Signatur: BStU, MfS, AU, Nr. 487/53, Bd. 16, Bl. 12-32
Oberstleutnant Rudolf Gutsche, damals Leiter der für Beobachtung und Ermittlungen zuständigen MfS-Abteilung VIII, wurde bei Demonstrationen am 17. Juni angegriffen. An dem Angriff waren zwei junge Ost-Berliner Hilfsarbeiter maßgeblich beteiligt. Später gelang es der Stasi, sie zu identifizieren und zu verhaften. Im Prozess wurden sie zu langen Haftstrafen verurteilt.
Oberstleutnant Rudolf Gutsche, damals Leiter der für Beobachtung und Ermittlungen zuständigen MfS-Abteilung VIII, wurde bei Demonstrationen am 17. Juni angegriffen. Am späten Vormittag des 17. Juni war Gutsche mit einem anderen MfS-Offizier in seinem weinroten BMW am Alexanderplatz unterwegs, einem der Zentren des Aufstandes. Dort gab es zu diesem Zeitpunkt große Ansammlungen aufgebrachter Demonstranten. Unmittelbar nach der Einmündung zur Rathausstraße rammte ein LKW den MfS-Dienstwagen und brachte ihn so zum Stehen. Der Fahrer des LKW hatte den BMW am Nummernschild als Regierungsfahrzeug erkannt und absichtlich aufs Korn genommen.
Herbeigeeilte Demonstranten schlugen die Scheiben des Wagens ein, zerrten den Fahrer heraus und verprügelten ihn. Auch der im Wagen verbliebene Beifahrer, wahrscheinlich Gutsche, wurde geschlagen. Die beiden Stasi-Offiziere versuchten, sich mit ihren Dienstwaffen zu verteidigen, einer der beiden gab einen Schuss ab. Das versetzte die Aufständischen erst recht in Wut. Sie überwältigten Gutsche und seinen Begleiter, nahmen ihnen die Waffen ab und prügelten nun noch stärker auf sie ein. Am Ende stürzten einige Demonstranten das Auto um und zündeten es an.
An dem Angriff waren zwei junge Ost-Berliner Hilfsarbeiter maßgeblich beteiligt. Später gelang es der Stasi, sie zu identifizieren und zu verhaften. Nach Erkenntnissen der Geheimpolizei suchten sie regelmäßig ein West-Berliner Vereinslokal des westdeutschen Bundes Deutscher Jugend (BDJ) auf, in dem sie auch Mitglied gewesen sein sollen. In der Vernehmung durch die Stasi gab später einer der beiden Hilfsarbeiter zu Protokoll, von der Organisation zu seinen Taten angestiftet worden zu sein.
In dem vorliegenden Prozessbericht betonte auch der Staatsanwalt zwar später in seinem Prozessbericht, dass die beiden keine "ausgekochten und rücksichtslosen Gegner unserer Ordnung" seien. Sie seien vielmehr "haltlose und abenteuerlustige Vagabunden, die aus ihrer unfreundlichen Umgebung zu flüchten suchten und für den Gegner ein willfähriges Werkzeug wurden". Das hinderte den Ankläger jedoch nicht daran, für die Jugendlichen hohe Zuchthausstrafen zu fordern.
Der Angeklagte [Person 4] ist 26 Jahre alt und selbständiger Fuhrunternehmer. Er führt Vertragsfahrten für Volkseigene Betriebe aus. Er entstammt einer kleinbürgerlichen Familie, der Vater war Cafehausbesitzer. Nach Beendigung der Schulzeit wurde er zur faschistischen Wehrmacht eingezogen und geriet anschliessend in amerikanische Gefangenschaft. Hier war er hauptsächlich als Kellner in einem amerikanischen Casino tätig. Anschliessend arbeitete er als Zapfer in der Gastwirtschaft seines Vaters und kaufte sich Anfang 1949 einen LKW, mit dem er sich bei anderen Fuhrunternehmern beteiligte. Der Angeklagte ist verheiratet und hat 1 Kind.
