Signatur: BStU, MfS, BV Magdeburg, AU, Nr. 118/53, Bd. 2, Bl. 71-74
In der Gemeinde Trabitz im Bezirk Magdeburg kam es im Verlauf des Volksaufstands vom 17. Juni 1953 zu dem Versuch, die örtliche landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) wieder aufzulösen. Die beiden "Rädelsführer" der Aktion wurden zu einem bzw. zwei Jahren Zuchthaus verurteilt.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde.
Die Industriemetropole Magdeburg gehörte mit einer Zahl von etwa 50.000 Demonstranten zu den Städten, in denen sich die Volkserhebung am 17. Juni am intensivsten entwickelte. Die Elbestadt war ein Zentrum des Schwermaschinenbaus. Hier gab es mehrere große Werke mit zehntausenden Beschäftigten. Viele hatten von den Streiks und Demonstrationen in Ost-Berlin aus westlichen Radiosendern erfahren. Unter dem Ruf "Magdeburg folgt den Berlinern" zogen schließlich etwa 10.000 Arbeiterinnen und Arbeiter zum Stadtzentrum. Mehrere große Demonstrationszüge vereinigten sich im Stadtzentrum. Die Aufständischen besetzten eine Anzahl staatlicher Einrichtungen, darunter das Rathaus, die Bezirksleitungen der SED und der Freien Deutschen Jugend (FDJ) sowie den Bezirksvorstand der DDR-Einheitsgewerkschaft FDGB. Je länger die Demonstrationen andauerten, desto gewalttätiger wurden die Proteste. Immer wieder kam es bei diesen Besetzungen und Erstürmungen zu Zusammenstößen mit den Ordnungskräften.
In den Dörfern stand vor allem die Rücknahme der sogenannten "sozialistischen Umgestaltung der Eigentumsverhältnisse" der Kollektivierung im Vordergrund. In der kleinen Gemeinde Trabitz (heute ein Ortsteil von Calbe) sprachen sich im Verlauf des 17. Juni schnell die Ereignisse herum, welche sich in der benachbarten Kleinstadt Calbe (Saale) abgespielt hatten. Dort waren mehrere Betriebe bestreikt, staatliche Gebäude besetzt und Häftlinge befreit worden. Etliche Bauern von Trabitz waren deshalb überzeugt, dies alles würde den Sturz der Regierung der DDR und eine radikale Veränderung der politischen Verhältnisse zur Folge haben.
Zwei Bauern begannen noch am Abend des 17. Juni, die örtliche landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) wieder aufzulösen. Unterstützt von weiteren Dorfbewohnern erzwangen sie vom LPG-Vorsitzenden die Herausgabe der Listen aller LPG-Mitglieder und des jeweils in die LPG eingebrachten Viehs. Die Tiere wurden an ihre ehemaligen Besitzer zurückgegeben. Im Verlauf der LPG-Auflösung holten schließlich auch der SED-Ortsparteisekretär und der LPG-Vorsitzende ihr Nutzvieh wieder aus den Stallungen.
Der Besitz der LPG in Trabitz bestand vorrangig aus dem früheren Eigentum zweier Großbauern. Dem im Dorf verbliebenen Großbauern boten die anderen Bauern sein altes Eigentum wieder zur Bewirtschaftung an. Der andere Großbauer war schon seit geraumer Zeit vor dem Druck der DDR-Behörden in den Westen geflohen. Ihm sandte ein Landwirt noch am 18. Juni ein Telegramm zu seinem neuen Wohnort in Westfalen. In diesem Telegramm forderten die Einwohner von Trabitz den Großbauer auf, zurückzukommen und seine Wirtschaft wieder zu übernehmen. Polizei und sowjetische Truppen beendeten die Aktionen. Noch am 18. Juni wurden die beiden "Rädelsführer" von der VP verhaftet und später dem MfS übergeben. Das Gericht verurteilte sie am 23. Juli wegen angeblicher Boykotthetze zu einem Jahr bzw. zwei Jahren Zuchthaus.
[Stempel: Das vorliegende Urteil ist seit dem [handschriftliche Ergänzung: 31. Juli 1953] rechtkräftig.
Magdeburg, den [Stempel: 11. Aug. 1953]]
[Unterschrift unleserlich] [Stempel: Sekretär]
- I 681/53 -
- I Ks 463/53 -
Urteil
Im Namen des Volkes !
