Signatur: BStU, MfS, HA IX, Tb, Nr. 212-219
Am 23. September 1955 fand vor dem Obersten Gericht der DDR in Berlin ein Geheimprozess gegen Elli Barczatis und Karl Laurenz wegen Spionage für die Organisation Gehlen statt. Er war einer von mehreren Prozessen gegen tatsächliche oder vermeintliche Agentinnen und Agenten des westdeutschen Nachrichtendienstes in den 50er Jahren. In ihrer Vernehmung erzählte Barczatis dem Gericht, welche Informationen sie an Laurenz weitergab.
Elli Barczatis wurde Anfang der 50er Jahre vermutlich ohne ihr Wissen zur Informantin für die Organisation Gehlen, die Vorläuferin des Bundesnachrichtendienstes (BND). Der westdeutsche Geheimdienst nutzte sie als Quelle in Ost-Berlin, ohne sie offiziell in diese Tätigkeit einzuweihen. Von April 1950 bis Januar 1953 war Barczatis die Chefsekretärin des Ministerpräsidenten der DDR, Otto Grotewohl. Kurz zuvor ging sie eine Liebesbeziehung mit dem Journalisten und Übersetzer Karl Laurenz ein, der nach seinem Bruch mit der SED und den daraus resultierenden beruflichen Schwierigkeiten begonnen hatte, für die Organisation Gehlen zu spionieren. Unter dem Vorwand, Material für seine journalistische Arbeit zu sammeln, ließ er sich von Barczatis mit internen Informationen aus dem Büro des Ministerpräsidenten versorgen.
Anfang 1951 wurde das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) durch den Tipp einer ehemaligen Kollegin von Barczatis, die später als Geheimer Informator (GI) für das MfS arbeitete, auf die beiden aufmerksam. Nach ersten Ermittlungen eröffnete die Stasi am 26. Juni 1951 wegen Spionageverdachts den Gruppenvorgang "Sylvester" gegen Barczatis und Laurenz. Dieser Schritt erfolgte, wenn sich ein Verdacht gegen mehrere Personen wegen "feindlicher Tätigkeit" erhärtete. In der Folgezeit unternahm die Stasi in enger Zusammenarbeit mit der sowjetischen Geheimpolizei weitere Schritte gegen Barczatis und Laurenz. Dazu gehörten Observierungen, Telefonüberwachungen und Briefkontrollen. Im Januar 1953 wurde Barczatis zu einem Parteilehrgang nach Potsdam delegiert. Danach erhielt sie zwar wieder eine Anstellung im Amt des Ministerpräsidenten, jedoch nicht mehr als persönliche Sekretärin Grotewohls, sondern in der Eingabenbearbeitung. Vermutlich veranlasste das MfS diese Versetzung, da es bereits seit 1953 von der Weitergabe interner Informationen aus dem Büro des Ministerpräsidenten an die Organisation Gehlen durch Barczatis bzw. Laurenz wusste. Am 4. März 1955 wurden die beiden verhaftet. Die Festnahme fiel in die Endphase der "Konzentrierten Schläge", die die Stasi im Nachgang des Aufstandes vom 17. Juni 1953 durchgeführt hatte. Diese Aktion symbolisiert einen Strategiewechsel des MfS bei der Verfolgung tatsächlicher oder vermeintlicher Agentinnen und Agenten westlicher Geheimdienste, insbesondere der Organisation Gehlen.
Am 23. September 1955 kam es vor dem 1. Strafsenat des Obersten Gerichts der DDR in Berlin-Mitte zum Prozess wegen Spionagetätigkeit. Generalstaatsanwalt Ernst Melsheimer war für die Anklage zuständig. Obwohl Barczatis spätestens mit dem Ende ihrer direkten Tätigkeit für Grotewohl ab Anfang 1953 nur noch wenige nachrichtendienstlich verwertbare Berichte an Laurenz lieferte, verurteilte das Gericht beide Angeklagten zum Tode. Am 23. November 1955 wurden sie in der Untersuchungshaftanstalt I in Dresden durch das Fallbeil hingerichtet.
Von fast fünfzehn Stunden Verhandlung sind circa fünf als Tonbandaufnahmen im Archiv des BStU überliefert. Beim vorliegenden Tondokument handelt es sich um einen Ausschnitt aus der Vernehmung von Elli Barczatis durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichts Walter Ziegler.
Barczatis schildert detailliert, welche Informationen sie aus dem Büro des Ministerpräsidenten an Laurenz weitergegeben hat. Dabei handelte es sich vor allem um die Namen von Mitarbeitern Grotewohls, seine Treffen mit Personen aus Politik und Gesellschaft und Berichte über die wirtschaftliche Lage in den DDR-Betrieben. Vor dem Hintergrund dieser vergleichsweise harmlos erscheinenden Informationen war das abschließend gefällte Todesurteil besonders hart.
[Richter Ziegler:]
Worüber haben Sie denn mit dem Angeklagten nun aus Ihrer Dienststelle gesprochen und zwar zunächst einmal während Ihrer Tätigkeit im Sekretariat des Ministerpräsidenten?
[Elli Barczatis:]
Während meiner Tätigkeit im Sekretariat des - ähm - Min- - als Chefsekretärin des Herrn Ministerpräsidenten, habe ich meiner Erinnerung nach über folgende Dinge gesprochen:
Äh- wir, ich habe im Laufe der Gespräche einige - äh - Mitarbeiter erwähnt, die persönlichen Referenten von ihm. Es wurde der Name des Herrn Staatssekretär Doktor Geyer erwähnt, der Name des persönlichen Referenten, äh - auch des Ersten Stellvertreters des Vorsitzenden des-des Ministerrates.
Es- -
[Richter Ziegler:]
Die Namen?
[Elli Barczatis:]
Die Namen? Ja.
[Richter Ziegler:]
Na gut, das wusste der doch.
[Elli Barczatis:]
Nö, meines Wissens nicht. Ich weiß nicht, ob er's wusste.
[Richter Ziegler:]
[parallel] Dass der Erste Stellvertreter des Ministerpräsidenten- -
[Elli Barczatis:]
Nein, die Namen des persönlichen Referenten von diesem Stellvertreter.
[Richter Ziegler:]
Aha.
Welche Namen, sagen Sie konkret.
[Elli Barczatis:]
Ja. Äh - die Namen - äh - der Kollegen Tschorn und Eisermann, der persönlichen Referenten des Ministerpräsidenten Grotewohl und der Name - äh - Gottsche, des persönlichen Referenten des Ersten Stellvertreters des Vorsitzenden des Ministerrates.
[Richter Ziegler:]
Mh.
[Elli Barczatis:]
Es wurden- -
[Richter Ziegler:]
Nur die Namen?
[Elli Barczatis:]
Die Namen und auch eini- - auch Einzelheiten über ihre Tätigkeit, womit sie beschäftigt sind. Dass zum Beispiel, äh - der, nein frühere Kollege Tschorn - äh - persönlicher Referent is', dass er also mehr die Verwaltungsarbeiten - ähm - erledigt, während der zweite persönliche Referent damit beschäftigt ist, die - ähm - also mehr die politischen Funktionen, die Vorbereitungen von Artikeln, von Referaten und so weiter zu bearbeiten.
[Richter Ziegler:]
Wen haben Sie noch erwähnt und in seinem Aufgabengebiet und so weiter jeschildert [geschildert]?
[Elli Barczatis:]
Ja, äh - den Namen des Herrn Staatssekretär Doktor Geyer.
[Richter Ziegler:]
Nun, den kann man im Gesetzblatt lesen.
[Elli Barczatis:]
Ja, und ich weiß nicht- -
[Richter Ziegler:]
Was haben Sie über ihn gesagt?
[Elli Barczatis:]
Es ist mir in E-- ich bin in, während der Vernehmung gefragt worden, was ich über seien Tätigkeit weiß. Und das hab ich zur Kenntnis genommen und ich bin im Anschluss daran gefragt worden, ob ich darüber berichtet habe; sage: das is' möglich, ob ich Einzelheiten berichtet habe, weiß ich nicht genau. Ich glaube aber gesagt zu haben, dass er mit der Vorbereitung der Ministerratssitzungen beschäftigt ist.
[Richter Ziegler:]
Mh.
[Elli Barczatis:]
Dass er - äh - nicht nur Staatssekretär der Regierung, sondern auch Chef der Regierungskanzlei ist. Dass er - also die - äh - Ministerratssitzungen einberuft, die - äh - in seinem Sekretariat werden - mh - die Herren eingeladen.
[Richter Ziegler:]
Mh.
Kommen die Vorlagen?
[Elli Barczatis:]
Da kommen die Vorlagen hin. Nein! Die Vorlagen werden in der Hauptabteilung Regierungsangelegenheiten erstmal, ähm - dort kommen sie zuallererst hin und werden bearbeitet und kommen dann zu Herrn- -
[Richter Ziegler:]
Wer saß da?
[Elli Barczatis:]
Der Leiter war damals der Kollege [phonetisch: Fischbach]. Ob der Name erwähnt is' weiß ich nicht genau, es is' möglich.
[Richter Ziegler:]
Sie ha'ms [haben es] jesagt.
[Elli Barczatis:]
Ja, also es is' möglich, kann's nich genau sagen.
[Richter Ziegler:]
Und vor Fischbach?
[Elli Barczatis:]
Äh - vor Fischbach war Frau [phonetisch: Drechsler].
[Richter Ziegler:]
Is' der Name auch erwähnt?
[Elli Barczatis:]
Ja in, ei- - zu, in einem anderen Zusammenhang. Als Herr Staatssekretär Doktor Geyer Frau Drechsler heiratete. Da hatt' ich wohl gesagt, dass Frau Drechsler bei uns in der Hauptabteilung Regierungsangelegenheiten - äh - also die Hauptabteilung. -
[Richter Ziegler:]
Über wen noch?
[Elli Barczatis:]
...leitete.
[Richter Ziegler:]
Junghans?
[Elli Barczatis:]
Junghans ist der jetzige Leiter. Ich weiß nich', ob ich den Namen genannt hatte. Es is' durchaus möglich.
[Richter Ziegler:]
Damals haben Sie's gesagt. In Ihrer Vernehmung vom 24. März 1955, Blatt 75 der Akten.
[Elli Barczatis:]
Ja, ich hab auch immer gesagt, ich kann nich' ganz genau sagen, ob ich's wirklich genan-genannt habe.
