Signatur: BStU, MfS, AU, Nr. 487/53, Bd. 16, Bl. 12-32
Oberstleutnant Rudolf Gutsche, damals Leiter der für Beobachtung und Ermittlungen zuständigen MfS-Abteilung VIII, wurde bei Demonstrationen am 17. Juni angegriffen. An dem Angriff waren zwei junge Ost-Berliner Hilfsarbeiter maßgeblich beteiligt. Später gelang es der Stasi, sie zu identifizieren und zu verhaften. Im Prozess wurden sie zu langen Haftstrafen verurteilt.
Oberstleutnant Rudolf Gutsche, damals Leiter der für Beobachtung und Ermittlungen zuständigen MfS-Abteilung VIII, wurde bei Demonstrationen am 17. Juni angegriffen. Am späten Vormittag des 17. Juni war Gutsche mit einem anderen MfS-Offizier in seinem weinroten BMW am Alexanderplatz unterwegs, einem der Zentren des Aufstandes. Dort gab es zu diesem Zeitpunkt große Ansammlungen aufgebrachter Demonstranten. Unmittelbar nach der Einmündung zur Rathausstraße rammte ein LKW den MfS-Dienstwagen und brachte ihn so zum Stehen. Der Fahrer des LKW hatte den BMW am Nummernschild als Regierungsfahrzeug erkannt und absichtlich aufs Korn genommen.
Herbeigeeilte Demonstranten schlugen die Scheiben des Wagens ein, zerrten den Fahrer heraus und verprügelten ihn. Auch der im Wagen verbliebene Beifahrer, wahrscheinlich Gutsche, wurde geschlagen. Die beiden Stasi-Offiziere versuchten, sich mit ihren Dienstwaffen zu verteidigen, einer der beiden gab einen Schuss ab. Das versetzte die Aufständischen erst recht in Wut. Sie überwältigten Gutsche und seinen Begleiter, nahmen ihnen die Waffen ab und prügelten nun noch stärker auf sie ein. Am Ende stürzten einige Demonstranten das Auto um und zündeten es an.
An dem Angriff waren zwei junge Ost-Berliner Hilfsarbeiter maßgeblich beteiligt. Später gelang es der Stasi, sie zu identifizieren und zu verhaften. Nach Erkenntnissen der Geheimpolizei suchten sie regelmäßig ein West-Berliner Vereinslokal des westdeutschen Bundes Deutscher Jugend (BDJ) auf, in dem sie auch Mitglied gewesen sein sollen. In der Vernehmung durch die Stasi gab später einer der beiden Hilfsarbeiter zu Protokoll, von der Organisation zu seinen Taten angestiftet worden zu sein.
In dem vorliegenden Prozessbericht betonte auch der Staatsanwalt zwar später in seinem Prozessbericht, dass die beiden keine "ausgekochten und rücksichtslosen Gegner unserer Ordnung" seien. Sie seien vielmehr "haltlose und abenteuerlustige Vagabunden, die aus ihrer unfreundlichen Umgebung zu flüchten suchten und für den Gegner ein willfähriges Werkzeug wurden". Das hinderte den Ankläger jedoch nicht daran, für die Jugendlichen hohe Zuchthausstrafen zu fordern.
Am selben Abend organisierte "Tosca" Malkolonnen, die im demokratischen Sektor faschistische Hetzlosungen anzubringen hatten, deren Wortlaut von ihn angegeben, sich genau mit denen deckte, die am 16. und 17. vom Rias verbreitet und von faschistischen Agenten und Provokateuren in die DDR und in den demokratischen Sektor hineingetragen wurden, wie z.B. "Nieder mit der Volksarmee, wir brauchen mehr Butter" oder "Die HO macht uns k o ". An dieser Aktion nahmen, wie bereits aufgeführt, [unterstrichen: [Person 1] und [Person 2]] teil.
[Absatz wurde seitlich markiert]
Am 16. Juni versammelte sich in der [anonymisiert] vor dem Frauengefängnis eine Menge Randalierender und Aufgehetzter, die zur Freilassung der Gefangenen und zum Sturz der Regierung aufforderten. Hier reihten sich sofort [unterstrichen: [Person 1] und [Person 2]] ein, weil ihnen im Verlaufe der Aktion klar wurde, dass es sich hier bereits um die ersten Anzeichen der angekündigten Unruhen handelte und schrieen ebenfalls die ihnen bereits bekannten Hetzlosungen mit.