In der Strafsache
gegen
1. den Landwirt Walter Drewes, geb. am 29.10.1904 in Schwanefeld, wohnhaft in Trabitz Krs. Schönebeck, [anonymisiert], verh. dtsch., nicht vorbestraft, 3 Kinder, seit dem 19.06.1953 in U-Haft
2. den Landwirt Fritz, August, Wilhelm Boddeutsch, geb. am 14.12.1903 in Spandau, wohnhaft in Trabitz [anonymisiert], verh., 2 Kinder, dtsch. nicht vorbestraft, seit dem 19.06.1953 in U-Haft,
wegen
Verbrechens und Vergehens nach Art. 6 der Verf. d. DDR i.V. mit KD. 38, Abschn. II, Art. III A III
hat der Ic Strafsenat des Bezirksgerichts in Magdeburg in der Sitzung am 23. Juli 1953,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bezirksgericht [anonymisiert]
als Vorsitzender,
Angestellte [anonymisiert], Magdeburg,
[anonymisiert], Angestellter, Magdeburg,
als Schöffen,
Staatsanwalt [anonymisiert]
als Vertreter des Bezirksstaatsanwalts,
Justizangestellte [anonymisiert]
als Schriftführerin des Senats,
für Recht erkannt:
Die Angeklagten werden wegen eines Verbrechens gem. Art. 6 der Verf. der DDR i.V. mit KD. 38, Abschn. II, Art. III A III zu folgenden Zuchthausstrafen verurteilt:
1. Der Angeklagte Drewes zu zwei Jahren, 2. der Angeklagte Boddeutsch zu einem Jahr.
Die Angeklagten werden gem. der KD. 38, Abschn. II, Art. III A III als Belastete festgestellt. Es werden ihnen daher die obligatorischen Sühnemassnahmen der KD. 38, A bschn. II, Art. IX, Ziff. 3 - 9 auferlegt, wobei die Beschränkungsdauer der Ziff. 7 auf fünf Jahre festgesetzt wird.
Die erlittene U-Haft wird beiden Angeklagten seit dem 19.06.1953 auf die erkannte Strafe angerechnet.
Die Angeklagten haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Staatsverbrechen waren im StEG/1957 (§§ 13-27) und in Kapitel 2 des StGB/1968 (§§ 96-111) beschriebene politische Straftaten, die in die Zuständigkeit des MfS als strafrechtliches Untersuchungsorgan (HA IX) fielen, weil eine staatsfeindliche Absicht und/oder eine staatsgefährdende Wirkung unterstellt wurden.
Zu den Staatsverbrechen zählten diktaturspezifisch kodifizierte "klassische" politische Straftaten wie Hochverrat und Spionagedelikte sowie als Meinungs- und Organisationsdelikte definierte Handlungen (Staatsfeindliche Hetze, Staatsfeindliche Gruppenbildung), die in demokratischen Staaten als Ausübung von Grundrechten gelten würden, außerdem unterschiedliche Handlungen oder Unterlassungen, bei denen den Tätern eine staatsfeindlich motivierte Schädigungsabsicht unterstellt wurde (Diversion, Sabotage).
Die als Staatsverbrechen bezeichneten Straftatbestände stehen überwiegend in sowjetischer Rechtstradition und gehen letztlich auf Artikel 58 des StGB der RSFSR ("Konterrevolutionäre Verbrechen") zurück. Bis Februar 1958 wurden sie von DDR-Gerichten in Ermangelung konkreter strafrechtlicher Regelungen pauschal mit Hilfe von Artikel VI der Verfassung von 1949 ("Boykott- und Kriegshetze") geahndet.
Staatsverbrechen galten als schwere Straftaten; bei einigen Tatbeständen (Hochverrat, Spionage, Terror, Diversion, Sabotage) umfasste der Strafrahmen bis 1987 auch die Todesstrafe.
Untersuchungshaft ist eine freiheitsentziehende Zwangsmaßnahme zur Sicherung des Strafverfahrens. Die Untersuchungshaft begann nach der Verkündung des Haftbefehls durch einen Richter und endete mit der Überstellung in den Strafvollzug nach Erlangung der Rechtskraft einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe, selten auch mit der Freilassung.
Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft waren ein dringender Tatverdacht sowie entweder Fluchtverdacht oder Verdunklungsgefahr (§ 112 StPO/1949, § 141 StPO/1952, § 122 StPO/1968). Der Vollzug der Untersuchungshaft war gesetzlich mit nur einem StPO-Paragraphen geregelt (§ 116 StPO/1949, § 147 StPO/1952, § 130 StPO/1968), alles Weitere in internen Ordnungen. Er erfolgte für Beschuldigte, deren Ermittlungsverfahren von der Staatssicherheit geführt wurden, in MfS-Untersuchungshaftanstalten in Berlin bzw. den Bezirksstädten der DDR.
Die Haftbedingungen waren dort von Willkür, völliger Isolation und daraus resultierender Desorientierung der Häftlinge gekennzeichnet. Für den Vollzug der Untersuchungshaft war im MfS die Linie XIV (Abt. XIV) zuständig; die Vernehmungen oblagen den Untersuchungsführern der Linie IX (HA IX).
Ein Untersuchungsvorgang war eine bei einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren des MfS und ggf. dem späteren Gerichtsverfahren entstandene Akte, die den Hergang des Strafverfahrens widerspiegelt und auch häufig Informationen zur Strafvollstreckung enthält.
Untersuchungsvorgänge zeigen die offizielle wie auch die inoffizielle Ebene des Verfahrens. Sie enthalten sowohl das strafprozessual legale Material (Haftbefehl, Vernehmungsprotokolle, Anklageschrift, Verhandlungsprotokoll, Urteil u. a.) als auch Dokumente geheimpolizeilichen Charakters, etwa zu konspirativen Ermittlungsmaßnahmen operativer Abteilungen oder Berichte von Zelleninformatoren.
Ein archivierter Untersuchungsvorgang kann bis zu sieben Bestandteile umfassen: Gerichtsakte, Beiakte zur Gerichtsakte, Handakte zur Gerichtsakte, Handakte zum Ermittlungsverfahren, Beiakte zur Handakte des Ermittlungsverfahrens, manchmal auch Vollstreckungsakten und ggf. die Akte des Revisions- oder Kassationsverfahrens.
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Signatur: BStU, MfS, BV Magdeburg, AU, Nr. 118/53, Bd. 2, Bl. 71-74
In der Gemeinde Trabitz im Bezirk Magdeburg kam es im Verlauf des Volksaufstands vom 17. Juni 1953 zu dem Versuch, die örtliche landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) wieder aufzulösen. Die beiden "Rädelsführer" der Aktion wurden zu einem bzw. zwei Jahren Zuchthaus verurteilt.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde.
Die Industriemetropole Magdeburg gehörte mit einer Zahl von etwa 50.000 Demonstranten zu den Städten, in denen sich die Volkserhebung am 17. Juni am intensivsten entwickelte. Die Elbestadt war ein Zentrum des Schwermaschinenbaus. Hier gab es mehrere große Werke mit zehntausenden Beschäftigten. Viele hatten von den Streiks und Demonstrationen in Ost-Berlin aus westlichen Radiosendern erfahren. Unter dem Ruf "Magdeburg folgt den Berlinern" zogen schließlich etwa 10.000 Arbeiterinnen und Arbeiter zum Stadtzentrum. Mehrere große Demonstrationszüge vereinigten sich im Stadtzentrum. Die Aufständischen besetzten eine Anzahl staatlicher Einrichtungen, darunter das Rathaus, die Bezirksleitungen der SED und der Freien Deutschen Jugend (FDJ) sowie den Bezirksvorstand der DDR-Einheitsgewerkschaft FDGB. Je länger die Demonstrationen andauerten, desto gewalttätiger wurden die Proteste. Immer wieder kam es bei diesen Besetzungen und Erstürmungen zu Zusammenstößen mit den Ordnungskräften.
In den Dörfern stand vor allem die Rücknahme der sogenannten "sozialistischen Umgestaltung der Eigentumsverhältnisse" der Kollektivierung im Vordergrund. In der kleinen Gemeinde Trabitz (heute ein Ortsteil von Calbe) sprachen sich im Verlauf des 17. Juni schnell die Ereignisse herum, welche sich in der benachbarten Kleinstadt Calbe (Saale) abgespielt hatten. Dort waren mehrere Betriebe bestreikt, staatliche Gebäude besetzt und Häftlinge befreit worden. Etliche Bauern von Trabitz waren deshalb überzeugt, dies alles würde den Sturz der Regierung der DDR und eine radikale Veränderung der politischen Verhältnisse zur Folge haben.