[Richter Ziegler:]
Nu', Sie haben das konkret jesagt: "Ich berichtete über die Gliederung der Regierungskanzlei, die Hauptabteilung Regierungsangelegenheiten, Leiter Junghans, Fischbach, Drechsler, die Beschwerdestelle" und so weiter.
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
Über die ganze Gliederung. Wie?
[Elli Barczatis:]
Ja, die- - der Name der Beschwerdestelle, dass es die bei uns gibt, das hab ich gesagt und das ist- -
[Richter Ziegler:]
Und was noch?
[Elli Barczatis:]
Im- -
[Richter Ziegler:]
Und was gab's noch, was Sie gesagt haben?
[Elli Barczatis:]
Es gab die - ähm - die Sekretariate Luschke, das Hauptamt Verbindungen zu den Kirchen. Das hab ich in - mh - der Unterhaltung mal erwähnt, dass die Kollegen des - ähm, äh - Hauptamtes Verbindungen zu den Kirchen und des Sekretariats Luschke einen ausgezeichneten, schönen engen Zusammenhalt haben.
[Richter Ziegler:]
Mhmh. Weiter.
[Elli Barczatis:]
Ich - ähm - ja das ist' eine - mh - Allgemeine Verwaltung bei uns gibt, das hab ich glaub ich auch mal erwähnt, weil der Leiter der - ähm - BGL-Vorsitzende war.
Ich habe auch einige Namen von - äh - Mitarbeitern aus dem Sekretariat des Ministerpräsidenten Grotewohl genannt, nicht nur die persönlichen Referenten, sondern ich glaube es ist auch der Name des ehemaligen Leiters Kurt [phonetisch: Amry] gefallen, äh - der Name meiner, der Kollegin [anonymisiert], mit der ich direkt zusammen arbeitete, die Namen der persönlichen Sekretäre, der- - ja persönlichen Sekretärinnen, der persönlichen Referenten, der Name Reimann, des persönlichen Referenten von Herrn Staatssekretär Doktor Geyer.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Äh - ich habe später auch erzählt, bei einer Gelegenheit, als irgendwie die Sprache aufgrund eines Art- - eines Zeitungsartikels und ich weiß nich' mehr wie darauf kamen, dass es eine Kontrollabteilung gibt.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Also das waren die Dinge, die über die - äh - Struktur- -
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
...der ehemaligen Regierungskanzlei, mh- -
[Richter Ziegler:]
Sie haben da das mehr noch genannt in Ihrer Vernehmung damals und haben noch dazu jesagt, dass Sie hierzu auch die jeweiligen Leiter und Aufgabengebiete der einzelnen Abteilungen - äh - ihm genannt haben, soweit er nicht darüber schon informiert war, was man ja auch teilweise sein kann, nech?
[Elli Barczatis:]
[sehr lang gezogen] Ja?!
[Richter Ziegler:]
Stimmt das, was Sie gesagt haben?
[Elli Barczatis:]
Ja, ich habe die, so- - also neben den bereits genannten auch die, äh - ich glaube die- - mal den Namen des Leiters, der, der Leiterin der Beschwerdestelle erwähnt, eine Frau [phonetisch: Busse].
Ob ich die einzelnen Auf- - ob ich alle Aufgabengebiete, nun alle Aufgabengebiete so im Einzelnen kenn' ich sie nicht, aber es ist durchaus möglich, dass wir da, das wir im - mh - in der Unterhaltung mal drüber gesprochen haben.
[Richter Ziegler:]
Mh.
[Elli Barczatis:]
Nicht in- - nicht Einzelheiten, bis ins Einzelne gehend, aber das es erwähnt wurde.
[Richter Ziegler:]
Ja.
Weiter. Was haben Sie ihm über den Ministerrat berichtet?
[Elli Barczatis:]
Über den Minis- - äh- Ministerrat - äh - habe ich berichtet, dass er- - na, das wusste er, dass er jeden Donnerstag zusammentritt, das hatte er aus den- -
[Richter Ziegler:]
Das sieht man aus der Presse, nech?
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Aber ich habe berichtet, dass - ähm - Vorbesprechungen stattfinden, sogenannte Fraktionsbesprechungen.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Und zwar von der - äh, mh - Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands aus von den Mitgliedern und auch von den Mitgliedern der Christlich Demokratischen Union.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Ich habe später einmal berichtet auf eine Frage, äh - war: er hätte schon längere Zeit nichts mehr über den Ministerrat gelesen, ob denn der nicht getagt hat und da hab ich gesagt: ach da - äh - das ist jetzt anders. Der Ministerrat tagt nicht jede Woche, sondern es ist ein - äh - Präsidium des Ministerrates gegründet worden, ähnlich wie in der Sowjetunion in den Volksdemokratien.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Und inzwischenzeitlich tagt dieser, dieses Präsidium. Ich glaube, ich habe auch erwähnt, dass - äh - also die ungefähre Zusammensetzung, also dass die Stellve- - Stellvertreter des Ministerpräsidenten in diesem Präsidium - äh - drin sind und noch einige andere Funktionäre.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
Wollte der Anjeklagte ooch [auch] mal von Ihnen 'ne, 'ne Jesamtliste [Gesamtliste] über alle Minister und Staatssekretäre- -
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
...haben?
[Elli Barczatis:]
Ja, das hatte er auch mal gesagt, ob ich ihm die geben könne und das hab ich abgelehnt. Ich habe gesagt- -
[Richter Ziegler:]
Warum?
[Elli Barczatis:]
Tja. Das erschien mir nun als Staats- und Dienstgeheimnis.
[Richter Ziegler:]
Und das andere nich'?
[Elli Barczatis:]
Nicht in dem Ma- - also das, das- - ich hab immer gesagt: du kriegst nie etwas von mir schriftlich, ich schreib dir die nicht auf. Und er hatte dann später dann mal gefragt, hatte gesagt: du, ich - ähm - krieg die ja doch alle zusammen, die stehen ja in'er [in der] Zeitung die einzelnen Minister und Staatssekretäre, wenn sie mal Artikel schreiben oder in den Gesetzblättern, wenn sie unterzeichnen. Und da hab ich zum Beispiel den Namen von, als Beispiel genannt - äh - Professor Harig, Staatssekretär Professor Harig. Und sag ich: na ja, was- - das, das - äh - kannste dir allein zusammensuchen, aber von mir bekommst du es nicht.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
Und warum gaben Sie ihm das nicht? Das erschien Ihnen- -
[Elli Barczatis:]
Ich wollte- -
[Richter Ziegler:]
...zu gefährlich oder was?
[Elli Barczatis:]
Ja - ich wollte nichts Schriftliches, nichts aus der Hand geben.
[Richter Ziegler:]
Sie wollten nichts Schriftliches aus der Hand geben.
Und warum nich'?
[Elli Barczatis:]
Weil ich da befürchtete, also das diese schriftliche Wiedergabe nicht zu einem Artikel verwendet werden kann, das war mir natürlich klar.
[Richter Ziegler:]
Wieso? Wenn Sie mündlich ihm sagten das könnte für den Artikel verwendet werden, aber wenn Sie dasselbe, was Sie mündlich berichteten, ihm schriftlich jegeben [gegeben] hätten, hätte das nich' zu 'nem Artikel verwendet werden können?
[Elli Barczatis:]
Nein, das hat nu' nichts- äh - nichts mit, mit - äh - mündlich und schriftlich- -
[Richter Ziegler:]
Na, so sagten Sie eben.
[Elli Barczatis:]
Ja, das hab ich gesagt; nicht mit mündlich und ich hab mich nicht klar ausgedrückt. Nicht mit mündlich und schriftlich zu tun. Und ich habe ja auch in den Berichten, die ich ihm gegeben habe, in den Unterhaltungen, nicht - - äh - [betont: leider nicht] daran gedacht, dass das weitergetragen wird.
Ich hatte in einigen Fällen bedenken und das war, äh - das betrifft meine spätere Tätigkeit.
[Richter Ziegler:]
Na da komm'n wir noch drauf.
[Elli Barczatis:]
Ja.
Ich hatte nicht im Mindesten daran gedacht, dass wenn ich sage, äh - der- - die Kollegin so und so, mh - aus der und der Abteilung - mh - hat dies oder jenes getan oder so, dass das verwendet für einen Artikel verwendet wird. Ich habe geglaubt, das - mh - das is' eine Unterhaltung, die er zu Kenntnis nimmt oder nicht.
[Richter Ziegler:]
Mhmh. Na warum sprachen Sie denn mit ihm darüber?
[Elli Barczatis:]
Das hätt' ich genau- -
[Richter Ziegler:]
[lauter] Warum interessierte denn das?
[Elli Barczatis:]
Das hätt' ich genau, ich- - das is' eben mein Fehler, ich hätt's - mh - verschweigen müssen.
[Richter Ziegler:]
Warum erzählten Sie dann das?
[Elli Barczatis:]
Nicht in der Absicht, dass es weitergetragen wird.
[Richter Ziegler:]
Nich' in der Absicht- -
[Elli Barczatis:]
Nein.
[Richter Ziegler:]
...dass es weitergetragen wird.
[Elli Barczatis:]
Nein.
[Richter Ziegler:]
Aber [betont:in dem Wissen,] dass es weitergetragen wird.
[Elli Barczatis:]
Auch nicht.
[Richter Ziegler:]
Das ha'm Sie doch jesagt.
[Elli Barczatis:]
Nicht in dem klaren Wissen.
[Richter Ziegler:]
Anjeklagte, wer waren Sie?
[Elli Barczatis:]
Ja, ich weiß, Herr Präsident.
[Richter Ziegler:]
Wer waren Sie?
[Elli Barczatis:]
Ich war die Chefsekretärin des Ministerpräsidenten und die Mitarbeiterin im Büro des Präsidiums des Ministerrates.
[Richter Ziegler:]
Haben Sie an staatspolitischen Schulungen teilgenommen?
[Elli Barczatis:]
Ja, ich habe an staatspolitischen Schulungen teilgenommen.
[Richter Ziegler:]
[anfangs parallel] Hat sich der Herr Ministerpräsident mal mit Ihnen unterhalten?
[Elli Barczatis:]
Nein, näher nicht.
[Richter Ziegler:]
Nein? Überhaupt nich'?
[Elli Barczatis:]
Ja, auch, also privater Natur mehr, ja.
[Richter Ziegler:]
Haben Sie an Ihren Parteisitzungen teilgenommen?
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
An Leitungssitzungen?
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
Ha'm S'e da jeschlafen?
[Elli Barczatis:]
Nein. Ich habe leider- -
[Richter Ziegler:]
Nein.
