die Öffentlichkeitsarbeit des MfS auf die elektronischen Medien und den Film. Besonders erfolgreich war der vom MfS inspirierte und 1963 gedrehte Spielfilm "For eyes only" über die spektakuläre Entwendung einer Agentenkartei aus der Würzburger Dienststelle des amerikanischen Militärgeheimdienstes MID durch den "Kundschafter" Horst Hesse. In den 60er Jahren hatte die Öffentlichkeitsarbeit des MfS in erster Linie Westdeutschland im Blick und arbeitete hierbei mit dem Agitationsapparat des ZK der SED zusammen. In Publikationen und auf internationalen Pressekonferenzen unter dem Vorsitz von Politbüromitglied Albert Norden wurden Themen wie die Aufrüstung der Bundeswehr oder die Nazivergangenheit bundesdeutscher Funktionsträger angeprangert. Diese Kampagnen waren vor allem dann wirkungsvoll, wenn es gelang, auf konspirativem Wege einschlägige Nachrichten in westlichen Medien zu platzieren. Außerdem organisierte das MfS zu dieser Zeit die massenhafte Einschleusung von Propagandaschriften in die Bundesrepublik. Als sich die DDR-Führung mit dem SED-Parteitag 1967 auch offiziell von der gesamtdeutschen Perspektive verabschiedete, wandte sich auch die MfS-Agitation mehr DDR-internen Themen zu. Vorrangige Ziele waren jetzt die Stärkung der "Massenwachsamkeit" und die Pflege des "Vertrauensverhältnisses" zwischen Bevölkerung und MfS.
In der Phase der Entspannungspolitik veränderte sich der Charakter der Öffentlichkeitsarbeit beträchtlich. Mediale Angriffe auf die Bundesrepublik ließen stark nach. Künstlerische und journalistische Projekte des Agitationsbereichs, etwa zur "BRD-Menschenrechtsdemagogie" oder zur Übersiedlungsproblematik, erhielten von der politischen Führung kein grünes Licht mehr, weil sie nicht in die Politik der internationalen Normalisierung passten oder an tabuisierten innenpolitischen Problemen rührten. Die Medienpräsenz von MfS-Themen ging stark zurück. Ausnahmen blieben in den 70er Jahren die beiden großen, vom MfS inspirierten Fernsehfilmserien "Das unsichtbare Visier" (mit Armin Mueller-Stahl in der Hauptrolle) und "Rendezvous mit Unbekannt", die sich mit politisch unbedenklichen Sujets, der Auslandsspionage und der Frühzeit des MfS, befassten. Die Öffentlichkeitsarbeit beschränkte sich ansonsten auf ADN-Meldungen zu Kleinereignissen, wie z. B. dem "Missbrauch von Transitwegen" durch Fluchthelfer. Ab Mitte der 80er Jahre beklagten die Verantwortlichen der Öffentlichkeitsarbeit im MfS die mangelnde Verwertbarkeit von internen Ermittlungsergebnissen und die abnehmende Bereitschaft von Autoren, mit der Staatssicherheit zusammenzuarbeiten.
Die Öffentlichkeitsarbeit konzentrierte sich ab Mitte der 70er Jahre vorrangig auf die Traditions- und Patenschaftsarbeit im direkten Kontakt mit Arbeitskollektiven und Schulen. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Traditionspflege war aber auch nach innen, auf den eigenen Apparat, und auf andere bewaffnete Organe ausgerichtet. Diese sehr begrenzten Personenkreise erhielten Zugang zu Ausstellungen im sog. Informationszentrum des MfS in Berlin-Mitte und zu Broschüren mit den klassischen Geheimdienstthemen wie "CIA und BND", "Zersetzung der DDR-Jugend" oder "Tätigkeit des MfS gegen innere und äußere Feinde". Wie selbst eine interne Forschungsarbeit von 1989 bilanziert, scheiterte die Staatssicherheit in den 80er Jahren mit ihrem Ziel, durch Öffentlichkeitsarbeit die Verbundenheit der Bevölkerung mit dem MfS zu fördern.
