Spendenaufruf der SED-Grundorganisation 6 der MfS-Verwaltung Groß-Berlin für den Tierpark
Signatur: BArch, MfS, BV Berlin, ZPL, Nr. 456, Bl. 8
Nach seiner Eröffnung im Juli 1955 war der Tierpark Berlin-Friedrichsfelde auf Spenden angewiesen. Unterstützung erfuhr er unter anderem von der SED-Parteiorganisation im MfS.
Am 2. Juli 1955 öffnete der Tierpark auf dem Gelände des enteigneten Schlossparks Friedrichsfelde in Ost-Berlin seine Tore. Er war in nur drei Monaten durch das Nationale Aufbauwerk mit freiwilliger Unterstützung aus der Bevölkerung realisiert worden. Die SED-Propaganda feierte das Projekt als wichtigen Beitrag zum "Aufbau des Sozialismus". Direktor wurde der Zoologe Heinrich Dathe, der den Tierpark bis 1990 leitete.
Die Entstehung des Tierparks war eng mit den politischen Entwicklungen der Nachkriegsjahre verknüpft: Der 1844 eröffnete und weltweit renommierte Berliner Zoologische Garten gehörte nach der Teilung zum Westteil der Stadt. Im Kontext des Kalten Krieges und der Systemkonkurrenz wollte die SED-Führung verhindern, dass die DDR auf diesem Gebiet ins Hintertreffen geriet. Mit dem Aufbau eines eigenen Tierparks erhoffte sie sich internationale Anerkennung der noch jungen DDR.
Allerdings erschwerten die mangelnden finanziellen Mittel in den Anfangsjahren der DDR und die Zurückhaltung der SED diesbezüglich die Realisierung derartiger Großprojekte. Daher war der Tierpark auf Spenden angewiesen. Unterstützung erfuhr er hier unter anderem von der SED-Grundorganisation 6 der MfS-Verwaltung Groß-Berlin (ab 1977 Bezirksverwaltung Berlin).
Diese rief im Juli 1955 die anderen Grundorganisationen der Berliner Stasi-Verwaltung zu Spenden für den Tierpark auf. Ein entsprechendes Dokument ist in den Akten der Zentralen Parteileitung – der Leitung der SED-Parteiorganisation innerhalb der MfS-Bezirksverwaltungen – überliefert.
Darin bezeichnet der Verfasser "die Schaffung von Kultur- und Erholungsstätten" in der DDR als Beitrag "zur Festigung und Stärkung unserer Arbeiter- und Bauernmacht". Die Mitglieder der Grundorganisation 6 beschlossen, ein Prozent ihres Juli-Gehalts für den Aufbau des Tierparks zu spenden.
Metadaten
Grundorganisation 6
Berlin, den 13.07.1955
Mü.
Bei der Auswertung des 23. und 24. Plenums unseres ZK wurde in der Mitgliederversammlung am 11. Juli 1955 u. a. in der Diskussion auch die Frage der finanziellen Unterstützung der Berliner Tierparkes in Berlin-Friedrichsfelde [unterstrichen: aufgeworfen], denn die Schaffung von Kultur- und Erholungsstätten in der Deutschen Demokratischen Republik tragen gleichfalls zur Festigung und Stärkung unserer Arbeiter- und Bauernmacht bei.
Von den Genossen der Grundorganisation 6 wurde daher einstimmig der Beschluss gefasst, mindestens
[unterstrichen: 1 % des Juli-Gehaltes zum weiteren Aufbau des Berliner Tierparkes]
zu spenden.
Wir rufen daher alle Grundorganisationen der Verwaltung Gr.- Berlin auf, unserem Beispiel zu folgen und sich ebenfalls an dieser einmaligen Sammel-Aktion zu beteiligen!
Leitung der Grundorganisation 6