[Elli Barczatis:]
...nicht die Konsequenzen daraus gezogen.
[Richter Ziegler:]
Anjeklagte, das is' nachher zu billig.
[Elli Barczatis:]
Ich will mich nicht entschuldigen, Herr Präsident. Ich will nur versuchen Ihnen klarzumachen, wie ich’s gesehen habe.
[Richter Ziegler:]
Und ich will versuchen, Ihnen klarzumachen, dass Ihnen das keiner abnehmen kann. Nech?
Worüber ha'm Sie noch gesprochen? Aus dem Staatssekretariat, aus dem - äh, mh - aus der damaligen Regierungskanzlei?
[Elli Barczatis:]
Ich habe über - ähm - Besuche, die der Herr Ministerpräsident bekommen hat, gesprochen. Und zwar über - äh - Besuche westdeutscher Persönlichkeiten, über Besuche von kirchlichen Würdenträgern, über Besuche von - äh - Vertretern der Kultur, der Wissenschaft. Ja.
Ich habe also, wenn ich es im Einzelnen - äh - sagen darf, gesprochen über die Besuche aus Westdeutschland von Herrn - ähm - Altreichskanzler Doktor Wirth, Doktor Elfes, Doktor Heinemann, Frau Professor Doktor Klara-Maria Fassbinder [vermutlich: Klara Marie Fassbinder], Pastor Niemöller.
Ich habe gesagt, dass die Herren da waren, bestill- - äh - be-beziehungsweise - äh - hat mich Laurenz mal hinterher gesagt: na, ihr hattet ja wieder Besuch. Ja, sag ich, die und die waren da.
Ich habe - äh - gesagt, dass die in Vorbereitung des Evangelischen Kirchentages 1952 der Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages Herr Doktor von Thadden-Trieglaff, Herr Bischof Doktor Dibelius, Herr Probst Grüber da waren, mit noch einigen Herren, die ich Namen nach nicht kenne.
Ich habe gesagt, dass - äh - der Intendant Felsenstein mal da war, Intendant Langhoff, der Schauspieler Kleinau, Frau Helene Weigel, Herr Professor Strucks, Herr Professor [phonetisch: Burksch,] glaub ich auch, das weiß ich nich' genau, der Herr Professor Friedrichs.
Das sind meiner Erinnerung nach die wichtigsten Besuche gewesen.
[Richter Ziegler:]
Mhmh. Ja?
[unverständliches Geflüster]
Mh. Weiter. Und das sind alle Besuche gewesen, meinen Sie?
[Elli Barczatis:]
Nein, ich- -
[Richter Ziegler:]
Im Wesentlichen?
[Elli Barczatis:]
Nein, nein! Ja und- -
[Richter Ziegler:]
Wie?
[Elli Barczatis:]
...dann natürlich--
[Richter Ziegler:]
Na?
[Elli Barczatis:]
...auch die Antrittsbesuche - äh - der -
[Richter Ziegler:]
Mhm.
[Elli Barczatis:]
...diplomatischen Vertreter des, der Volksdemokratien der Sowjetunion.
[Richter Ziegler:]
Ja?
[Elli Barczatis:]
Es waren, soweit ich mich erinnere, in dieser Zeit die Antrittsbesuche des Herrn Botschafters Ji Pengfei, Herrn Botschafter Izydorczyk, Herrn Botschafter [phonetisch: Hirse.]
[blättern von Papier] Ich weiß, dass ich- -
[Richter Ziegler:]
Hatte denn der Laurenz dafür Int'resse [Interesse], ja?
[Elli Barczatis:]
Nich', dass er danach gefragt hätte, sondern ich hab's wohl von mir aus gesagt oder wir haben hinterher davon gesprochen. Ich.
[Richter Ziegler:]
Na? Sie haben in Ihrer Vernehmung vom 23. März 1955- -
[Elli Barczatis:]
[parallel] Er interessierte sich für alles, Herr Präsident, natürlich.
[Richter Ziegler:]
....Blatt 72 der Akten etwas anderes gesagt.
Noch konkreter zu den: Wie war das Interesse an diesen Informationen?
[Elli Barczatis:]
Ja, ja es stimmt.
[Richter Ziegler:]
Mh, was?
[Elli Barczatis:]
Er hatte einmal gesagt, also zu den Besuchen, ähm - es betraf die westdeutschen Persönlichkeiten.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
"Ach das interessiert mich, das würde ich gern vorher wissen".
[Richter Ziegler:]
Was heißt vorher?
[Elli Barczatis:]
Bevor di- - bevor das in der Presse veröffentlicht ist.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Und da sagte ich noch: das weiß ich ja gar nicht vorher. Meistens kommen die Besuche an dem Tage, also die sind nicht vorher angemeldet, äh - angemeldet schon, aber das weiß [betont: ich] nicht, das wusste ich nicht. Ich habe aber- -
[Richter Ziegler:]
Na, in mehreren Fällen war es möglich.
[Elli Barczatis:]
Ich habe aber einmal berichtet, äh, äh - morgen kommt Doktor Wirth.
[Richter Ziegler:]
Na, das stimmt überein mit dem was Sie hier gesagt haben in Ihrer Vernehmung: "Laurenz war besonders interessiert, die Mitteilung über die Besuche Westdeutscher beim Ministerpräsidenten [betont: vor] einer eventuellen- -
[Ella Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
...Veröffentlichung zu erhalten. In mehreren Fällen konnte ich auch das wie gewünscht tun". Haben Sie hier gesagt.
[Elli Barczatis:]
Also ich entsinne mich an die-diesen Besuch von Doktor Wirth, den ich- -
[Richter Ziegler:]
Mhm.
[Elli Barczatis:]
...vorher- - ich glaube nicht, dass ich die anderen Besuche- - ich hab das damals gesagt. Ja, das stimmt.
[Richter Ziegler:]
Nun es sind auch nich' alle Besuche in der Presse veröffentlicht worden.
[Elli Barczatis:]
Bitte?
[Richter Ziegler:]
[eindringlicher] Es sind doch nicht alle Besuche in der Presse veröffentlicht worden.
[Elli Barczatis:]
Nein, aber den Besuch zum Beispiel von - äh - Frau Professor Fassbinder und auch von Herr Doktor Heinemann, die meines Wissens nicht in der Presse veröffentlicht worden sind, darüber habe ich auch gesprochen.
[Richter Ziegler:]
Na bitte.
[Elli Barczatis:]
Aber hinterher.
[Richter Ziegler:]
Ja, aber vor der Veröffentlichung, weil die Veröffentlichung überhaupt nicht stattfand, nech?
[Elli Barczatis:]
Ja. Ja, ja.
[Richter Ziegler:]
Also haben Sie darüber informiert, ne?
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
Ja. Weiter!
[Elli Barczatis:]
Ja, ich entsinne mich im Moment nicht weiterer Besuche.
[Richter Ziegler:]
Mh. Über den Schriftverkehr des Ministerpräsidenten?
[Elli Barczatis:]
Ich habe im Auftrage des Herrn Ministerpräsidenten - äh - Briefe wichtigster, geheimster - mh - Art zu schreiben gehabt.
Meiner Erinnerung nach, habe ich- - da, das fiel ja in die erste Zeit meiner Tätigkeit, darüber nicht gesprochen. Es ist allerdings möglich, über - äh - folgenden Briefwechsel etwas gesagt zu habe. Ich - äh - hatte einmal im Auftrag von Herrn Staatssekretär Doktor Geyer, an die - mh, ähm - Regierungschefs der Volksdemokratien und ich glaube auch der Sowjetunion einen Brief zu schreiben, in dem darum gebeten wurde, uns zur Versorgung der Bevölkerung vorfristig, Akonto des nächsten Quartals, Lebensmittel zu liefern. Es handelte sich in der Hauptsache um - äh - Fleische, Fleischfette, Reis, Nährmittel, ich glaube auch Kartoffeln und Zucker.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Herr- - also, obwohl mir an selbst an sich bekannt war, dass das ein ganz - äh - geheimer Brief ist und auch Herr Staatssekretär Doktor Geyer selbst noch ausdrücklich darauf hinwies, dass das vertraulich zu behandeln ist, habe ich meiner Erinnerung oder meiner Meinung nach später einmal darüber gesprochen. Nich' zu dem Zeitpunkt, sondern später als es wohl irgendwie mal in der Zeitung veröffentlicht war, dass wir Lebensmittel - mh - bekommen haben. Ich weiß leider nicht mehr genau, ob es Laurenz war oder ob es eine andere Kollegin war. Es ist durchaus möglich, dass ich's an Laurenz gegeben habe, ich kann's nicht beschwören.
[Richter Ziegler:]
Was jegeben habe?
[Elli Barczatis:]
Die, die- - also gesagt habe, äh - dass ich diesen Brief geschrieben habe, äh - mit Einzelheiten.
[Richter Ziegler:]
Mh. Diese [betont: Briefe], nech, es waren doch mehrere?
[Elli Barczatis:]
Es waren [betont: Briefe,] ja es gi- - die gingen an die Volksdemokratien, ich glaube mit Ausnahme von ein oder zweien.
[Richter Ziegler:]
Wohin sie gingen wissen Sie nich' mehr?
[Elli Barczatis:]
Meiner Erinnerung nach nach China, nach Ungarn, nach Bulgarien, Tschechoslowakei, Rumänien.
[Richter Ziegler:]
Polen?
[Elli Barczatis:]
Polen, ja.
[Richter Ziegler:]
Sowjetunion?
[Elli Barczatis:]
Sowjetunion? Ich glaube auch, ja.
[Richter Ziegler:]
Ja? Na ja, Sie haben's hier gesagt- -
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
...ich weiß es nicht.
[Elli Barczatis:]
Ich hab es ge- - angegeben, weil es mir noch dunkel in Erinnerung ist, ich kann es nicht, ich- - es kann die eine oder andere Volksdemokratie ausfallen, das weiß ich nicht mehr genau.
[Richter Ziegler:]
Mh.
[Elli Barczatis:]
Das ist schon so lange her.
[Richter Ziegler:]
Über welchen Schriftverkehr haben Sie den Angeklagten noch informiert?
[Elli Barczatis:]
[schweres Atmen, Pause] Ich habe in der Vernehmung angegeben, dass ich über einen Schriftverkehr - äh - gesprochen habe - äh - mit der Regierung - äh - der Volksrepublik Polen und das stimmt [betont: nich',] das - äh - hab ich mich auch später berichtet, berichtigt, meinem Vernehmer gegenüber. Ich war zu dem Zeitpunkt.