Am 17. Juni gegen 10.00 Uhr begaben sich die Angeklagten [unterstrichen: [Person 1] und [Person 2]] gemeinsam mit dem Angeklagten [Person 3] zum Alexanderplatz, da sie gehört hatten, dass weitere Unruhen erfolgten, um getreu ihrem Auftrage, in einem der Brennpunkte der Unruhen tätig zu werden.
Der Angeklagte [unterstrichen: [Person 3]] gesellte sich dazu, weil er denselben Drang in sich verspürte, sich aktiv bei diesen Vorfällen zu beteiligen. Er war nämlich am 9. Juni durch eine Prostituierte -Werkmeister- nach Westberlin eingeladen worden und nach einem Zechgelage, das sich aber mehrere Tage in der Wohnung eines Agenten des [unterstrichen: englischen Geheimdienstes [anonymisiert] hinzog, von diesem für Agenten- und Spionagetätigkeit angeworben worden. Der Angeklagte gibt zu, infolge versprochener Westmarkbelohnungen sich zur Mitarbeit für den englischen Geheimdienst [unterstrichen: bereit erklärt zu haben, will aber keine Auftrage ausgeführt haben.]
Fest steht aber, dass dieser Agent, von dem der Angeklagte [Person 3] sich erst eingehend vergewissert hatte, dass er wirklich für den Secret Service arbeitet, am 15. in der Wohnung aufgesucht wurde, wobei sich der Angeklagte aber nicht hat sprechen lassen. Fest steht weiterhin, dass der Angeklagte [Person 3] diesen Agenten, von dem er erst behauptet, dass es
Operative Beobachtung
Die Beobachtung zählte zu den konspirativen Ermittlungsmethoden, die in der Regel von operativen Diensteinheiten in Auftrag gegeben und von hauptamtlichen Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt wurden. Dabei wurden sog. Zielpersonen (Beobachtungsobjekte genannt) über einen festgelegten Zeitraum beobachtet, um Hinweise über Aufenthaltsorte, Verbindungen, Arbeitsstellen, Lebensgewohnheiten und ggf. strafbare Handlungen herauszufinden. Informationen aus Beobachtungen flossen in Operative Personenkontrollen, Operative Vorgänge oder Sicherheitsüberprüfungen ein. Im westlichen Ausland wurden Beobachtungen meist von IM unter falscher Identität ausgeführt.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
1950 entstanden; 1958 Aufwertung zur HA VIII.
Ein Untersuchungsvorgang war eine bei einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren des MfS und ggf. dem späteren Gerichtsverfahren entstandene Akte, die den Hergang des Strafverfahrens widerspiegelt und auch häufig Informationen zur Strafvollstreckung enthält.
Untersuchungsvorgänge zeigen die offizielle wie auch die inoffizielle Ebene des Verfahrens. Sie enthalten sowohl das strafprozessual legale Material (Haftbefehl, Vernehmungsprotokolle, Anklageschrift, Verhandlungsprotokoll, Urteil u. a.) als auch Dokumente geheimpolizeilichen Charakters, etwa zu konspirativen Ermittlungsmaßnahmen operativer Abteilungen oder Berichte von Zelleninformatoren.
Ein archivierter Untersuchungsvorgang kann bis zu sieben Bestandteile umfassen: Gerichtsakte, Beiakte zur Gerichtsakte, Handakte zur Gerichtsakte, Handakte zum Ermittlungsverfahren, Beiakte zur Handakte des Ermittlungsverfahrens, manchmal auch Vollstreckungsakten und ggf. die Akte des Revisions- oder Kassationsverfahrens.
Das MfS hat als ein Instrument der DDR, insbesondere der SED-Führung, die politischen Interessen des Staates inoffiziell in der Bundesrepublik Deutschland unterstützt. Die Westarbeit des MfS bestand aus Spionageaktivitäten, also der nachrichtendienstlichen Beschaffung von Informationen, Patenten, Verfahren und Mustern durch das MfS.
Die Bezeichnungen Westarbeit und Spionage meinen in diesem Kontext das, was beim MfS mit "operative Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" bezeichnet wird. Im engeren Sinne also die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern im "Operationsgebiet", bei dem es sich überwiegend um die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin handelte, aber auch die in der NATO und der Europäischen Gemeinschaft verbundenen Staaten einschloss.