Der Angeklagte [Person 5] ist 19 Jahre alt und ledig. Er hatte als Kind infolge von Unfällen und Krankheiten Schwierigkeiten beim Schulbesuch und wurde aus der 4. Klasse entlassen. Er begann eine Lehre als Maler, die er aber aus Interesselosigkeit aufgab. Er war später als Hilfsarbeiter tätig und lernte eine Bande von Jugendlichen kennen, die sich mit Diebstählen befasste. Hierfür wurde er verurteilt und verbüsste 18 Monate Jugendgefängnis. Danach arbeitete er kurze Zeit als Hilfsarbeiter und ging in Juli 1951 illegal nach Westdeutschland. Hier trieb er sich in verschiedenen Lagern herum oder arbeitete in der Landwirtschaft und meldete sich dann freiwillig zur Fremdenlegion. Wegen seiner Jugend wurde er jedoch abgelehnt, beging wiederum einen Diebstahl und wurde mit 3 Monaten Gefängnis bestraft. Er ging darauf illegal in die DDR zurück und erhielt nochmals eine kurze Gefängnisstrafe. Vom März 1953 an war er als Hilfsarbeiter beim VEB Tiefbau und verdiente ca. 300.-DM monatlich.
Der Angeklagte [Person 1] trieb sich insbesondere seit dem Herbst 1952 häufig in Westberlin herum und lernte bei seinen Besuchen im Amerikahaus Mitglieder des "BDJ" kennen, die ihn für diese Organisation warben. Der Angeklagte wurde im November 1952 bei der BDJ-Gruppe in der Potsdamerstrasse eingeführt und als Mitglied aufgenommen, nachdem er vor dem Vorsitzenden "Tosca" eine schriftliche Versicherung abgab, dass er jederzeit bereit ist, die Ziele des "BDJ" nach besten Kräften gewissenhaft zu unterstützen und die ihm übertragenen Aufträge auszuführen. An demselben Tag, als er diese Verpflichtung abgab, wurde von dem Leiter der Gruppe, der ihm, wie die anderen führenden Mitglieder Catscher und Wittka nur unter dem Decknamen
Operative Beobachtung
Die Beobachtung zählte zu den konspirativen Ermittlungsmethoden, die in der Regel von operativen Diensteinheiten in Auftrag gegeben und von hauptamtlichen Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt wurden. Dabei wurden sog. Zielpersonen (Beobachtungsobjekte genannt) über einen festgelegten Zeitraum beobachtet, um Hinweise über Aufenthaltsorte, Verbindungen, Arbeitsstellen, Lebensgewohnheiten und ggf. strafbare Handlungen herauszufinden. Informationen aus Beobachtungen flossen in Operative Personenkontrollen, Operative Vorgänge oder Sicherheitsüberprüfungen ein. Im westlichen Ausland wurden Beobachtungen meist von IM unter falscher Identität ausgeführt.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
1950 entstanden; 1958 Aufwertung zur HA VIII.
Ein Untersuchungsvorgang war eine bei einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren des MfS und ggf. dem späteren Gerichtsverfahren entstandene Akte, die den Hergang des Strafverfahrens widerspiegelt und auch häufig Informationen zur Strafvollstreckung enthält.
Untersuchungsvorgänge zeigen die offizielle wie auch die inoffizielle Ebene des Verfahrens. Sie enthalten sowohl das strafprozessual legale Material (Haftbefehl, Vernehmungsprotokolle, Anklageschrift, Verhandlungsprotokoll, Urteil u. a.) als auch Dokumente geheimpolizeilichen Charakters, etwa zu konspirativen Ermittlungsmaßnahmen operativer Abteilungen oder Berichte von Zelleninformatoren.
Ein archivierter Untersuchungsvorgang kann bis zu sieben Bestandteile umfassen: Gerichtsakte, Beiakte zur Gerichtsakte, Handakte zur Gerichtsakte, Handakte zum Ermittlungsverfahren, Beiakte zur Handakte des Ermittlungsverfahrens, manchmal auch Vollstreckungsakten und ggf. die Akte des Revisions- oder Kassationsverfahrens.