Zwei Bauern begannen noch am Abend des 17. Juni, die örtliche landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) wieder aufzulösen. Unterstützt von weiteren Dorfbewohnern erzwangen sie vom LPG-Vorsitzenden die Herausgabe der Listen aller LPG-Mitglieder und des jeweils in die LPG eingebrachten Viehs. Die Tiere wurden an ihre ehemaligen Besitzer zurückgegeben. Im Verlauf der LPG-Auflösung holten schließlich auch der SED-Ortsparteisekretär und der LPG-Vorsitzende ihr Nutzvieh wieder aus den Stallungen.
Der Besitz der LPG in Trabitz bestand vorrangig aus dem früheren Eigentum zweier Großbauern. Dem im Dorf verbliebenen Großbauern boten die anderen Bauern sein altes Eigentum wieder zur Bewirtschaftung an. Der andere Großbauer war schon seit geraumer Zeit vor dem Druck der DDR-Behörden in den Westen geflohen. Ihm sandte ein Landwirt noch am 18. Juni ein Telegramm zu seinem neuen Wohnort in Westfalen. In diesem Telegramm forderten die Einwohner von Trabitz den Großbauer auf, zurückzukommen und seine Wirtschaft wieder zu übernehmen. Polizei und sowjetische Truppen beendeten die Aktionen. Noch am 18. Juni wurden die beiden "Rädelsführer" von der VP verhaftet und später dem MfS übergeben. Das Gericht verurteilte sie am 23. Juli wegen angeblicher Boykotthetze zu einem Jahr bzw. zwei Jahren Zuchthaus.
Gründe:
Der Angeklagte Drewes ist 48 Jahre alt und der Sohn eines Landwirts. Nach dem Besuch einer achtjährigen Volksschule war er zunächst in der Landwirtschaft seiner Eltern tätig. Aus Familienzwistigkeiten entfernte er sich von seinem Elternhaus und ging von 1921 bis 1936 in verschiedenen Baufirmen der Beschäftigung eines Tiefbauarbeiters nach. 1936 übernahm er den Hof seiner Eltern und übernahm 1951 noch die Bewirtschaftung einer 19 ha grossen Landwirtschaft seiner Tante. Insgesamt bewirtschaftet der Angeklagte eine Ackernutzfläche von 31 ha. Der Angeklagte ist verheiratet und hat 3 Kinder im Alter von [anonymisiert], [anonymisiert] und [anonymisiert] Jahren. Ganzjährig beschäftigt er nur einen Mann. Im Juli 1941 wurde der Angeklagte zur faschistischen Wehrmacht eingezogen und geriet 1945 in engl. Gefangenschaft, aus der er im Juni 1945 wieder entlassen wurde.
Politisch war der Angeklagte vor 1933 und vor 1945 nirgends [durchgestrichen: politis] organisiert und trat lediglich 1946 der VdgB bei.
Der Angeklagte Boddeutsch ist 49 Jahre alt und der Sohn eines Arbeiters. Da seine Mutter nach dem 1. Weltkrieg ein Lebensmittelgeschäft in Berlin besass, war es ihm möglich, eine Mittelschule zu besuchen. Mit 16 Jahren meldete er sich freiwillig zum Grenzschutz und wurde in die damalige Reichswehr übernommen. Nach achtjähriger Dienstzeit schied er durch einen Unfall von der Wehrmacht aus und übernahm das Geschäft seiner Mutter. 1931 gab er dieses Geschäft auf, besuchte einen Lehrgang einer Landwirtschaftsschüle und war bis zu seiner Einziehung zur faschistischen Wehrmacht, im Jahre 1940, im Stadtgut Zilenzig (Polen) beschäftigt. Sein letzter Dienstgrad war Unteroffizier. Er geriet 1945 in sowj. Kriegsgefangenschaft, aus der er 1948 wieder entlassen wurde. Da seine Eltern umgesiedelt wurden, fand er eine neue Heimat in Trabitz. Er heiratete in eine kleine Landwirtschaft ein und bewirtschaftete bis zu seiner Verhaftunu eine Wirtschaft von 9,83 ha. Irgendwelche fremden Arbeitskräfte beschäftigt der Angeklagte nicht.
Der Angeklagte trat 1931 der NSDAP bei, wurde jedoch im Jahre 1935 aus dieser Partei ausgeschlossen.
Nach 1945 schloss er sich keiner politischen Partei oder Organisation an.
