Stellungnahme des sowjetischen Außenministeriums zum "Sputnik"-Verbot
Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 14922, Bl. 6
Der Sprecher des sowjetischen Außenministeriums erklärte das "Sputnik"-Verbot in einer Stellungnahme zu einer inneren Angelegenheit der DDR.
Die sowjetische Monatszeitschrift "Sputnik" existierte seit 1967 in der UdSSR und erschien in mehreren Sprachen. Sie sollte das Erscheinungsbild des Landes in sozialistischen Staaten und in westlichen Ländern verbessern und verzichtete deswegen weitgehend auf sozialistische Rhetorik. Mit Beginn von Glasnost und Perestroika in der Sowjetunion informierte "Sputnik" in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre auch über die Reformpolitik Gorbatschows und griff frühere Tabuthemen auf, wie die Verbrechen Stalins. In der DDR eröffnete die Zeitschrift ihrer Leserschaft damit eine willkommene Abwechslung in der Medienlandschaft.
Von der SED-Führung wurde sie hingegen zunehmend kritisch betrachtet. Als die November-Ausgabe von 1988 den in der DDR-Geschichtsschreibung geleugneten Hitler-Stalin-Pakt thematisierte sowie die Stalin-hörige KPD der 20er Jahre kritisierte, untersagten SED-Funktionäre am 18. November 1988 den weiteren Vertrieb der Zeitschrift in der DDR. Das Heft wurde eingezogen und eingestampft - mit der Begründung, die Zeitschrift enthalte "keinen Beitrag, der der Festigung der deutsch-sowjetischen Freundschaft dient, statt dessen verzerrende Beiträge zur Geschichte".
Laut einer Information der DDR-Nachrichtenagentur ADN äußerte der Sprecher des sowjetischen Außenministeriums, Gennadi Gerassimow, der Vertrieb des "Sputniks" sei eine innere Angelegenheit der DDR. Die Mitarbeiter der sowjetischen Nachrichtenagentur APN wären allerdings verwundert und mit der Entscheidung nicht einverstanden gewesen.
Metadaten
- Urheber:
- Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst (ADN)
- Datum:
- 23.11.1988
- Rechte:
- BStU
ADN-Information
[Handschriftliche Ergänzung: 2]
Nur zur Information
Interne Dienstmeldung
23.11.1988
UdSSR-Sprecher zur Einstellung des Vertriebs der Zeitschrift "Sputnik" in der DDR
Moskau, 23. Nov. 88 - Der Vertrieb der einen oder anderen Zeitschrift in dem einen oder anderen Land sei natürlich eine innere Angelegenheit, erklärte der Sprecher des sowjetischen Außenministeriums, Gennadi Gerassimow, am Mittwoch vor der internationalen Presse in Moskau in Beantwortung einer Frage des Reuter-Korrespondenten nach der Reaktion des UdSSR-Außenministeriums auf die Einstellung des Vertriebs der Zeitschrift "Sputnik" in der DDR. Deshalb habe das Außenministerium keinerlei Schritte in dieser Sache unternommen. "Ich weiß, daß die Presseagentur APN, auf jeden Fall ihre Mitarbeiter, Verwunderung über diesen Beschluß an den Tag legten und nicht mit der Begründung einverstanden sind", sagte Gerassimow.
(Information des ADN—Korr. Moskau) ++
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