SED-Mitgliedsbuch von Karl-Heinz Kurras
Signatur: BStU, MfS, GH, Nr. 2/70, Bd. 17, Bl. 1-11
Seit 1955 berichtete der West-Berliner Polizist Kurras an die Stasi - aus ideologischer Überzeugung. Davon zeugt sein SED-Mitgliedsbuch. Für westdeutsche Informanten war die Mitgliedschaft in der Sozialistischen Einheitspartei weder üblich noch Bedingung.
Der West-Berliner Polizist Karl-Heinz Kurras erschoss am 2. Juni 1967 den Studenten Benno Ohnesorg bei einer Demonstration in West-Berlin. Das Ereignis wurde zu einem Fanal für die Studentenbewegung, die sich in der Folge in Teilen radikalisierte. Der Polizist Kurras wurde zu einer Symbolfigur des repressiven Staates, den Ende der 1960er Jahre viele junge Menschen in der Bundesrepublik zu erkennen glaubten.
Tatsächlich diente Kurras zum Zeitpunkt des tödlichen Schusses auf Ohnesorg schon seit vielen Jahren dem ostdeutschen Ministerium für Staatssicherheit (MfS) als "Geheimer Mitarbeiter" (GM) mit dem Decknamen "Otto Bohl". Begonnen hatte die Spitzeltätigkeit 1955. Kurras meldete sich selbst damals bei der Staatssicherheit, weil er eigentlich in die DDR übersiedeln und zur Volkspolizei wechseln wollte. Er ließ sich dann aber von der Stasi überzeugen, im Westen zu bleiben und als Informant zu arbeiten.
Kurras arbeitete zunächst im Einsatz-Kommando der Schutzpolizei in Berlin-Charlottenburg. Von dort lieferte er alle ihm bekannt gewordenen Interna wie Dienstanweisungen, Alarmordnungen, Informationen über laufende Ermittlungen, Stimmungsberichte und Persönlichkeitsprofile seiner Kollegen und vieles mehr.
Und Kurras machte in der Polizei Karriere. Zunächst wechselte er zur Kriminalpolizei. Daraufhin gab ihm das MfS den Auftrag, sich um eine Versetzung in die Abteilung I für Staatsschutz der Kriminalpolizei zu bemühen. Sie war unter anderem dafür zuständig, die West-Berliner Polizei gegen Infiltrierungsversuche des Ostens abzusichern. 1965 erhielt Kurras tatsächlich die gewünschte Versetzung. Der sensibelste Bereich der West-Berliner Polizei war nun für die Stasi ein offenes Buch. Kurras wurde zu einer Spitzenquelle des MfS.
Dies tat er aus Überzeugung, seine Führungsoffiziere bestätigten Kurras ideologische Nähe zum Sozialismus. Auf eigenen Wunsch und Dank der Empfehlung des Staatssicherheitsdienstes wurde Kurras sogar heimlich SED-Parteimitglied - für westdeutsche Informanten war dies weder üblich noch Bedingung. Das vorliegende SED-Mitgliedsbuch ist in dem 17 Bände unfassenden, in der Geheimen Hauptablage (GH) versteckten Vorgang zu Kurras überliefert.
Metadaten
- Diensteinheit:
- SED-Kreisleitung VII a/113
- Datum:
- Juli 1964 bis 1966
- Überlieferungsform:
- Dokument