Die Verpflichtung Bereitschaftserklärung zur Tätigkeit als IM bildete den Abschluss der Werbung. Sie erfolgte in der Regel schriftlich und in Ausnahmefällen mündlich. Schriftliche Verpflichtungen erfolgten stets handschriftlich. Die Verpflichtungserklärung enthielt bestimmte Kernelemente, zu denen der Bezugspartner Staatssicherheit, die Verpflichtung zur Geheimhaltung, ein Deckname und die Unterschrift gehörten.
Signatur: BStU, MfS, AU, Nr. 487/53, Bd. 16, Bl. 12-32
Oberstleutnant Rudolf Gutsche, damals Leiter der für Beobachtung und Ermittlungen zuständigen MfS-Abteilung VIII, wurde bei Demonstrationen am 17. Juni angegriffen. An dem Angriff waren zwei junge Ost-Berliner Hilfsarbeiter maßgeblich beteiligt. Später gelang es der Stasi, sie zu identifizieren und zu verhaften. Im Prozess wurden sie zu langen Haftstrafen verurteilt.
Oberstleutnant Rudolf Gutsche, damals Leiter der für Beobachtung und Ermittlungen zuständigen MfS-Abteilung VIII, wurde bei Demonstrationen am 17. Juni angegriffen. Am späten Vormittag des 17. Juni war Gutsche mit einem anderen MfS-Offizier in seinem weinroten BMW am Alexanderplatz unterwegs, einem der Zentren des Aufstandes. Dort gab es zu diesem Zeitpunkt große Ansammlungen aufgebrachter Demonstranten. Unmittelbar nach der Einmündung zur Rathausstraße rammte ein LKW den MfS-Dienstwagen und brachte ihn so zum Stehen. Der Fahrer des LKW hatte den BMW am Nummernschild als Regierungsfahrzeug erkannt und absichtlich aufs Korn genommen.
Herbeigeeilte Demonstranten schlugen die Scheiben des Wagens ein, zerrten den Fahrer heraus und verprügelten ihn. Auch der im Wagen verbliebene Beifahrer, wahrscheinlich Gutsche, wurde geschlagen. Die beiden Stasi-Offiziere versuchten, sich mit ihren Dienstwaffen zu verteidigen, einer der beiden gab einen Schuss ab. Das versetzte die Aufständischen erst recht in Wut. Sie überwältigten Gutsche und seinen Begleiter, nahmen ihnen die Waffen ab und prügelten nun noch stärker auf sie ein. Am Ende stürzten einige Demonstranten das Auto um und zündeten es an.
An dem Angriff waren zwei junge Ost-Berliner Hilfsarbeiter maßgeblich beteiligt. Später gelang es der Stasi, sie zu identifizieren und zu verhaften. Nach Erkenntnissen der Geheimpolizei suchten sie regelmäßig ein West-Berliner Vereinslokal des westdeutschen Bundes Deutscher Jugend (BDJ) auf, in dem sie auch Mitglied gewesen sein sollen. In der Vernehmung durch die Stasi gab später einer der beiden Hilfsarbeiter zu Protokoll, von der Organisation zu seinen Taten angestiftet worden zu sein.
In dem vorliegenden Prozessbericht betonte auch der Staatsanwalt zwar später in seinem Prozessbericht, dass die beiden keine "ausgekochten und rücksichtslosen Gegner unserer Ordnung" seien. Sie seien vielmehr "haltlose und abenteuerlustige Vagabunden, die aus ihrer unfreundlichen Umgebung zu flüchten suchten und für den Gegner ein willfähriges Werkzeug wurden". Das hinderte den Ankläger jedoch nicht daran, für die Jugendlichen hohe Zuchthausstrafen zu fordern.