[Richter Ziegler:]
Sie meinen Schriftverkehr mit Semjonew [vermutlich: Semjonow], haben Sie da gesprochen, den hohen Kommissar?
[Elli Barczatis:]
Ich weiß, ich weiß, dass ich - äh - mit dem - mh - also auch Schriftverkehr im Auftrage des Ministerpräsidenten geführt habe an den hohen Kommissar Botschafter, Semjo- - ähm - den früheren Botschafter Semjonow.
Es ist mir in Erinnerung, ein Schreiben mit der Bitte uns, äh - ich glaube Stahl war es, zu liefern. Oder Stahl und Eisen zu liefern. Um fristgemäß, meines Wissens waren's Reparationsgüter, äh - liefern- - also, um d-d-die fristgemäß liefern zu können. Reparationslieferungen oder Exportlieferungen, das weiß ich nicht mehr genau.
[Richter Ziegler:]
Mh.
[Elli Barczatis:]
Das war- - dieser Brief ist darum geschrieben worden, weil Westdeutschland uns mit - äh - Waren im Stich gelassen hat, weil's die nicht geliefert hat.
[Richter Ziegler:]
Mh.
[Elli Barczatis:]
Ob ich darüber gesprochen habe, es is' durchaus möglich, ich kann's nich' genau sagen.
Und dann hatte ich, wie ich eben erwähnen wollte, in der Vernehmung gesagt, dass ich - äh - an - ähm - die Regierung von Polen geschrieben hätte, äh - wegen der Lieferung von einer Millionen Tonnen Steinkohle, das stimmt nicht. Ich habe später nochmal drüber nachgedacht, dass- - diese Lieferung is' in eine viel spätere Zeit gefallen und von einem Schriftverkehr weiß ich auch gar nichts. Es war mir nur, ich wollte zu dem Zeitpunkt unbedingt alles sagen, was ich weiß und ich hab in meinem Gedächtnis herumgekramt und mir fiel nur ein es war was mit Steinkohle. Ich habe allerdings in dem Zusammenhang - äh - ihm von einem - mh - Bericht des Sonderbeauftragten für Brennstoffindustrie - äh - [phonetisch: Mellenz] erzählt. Dass wir Mühe haben, diese Steinkohle - mh - abzunehmen, weil uns an Wagenraum mangelt, weil es uns an- - damals an Wagenraum mangelte und dass - äh - sich eben der Sonderbeauftragte eben große Mühe geben musste und auch Anweisungen erteilt hatte, damit das schneller hereinkommt. Die Volksrepublik Polen hat pünktlich geliefert, mh - bloß wir hatten eben Schwierigkeiten an der Grenze, das schnell genug abzunehmen.
[Richter Ziegler:]
Haben Sie über ein persönliches Gespräch Grotewohls - äh - gesprochen mit dem Botschafter, damaligen Botschafter Semjonow?
[Elli Barczatis:]
Über ein persönliches Gespräch?
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Kann ich mich nicht entsinnen.
[Richter Ziegler:]
Über dessen Inhalt Ihnen der Ministerpräsident selbst etwas gesagt hat?
[Elli Barczatis:]
Ach ja, ja.
Mh, es war- - es handelte sich um ein Gespräch - ich weiß nicht, ob es der Herr Ministerpräsident mir selbst gesagt hat oder der persönliche Referent. Es - äh - handelte sich darum, dass der Herr Ministerpräsident mit dem - ähm - Botschafter Semjonow eine Unterredung hatte, die zum Inhalt hatte, dass die - äh - Gefangenen in der Sowjetunion, äh - also dass sie die Möglichkeit haben, wieder mit ihren Angehörigen in Verbindung zu treten. Wir hatten damals viele Beschwerden dieser Art. So ist es mir noch in Erinnerung, es- -
[Richter Ziegler:]
Mh.
[Elli Barczatis:]
...kann etwas anders sein, aber der Grundinhalt ist das.
[Richter Ziegler:]
Ja, mit welchem Ergebnis?
[Elli Barczatis:]
Ich weiß, dass - äh - später die, die - ähm - nicht nur ein großer Teil der - ähm - Gefangenen freigelassen wurde, dass die anderen in Briefwechsel treten, traten; dass sie Verbindung aufgenommen hatten mit ihren Angehörigen.
[Richter Ziegler:]
Haben Sie etwas berichtet über die Teilnahme westdeutscher Menschen in einer Ministerratssitzung?
[Elli Barczatis:]
Ich weiß nich', ob ich es berichtet habe oder ob es in der Zeitung veröffentlicht war. Ich weiß von dieser Tatsache. Ich weiß, dass - ähm - einmal- -
[Richter Ziegler:]
Bei Ihrer Vernehmung haben Sie's jewusst. Da haben Sie ausgesagt am 23.03.55, Blatt 72 der Akten: "Ich informierte Laurenz ferner, dass eine westdeutsche Delegation" und so weiter.
[Elli Barczatis:]
Ich weiß, dass eine westdeutsche Delegation- äh - aus Hannover und Braunschweig in- - an einer Ministerratssitzung teilnahmen. Es - äh - ging darum, äh - Obstkonserven vor allen Dingen von Braunschweig und Hann-Hannover abzunehmen, die- -
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
...mh - hatten dort Schwierigkeiten.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Also Westdeutschland nahm ihnen das selbst nicht ab.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Westdeutschland war überschwemmt mit ausländischen Waren.
[Richter Ziegler:]
Mhmh. Und? Über diese Min- - äh - Mi- - Sitzung an der - ähm -
[Elli Barczatis:]
Da war ein, glaube, Doktor [phonetisch: Gericke].
[Richter Ziegler:]
Doktor Gericke. Teilnahme haben Sie Laurenz informiert?
[Elli Barczatis:]
Ich glaube, wir haben darüber gesprochen.
[Richter Ziegler:]
Sie glauben's?
[Elli Barczatis:]
Ja.
[blättern von Papieren]
[Richter Ziegler:]
Sagen Sie, warum legte denn Laurenz Wert darauf die Berichte über Besucher vor der Veröffentlichung von Ihnen zu bekommen?
[Elli Barczatis:]
Ich bin mir - äh - später, leider zu spät, darüber im Klaren geworden, dass diese Berichte- -
[Richter Ziegler:]
Sollen Sie meine Frage beantworten.
Warum wollte er das vorher wissen, ehe die Veröffentlichung stattfindet?
[Elli Barczatis:]
Ja, ich hab auch mit ihm darüber gesprochen, ähm- -
[Richter Ziegler:]
Hat er ihnen doch gesagt, [betont: damals] gesagt.
[Elli Barczatis:]
Ja und da hab ich ihm noch gesagt [unverständlich, überlagert]- -
[Richter Ziegler:]
[parallel, dringlicher] Und darüber haben Sie dann erst in der Haft nachgedacht, wollen Sie jetz' erzählen, ja?
[Elli Barczatis:]
Nein! Ich- -
[Richter Ziegler:]
[lauter] Ja haben Sie doch aber.
Was haben Sie damals, als er Ihnen das sagte und von Ihnen verlangte, dass Sie desha- - äh - dass er das erfahren wollte [betont: ehe] die Veröffentlichungen in der Presse stattfanden?
Was haben Sie da gesagt oder gedacht?
[Elli Barczatis:]
Ich habe noch zu ihm gesagt: na das, warum interessiert dich denn das? Das liest du doch nachher sowieso. "Ja ich bin nun eben Journalist und und-d-d nur rein persönlich".
[Richter Ziegler:]
Rein persönlicher Journalist und darüber, deswegen haben Sie's ihm dann erzählt!?
[Elli Barczatis:]
[parallel] Nur im Rein persönlichen würde es ihn interessieren.
[Richter Ziegler:]
Wie? Und das- -
[Elli Barczatis:]
Rein- - nur rein persönlich würde es ihn interessieren.
[Richter Ziegler:]
Ja. Und deswegen haben Sie's ihm dann auch erzählt.
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
Haben Sie auch über ein beabsichtigtes Wehrgesetz mit ihm gesprochen? Auf [betont: seine] Anregung hin?
[Elli Barczatis:]
Er hat einige - ähm - Mal gefragt, ob ein Wehrgesetz bei uns in Vorbereitung ist. Da hab ich gesagt: das weiß ich nicht und das - äh - würde ich auch nie wissen und nie vorher zu erfahren kriegen. Und ich habe bei der Gelegenheit gesagt, dass [betont: ich persönlich] der Meinung bin, dass ein derartiges Wehrgesetz bei uns, [betont: wenn es überhaupt in Kraft tritt,] erst dann wenn Westdeutschland damit anfängt.
Das wir nie - äh - ein derartiges Wehrgesetz [unverständlich, überlagert]- -
[Richter Ziegler:]
Also er hatte Sie danach gefragt?
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
Und warum?
[Elli Barczatis:]
Ja, ich hab auch gefragt: na wieso, warum interessiert dich? Na, es würde ihn interessieren, äh - es würde- -
[Richter Ziegler:]
Als Journalisten, nur rein persönlich.
[Elli Barczatis:]
Nein, er sagte sogar- -
[Richter Ziegler:]
Nein?
[Elli Barczatis:]
....äh - ob welche Jahrgänge eingezogen werden. Da sag ich: na du kommst ja dann bestimmt noch nich gleich ran. "Na das kann man nicht wissen", oder so in dem Sinn.
[Richter Ziegler:]
Kann man nich' wissen, meint er, wie?
[Elli Barczatis:]
Mhmh.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
Also es interessierte ihn weil eventuell, weil er wissen wollte, ob er selbst mit dabei wäre, wie?
Ja, das hat er Ihnen gesagt auch.
[Elli Barczatis:]
[parallel] Hatte er gesagt.
[Richter Ziegler:]
Ha'm Sie ihm abjenommen?
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
Was hat er Ihnen denn über seinen Flug nach Westdeutschland erzählt?
[Elli Barczatis:]
Er hatte mir von einer Fahrt nach Westdeutschland erzählt.
[Richter Ziegler:]
Ach von 'ner Fahrt. Was hat er Ihnen denn da erzählt?
Da brauch man doch 'nen Interzonenpass. Hat er den so schnell jekriegt?
[Elli Barczatis:]
Ich hab mich nicht näher erkundigt.
[Richter Ziegler:]
[stetig lauter werdend] Wieso denn nich'? Sie ha'm sich doch dauernd hier- - Sie ha'm sich wöchentlich getroffen! Sie ha'm sich über alles unterhalten, über alle Dinge aus Ihrem Betrieb, da haben Sie sich unterhalten -
[Elli Barczatis:]
[parallel] Das war für mich eine- - alles selbstverständlich.
