Signatur: BStU, MfS, BV Potsdam, StA, Nr. 5187, Bl. 60-65
Als die Ordnung nach dem Volksaufstand wiederhergestellt war, ließ die Stasi einen Streikführer aus Niemegk verhaften. Er wurde zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt.
Zwischen dem 17. und 21. Juni 1953 kam es in über 150 brandenburgischen Städten und Gemeinden zu Streiks, Demonstrationen und Kundgebungen. Brandenburg war flächendeckend vom Volksaufstand erfasst. Im Bezirk Potsdam fanden Demonstrationen und Aufstände vor allem in den größeren Orten mit Industrieansiedlungen statt. Zu Demonstrationen und Streiks kam es auch in allen Landkreisen des Bezirks Potsdam, die direkt an Berlin angrenzten.
In Niemegk im südwestlichen Brandenburg legten schon in den frühen Morgenstunden Gleisbauarbeiter der Deutschen Reichsbahn die Arbeit nieder. Auch in der örtlichen Ziegelei traten die Arbeiter in den Streik. Am Vormittag bildete sich ein Demonstrationszug, dem sich Arbeiter weiterer Baustellen und Betriebe anschlossen. Nach 10:00 Uhr hatte sich auf dem Marktplatz des kleinen Ortes mit nicht einmal 3.000 Einwohnern eine Menge von 1.000 Menschen versammelt. Die Demonstranten bildeten ein Streikomitee.
Das Komitee stellte mithilfe der Belegschaften der Bau-Union, der Ziegelei und der MTS Niemegk einen Katalog mit politischen Forderungen zusammen. Eine Abordnung des Streikkomitees sollte die Forderungen dann dem Rat des Kreises Belzig überbringen. Die Forderungen der Arbeiter beinhalten unter anderem die Haftentlassung ihrer wegen politischer Vergehen verurteilten Arbeitskollegen der Bau-Union und der eingesperrten Bauern. Außerdem forderten sie die Herabsetzung der Normen, die Abschaffung des Spitzelsystems, freie Wahlen und Abzug aller Besatzungstruppen in ganz Deutschland. Bald wurden immer mehr Stimmen laut, die die Demonstration direkt in Belzig fortsetzen wollten.
Viele Teilnehmer der Versammlung marschierten daraufhin zu Fuß in die acht Kilometer entfernte Kreisstadt. Nachdem sie mit einem offenen Güterzug dahin gelangt waren, vereinigte sicht der Demonstrationszug aus Niemegk vor dem Rat des Kreises Belzig mit den demonstrierenden Bauern aus der Umgebung und Teilen der Belziger Bevölkerung.
Als die Ordnung wieder hergestellt war, machte sich die Staatsmacht an die Verfolgung vermeintlicher Hintermänner. Als einziger des vierköpfigen Streikkomitees wurde ein Streikführer aus Niemegk am 19. August 1953 vom I. Strafsenat des Bezirksgerichts Potsdam wegen Verbrechens nach Artikel 6 der Verfassung der DDR zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Damit erhielt er die höchste Freiheitsstrafe die im Bezirk Potsdam im Zusammenhang mit den Ereignissen des 17. Juni 1953 ausgesprochen wurde. Trotz mehrerer Gnadengesuche konnte der Streikführer erst am 19. November 1960 das Zuchthaus Brandenburg verlassen.
I Ks. 507/53
[Stempel: Rechtskräftig ab 27.08.1953 Potsdam, den 27.08.1953 [Unterschrift: Bock] Sekretär]
Im Namen des Volkes !
In der Strafsache gegen
den Gleisbauer [anonymisiert],
geboren am [anonymisiert] in Vinzelberg,
wohnh. Stendal, [anonymisiert]
seit dem 26.06.1953 in U-Haft
wegen Verbrechens nach Artikel 6 der Verfassung der DDR in Verbindung mit Kontr.Dir. 38 Abschn. II Art. III A III
wurde in der öffentlichen Sitzung des 1. Strafsenats des Bezirksgerichts Potsdam vom 19. August 1953, an der teilgenommen haben:
Oberrichter Wohlgethan als Vorsitzender,
[anonymisiert] als Schöffe,
[anonymisiert] als Schöffe,
Staatsanwalt Neumann als Vertreter der Bezirksstaatsanwaltschaft
Justizangestellte [anonymisiert] als Schriftführer der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:
Der Angeklagte wegen Verbrechens nach Artikel 6 der Verfassung der DDR in Verbindung mit Kontr.Dir. 38 Abschn. II Art. III A III zu
10 - zehn - Jahren Zuchthaus
verurteilt.
Die Sühnemaßnahmen der Kontr.Dir. 38 Art. IX Ziff. 3/9 finden auf den Angeklagten Anwendung.