Als im 17.06.1953 in Trabitz die unheilvollen Auswirkungen der faschistischen Provokation noch nicht in diesen Ort gelangt waren, und die werktätige Bevölkerung ihrer Arbeit nachging, waren es die 2 Angeklagten, die eine gewisse Unruhe in den Ort brachten. Der Angeklagte Drewes eifriger Rias- und anderer Westfunkhörer war den westlichen Einflüsterungen als 1. unterlegen und sah seine Zeit für gekommen, sich besonders hervorzutun und als Fürsprecher der Großbauern gegen die LPG aufzutreten. Der Angeklagte hatte zum letzten Mal am 16.07.1953, abends, vom Rias gehört, dass Unruhen in Berlin entstanden sind. Durch diese Nachrichten beeinflusst hatte er auch von Streiks und Unruhen in Calbe gehört und aus Neugierde machte er sich auf den Weg, sich selbst an Ort und Stelle davon zu überzeugen. Er wurde auf diesem lege von einem Schleusenwärter gewarnt und zog es vor, wieder in seine Heimatgemeinde zurückzukehren. Auf diesem Wege wurde ihm von einem Unbekannten mitgeteilt, dass schon verschiedene LPG aufgelöst sind. Der Angeklagte fasste jetzt den Plan, die Unruhe im Trabitz zu entfachen.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Staatsverbrechen waren im StEG/1957 (§§ 13-27) und in Kapitel 2 des StGB/1968 (§§ 96-111) beschriebene politische Straftaten, die in die Zuständigkeit des MfS als strafrechtliches Untersuchungsorgan (HA IX) fielen, weil eine staatsfeindliche Absicht und/oder eine staatsgefährdende Wirkung unterstellt wurden.
Zu den Staatsverbrechen zählten diktaturspezifisch kodifizierte "klassische" politische Straftaten wie Hochverrat und Spionagedelikte sowie als Meinungs- und Organisationsdelikte definierte Handlungen (Staatsfeindliche Hetze, Staatsfeindliche Gruppenbildung), die in demokratischen Staaten als Ausübung von Grundrechten gelten würden, außerdem unterschiedliche Handlungen oder Unterlassungen, bei denen den Tätern eine staatsfeindlich motivierte Schädigungsabsicht unterstellt wurde (Diversion, Sabotage).
Die als Staatsverbrechen bezeichneten Straftatbestände stehen überwiegend in sowjetischer Rechtstradition und gehen letztlich auf Artikel 58 des StGB der RSFSR ("Konterrevolutionäre Verbrechen") zurück. Bis Februar 1958 wurden sie von DDR-Gerichten in Ermangelung konkreter strafrechtlicher Regelungen pauschal mit Hilfe von Artikel VI der Verfassung von 1949 ("Boykott- und Kriegshetze") geahndet.
Staatsverbrechen galten als schwere Straftaten; bei einigen Tatbeständen (Hochverrat, Spionage, Terror, Diversion, Sabotage) umfasste der Strafrahmen bis 1987 auch die Todesstrafe.
Ein Untersuchungsvorgang war eine bei einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren des MfS und ggf. dem späteren Gerichtsverfahren entstandene Akte, die den Hergang des Strafverfahrens widerspiegelt und auch häufig Informationen zur Strafvollstreckung enthält.
Untersuchungsvorgänge zeigen die offizielle wie auch die inoffizielle Ebene des Verfahrens. Sie enthalten sowohl das strafprozessual legale Material (Haftbefehl, Vernehmungsprotokolle, Anklageschrift, Verhandlungsprotokoll, Urteil u. a.) als auch Dokumente geheimpolizeilichen Charakters, etwa zu konspirativen Ermittlungsmaßnahmen operativer Abteilungen oder Berichte von Zelleninformatoren.
Ein archivierter Untersuchungsvorgang kann bis zu sieben Bestandteile umfassen: Gerichtsakte, Beiakte zur Gerichtsakte, Handakte zur Gerichtsakte, Handakte zum Ermittlungsverfahren, Beiakte zur Handakte des Ermittlungsverfahrens, manchmal auch Vollstreckungsakten und ggf. die Akte des Revisions- oder Kassationsverfahrens.
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Einleitung des Untersuchungsverfahrens zur LPG-Auflösung in Trabitz Dokument, 1 Seite
Ablehnung der vorzeitigen Entlassung eines an der LPG-Auflösung in Trabitz beteiligten Landwirts Dokument, 1 Seite
Aufhebung des ersten Urteils gegen Ernst Jennrich Dokument, 7 Seiten
Urteil gegen einen Postangestellten wegen "Boykotthetze" während des Volksaufstandes Dokument, 3 Seiten