Im weiteren Sinne fallen darunter auch die Funkaufklärung und der Einsatz von Offizieren im besonderen Einsatz in Botschaften, Konsulaten usw. Erfolgte diese operative Arbeit bis Anfang der 70er Jahre wesentlich "illegal", ergaben sich mit der zunehmenden Anerkennung der DDR auch verstärkt "legale" Zugänge über die Einrichtung von Botschaften, von denen aus das MfS mit "legal abgedeckten Residenturen" arbeiten konnte.
Für die Beschaffung von wissenschaftlich-technischen, politischen und militärischen Informationen war vor allem die Hauptverwaltung A zuständig, aber nahezu gleichrangig zahlreiche Abwehrdiensteinheiten des MfS. Die Hauptabteilung I, in der DDR für die Absicherung des Militärkomplexes verantwortlich, erkundete auch die Bundeswehr, den Bundesgrenzschutz, den Zollgrenzdienst, die Bayerische Grenzpolizei und diverse Einrichtungen der NATO.
Die Hauptabteilung II, mit der "offensiven Abwehr" ausländischer Nachrichtendienste in der DDR befasst, arbeitete zeitweise auch gegen den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz sowie den Militärischen Abschirmdienst. Die Hauptabteilung VI überwachte neben dem Ein-, Ausreise- und Transitverkehr in der DDR auch den über innerdeutsche Grenzen hinaus von und nach Westberlin.
Die Hauptabteilung VII unterhielt im "Operationsgebiet" ebenfalls ein Netz, das im klassischen Sinne kriminelle Aktivitäten wie Schmuggel aufzuklären hatte. Die Hauptabteilung VIII war für Ermittlungen und Beobachtungen zuständig. Zugleich war sie Servicediensteinheit für alle Diensteinheiten des MfS, indem sie den Informationsbedarf über Bundesbürger bediente.
Neben der Sicherungsarbeit in den Bereichen Staatsapparat, Blockparteien und "politischer Untergrundtätigkeit" war die Hauptabteilung XX im "Operationsgebiet" für alle Einrichtungen zuständig, die sich mit der DDR befassten. Im Visier der Hauptabteilung XXII standen links- und rechtsextremistische, überwiegend terroristische Gruppen.
Schließlich wäre auf Hauptabteilungsebene noch die Zentrale Kontrollgruppe anzuführen, die sich mit besonders DDR-kritischen Gruppen befasste, wie z. B. der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte oder den Fluchthilfeorganisationen. Mit der Westarbeit waren nicht allein die zentralen Abwehrdiensteinheiten befasst, sondern ihre Linien (Linienprinzip) erstreckten sich meist auch auf Bezirks- und im Einzelfall auf Kreisverwaltungsebene des MfS.
In den Kontext der Westarbeit sind auch die etwa 400 Entführungen von Bürgern aus der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin zu zählen sowie vereinzelte Versuche und Erwägungen, Bürger zu töten, wobei bislang ein Mord nicht nachgewiesen ist. Das MfS selbst verstand unter der "Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" die "Gesamtheit der politisch-operativen Kräfte des MfS im Operationsgebiet und die Nutzung solcher Personen aus dem Operationsgebiet, die zur Erfüllung operativer Aufgaben geeignet sind".
Die HV A und ihre Abteilungen XV in den Bezirksverwaltungen arbeiteten nach Schwerpunkten im "Operationsgebiet", ihre innere Struktur drückte die entsprechende Interessenlage aus.
Demnach konzentrierte sich die Abt. I auf Politik und strategische Absichten der Bundesregierung, die Abt. II auf die Parteien, Gewerkschaften, Landsmannschaften im "Operationsgebiet", die Abt. III steuerte die operative Arbeit der "legal abgedeckten Residenturen" in DDR-Botschaften, Konsulaten und Handelseinrichtungen, und die Abt. IV beschäftigte sich mit den militärischen Zentren" in der Bundesrepublik Deutschland, wozu das Bundesministerium der Verteidigung, Wehrbezirkskommandos der Bundeswehr und diverse US-amerikanische Einrichtungen gehörten. Die Abt. IX befasste sich mit westlichen Nachrichtendiensten, die Abt. XI mit den USA und die Abt. XII mit der NATO.