Bevor sich Anfang der 80er Jahre der Begriff Öffentlichkeitsarbeit, zumeist als Begriffspaar Öffentlichkeits- und Traditionsarbeit (ÖTA), durchsetzte, wurde dieses Tätigkeitsfeld im MfS als Agitation bezeichnet. Im Verlauf der MfS-Geschichte nahm sie unterschiedliche Ausprägungen an. Ihren Höhepunkt erlebte sie in den 50er und 60er Jahren, später reduzierte sich ihre Bedeutung deutlich.
Schon die Gründung des MfS wurde von einer Medienkampagne gegen westliche "Saboteure und Agenten" begleitet. 1954 wurde für die Öffentlichkeitsarbeit ein eigenes Referat in der für Verwaltungsaufgaben zuständigen Abteilung Allgemeines eingerichtet, das 1955 als selbständige Abteilung Agitation ausgelagert wurde. Der Bereich wurde nach außen als Pressestelle oder Presseabteilung bezeichnet, seine Leiter traten in den 50er und 60er Jahren auch als Pressesprecher des MfS auf. 1985 wurde der Bereich umorganisiert und als Bereich 6 in die ZAIG eingegliedert. In den Bezirksverwaltungen und Hauptabteilungen des Ministeriums lag die Zuständigkeit für die Öffentlichkeitsarbeit bei einzelnen Stabsoffizieren, die nach Einrichtung der AKG 1978/79 diesem Bereich zugeordnet waren. Aufgaben einer wirklichen Pressestelle erfüllte der Agitationsbereich nur begrenzt. Die Medien wurden vom MfS nur sehr restriktiv informiert, aber umso intensiver instrumentalisiert. Es ging primär um Popularisierung der Arbeit der Staatssicherheit; die Abwehr gegnerischer Angriffe stand thematisch im Zentrum der Öffentlichkeitsarbeit Konkrete Angaben zum eigenen Apparat, etwa zu Mitarbeiterzahlen, Aufbau und Arbeitsweise wurden grundsätzlich nicht in die Öffentlichkeit gegeben.
Wie kaum ein anderes Tätigkeitsfeld der Staatssicherheit war die Öffentlichkeitsarbeit in der Ulbricht-Ära unmittelbar in die entsprechenden Aktivitäten des zentralen Parteiapparates der SED (Abteilungen Agitation und Propaganda des ZK, Agitationskommission des ZK) eingebunden. Auch die Beziehungen zu anderen staatlichen Akteuren, etwa dem Amt für Information oder der Generalstaatsanwaltschaft, waren vorrangig offizieller Natur. Der Einsatz von IM oder OibE spielte in diesem Bereich eine untergeordnete Rolle. Eine prominente Ausnahme war der Publizist Julius Mader, der von 1962 bis 1989 OibE des MfS-Agitationsbereichs war und mit seinen geheimdienstspezifischen Büchern (z. B. Nicht länger geheim, 1966; Who’s who in CIA, 1968) durchaus Breitenwirkung erzielte. In den 50er Jahren konzentrierte sich die MfS-Agitation darauf, "Diversanten", "Spione" und ihre westlichen "Hintermänner" anzuprangern. Die Öffentlichkeitsarbeit wurde ab 1953 im Rahmen der Strategie der "Konzentrierten Schläge" erheblich intensiviert. Große Verhaftungsaktionen mit den Codenamen "Feuerwerk" (1953), "Pfeil" (1954) und "Blitz" (1955), die jeweils zu Hunderten von Festnahmen führten, wurden mit Pressekonferenzen beendet. Hierbei wurden auch "reumütige" Agenten vorgeführt, bei denen es sich zumeist um abgezogene IM der Staatssicherheit handelte. Außerdem gehörten Beiträge in Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und der Kino-Wochenschau ebenso dazu wie Ausstellungen und Vorträge von hohen MfS-Kadern in Betriebsversammlungen.