"Tosca" bekannt war, eine Ansprache über die politischen Ziele und Aufgaben des "BDJ" gehalten, die in unverschämter Provokation und massloser Hetze gegen die DDR gipfelten. Der Angeklagte besuchte diese Gruppe regelmässig alle 14 Tage, wobei das Pogramm jedesmal in folgender Reihenfolge gestaltet war: Tosca hielt eine Hetzrede, anschliessend erfolgte Ausbildung an amerikanischen Luftgewehren und Unterweisung über Provokationsaktionen, wie Flugblattverteilen, Hetzlosungen malen und Luftballonaktionen. Zur besseren technischen Ausbildung fanden jeweils Schiessübungen in der Hasenheide in Kliem'sFestsälen statt. Dort erfolgte auch Unterweisung und Ausbildung im Judo. Diese terroristische Ausbildung war in der Hasenheide mit sensationellen und an die niedrigsten Instinkte appellierenden Veranstaltungen, wie Damenschlammringkämpfe und ähnliches, gekoppelt, um den Jugendlichen einen Anreiz zu bieten. In der Potsdamerstrasse waren die Veranstaltungen, um ihnen den Anstrich einer Jugendbewegung zu geben, mit Schachspielen und anderen gesellschaftlichen Betätigungen verbunden, Der Raum, in dem sich regelmässig eine Gruppe von ca. 25 Personen versammelte, von denen ein Teil aus den demokratischen Sektor stammte, war mit einem Porträt Adenauers und einer amerikanischen sowie einer weiteren mehrfarbigen Flagge geschmückt.
Die gesamte Arbeit des "BDJ" war zielklar auf Provokationen und Terror in der DDR ausgerichtet, sie war aber in geschickter Weise mit solchen Veranstaltungen gekoppelt, die die Abenteuerlust der Jugendlichen, die sich in diesen verbrecherischen Kreisen zusammenfanden, anzureizen.
Der Angeklagte [Person 1] gibt zu, dass ihm aus den jeweiligen Vorträgen des "Tosca" die provokatorische und terroristische Rolle des "BDJ" klar war und gibt zu, dass er alle ihn von den sogenannten Führern übertragenen Aufträge gewissenhaft und ohne Skrupel durchgeführt hat. Wie weit sich der Angeklagte [Person 1] als aktives Mitglied des "BDJ" betätigte, geht besonders daraus hervor, dass er den Angeklagten [Person 2] für diese Organisation angeworben hat.
Während in der Zeit vom November 1952 bis Februar 1953 die Provokationsaktionen des "BDJ" noch nicht so ausgeprägt und systematisch durchgeführt wurden, nahm diese Art der Arbeit des "BDJ" insbesondere seit Februar 1953 zu. Zu diesem Zeitpunkt stiess
Operative Beobachtung
Die Beobachtung zählte zu den konspirativen Ermittlungsmethoden, die in der Regel von operativen Diensteinheiten in Auftrag gegeben und von hauptamtlichen Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt wurden. Dabei wurden sog. Zielpersonen (Beobachtungsobjekte genannt) über einen festgelegten Zeitraum beobachtet, um Hinweise über Aufenthaltsorte, Verbindungen, Arbeitsstellen, Lebensgewohnheiten und ggf. strafbare Handlungen herauszufinden. Informationen aus Beobachtungen flossen in Operative Personenkontrollen, Operative Vorgänge oder Sicherheitsüberprüfungen ein. Im westlichen Ausland wurden Beobachtungen meist von IM unter falscher Identität ausgeführt.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
1950 entstanden; 1958 Aufwertung zur HA VIII.
Ein Untersuchungsvorgang war eine bei einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren des MfS und ggf. dem späteren Gerichtsverfahren entstandene Akte, die den Hergang des Strafverfahrens widerspiegelt und auch häufig Informationen zur Strafvollstreckung enthält.
Untersuchungsvorgänge zeigen die offizielle wie auch die inoffizielle Ebene des Verfahrens. Sie enthalten sowohl das strafprozessual legale Material (Haftbefehl, Vernehmungsprotokolle, Anklageschrift, Verhandlungsprotokoll, Urteil u. a.) als auch Dokumente geheimpolizeilichen Charakters, etwa zu konspirativen Ermittlungsmaßnahmen operativer Abteilungen oder Berichte von Zelleninformatoren.
Ein archivierter Untersuchungsvorgang kann bis zu sieben Bestandteile umfassen: Gerichtsakte, Beiakte zur Gerichtsakte, Handakte zur Gerichtsakte, Handakte zum Ermittlungsverfahren, Beiakte zur Handakte des Ermittlungsverfahrens, manchmal auch Vollstreckungsakten und ggf. die Akte des Revisions- oder Kassationsverfahrens.