Die Abteilungen XIII bis XV gehörten zum Sektor Wissenschaft und Technik, der systematisch Patente, Verfahren und Muster für die DDR- und osteuropäische Forschung und Wirtschaft beschaffte. Schwerpunkte waren die Fachgebiete Energie, Biologie, Chemie, Elektronik, Elektrotechnik und Maschinenbau sowie das Bemühen, die Embargopolitik zu unterlaufen. Für offizielle, mithin dienstliche Kontakte zwischen beispielsweise DDR- und bundesdeutschen Wissenschaftlern oder Politikern war eigens die Abt. XVI der HV A zuständig, die auf diesem Weg an relevante Informationen gelangen sollte.
Während all diese Abteilungen der HV A überwiegend informationsbeschaffend tätig waren, verfügte sie mit der Abt. X eigens über eine Struktureinheit, die systematisch aktive Maßnahmen in der Bundesrepublik zu entfalten suchte.
Signatur: BStU, MfS, AU, Nr. 487/53, Bd. 16, Bl. 12-32
Oberstleutnant Rudolf Gutsche, damals Leiter der für Beobachtung und Ermittlungen zuständigen MfS-Abteilung VIII, wurde bei Demonstrationen am 17. Juni angegriffen. An dem Angriff waren zwei junge Ost-Berliner Hilfsarbeiter maßgeblich beteiligt. Später gelang es der Stasi, sie zu identifizieren und zu verhaften. Im Prozess wurden sie zu langen Haftstrafen verurteilt.
Oberstleutnant Rudolf Gutsche, damals Leiter der für Beobachtung und Ermittlungen zuständigen MfS-Abteilung VIII, wurde bei Demonstrationen am 17. Juni angegriffen. Am späten Vormittag des 17. Juni war Gutsche mit einem anderen MfS-Offizier in seinem weinroten BMW am Alexanderplatz unterwegs, einem der Zentren des Aufstandes. Dort gab es zu diesem Zeitpunkt große Ansammlungen aufgebrachter Demonstranten. Unmittelbar nach der Einmündung zur Rathausstraße rammte ein LKW den MfS-Dienstwagen und brachte ihn so zum Stehen. Der Fahrer des LKW hatte den BMW am Nummernschild als Regierungsfahrzeug erkannt und absichtlich aufs Korn genommen.
Herbeigeeilte Demonstranten schlugen die Scheiben des Wagens ein, zerrten den Fahrer heraus und verprügelten ihn. Auch der im Wagen verbliebene Beifahrer, wahrscheinlich Gutsche, wurde geschlagen. Die beiden Stasi-Offiziere versuchten, sich mit ihren Dienstwaffen zu verteidigen, einer der beiden gab einen Schuss ab. Das versetzte die Aufständischen erst recht in Wut. Sie überwältigten Gutsche und seinen Begleiter, nahmen ihnen die Waffen ab und prügelten nun noch stärker auf sie ein. Am Ende stürzten einige Demonstranten das Auto um und zündeten es an.
An dem Angriff waren zwei junge Ost-Berliner Hilfsarbeiter maßgeblich beteiligt. Später gelang es der Stasi, sie zu identifizieren und zu verhaften. Nach Erkenntnissen der Geheimpolizei suchten sie regelmäßig ein West-Berliner Vereinslokal des westdeutschen Bundes Deutscher Jugend (BDJ) auf, in dem sie auch Mitglied gewesen sein sollen. In der Vernehmung durch die Stasi gab später einer der beiden Hilfsarbeiter zu Protokoll, von der Organisation zu seinen Taten angestiftet worden zu sein.
In dem vorliegenden Prozessbericht betonte auch der Staatsanwalt zwar später in seinem Prozessbericht, dass die beiden keine "ausgekochten und rücksichtslosen Gegner unserer Ordnung" seien. Sie seien vielmehr "haltlose und abenteuerlustige Vagabunden, die aus ihrer unfreundlichen Umgebung zu flüchten suchten und für den Gegner ein willfähriges Werkzeug wurden". Das hinderte den Ankläger jedoch nicht daran, für die Jugendlichen hohe Zuchthausstrafen zu fordern.
sich um einen "Flüchtling" aus dem demokratischen Sektor handelt, der wegen verschiedener Delikte gesucht wird, während der Unruhen am 17.06. als einen Provokateur und Aufhetzer auf dem Alexanderplatz gesehen hat.