Ab Ende der 50er Jahre konzentrierten sich die Öffentlichkeitsarbeit des MfS auf die elektronischen Medien und den Film. Besonders erfolgreich war der vom MfS inspirierte und 1963 gedrehte Spielfilm "For eyes only" über die spektakuläre Entwendung einer Agentenkartei aus der Würzburger Dienststelle des amerikanischen Militärgeheimdienstes MID durch den "Kundschafter" Horst Hesse. In den 60er Jahren hatte die Öffentlichkeitsarbeit des MfS in erster Linie Westdeutschland im Blick und arbeitete hierbei mit dem Agitationsapparat des ZK der SED zusammen. In Publikationen und auf internationalen Pressekonferenzen unter dem Vorsitz von Politbüromitglied Albert Norden wurden Themen wie die Aufrüstung der Bundeswehr oder die Nazivergangenheit bundesdeutscher Funktionsträger angeprangert. Diese Kampagnen waren vor allem dann wirkungsvoll, wenn es gelang, auf konspirativem Wege einschlägige Nachrichten in westlichen Medien zu platzieren. Außerdem organisierte das MfS zu dieser Zeit die massenhafte Einschleusung von Propagandaschriften in die Bundesrepublik. Als sich die DDR-Führung mit dem SED-Parteitag 1967 auch offiziell von der gesamtdeutschen Perspektive verabschiedete, wandte sich auch die MfS-Agitation mehr DDR-internen Themen zu. Vorrangige Ziele waren jetzt die Stärkung der "Massenwachsamkeit" und die Pflege des "Vertrauensverhältnisses" zwischen Bevölkerung und MfS.
In der Phase der Entspannungspolitik veränderte sich der Charakter der Öffentlichkeitsarbeit beträchtlich. Mediale Angriffe auf die Bundesrepublik ließen stark nach. Künstlerische und journalistische Projekte des Agitationsbereichs, etwa zur "BRD-Menschenrechtsdemagogie" oder zur Übersiedlungsproblematik, erhielten von der politischen Führung kein grünes Licht mehr, weil sie nicht in die Politik der internationalen Normalisierung passten oder an tabuisierten innenpolitischen Problemen rührten. Die Medienpräsenz von MfS-Themen ging stark zurück. Ausnahmen blieben in den 70er Jahren die beiden großen, vom MfS inspirierten Fernsehfilmserien "Das unsichtbare Visier" (mit Armin Mueller-Stahl in der Hauptrolle) und "Rendezvous mit Unbekannt", die sich mit politisch unbedenklichen Sujets, der Auslandsspionage und der Frühzeit des MfS, befassten. Die Öffentlichkeitsarbeit beschränkte sich ansonsten auf ADN-Meldungen zu Kleinereignissen, wie z. B. dem "Missbrauch von Transitwegen" durch Fluchthelfer. Ab Mitte der 80er Jahre beklagten die Verantwortlichen der Öffentlichkeitsarbeit im MfS die mangelnde Verwertbarkeit von internen Ermittlungsergebnissen und die abnehmende Bereitschaft von Autoren, mit der Staatssicherheit zusammenzuarbeiten.
Die Öffentlichkeitsarbeit konzentrierte sich ab Mitte der 70er Jahre vorrangig auf die Traditions- und Patenschaftsarbeit im direkten Kontakt mit Arbeitskollektiven und Schulen. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Traditionspflege war aber auch nach innen, auf den eigenen Apparat, und auf andere bewaffnete Organe ausgerichtet. Diese sehr begrenzten Personenkreise erhielten Zugang zu Ausstellungen im sog. Informationszentrum des MfS in Berlin-Mitte und zu Broschüren mit den klassischen Geheimdienstthemen wie "CIA und BND", "Zersetzung der DDR-Jugend" oder "Tätigkeit des MfS gegen innere und äußere Feinde". Wie selbst eine interne Forschungsarbeit von 1989 bilanziert, scheiterte die Staatssicherheit in den 80er Jahren mit ihrem Ziel, durch Öffentlichkeitsarbeit die Verbundenheit der Bevölkerung mit dem MfS zu fördern.
Lehrfilm "Dzierzynski Soldaten" über das MfS-Wachregiment "Felix Edmundowitsch Dzierzynski" Video, 53 Minuten, 41 Sekunden
Appell des Wachregiments Berlin und Rede Erich Mielkes zum 100. Geburtstag von Feliks Dzierzynski Video, 11 Minuten, 20 Sekunden
Protokoll der Delegiertenkonferenz aller Grundorganisationen der SED in der Zentrale des AfNS Dokument, 70 Seiten
Diskussion von Mitarbeitern der BV Cottbus zu aktuellen politischen Problemen Audio, 1 Stunde, 18 Minuten, 51 Sekunden