Die Berufsbeschränkung wird auf 5 Jahre festgesetzt.
Die U.-Haft wird dem Angeklagten in voller Höhe angerechnet.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Angeklagte.
Gründe:
Der Angeklagte [anonymisiert] ist der Sohn eines Stellmachers. Sein Vater war von 1933 bis 1945 Mitglied der NSDAP. Der Angeklagte besuchte 8 Jahre die Volksschule und anschließend 1 1/2 Jahre die Handelsschule. Nach seiner Schulentlassung arbeitete er bis 1944 in einem Hüttenbetrieb in Stendal. Dann wurde er zu dem damaligen RAD eingezogen. Im November 1944 wurde er von der Waffen-SS übernommen. Im Jahre 1945 geriet er in Bayern in amerikanische Gefangenschaft, aus der er im Jahre 1947 entlassen wurde. Bis 1951 arbeitete der Angeklagte bei einem Karussel-
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
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Signatur: BStU, MfS, BV Potsdam, StA, Nr. 5187, Bl. 60-65
Als die Ordnung nach dem Volksaufstand wiederhergestellt war, ließ die Stasi einen Streikführer aus Niemegk verhaften. Er wurde zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt.
Zwischen dem 17. und 21. Juni 1953 kam es in über 150 brandenburgischen Städten und Gemeinden zu Streiks, Demonstrationen und Kundgebungen. Brandenburg war flächendeckend vom Volksaufstand erfasst. Im Bezirk Potsdam fanden Demonstrationen und Aufstände vor allem in den größeren Orten mit Industrieansiedlungen statt. Zu Demonstrationen und Streiks kam es auch in allen Landkreisen des Bezirks Potsdam, die direkt an Berlin angrenzten.
In Niemegk im südwestlichen Brandenburg legten schon in den frühen Morgenstunden Gleisbauarbeiter der Deutschen Reichsbahn die Arbeit nieder. Auch in der örtlichen Ziegelei traten die Arbeiter in den Streik. Am Vormittag bildete sich ein Demonstrationszug, dem sich Arbeiter weiterer Baustellen und Betriebe anschlossen. Nach 10:00 Uhr hatte sich auf dem Marktplatz des kleinen Ortes mit nicht einmal 3.000 Einwohnern eine Menge von 1.000 Menschen versammelt. Die Demonstranten bildeten ein Streikomitee.
Das Komitee stellte mithilfe der Belegschaften der Bau-Union, der Ziegelei und der MTS Niemegk einen Katalog mit politischen Forderungen zusammen. Eine Abordnung des Streikkomitees sollte die Forderungen dann dem Rat des Kreises Belzig überbringen. Die Forderungen der Arbeiter beinhalten unter anderem die Haftentlassung ihrer wegen politischer Vergehen verurteilten Arbeitskollegen der Bau-Union und der eingesperrten Bauern. Außerdem forderten sie die Herabsetzung der Normen, die Abschaffung des Spitzelsystems, freie Wahlen und Abzug aller Besatzungstruppen in ganz Deutschland. Bald wurden immer mehr Stimmen laut, die die Demonstration direkt in Belzig fortsetzen wollten.
Viele Teilnehmer der Versammlung marschierten daraufhin zu Fuß in die acht Kilometer entfernte Kreisstadt. Nachdem sie mit einem offenen Güterzug dahin gelangt waren, vereinigte sicht der Demonstrationszug aus Niemegk vor dem Rat des Kreises Belzig mit den demonstrierenden Bauern aus der Umgebung und Teilen der Belziger Bevölkerung.
Als die Ordnung wieder hergestellt war, machte sich die Staatsmacht an die Verfolgung vermeintlicher Hintermänner. Als einziger des vierköpfigen Streikkomitees wurde ein Streikführer aus Niemegk am 19. August 1953 vom I. Strafsenat des Bezirksgerichts Potsdam wegen Verbrechens nach Artikel 6 der Verfassung der DDR zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Damit erhielt er die höchste Freiheitsstrafe die im Bezirk Potsdam im Zusammenhang mit den Ereignissen des 17. Juni 1953 ausgesprochen wurde. Trotz mehrerer Gnadengesuche konnte der Streikführer erst am 19. November 1960 das Zuchthaus Brandenburg verlassen.
Karussel-Unternehmen in Westdeutschland. Im selben Jahre kam der Angeklagte in die DDR. Nachdem er zunächst als Arbeiter bei der HO und [unkenntlich] in einer Eisenhütte [unkenntlich] beschäftigt war, arbeitete er von Juli 1951 bis zu seiner Festnahme bei der Bau-Union der Reichsbahn als Gleisarbeiter.