Die Angeklagten [unterstrichen: [Person 1], [Person 2] und [Person 3]] hatten aus ihrer gemeinsamen Bekanntschaft sich gegenseitig vergewissert, dass sie eine gegnerische Einstellung zur DDR hatten und sich soweit vertraut, dass sie wussten, dass sie bereits Provokationen durchgeführt hatten. Sie fühlten sich also in keiner Weise bei irgendwelchen Aktionen untereinander behindert, sondern wussten sich eins und waren sich klar, dass sich einer auf den anderen verlassen konnte. Ihre nun folgenden Einsätze und Gewalttaten entsprangen aus ihrem gemeinsamen Wunsch, zu provozieren und putschistische Gewalthandlungen durchzuführen. Die erste Gelegenheit hierzu wurde ihnen am Alexanderplatz, wo sie bereits in Diskussionen republikfeindliche Auffassungen vertraten, gegeben.
Hier hatte der Angeklagte [unterstrichen: [Person 4], der] ebenfalls durch einen Agenten und zwar von der "Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit" angeworben worden war, eine Provokationstat durchgeführt, die der Anlass zu einem schweren Gewaltverbrechen wurde, an dem sich alle Angeklagten mehr oder minder beteiligten.
Der Angeklagte [unterstrichen: [Person 4] war nämlich am 15. Juni anlässlich des] Betretens des Westsektors von einem, Agenten der Tillich-Hildebrandt-Gruppe angesprochen worden, der, nachdem er sich einer negativen Einstellung [Person 4]'s vergewissert hatte, ihn aufforderte, sich an Unruhen im demokratischen Sektor zu beteiligen und ihn darauf aufmerksam machte, dass es in den nächsten Tragen losgehen würde. Der Angeklagte [Person 4] will zwar keine Zusage gegeben haben, gibt aber zu, [unterstrichen: dass er einen weiteren Treff zum 17. Juni vereinbart hatte und] gibt zu, dass er [unterstrichen: sich die Nummer des von ihm mit Absicht gerammten PKW zum Zwecke des Beweises] seiner provokatorischen Tätigkeit für diesen Agenten notiert hat.
Der Angeklagte [Person 4] war, nachdem er an Morgen auf seiner Baustelle die Arbeit nicht aufnahm, mit mehreren Zimmerleuten, die er an einer Baustelle einlud, zu den einzelnen Brennpunkten der Unruhen, so z.B. am Potsdamer Platz, wo es bereits brannte, gegangen und fuhr dann in seinem LKW mit ihnen zum Strausberger Platz, der vom Rias als Treffpunkt für die Unruhen angegeben
Operative Beobachtung
Die Beobachtung zählte zu den konspirativen Ermittlungsmethoden, die in der Regel von operativen Diensteinheiten in Auftrag gegeben und von hauptamtlichen Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt wurden. Dabei wurden sog. Zielpersonen (Beobachtungsobjekte genannt) über einen festgelegten Zeitraum beobachtet, um Hinweise über Aufenthaltsorte, Verbindungen, Arbeitsstellen, Lebensgewohnheiten und ggf. strafbare Handlungen herauszufinden. Informationen aus Beobachtungen flossen in Operative Personenkontrollen, Operative Vorgänge oder Sicherheitsüberprüfungen ein. Im westlichen Ausland wurden Beobachtungen meist von IM unter falscher Identität ausgeführt.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
1950 entstanden; 1958 Aufwertung zur HA VIII.
Ein Untersuchungsvorgang war eine bei einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren des MfS und ggf. dem späteren Gerichtsverfahren entstandene Akte, die den Hergang des Strafverfahrens widerspiegelt und auch häufig Informationen zur Strafvollstreckung enthält.
Untersuchungsvorgänge zeigen die offizielle wie auch die inoffizielle Ebene des Verfahrens. Sie enthalten sowohl das strafprozessual legale Material (Haftbefehl, Vernehmungsprotokolle, Anklageschrift, Verhandlungsprotokoll, Urteil u. a.) als auch Dokumente geheimpolizeilichen Charakters, etwa zu konspirativen Ermittlungsmaßnahmen operativer Abteilungen oder Berichte von Zelleninformatoren.
Ein archivierter Untersuchungsvorgang kann bis zu sieben Bestandteile umfassen: Gerichtsakte, Beiakte zur Gerichtsakte, Handakte zur Gerichtsakte, Handakte zum Ermittlungsverfahren, Beiakte zur Handakte des Ermittlungsverfahrens, manchmal auch Vollstreckungsakten und ggf. die Akte des Revisions- oder Kassationsverfahrens.