[Richter Ziegler:]
...und was ihn betrifft, da haben Sie nie gesprochen, wie?
[Elli Barczatis:]
Nein, leider viel zu wenig.
[Richter Ziegler:]
Nein, mhmh.
[Elli Barczatis:]
Das war für mich 'ne Selbstverständlichkeit- -
[Richter Ziegler:]
[anfangs parallel, laut] Wenn er gefahren is' nach Westdeutschland, braucht er 'nen Interzonenpass. Hat er mal über die Schwierigkeiten, den Interzonenpass zu beschaffen macht, hier gesprochen mit Ihnen?
[Elli Barczatis:]
Nein.
[Richter Ziegler:]
Hat er Ihnen überhaupt was gesagt von dem Interzonenpass?
[Elli Barczatis:]
Nein- -
[Richter Ziegler:]
Na, da haben Sie jefragt "Wo hast' den Interzonenpass her?" nachdem er Ihnen gesagt hat, er is' nach Westdeutschland gefahren?
[Elli Barczatis:]
Nein.
[Richter Ziegler:]
Nein, nein.
Wie is' er also nach Westdeutschland gefahren?
Schwarz?
[Elli Barczatis:]
Tja, ich, ich hab nich' gefragt.
[Richter Ziegler:]
Ohne Interzonenpass? Hat Sie gar nich' interessiert. Wie? Hat Sie gar nich interessiert!
[Elli Barczatis:]
Na ich nahm das als selbstverständlich an.
[Richter Ziegler:]
Was?
[Elli Barczatis:]
Dass er mit 'nem Interzonenpass fährt.
[Richter Ziegler:]
So. Nahmen Sie als selbstverständlich an.
Und was hat er Ihnen geschildert über die Fahrt? Was hat er Ihnen erzählt, als er wieder zurückkam?
[Elli Barczatis:]
Er hatte mir erzählt, dass er - äh - also einmal von den persönlichen Verhältnissen seines Bruders, dass es dem gut ginge, dass er -das wusste ich vorher schon- Lehrer in einer höheren Knabenschule ist. Mh - dann, dass er einmal nach Karlsruhe gefahren wäre. Äh.
[Richter Ziegler:]
Was wollt' er da?
[Elli Barczatis:]
Dass er dort mit einem Menschen, mit einer Person zusammengekommen wäre wegen dieser, wie er sagte, journalistischen Tätigkeit.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Und dass er dieser Mann oder Person ihm - äh - eröffnet hat, dass er schreiben könnte und zwar monatlich einmal.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Ein'n Artikel- -
[Richter Ziegler:]
Was sollt' er'nn [er denn] dafür kriegen? Was sollte er'nn verdienen dabei?
[Elli Barczatis:]
Das hat ich nich' gesagt.
[Richter Ziegler:]
[unverständlich] dat hat doch interessiert, nech?
[Elli Barczatis:]
Bitte?
[Richter Ziegler:]
Das hat doch int'ressiert, seine Verhältnisse waren doch nich' so rosig.
[Elli Barczatis:]
Nein, die waren nicht rosig, aber ich hab nicht gefragt.
[Richter Ziegler:]
Haben Sie nich' jefragt.
Haben nich' mal jesagt: "Is' ja schön, da haste [hast du] ja endlich 'ne Einkommensmöglichkeiten, Erwerbsmöglichkeiten, haste endlich mal- -
[Elli Barczatis:]
Ich hielt das- -
[Richter Ziegler:]
...'nen geregelten Verdienst", nech?
[Elli Barczatis:]
Das is' doch- -
[Richter Ziegler:]
Is' alles nich' jesprochen worden!?
[Elli Barczatis:]
Nein, das ist leider nicht gesprochen- -
[Richter Ziegler:]
[anfangs parallel, laut] Sie mussten sich über Doktor Geyer unterhalten und über die Besuche Westdeutscher und über 'n Wehrgesetz. Da brauchten Sie die Zeit für, ja? Bei den Unterhaltungen?
Und darüber, dass Baender, Merker, Hamann, Dertinger und andere verhaftet worden waren, ja? Wie? Haben Sie ihn darüber auch informiert? Oder nich'?
[Elli Barczatis:]
Das wusste ich ja im vorher auch nicht. Das hab ich erst durch die Presse erfahren.
[Richter Ziegler:]
[Ziegler lacht] Das haben Sie durch die Presse erfahren? [blättern im Papier]
[Elli Barczatis:]
Ja.
[vermutlich blättert Richter Ziegler in der Akte]
[Richter Ziegler:]
Ihre Vernehmung vom 24. März 55, Blatt 77 der Akten: "Daneben informierte ich Laurenz, sobald mir bekannt wurde, über die Verhaftung der Personen Baender, Merker, Hamann und Dertinger, dass gegen Hamann und Albrecht bereits [betont: vor deren Verhaftung] regierungsseitig verschiedene Maßnahmen- -
[Elli Barczatis:]
Das ja.
[Richter Ziegler:]
...in Vorbereitung standen teilte ich Laurenz ebenfalls mit."
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
Wie?
[Elli Barczatis:]
Das stimmt.
[Richter Ziegler:]
Das stimmt?
[Elli Barczatis:]
Aber von Baender, wie- - da ha'm Sie ja ebend sehr richtig vorgelesen: soweit mir bekannt wurde. Das is' mir durch die Presse bekannt worden [unverständlich, überlagert].
[Richter Ziegler:]
Er hat wohl unsre Presse nich' jelesen, Anjeklagte? Die mussten Sie lesen und ihn informieren?
[Elli Barczatis:]
Nein, nich' das ich ihm darüber informiert habe, sondern wir haben nachher gemeinsam darüber gesprochen.
[Richter Ziegler:]
Sie haben doch gesagt "daneben informierte ich". Ich lese, verlese sämtliche Aussagen nun mehr zum Zwecke des Beweises.
[schnippisch] Ach, wo die Angeklagte doch offenbar lügen will! Bitte.
[Elli Barczatis:]
Ich habe nicht die Absicht zu lügen.
[Richter Ziegler:]
Was haben Sie weiter aus dem Referat Wirtschaft [vermutlich wird ein neues Blatt in eine Schreibmaschine eingespannt] - nachher an den Angeklagten informiert?
[Elli Barczatis:]
Aus'm Referat Wirtschaft habe ich ihm berichtet über eingegangene Beschwerden der Bevölkerung.
[Richter Ziegler:]
Was darüber?
[Elli Barczatis:]
Äh - ich entsinne mich über, also Beschwerden grundsätzlicher Art. Einmal das - ähm - private Großhändler sich sehr oft beklagt haben, dass sie - äh - keine Ware bekommen, über Materialschwierigkeiten, über - mh - Lebensmittelversorgungsschwierigkeiten, über Schwierigkeiten in der - äh - Beschaffung von - äh - Stellungen, Arbeitsmöglichkeiten.
[Richter Ziegler:]
Wollte der Angeklagte von Ihnen Informationen haben über Import und Export?
[Elli Barczatis:]
Wir haben auch darüber gesprochen. Ich weiß nicht, ob er direkt danach gefragt hat- -
[Richter Ziegler:]
[streng und laut] Ob sie darüber gesprochen haben, das wollt ich nich' wissen.
[Elli Barczatis:]
[parallel] Ja, er hat sich das jetzt somit- -
[Richter Ziegler:]
Ich wollte von Ihnen wissen, ob er Sie danach gefragt hat, ob er von Ihnen derartige Informationen haben wollte?!
[Elli Barczatis:]
Er hat sie nicht verlangt.
[Richter Ziegler:]
[Papierrascheln] Äh - V-Vernehmung vom 20.04.55, Blatt 79 der Akten: " Außerdem wollte er von mir Informationen über den Import und Export der Deutschen Demokratischen Republik haben."
Wollte er von Ihnen etwas über die Vorbereitung der Leipziger Messe 1955 wissen?
[Elli Barczatis:]
Das hab ich von mir aus gesagt.
[Richter Ziegler:]
[genervt wirkend] Verlese in de- - aus der gleichen Vernehmung- -
[Elli Barczatis:]
Ja, ich- -
[Richter Ziegler:]
..gleiche Seite- -
[Elli Barczatis:]
Das hat er gar- -
[Richter Ziegler:]
"Im Frühjahr 1955 verlangte er von mir Informationen über die Vorbereitung - äh - der Leipz'jer Messe [Leipziger Messe] 1955." Haben Sie diese Aussagen jemacht?
[Elli Barczatis:]
In dem Sinne nicht. Ich hab s'e [sie] wohl nachher unterschrieben, aber ich hab sie nicht in dem Sinne gemacht.
[Richter Ziegler:]
Warum haben Sie unterschrieben, wenn Sie nicht in dem Sinne gemacht haben?
[Elli Barczatis:]
Ich habe mich einige Male gegen- - weil ich - äh - der Meinung war, dass das im Grunde genommen nichts ändert. Ich habe die Aussagen gemacht. Ich habe darüber gesprochen.
[Richter Ziegler:]
Mhmh. Interessierte er sich dafür?
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
Weiter, worüber war- - ha'm Sie noch, über Ihre Dienstreisen?
[Elli Barczatis:]
Über meine - äh - durchgeführten Dienstreisen. Ich hatte - mh - zum großen Teil mit - äh - gemeinsam mit Kollegen, einige Male auch allein, Dienstreisen in die Betriebe der Deutschen Demokratischen Republik unternommen. Ich habe jedes Mal ihm berichtet, dass ich fahre, wann ich fahre, wohin ich fahre und wohl auch hinterher, manchmal vorher, manchmal hinterher, äh - zu wem ich fahre.
[Richter Ziegler:]
Was übers Kirow-Werk?
[Elli Barczatis:]
Ja, ich habe - äh - zum Beispiel gerade - äh - in ausführlicher, etwas ausführlicher berichtet über meinen Besuch in ehemaligen SAG-Betrieben, die in Volkseigentum übergegangen waren. Das waren das Kirow-Werk, die Niles-Werke, äh -Berg Bleichert und die Deutschen Kugellagerfabriken. Beim Kirow-Werk ist mir in Erinnerung, dass das von diesen Betrieben die geringste Auftrags - äh - lage [Auftragslage] hatte.