Signatur: BStU, MfS, AU, Nr. 487/53, Bd. 16, Bl. 12-32
Oberstleutnant Rudolf Gutsche, damals Leiter der für Beobachtung und Ermittlungen zuständigen MfS-Abteilung VIII, wurde bei Demonstrationen am 17. Juni angegriffen. An dem Angriff waren zwei junge Ost-Berliner Hilfsarbeiter maßgeblich beteiligt. Später gelang es der Stasi, sie zu identifizieren und zu verhaften. Im Prozess wurden sie zu langen Haftstrafen verurteilt.
Oberstleutnant Rudolf Gutsche, damals Leiter der für Beobachtung und Ermittlungen zuständigen MfS-Abteilung VIII, wurde bei Demonstrationen am 17. Juni angegriffen. Am späten Vormittag des 17. Juni war Gutsche mit einem anderen MfS-Offizier in seinem weinroten BMW am Alexanderplatz unterwegs, einem der Zentren des Aufstandes. Dort gab es zu diesem Zeitpunkt große Ansammlungen aufgebrachter Demonstranten. Unmittelbar nach der Einmündung zur Rathausstraße rammte ein LKW den MfS-Dienstwagen und brachte ihn so zum Stehen. Der Fahrer des LKW hatte den BMW am Nummernschild als Regierungsfahrzeug erkannt und absichtlich aufs Korn genommen.
Herbeigeeilte Demonstranten schlugen die Scheiben des Wagens ein, zerrten den Fahrer heraus und verprügelten ihn. Auch der im Wagen verbliebene Beifahrer, wahrscheinlich Gutsche, wurde geschlagen. Die beiden Stasi-Offiziere versuchten, sich mit ihren Dienstwaffen zu verteidigen, einer der beiden gab einen Schuss ab. Das versetzte die Aufständischen erst recht in Wut. Sie überwältigten Gutsche und seinen Begleiter, nahmen ihnen die Waffen ab und prügelten nun noch stärker auf sie ein. Am Ende stürzten einige Demonstranten das Auto um und zündeten es an.
An dem Angriff waren zwei junge Ost-Berliner Hilfsarbeiter maßgeblich beteiligt. Später gelang es der Stasi, sie zu identifizieren und zu verhaften. Nach Erkenntnissen der Geheimpolizei suchten sie regelmäßig ein West-Berliner Vereinslokal des westdeutschen Bundes Deutscher Jugend (BDJ) auf, in dem sie auch Mitglied gewesen sein sollen. In der Vernehmung durch die Stasi gab später einer der beiden Hilfsarbeiter zu Protokoll, von der Organisation zu seinen Taten angestiftet worden zu sein.
In dem vorliegenden Prozessbericht betonte auch der Staatsanwalt zwar später in seinem Prozessbericht, dass die beiden keine "ausgekochten und rücksichtslosen Gegner unserer Ordnung" seien. Sie seien vielmehr "haltlose und abenteuerlustige Vagabunden, die aus ihrer unfreundlichen Umgebung zu flüchten suchten und für den Gegner ein willfähriges Werkzeug wurden". Das hinderte den Ankläger jedoch nicht daran, für die Jugendlichen hohe Zuchthausstrafen zu fordern.
der Angeklagte [Person 2], angeworben durch [Person 1], zur selben Gruppe und verpflichtete sich ebenfalls wie dieser zur Durchführung aller übertragenen Aufgaben und identifizierte sich völlig mit den verbrecherischen Zielen des "BDJ". Ebenso wie [Person 1] und die anderen verführten Jugendlichen wurde er angelockt durch die Auswüchse der amerikanischen Unkultur, wie Damenschlammringkämpfe, Boogie-Woogie-Tourniere und ähnliches.