Signatur: BStU, MfS, AU, Nr. 487/53, Bd. 16, Bl. 12-32
Oberstleutnant Rudolf Gutsche, damals Leiter der für Beobachtung und Ermittlungen zuständigen MfS-Abteilung VIII, wurde bei Demonstrationen am 17. Juni angegriffen. An dem Angriff waren zwei junge Ost-Berliner Hilfsarbeiter maßgeblich beteiligt. Später gelang es der Stasi, sie zu identifizieren und zu verhaften. Im Prozess wurden sie zu langen Haftstrafen verurteilt.
Oberstleutnant Rudolf Gutsche, damals Leiter der für Beobachtung und Ermittlungen zuständigen MfS-Abteilung VIII, wurde bei Demonstrationen am 17. Juni angegriffen. Am späten Vormittag des 17. Juni war Gutsche mit einem anderen MfS-Offizier in seinem weinroten BMW am Alexanderplatz unterwegs, einem der Zentren des Aufstandes. Dort gab es zu diesem Zeitpunkt große Ansammlungen aufgebrachter Demonstranten. Unmittelbar nach der Einmündung zur Rathausstraße rammte ein LKW den MfS-Dienstwagen und brachte ihn so zum Stehen. Der Fahrer des LKW hatte den BMW am Nummernschild als Regierungsfahrzeug erkannt und absichtlich aufs Korn genommen.
Herbeigeeilte Demonstranten schlugen die Scheiben des Wagens ein, zerrten den Fahrer heraus und verprügelten ihn. Auch der im Wagen verbliebene Beifahrer, wahrscheinlich Gutsche, wurde geschlagen. Die beiden Stasi-Offiziere versuchten, sich mit ihren Dienstwaffen zu verteidigen, einer der beiden gab einen Schuss ab. Das versetzte die Aufständischen erst recht in Wut. Sie überwältigten Gutsche und seinen Begleiter, nahmen ihnen die Waffen ab und prügelten nun noch stärker auf sie ein. Am Ende stürzten einige Demonstranten das Auto um und zündeten es an.
An dem Angriff waren zwei junge Ost-Berliner Hilfsarbeiter maßgeblich beteiligt. Später gelang es der Stasi, sie zu identifizieren und zu verhaften. Nach Erkenntnissen der Geheimpolizei suchten sie regelmäßig ein West-Berliner Vereinslokal des westdeutschen Bundes Deutscher Jugend (BDJ) auf, in dem sie auch Mitglied gewesen sein sollen. In der Vernehmung durch die Stasi gab später einer der beiden Hilfsarbeiter zu Protokoll, von der Organisation zu seinen Taten angestiftet worden zu sein.
In dem vorliegenden Prozessbericht betonte auch der Staatsanwalt zwar später in seinem Prozessbericht, dass die beiden keine "ausgekochten und rücksichtslosen Gegner unserer Ordnung" seien. Sie seien vielmehr "haltlose und abenteuerlustige Vagabunden, die aus ihrer unfreundlichen Umgebung zu flüchten suchten und für den Gegner ein willfähriges Werkzeug wurden". Das hinderte den Ankläger jedoch nicht daran, für die Jugendlichen hohe Zuchthausstrafen zu fordern.