Ich hatte berichtet, dass die - mh - Betriebe nachdem sie in Volkseigentum übergegangen waren, einige Schwierigkeiten haben Aufträge zu bekommen. Dass sie jetzt erst Lernen und Versuchen müssen zusammen mit dem entsprechenden Fachministerium - ähm, mh - Direktverbindung mit dem Ausland aufzunehmen beziehungsweise auch hier in-in der Deutschen Demokratischen Republik mit Westdeutschland um eben Aufträge zu bekommen, dass sie erst wieder - mh - Handeln - ich weiß nich', ob es der richtige Ausdruck ist - lernen müssen, ja. Während vorher diese Arbeit die sowjetische Leitung im Großen und Ganzen - äh - genommen - äh - diese Arbeit übernommen hatte. Ihnen abgenommen hatte.
[Richter Ziegler:]
Mh.
[Elli Barczatis:]
Unter anderem hatte ich gesagt, also dass Kirow glaube meiner Erinnerung nach nur zu 50 Prozent, damals das war Mitte des Jahres, ausgelastet war, dass - äh - einige, ich weiß nich' ob es Kirow oder einige andere Werke waren, dass sie sagten sie brauchten jetzt, müssen wieder Monteure haben, um im Ausland - äh - die Aggregate und die Maschinen, die sie bauen aufstellen zu können. In den letzten Jahren brauchten sie das nicht und das fehlt ihnen an diesen - äh - Menschen, an diesen Arbeitern. Ich habe berichtet, ich glaube es war das Kirow-Werk, dass das ein Exportauftrag hatte, aus China über - äh - Spezialpersonenaufzüge. Und zwar wurde berichtet, dass es ganz besonders gute - äh - Fahr- - äh - Aufzüge sind, also die einmalig in ihrer Art waren und das China von diesem Auftrag zurückgetreten war und das jetzt die, die - ähm - das Kirow-Werk Mühe hatte, die Aufzüge anderweitig unterzubringen.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Von den Bleichert- und Niles-Werken ist mir in Erinnerung, dass sie so circa 70 bis 80 Prozent ausgelastet waren und dass sie hofften durch die mitteldeutschen Braunkohlenbetriebe noch Aufträge zu bekommen, auf Baggerkräne und so weiter, ähm - dass sie aber noch nicht ausreichen, weil ihnen die sogenannten "Millionenaufträge" fehlten.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Von den Deutschen Kugellagerfabriken ist mir in Erinnerung, dass - äh - dieses Werk nicht über Auftragsmangel zu Klagen hatte, sondern dass es sich über Aufträgen nicht retten konnte, dass es kapazitätsmäßig nicht in der Lage war, äh - dieselben alle- -
[Richter Ziegler:]
Und Schwierigkeiten mit dem Zubringerbetrieben hatte, ja?
[Elli Barczatis:]
Ja, auch, auch Schwierigkeiten mit den Zub- - Zubringerbetrieben, aber dass es noch mehr Aufträge entgegen nehmen können, mh -dass es aber kapazitätsmäßig eben nicht konnte.
[Richter Ziegler:]
Weiter. Welche Werke, ja, über welche Werke haben Sie noch berichtet?
[Elli Barczatis:]
Ich habe- -
[Richter Ziegler:]
Aus Machdeburg [Magdeburg]?
[Elli Barczatis:]
Ja, aus Magdeburg, das waren die Schwermaschinenbauwerke - ähm - Ernst Thälmann, Dimitroff-Werk, Karl-Liebknecht-Werk. Unser Auftrach [Auftrag] lautete dahin die - äh - Produktionserfüllung, ich glaube die Quartalserfüllung, äh - zu kontrollieren und die Schwierigkeiten aufzuzeigen, aber auch den Beginn- -
[Richter Ziegler:]
Das war der dienstliche Auftrach, den Sie von Seiten des Ministerrates hatten, ja?
[Elli Barczatis:]
Von Seiten, ja, des- - der persönlichen Referenten des Ministerpräsidenten, ja.
[Richter Ziegler:]
Ja. Ja.
[Elli Barczatis:]
Ja und das- -
[Richter Ziegler:]
Das wir's nich' verwechseln mit dem Auftrag den Sie vom Angeklagten Laurenz hatten.
[Elli Barczatis:]
Nein.
[Richter Ziegler:]
Sondern das war von dort aus, der dienstliche Auftrag- -
[Elli Barczatis:]
Das- - der dienstliche Auftrag.
[Richter Ziegler:]
...mit dem Sie unterwegs waren, nicht?
[Elli Barczatis:]
Ja. Und das - mh - außer, also außer dieser Produktionserfüllung den Anlauf der Konsum- - der zusätzlichen Konsumgüterindustrie, die damals äh begonnen hatte.
Ich habe, meiner Erinnerung nach, äh - an Laurenz auch davon gesprochen und habe auch erzählt, dass da Schwierigkeiten bestehen, in der Materialzuführung - äh - beziehungsweise in der Qualität der Materialzuführung, also es waren im Guss so oft Brüche. Die Konsumgüterindustrie war recht gut angelaufen.
Ich weiß jetz' nicht im Einzelnen, was ich noch- -
[Richter Ziegler:]
[unverständlich] also über Ihre Feststellungen, die Sie dort getroffen haben- -
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
...im dienstlichen Auftrage in diesen Werken haben Sie auch an Laurenz berichtet.
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
Ja?
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
Wie?
[Elli Barczatis:]
Ja, da hab ich auch einiges gesagt.
[Richter Ziegler:]
Über Ihre Dienstreisen nach Bautzen, Löbau und Zittau?
[Elli Barczatis:]
Ja, auch darüber- -
[Richter Ziegler:]
[genervt wirkend] Was betrafen die? Welchen Auftrag hatten Sie da?
[Elli Barczatis:]
Mh, mein dienstlicher Auftrag lautete nur zu überprüfen, ob die Versorgung der Bevölkerung mit dem so genannten Weihnachtsteller, das war - äh - vor Weihnachten 1953, also die Versorgung der Bevölkerung mit - äh - Südfrüchten, Rosinen, Mandeln - äh - gesichert ist.
[Richter Ziegler:]
Und?
[Elli Barczatis:]
Es waren im Großen und Ganzen- -
[Richter Ziegler:]
Was noch?
[Elli Barczatis:]
Ja, war die, sie- - war die vorgesehene, geplante, ähm - die vorgesehene geplanten Mengen waren eingegangen. Es waren aber insofern - äh - doch Planfehler unterlaufen, als gerade in diesem Kreis, als man in diesem Kreis nicht die lokalen Verhältnisse bedacht hatte. Äh - gerade in diesem Kreis, in dem - äh - die Dresdner Stolle gebacken wird, die unendlich viel Rosinen benötigt, ja? Da hat man nich' dran gedacht und hat diesem Kreis, diesem Bezirk, die gleiche Menge Rosinen zugeteilt wie anderen Bezirken, wo diese - äh - Traditionen nicht üblich sind.
[Richter Ziegler:]
Weil die Streuung nich' richtig funktioniert, ne?
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
Mhmh. Mathias-Thesen-Werft in Wismar waren Sie auch mal?
[Elli Barczatis:]
Ja auch da war ich. Da hatte ich zwar nichts mit der Produktion zu - äh - nichts über die Produktion - äh - zu erfahren gehabt, sondern bei diesem auch dienstlichen Auftrag handelte es sich darum, äh - nachzuprüfen ob die Verpflichtungen von Angehörigen des Werkes und auch von Angehörigen insbesondere des Handels in Wismar, die sie anlässlich der Volkswahl abgegeben hatten, erfüllt worden waren oder ob das nur - äh - so leere Phrasen waren.
Und ich hatte bei der Gelegenheit allerdings gesacht, dass ich in der Mathias-Thesen-Werft am Kai eine ganze Reihe von - äh - Schiffen gesehen habe, die überholt werden müssen. Das waren größtenteils sowjetische Schiffe. Ich habe auch gesagt, dass - mh - der Kollege, der da eine Verpflichtung abgegeben hat, dass ich mit dem gesprochen habe und dass mir die leitenden Funktionäre, die dabei waren, nachher berichteten, dass es sich um einen Menschen handelte, der vorher - äh - gegen unsre Regierung eingestellt war und dass er sich sehr umgestellt hätte und dass er heute wirklich mit Freuden für uns arbeitet.
[Richter Ziegler:]
Wo waren Sie noch? In Mühlhausen?
[Elli Barczatis:]
Ich war auch einmal in Mühlhausen und - äh - zwar bei den Deutschen, bei den- - glaube, es heißen Deutschen Bekleidungswerken, die - ähm - Schürzen und Kittel herstellen.
Ich glaube, es ging hauptsächlich bei diesem dienstlichen Auftrag um die Frage, ob die eine Verordnung -ich hab sie leider nicht mehr genau im Gedächtnis- erfüllt worden ist, bei der es darum ging, mh - dass die, dass auch die Angestellten und die Arbeiter - äh - besser gestellt werden durch - mh - mehr sanitäre Einrichtungen, durch Einrichtungen von Polikliniken, durch persönliche Betreuung in den Betrieben und so weiter, und ob das alles - äh - durchgeführt wurde. Und es waren, das traf in diesem Werk zu. Es waren allerdings auch noch Schwierigkeiten insofern aufgetreten, äh - es waren mir die Beschwerden bekannt, die mitgegeben worden, die mit der Energieversorgung zusammenhängen, dass die -äh - Frauen- -
[Richter Ziegler:]
Und das ha'm Sie auch alles an Laurenz - äh - weiterjejeben?
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
Ja?
[Elli Barczatis:]
Meiner Erinnerung nach ja.
[Richter Ziegler:]
Und von Krippen?
[Elli Barczatis:]
Ich war einmal in Krippen- -
[Richter Ziegler:]
Äh - nur so weit interessieren die Feststellungen da, als Sie sie auch an Laurenz weitergegeben haben. Ja?
[Elli Barczatis:]
Ja. In Krippen hatte ich mit der Außenstelle der DIA-Nahrung zu tun. Mh - es ging um den Import von Gemüse und Obst aus den Volksdemokratien. Im Jahre zuvor hatte der Herr Ministerpräsident eine - äh - Stellungnahme der Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle bekommen, in dem aufgezeigt wurde, dass - äh - bei dieser Einfuhr von Obst und Gemüse aus den Volksdemokratien - es handelte sich aus der Tschechos- - um Kirschen und Erdbeeren aus der Tschechoslowakei, aus Bulgarien und Rumänien, äh - dass die zum weitaus überwiegenden Teil in verdorbenem Zustande eingeliefert worden, eingetroffen waren, weil - äh - die Beeisung der Waggons nicht richtig beachtet worden ist. Und ich hatte in dem folgenden Jahre jetzt in Krippen nachzuforschen, ob die Kollegen von der DIA, also nich' nur in Krippen, sondern auch hier auf der Berliner Dienststelle, ob die Kollegen aus den Fehlern, die im vergangenen Jahr gemacht worden waren, gelernt haben und es ist festgestellt worden, dass die Importe durchaus normal eingetroffen waren.