Der Angeklagte gehörte vor 1945 dem Jungvolk an und bis zu seiner Festnahme hat er 3 Wochen Mitgliedsbeiträge für den FDGB bezahlt.
Der Angeklagte war ein eifriger Riashörer. Auch am 16.06.1953 hörte er die Nachrichten des Hetzsenders Rias. Somit bekam er Kenntnis von den Hetzparolen der westlichen Kriegshetzer, die diese über die Arbeitsniederlegung einiger Bauarbeiter in Berlin verbreitet hatte. Als er am anderen Morgen, also am 17.06.1953 zur Arbeit fuhr, diskutierte er mit seinen Arbeitskollegen das von ihm gehörte. Als sie dem Zug entstiegen, beschloss der Angeklagte gemeinsam mit seinen Arbeitskollegen zu streiken. Daraufhin begaben sie sich nach [anonymisiert] auf ihren Werkhof. Durch den Angeklagten und andere Provokateure in Unruhe versetzt, beschlossen die Arbeiter, ein sogenanntes Streikkomitee zu bilden. In diesem sogenannten Streikkommitee wurde auch der Angeklagte gewählt. Daraus geht hervor, dass der Angeklagte bereits bei seinen Arbeitskollegen als ein Hetzer gegen unsere demokratischen Einrichtungen bekannt war. Auch sein Spitzname, [anonymisiert], den er bei seinen Arbeitskollegen führte, zeugt davon, dass er stark von der amerikanischen Gangster-Politik verseucht war.
Als Mitglied des sogenannten Streikkomitees ging er zu der MTS in [anonymisiert] und forderte dort die Arbeiter auf, ebenfalls die Arbeit niederzulegen und sich ihnen anzuschließen. Hier [unkenntlich] stiess jedoch der Angeklagte auf den Widerstand der Arbeiter, die ein höheres Pflichtbewußtsein, als der Angeklagte zeigten.
Als auf dem Werkhof einige Funktionäre der SED erschienen, die mit den Arbeitern Rücksprache über ihre Forderungen halten wollten, wurden von dem Angeklagten und drei weiteren Provokateuren Folderungen gestellt, die sich gegen unsere Regierung und gegen den Staat der Werktätigen richtete. Durch diese Forderungen wurde eine aufgeregte Stimmung erzeugt, die dazu führte, dass Mordlosungen gegen fortschrittliche aufrichtige Politiker und führende Funktionäre der DDR geschrien wurden. Ob der Angeklagte sich an der Herausgabe dieser Mordlosungen beteiligt hat, konnte nicht festgestelt werden. Als einer dieser Funktionäre, der als Zeuge erschienene [anonymisiert], die Belegschaft aufforderte, eine Delegation zu wählen, die mit der Kreisleitung der Partei ver-
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
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Signatur: BStU, MfS, BV Potsdam, StA, Nr. 5187, Bl. 60-65
Als die Ordnung nach dem Volksaufstand wiederhergestellt war, ließ die Stasi einen Streikführer aus Niemegk verhaften. Er wurde zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt.
Zwischen dem 17. und 21. Juni 1953 kam es in über 150 brandenburgischen Städten und Gemeinden zu Streiks, Demonstrationen und Kundgebungen. Brandenburg war flächendeckend vom Volksaufstand erfasst. Im Bezirk Potsdam fanden Demonstrationen und Aufstände vor allem in den größeren Orten mit Industrieansiedlungen statt. Zu Demonstrationen und Streiks kam es auch in allen Landkreisen des Bezirks Potsdam, die direkt an Berlin angrenzten.
In Niemegk im südwestlichen Brandenburg legten schon in den frühen Morgenstunden Gleisbauarbeiter der Deutschen Reichsbahn die Arbeit nieder. Auch in der örtlichen Ziegelei traten die Arbeiter in den Streik. Am Vormittag bildete sich ein Demonstrationszug, dem sich Arbeiter weiterer Baustellen und Betriebe anschlossen. Nach 10:00 Uhr hatte sich auf dem Marktplatz des kleinen Ortes mit nicht einmal 3.000 Einwohnern eine Menge von 1.000 Menschen versammelt. Die Demonstranten bildeten ein Streikomitee.
Das Komitee stellte mithilfe der Belegschaften der Bau-Union, der Ziegelei und der MTS Niemegk einen Katalog mit politischen Forderungen zusammen. Eine Abordnung des Streikkomitees sollte die Forderungen dann dem Rat des Kreises Belzig überbringen. Die Forderungen der Arbeiter beinhalten unter anderem die Haftentlassung ihrer wegen politischer Vergehen verurteilten Arbeitskollegen der Bau-Union und der eingesperrten Bauern. Außerdem forderten sie die Herabsetzung der Normen, die Abschaffung des Spitzelsystems, freie Wahlen und Abzug aller Besatzungstruppen in ganz Deutschland. Bald wurden immer mehr Stimmen laut, die die Demonstration direkt in Belzig fortsetzen wollten.