worden war. Da es hier ruhig war, fuhr er zum Alexanderplatz und [unterstrichen: sah vor sich] einen BMW GB 009 783, den er an der Nummer als ein Regierungsfahrzeug erkannte. Als dieser BMW seine Fahrt wegen der bereits versammelten Provokateure verlangsamen musste, erhielt er durch das Klopfen auf das Führerhaus von den Zimmerleuten ein Signal, das der Zeuge [anonymisiert] im Steuerhaus hörte. Der Angeklagte [Person 4] rammte dieses Fahrzeug, wie er sagt, mit Absicht, weil es ein Regierungsfahrzeug war, In demselben Moment schlugen die auf dem Fahrzeug befindlichen Zimmerleute mit Brettern das Dach und die Scheiben des durch das Rammen zum Halten gebrachten Fahrzeugs ein. Es ist nicht einwandfrei geklärt, ob diese Provokationstat einverständlich mit [Person 4] von den Zimmerleuten erfolgte, ist aber insofern unerheblich als es in der vollen Absicht des Angeklagten [Person 4] lag dieses Regierungsfahrzeug zu rammen. Sofort danach [unterstrichen: verliess [Person 4] das Fahrzeug und stürzte sich auf einen der Insassen, der bereits von anderen aus dem Fahrzeug gezogen worden war, schlug auf ihn ein und trat ihn mit den Füssen.] Beim Beginn dieser brutalen Misshandlungen löste sich ein Schuss. Das war das Signal für sofortige weitere Gewalttätigkeiten von seiten aller dort versammelten Provokateure. [unterstrichen: Während [Person 4] sich später noch auf den zweiten aus dem Wagen gezerrten Insassen stürzte und ihn schlug und trat,] betätigten sich die Angeklagten [unterstrichen: [Person 3], [Person 2] und [Person 1]] zunächst durch [unterstrichen: Schreien und Hetzen an] diesem Gewaltakt. Dem Angeklagten [unterstrichen: [Person 3] und [Person 2]] gelang es, das Fahrzeug, das von einer dichten Menge umringt war, ebenfalls zu erreichen und beide, [unterstrichen: [Person 3] sowie [Person 2], schlugen mit auf die beiden Insassen ein.] Besonders brutal benahm sich hier ausser [Person 4] auch der Angeklagte [Person 3], der seine Hände derart mit Blut verschmiert hatte, dass er später äusserte, ich sehe aus wie ein Schlächter. Die Angeklagten [unterstrichen: [Person 3] und [Person 2] stürzten das Fahrzeug mit um,] um es vollständig zu zerstören. Der noch im Innern des Wagens befindliche Beifahrer wurde durch einsteigende Provokateure bedroht. Hier zeichnete sich besonders der [unterstrichen: Angeklagte [Person 5]] aus.
Der Angeklagte [unterstrichen: [Person 5]], der am Vormittag seine Baustelle aufsuchte, begab sich mit anderen von Weissensee aus ebenfalls
Operative Beobachtung
Die Beobachtung zählte zu den konspirativen Ermittlungsmethoden, die in der Regel von operativen Diensteinheiten in Auftrag gegeben und von hauptamtlichen Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt wurden. Dabei wurden sog. Zielpersonen (Beobachtungsobjekte genannt) über einen festgelegten Zeitraum beobachtet, um Hinweise über Aufenthaltsorte, Verbindungen, Arbeitsstellen, Lebensgewohnheiten und ggf. strafbare Handlungen herauszufinden. Informationen aus Beobachtungen flossen in Operative Personenkontrollen, Operative Vorgänge oder Sicherheitsüberprüfungen ein. Im westlichen Ausland wurden Beobachtungen meist von IM unter falscher Identität ausgeführt.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
1950 entstanden; 1958 Aufwertung zur HA VIII.
Ein Untersuchungsvorgang war eine bei einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren des MfS und ggf. dem späteren Gerichtsverfahren entstandene Akte, die den Hergang des Strafverfahrens widerspiegelt und auch häufig Informationen zur Strafvollstreckung enthält.
Untersuchungsvorgänge zeigen die offizielle wie auch die inoffizielle Ebene des Verfahrens. Sie enthalten sowohl das strafprozessual legale Material (Haftbefehl, Vernehmungsprotokolle, Anklageschrift, Verhandlungsprotokoll, Urteil u. a.) als auch Dokumente geheimpolizeilichen Charakters, etwa zu konspirativen Ermittlungsmaßnahmen operativer Abteilungen oder Berichte von Zelleninformatoren.
Ein archivierter Untersuchungsvorgang kann bis zu sieben Bestandteile umfassen: Gerichtsakte, Beiakte zur Gerichtsakte, Handakte zur Gerichtsakte, Handakte zum Ermittlungsverfahren, Beiakte zur Handakte des Ermittlungsverfahrens, manchmal auch Vollstreckungsakten und ggf. die Akte des Revisions- oder Kassationsverfahrens.
Urteil gegen einen Streikführer aus Niemegk Dokument, 6 Seiten
Urteil gegen Beteiligte einer Streikkundgebung während des Volksaufstandes in Groß Dölln Dokument, 3 Seiten
Urteil gegen zwei Landwirte wegen "Boykotthetze" Dokument, 4 Seiten
Urteil des Bezirksgerichts Dresden gegen Beteiligte am Volksaufstand Dokument, 31 Seiten