[Richter Ziegler:]
Hat sich der Angeklagte Laurenz auch interessiert für das Kombinat "Otto Grotewohl" in Böhlen?
[Elli Barczatis:]
Da- - ich habe erzählt, dass ich auch eine - äh - einige Dienstreisen, ich glaube zwei, nach Böh- -
[Richter Ziegler:]
Hat er sich dafür interessiert, hab ich Sie gefragt?
[Elli Barczatis:]
Nein, nein.
[Richter Ziegler:]
Wie?
[Elli Barczatis:]
Nein, er hat nicht von sich aus gefragt.
[Richter Ziegler:]
Und als Sie ihm berichteten, hat er sich da dafür interessiert?
[Elli Barczatis:]
Ja! Soweit ich mich erinnere, ja.
[Richter Ziegler:]
Was ha'm Sie ihm berichtet?
[Elli Barczatis:]
Ich habe ihm berichtet, dass ich- - [Sprechpause] Ich habe ihm hier sogar, meiner Erinnerung nach, Zahlen mitgeteilt und zwar hatte ich vom Kombinat Böhlen eine Aufstellung mitbekommen, äh - in der gesagt, in der die Entwicklung des Kombinates - mh - aufgezeigt war, vom - äh -Beginn der Gründung dieses - äh - Kohlenwerkes an bis zur, bis 1954. Und - äh - daraus ging hervor, dass die Produktion jetzt höher liegt als - äh - während des Krieges beziehungsweise während der- - überhaupt während der Zeit des Naziregimes.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Und meiner Erinnerung nach habe ich ihm auch gesagt, prozentual, also jetzt ist die Prozentziffer etwa so und so und damals neunzehnhundert, weiß ich 44 oder 43 war sie so und 1923 als es begann, war es so.
[Richter Ziegler:]
Mhmh. Und?
[Elli Barczatis:]
Das hab ich gesagt und ich glaube auch, er hat sich die Zahlen notiert.
[Richter Ziegler:]
Noch weitere Informationen über Dienstreisen an den Angeklagten Laurenz jegeben?
[Elli Barczatis:]
Ich entsinne mich noch einer Dienstreise nach Wernigerode an das Elektromotorenwerk. Ich weiß nicht, ob ich darüber gesprochen habe.
Ich kann mich jetzt nicht entsinnen, ob ich noch weitere Dienstreisen durchgeführt habe. Beziehungsweise darüber gesprochen hab ich.
[Richter Ziegler:]
Über die Beschwerden haben Sie mit ihm gesprochen- -
[Elli Barczatis:]
Ja.
[Richter Ziegler:]
...und Stromabschaltung, wie? Da haben Sie'hn [Sie ihn] noch informiert, die da über die Beschwerden, die da eingingen, ja?
[Elli Barczatis:]
Das - äh - diese Stromabschaltung, das war im Zusammenhang mit diesem Werk in Mühlhausen.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
Und was war ebend, was war sonst noch über die Beschwerden?
[Elli Barczatis:]
Über die Schw- - also, wie ich schon sagte, Beschwerden einmal von - ähm - privaten Großhändlern. Ich entsinne mich gerade von Großhändlern der Rauchwarenindustrie, die sehr ausführlich und sehr viel und sehr lange geschrieben haben, dass sie nicht mit - äh - Pelzen bedacht werden. Und ich hatte ihm in dem Zusammenhang auch gesagt, wie die Lage ist, dass wir in Leipzig viel zu viel private Groß- - überhaupt Großhändler haben, dass die- - dass Leipzig nicht mehr die Weltbedeutung in der Rauchwarenindustrie hat, wie sie's früher hatte, weil nämlich eine ganze Reihe von Staaten, wie Frankreich und Ungarn und die Sowjetunion jetzt ihre Pelze selbst veredeln. Hinzu kommt, dass Westdeutschland auch eine Pelzveredlungsindustrie aufgezogen hat.
Dann Beschwerden- -
[Richter Ziegler:]
Und Beschwerde über Paketverkehr zwischen Westdeutschland und der DDR?
[Elli Barczatis:]
Ja, hab ich auch. Über- - wir bekamen sehr oft Beschwerden über die - äh - von dem Amt für Kontrolle, Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs vorgenommenen - äh - Überprüfungen und Untersuchungen der Pakete. Und - äh - dass- - nicht die- - nicht darüber, dass die überhaupt vorgenommen werden, sondern dass dabei die, der Inhalt der Pakete - äh - verwüstet und zerstört werden.
[Richter Ziegler:]
Die schlechte Versorgung der HO in'er Demarkationslinie?
[Elli Barczatis:]
Ich glaube, ich habe auch da mal drüber gesprochen, mir ist es wenigstens in Erinnerung, mh - dass da eine Beschwerde vorlag über eine - über die Versorgung eines HO-Betriebes in Eichsfeld und dass wir nach Rücksprache mit der Leitung der HO, äh - die, also diese Beschwerden abgestellt werden konnten. Die Mängel abgestellt werden konnten.
[Richter Ziegler:]
Haben Sie auch über die Treuhandstelle für Innerdeutschen Handel?
[Elli Barczatis:]
Ich habe auch berichtet, dass - ähm - wir die - ähm - laufend die Berichte der Treuhandstelle für Innerdeutschen Handel bekommen. Und ich glaube, ich habe auch mal, mh - daraus etwas gesagt, Was weiß ich nicht mehr im Einzelnen. Ich habe in dem Zusammenhang erwähnt, dass - äh - weiß ich allerdings nicht aus meiner Dienststelle, sondern aus einem Volkshochschulkursus, dass - äh - den ich besuchte, 'ne Volkshochschulkursus als Exportkaufmann, in dem uns gesagt wurde, dass das seit langem - äh - von uns gewünschte Ab- - äh - innerdeutsche Ab- - äh - das, die seit langem gewünschte - ähm - Erweiterung des Innerdeutschen Handelsabkommens in Kürze bevorsteht und dass die Erweiterung auf eine Millionen Einh- - äh - Verrechnungseinheiten.
Ja.
[Richter Ziegler:]
Und - äh - ha'm S'e- - was ha'm Sie, Sie sagten vorhin, dass Sie auch mal über die Leipz'jer Messe [Leipziger Messe], über die Vorbereitung 1955 ihm - äh - berichtet hätten.
[Elli Barczatis:]
Ja und das - äh - sehe ich- -
[Richter Ziegler:]
Was war der Inhalt?
[Elli Barczatis:]
Der Inhalt war die Vorbereitung verkehrstechnischer Art, die Vorbereitung - mh - Unter- - äh - die Unterbringungsmöglichkeiten, die Versorgung der Gäste, äh - die Vergrößerung der Ausstellungsfläche. Und zwar - mh - hatte die Sowjetunion von ihrem Pavillon, uns, der Deutschen Demokratischen Republik einen Teil abgegeben. Wir hatten - äh - dadurch wieder andere Fläche freigegeben für - äh - besonders für die kapitalistischen Staaten und für Westdeutschland. Meiner Erinnerung nach hat Westdeutschland seine Ausstellungsfläche um das doppelte - äh - vergrößert.
[Richter Ziegler:]
Mhmh. Weiter, worüber noch?
[Elli Barczatis:]
Über - mh - Versorgung, Unterbringung- -
[Richter Ziegler:]
Woher wussten Sie denn da, diese Dinge?
[Elli Barczatis:]
Diese Dinge, dass- - da hab ich einen - äh - Auszug aus einem Bericht machen müssen, aus einem Bericht, der - mh - einer der Regierungskommiss- - es war eine Regierungskommission zur Vorbereitung der Leipziger Messe gebildet worden.
[Richter Ziegler:]
Mh, mh.
[Elli Barczatis:]
Und die hatte einen Bericht geschickt und daraus hatte ich für den Herrn Ministerpräsidenten einen Auszug zu machen. Ich habe in diesem Falle besonders verwerflich und, und ganz unverantwortlich gehandelt. Ich habe nämlich einen Durchschlag meines Auszuges mit nach Hause genommen und habe daraus Laurenz was vorgelesen.
[Richter Ziegler:]
Aus dem [blättert Papier] - äh - Produktionsplan von Böhlen haben Sie ihm doch auch Zahlen gesagt.
[Elli Barczatis:]
Na, das sagte ich vorhin.
[Richter Ziegler:]
Produktionsziffer, nech?
Ja. Ja, ja- -
[Elli Barczatis:]
Produktions- nein- -
[Richter Ziegler:]
...hatten Sie den auch nach Hause jenommen oder wie hat er sich denn da die Notizen jemacht? Hatten Sie sich das so gemerkt?
[Elli Barczatis:]
Nein, nein, das hatte ich mir nicht so gemerkt, sondern das- - da war ich an einem Sonnabend von der Dienstreise nach Hause gekommen und - ähm - Laurenz hatte mich wohl am Sonntag besucht. Und nun hatt' ich das noch Zuhaus.
[Richter Ziegler:]
Hatten Sie's noch Zuhause. [Sprechpause]
Haben Sie auch über die deutsche Verwaltungsakademie dem Angeklagten Mitteilung gemacht?
[Elli Barczatis:]
Von meinem Besuch der Deutschen- - der - ähm - Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften hab ich auch dem Angeklagten Mitteilung gemacht. Ich habe ihm gesagt, dass ich dieselbe besuche. Wir hatten uns ja, wenn ich - äh - über's [über das] Wochenende nach Berlin kam, getroffen. Ich hatte ihm erzählt welche, also einige, Themen die dort behandelt wurden. Ich habe meiner Erinnerung nach auch Namen erwähnt, wie Professor Kohlmey und - äh, mh - Direktor Profes- - weiß jetzt nich', wie er heißt. Professor. Also zwei oder drei Namen von Professoren genannt.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.]
[Elli Barczatis:]
Ich hatte ihm wohl auch die Namen meiner Kollegin genannt mit der ich zusammen - äh - ein Zimmer besuchte, mit der ich mich gut verstanden hatte, 'ne Frau - äh - [anonymisiert]. Und wie gesagt von den Themen, die - äh - dort zur Diss- - äh - die uns dort gelehrt wurden und von den - äh - schriftlichen Arbeiten, die wir geschrieben haben beziehungsweise von den Zensuren, die ich bekommen habe.