Fast an jedem Gruppenabend des "BDJ" bezw. nach den Veranstaltungen in Kliem's Festsälen, die oft mit Saufgelagen endeten, wurde der Einsatz zu Provokationseinsätzen befohlen. Es wurden durchgeführt Verteilung von hetzerischen Flugblättern im demokratischen Sektor, in Häusern und Verkehrsmitteln, Beschmieren von Gebäuden mit hetzerischen faschistischen Parolen und die Absendung von Luftballons zum Teil bis zu 3.00 mtr. Durchmesser mit einem Inhalt von ca. 1 Ztr. Flublättern, die durch Abstreuvorrichtung verteilt wurden. Insgesamt hat der Angeklagte 2 x faschistische Parolen im demokratischen Sektor gemalt, der Angeklagte [Person 2] 1 x. An Flugblattverteilung haben die Angeklagten [Person 1] und [Person 2] etwa 4 x teilgenommen, wobei jeweils mehrere hundert Flugblätter verteilt oder geklebt wurden. An Ballonaktionen haben die Angeklagten jeder 4 x teilgenommen. Diese Aktionen wurden u.a. auf dem westberliner städtischen Messegelände mit Einverständnis der Verwaltung durchgeführt, es wurden jeweils 10 bis 12 Ballons gestartet. Die vorbereiteten Utensilien, Ballonhüllen, Flugblätter, Gasflaschen usw. waren auf LKW's untergebracht, die Abstreuvorrichtung trug die Aufschrift "Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit".
Einen besonderen Höhepunkt im Ablauf der Veranstaltungen des "BDJ" bildete der Gruppenabend am 13. Juni 1953. Hier trug, nach Aussagen der Angeklagten [Person 1] und [Person 2], die Rede "Tosca's" einen ganz besonders, hetzerischen, aufrührerischen und gemeinen Charakter. "Tosca" wies am 13. darauf hin, dass in den nächsten Tagen mit Unruhen und Vorkommnissen in der DDR zu rechnen sei, dass sich jedes Mitglied des "BDJ" in den Brennpunkten dieses Aufruhrs aufhalten müsse und sich besonders hervorzutun habe. Er forderte auf zur Zerstörung von HO_Geschäften, zu Krawallen, Rufen von Losungen faschistischen Charakters, Umstürzen von Fahrzeugen und Gewalttaten gegen Mitglieder der SED und fortschrittliche Menschen.
Operative Beobachtung
Die Beobachtung zählte zu den konspirativen Ermittlungsmethoden, die in der Regel von operativen Diensteinheiten in Auftrag gegeben und von hauptamtlichen Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt wurden. Dabei wurden sog. Zielpersonen (Beobachtungsobjekte genannt) über einen festgelegten Zeitraum beobachtet, um Hinweise über Aufenthaltsorte, Verbindungen, Arbeitsstellen, Lebensgewohnheiten und ggf. strafbare Handlungen herauszufinden. Informationen aus Beobachtungen flossen in Operative Personenkontrollen, Operative Vorgänge oder Sicherheitsüberprüfungen ein. Im westlichen Ausland wurden Beobachtungen meist von IM unter falscher Identität ausgeführt.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
1950 entstanden; 1958 Aufwertung zur HA VIII.
Ein Untersuchungsvorgang war eine bei einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren des MfS und ggf. dem späteren Gerichtsverfahren entstandene Akte, die den Hergang des Strafverfahrens widerspiegelt und auch häufig Informationen zur Strafvollstreckung enthält.
Untersuchungsvorgänge zeigen die offizielle wie auch die inoffizielle Ebene des Verfahrens. Sie enthalten sowohl das strafprozessual legale Material (Haftbefehl, Vernehmungsprotokolle, Anklageschrift, Verhandlungsprotokoll, Urteil u. a.) als auch Dokumente geheimpolizeilichen Charakters, etwa zu konspirativen Ermittlungsmaßnahmen operativer Abteilungen oder Berichte von Zelleninformatoren.
Ein archivierter Untersuchungsvorgang kann bis zu sieben Bestandteile umfassen: Gerichtsakte, Beiakte zur Gerichtsakte, Handakte zur Gerichtsakte, Handakte zum Ermittlungsverfahren, Beiakte zur Handakte des Ermittlungsverfahrens, manchmal auch Vollstreckungsakten und ggf. die Akte des Revisions- oder Kassationsverfahrens.
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