Viele Teilnehmer der Versammlung marschierten daraufhin zu Fuß in die acht Kilometer entfernte Kreisstadt. Nachdem sie mit einem offenen Güterzug dahin gelangt waren, vereinigte sicht der Demonstrationszug aus Niemegk vor dem Rat des Kreises Belzig mit den demonstrierenden Bauern aus der Umgebung und Teilen der Belziger Bevölkerung.
Als die Ordnung wieder hergestellt war, machte sich die Staatsmacht an die Verfolgung vermeintlicher Hintermänner. Als einziger des vierköpfigen Streikkomitees wurde ein Streikführer aus Niemegk am 19. August 1953 vom I. Strafsenat des Bezirksgerichts Potsdam wegen Verbrechens nach Artikel 6 der Verfassung der DDR zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Damit erhielt er die höchste Freiheitsstrafe die im Bezirk Potsdam im Zusammenhang mit den Ereignissen des 17. Juni 1953 ausgesprochen wurde. Trotz mehrerer Gnadengesuche konnte der Streikführer erst am 19. November 1960 das Zuchthaus Brandenburg verlassen.
verhandeln sollte, gingen zwei Mitglieder der sogenannten Streikleitung mit. Von nun an war der Angeklagte der Initiator der gesamten Provokationen, die sich in [anonymisiert], auf der Fahrt nach Belzig und zum Teil in Belzig selbst ereigneten.
Nachdem am Vormittag die Bauarbeiter sich durch den Ort [anonymisiert] bewegt hatten, gingen sie alle gemeinsam zur Werkküche, obwohl die Provokateure also gegen den Staat hetzten, schämten sie sich nicht von diesem Staat das ihnen gebotene Mittagessen zu verzehren, um Kräfte zu sammeln für neue Provokationen.
[Teile des Absatzes wurden seitlich markiert]
Nach dem Mittagessen benutzte der Angeklagte den Kraftwagen der Bau-Union und fuhr mit einigen Provokateuren durch [anonymisiert] um durch Klingeln die Bewohner [anonymisiert] aus den Häusern zu rufen und sie zu einer sogenannten Demonstration nach Belzig aufzuwiegeln. Inzwischen bekam der Angeklagte einen telefonischen Anruf und erfuhr, dass die Demonstration nach Belzig unterbleiben sollte. Dieses teilte ihm ein bei der Kreisleitung befindliches Delegationsmitglied mit. Ungeachtet dessen setzte der Angeklagte den sogenannten Demonstrationszug in Bewegung. Die Bevölkerung war von dem Angeklagten veranlasst worden, sich auf dem Bahnhof zu sammeln.
Der Angeklagte begab sich zu dem Vorsteher des Bhf. [anonymisiert] und verhandelte mit ihm um Ueberlassung eines Eisenbahnzuges nach Belzig. Der Vorsteher des Bhf. machte den Angeklagten auf die Gefährlichkeit dieses Unternehmens aufmerksam. Obwohl der Angeklagte spätestens in diesem Augenblick auf die Gefahr eines derartigen Transportes aufmerksam wurde, liess er jedoch nicht davon ab. Ein Kumpan des Angeklagten liess eine Lokomotive vor die Güterwagen setzen, die für Sandladungen beim Bahnbau Verwendung fanden. Daraus geht hervor, daß ungeheure Gefahren beim Transport von Menschen mit Güterwagen bestanden. Es ist bekannt, dass die Wagenwände dieser Güterwagen sehr niedrig sind. Besteht schon bei wenigen Personen eine Transportgefahr, so mußte diese aber beim Transport von mehreren hundert Menschen [unterstrichen: in Ungeheure wachsen.] Dem Angeklagten jedoch war dieses zur Erreichung seines Zieles gleichgültig. Ihm kam es vor allen Dingen darauf an in Belzig eine [unterstrichen: ungeheure Menschenmenge] zu konzentrieren, um Unruhen unter der Bevölkerung zu provozieren. Zwei Klassen Schulkinder die sich ebenfalls auf dem Bhf. [anonymisiert] befanden, gestattete der Angeklagten das Mitfahren in diesem Zuge. Jedoch wurde für diese Kinder ein geschlossener Wagen bestimmt [unkenntlich]. Der Angeklagte war sich der Tatsache [unterstrichen: bewußt], dass er [unkenntlich] für
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
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Der Volksaufstand in Belzig 15 Fotografien
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Urteil des Bezirksgerichts Suhl gegen vier Hellinger Bauern Dokument, 7 Seiten
Aufhebung des ersten Urteils gegen Ernst Jennrich Dokument, 7 Seiten