[Richter Ziegler:]
Worüber noch? [Sprechpause]
Hat er Sie danach gefragt?
[Elli Barczatis:]
Ja, ich glaube er hat gefragt: was habt ihr in dieser Woche gemacht? Aber ob ich's nun auf die Frage hin gesagt habe oder ob ich's von mir aus gesagt habe, das kann ich Ihnen jetz' nicht genau sagen.
[Richter Ziegler:]
Es kann auch sein, dass Sie schon vorher jewusst haben wofür er sich interessiert, denn als Sie's ihm sagten, [unverständlich] war er interessiert daran, ja?
[Elli Barczatis:]
Ich wusste, dass er sich für alle Dinge interessiert.
[Richter Ziegler:]
Mh. Hat er sich auch für die, für die Verteilung des Jeländes [Geländes], die Aufteilung da interessiert, auf dem die Schule war?
[Elli Barczatis:]
Ich erzählte, dass- - ob er sich interessiert hat? Der hat nicht gefragt danach, nein das stimmt nicht. Das hab ich wohl von mir gesagt, dass wir in einzelnen - äh, mh - ehemaligen Villen untergebracht sind, dass es ein Teil von Babelsberg, also - mh - dafür reserviert ist.
Und ich glaube ich erzählte in dem Zusammenhang auch mal, äh - wir haben uns mal das Haus angesehen, wo früher die - äh - Filmschauspielerin Marika Rökk wohnte.
[Richter Ziegler:]
Mhmh.
[Elli Barczatis:]
Das steht jetzt leer. Und es is' durchaus möglich, dass ich in dem Zusammenhang auch erzählte, dass die Potsdamer Bevölkerung sehr böse und ungehalten darüber ist, dass auf diesem Gelände sehr viele Wohnungen leer stehen, während die Potsdamer Bevölkerung - äh - also wohnungsmäßig schlecht untergebracht ist, dass die so, der Wohnraum dort sehr knapp ist.
Haft im MfS
Die in der DDR herrschende diffuse Furcht vor dem Staatssicherheitsdienst hatte verschiedene Gründe. Die Angst, einfach abgeholt werden zu können und dann für unbestimmte Zeit zu verschwinden, spielte dabei eine nicht geringe Rolle. Reale Grundlage für diese Angst war das zwar geheime, aber zumindest durch Gerüchte und Vermutungen sehr präsente Haftsystem des MfS.
Schwerpunkt dieses Haftsystems waren 15 Untersuchungshaftanstalten (UHA) auf der Ebene der MfS-Bezirksverwaltungen. Außerdem gab es noch zwei UHA auf Ministeriumsebene in Ostberlin: in der Genslerstraße in Hohenschönhausen (UHA I) und in der Magdalenenstraße in Lichtenberg (UHA II). Das bekannteste MfS-Gefängnis war jedoch die Strafvollzugsanstalt Bautzen II, ein altes Gerichtsgefängnis in Bautzens Innenstadt. Formal betrachtet, unterstand dieses häufig als MfS-Sonderhaftanstalt bezeichnete Gefängnis jedoch der Verwaltung Strafvollzug des DDR-Innenministeriums (MdI); faktisch entschied hier jedoch das MfS über alle wichtigen Fragen, von der Auswahl der Angestellten bis zur Einweisung der Häftlinge.
Das größte MfS-Gefängnis war gleichzeitig das unbekannteste: In Berlin-Hohenschönhausen befand sich unmittelbar neben der Untersuchungshaftanstalt das sog. Lager X, ein Haftarbeitslager für bis zu 900 männliche Strafgefangene. Es existierte von Anfang der 50er bis Mitte der 70er Jahre. Weiterhin gab es in allen Untersuchungshaftanstalten des MfS eigene Strafgefangenenarbeitskommandos (SGAK).
Es gilt also zu unterscheiden zwischen Untersuchungshaft und Strafvollzug. Nur ein kleiner Teil der MfS-Untersuchungshäftlinge kam nach einer rechtskräftigen Verurteilung auch in den Strafvollzug des MfS. In Bautzen II wurden bekannte politische Häftlinge untergebracht, aber auch Gefangene, die wegen schwerwiegender Spionagevorwürfe verurteilt worden waren. Ins Lager X und in die SGAK der Untersuchungshaftanstalten wurden nur verhältnismäßig wenige politische Gefangene überstellt; hier wurden die Gefangenen vor allem für die Verrichtung von Arbeiten für das MfS eingesetzt und daher auch unter dem Gesichtspunkt beruflicher Qualifikation ausgewählt.
Dennoch wurden diese beiden Möglichkeiten wegen der - im Vergleich zum normalen Strafvollzug - besseren Haftbedingungen auch als Belohnung für besonders kooperative Häftlinge genutzt, gleichermaßen wegen der besonderen Geheimhaltung, aber auch zur Isolierung von straffällig gewordenen MfS-Mitarbeitern oder Funktionären aus Politik und Wirtschaft.
Das Hauptinteresse des MfS richtete sich auf die Untersuchungshaft. Hier führte das MfS in eigener Zuständigkeit strafprozessuale Ermittlungsverfahren durch und brachte die Beschuldigten in den eigenen Untersuchungshaftanstalten unter. Parallel zur normalen Untersuchungshaft, für die in der DDR seit 1952 nicht mehr die Justizverwaltung, sondern die Verwaltung Strafvollzug des MdI zuständig war, existierte hier ein paralleles Haftsystem für Beschuldigte, die vom MfS als Feinde eingestuft worden waren. Das gesonderte System umfasste nicht nur die Haftanstalten und die für die Ermittlungen zuständigen MfS-Mitarbeiter, sondern es erstreckte sich auch auf die Staatsanwaltschaften und Gerichte.
Für die Aufsicht in den vom MfS geführten Ermittlungsverfahren waren allein Staatsanwälte der Abteilungen I bzw. I A der General- bzw. Bezirksstaatsanwaltschaften zuständig, die vom MfS "bestätigt" worden waren. Das Gleiche galt für die für MfS-Fälle zuständigen Haftrichter. Formal wurden die Anforderungen der Strafprozessordnung zwar gewahrt, faktisch war jedoch das dort normierte System der Unterordnung der Ermittler unter die Staatsanwaltschaft sowie die Unabhängigkeit der Gerichte auf den Kopf gestellt (Justiz, Verhältnis des MfS zur).
Die Zuständigkeit für den Vollzug der Untersuchungshaft und den Strafvollzug lag im MfS bei der Abteilung XIV des Ministeriums sowie den ihr nachgeordneten Abteilungen XIV der Bezirksverwaltungen (Linie XIV). Für die Durchführung des Ermittlungsverfahrens waren die Hauptabteilung IX des Ministeriums sowie die ihr nachgeordneten Abteilungen IX der Bezirksverwaltungen (Linie IX), die im Außenkontakt als MfS-Untersuchungsabteilung firmierten, zuständig. Die Linien IX und XIV lagen im unmittelbaren Anleitungsbereich des Ministers für Staatssicherheit.
Die Haftbedingungen wandelten sich im Laufe der Zeit. Herrschten in den frühen 50er Jahren sehr einfache, an sowjetischen Verhältnissen orientierte, mitunter brutale Unterbringungs- und Umgangsformen vor - erinnert sei hier an das Kellergefängnis in Berlin-Hohenschönhausen, das sog. U-Boot -, besserten sich die materiellen Bedingungen danach langsam, aber kontinuierlich.
Von Häftlingen, die sowohl MfS- als auch MdI-Untersuchungshaftanstalten kennengelernt haben, werden die materiellen Unterbringungsbedingungen, also Zellenausstattung, Hygiene, Verpflegung etc. beim MfS regelmäßig als deutlich besser bezeichnet; innerhalb des MfS gab es ein Gefälle von der Ministeriumsebene zu den UHA der Bezirksverwaltungen. Umgekehrt wurden jedoch die Umgangsregeln beim MfS als unmenschlicher als beim MdI bezeichnet.
Beim MfS galt ein absolutes Primat der Sicherheit: Häftlinge wurden strikt voneinander getrennt; zwar gab es nicht nur Einzelhaft, aber es kam zu keinen zufälligen Begegnungen von Häftlingen untereinander. Sämtliche Kontakte wurden von der Untersuchungsabteilung gesteuert.
Die Häftlinge wurden außerhalb der Vernehmungen nicht mehr mit ihrem Namen, sondern nur mit einer Nummer angesprochen. MfS-Mitarbeitern war jede Kommunikation mit Häftlingen, die über das unbedingt dienstlich Erforderliche hinausging, streng verboten - schließlich hätten so Informationen vom MfS an die als Feinde betrachteten Häftlinge abfließen können. Alle eigentlich normalen Rechte von Inhaftierten, wie Besuchs-, Schreib-, Lese- oder Einkaufserlaubnis, Freigang, Versorgung mit Zigaretten, Kaffee oder Ähnliches, wurden als besondere Belohnung behandelt und von den Vernehmungsoffizieren zur gezielten Steuerung der Aussagebereitschaft eingesetzt.
Häftlinge fühlten sich so meist sehr schnell einem übermächtigen, weder durchschau- noch berechenbaren Apparat ohnmächtig ausgeliefert. Spezielle Methoden, wie die konspirative und überraschende Festnahme, die Einlieferung in geschlossenen Fahrzeugen, die Vermeidung jeglichen Sichtkontakts zu Orientierungspunkten außerhalb des Gefängnisses, die Wegnahme von Uhren und das Verbot von Schreibzeug und Aufzeichnungen in den Zellen, führten bei den Häftlingen oft zu einem Gefühl der räumlichen und zeitlichen Desorientierung.
Hinzu kam ein ausgeklügeltes Spitzelsystem unter den Häftlingen. Die Untersuchungsabteilungen sammelten gezielt Informationen unter den Häftlingen mit Hilfe angeworbener Zuträger, die zunächst als Kammeragenten (KA), später als Zelleninformatoren (ZI) bezeichnet wurden. Sie sollten von ihren Mithäftlingen jene Informationen erlangen, die diese in den Vernehmungen nicht preisgegeben hatten. Insbesondere in den 70er und 80er Jahren sollten sie Häftlinge oft aber auch nur in Gespräche zu bestimmten Themen oder Zusammenhängen verwickeln, die dann von der Untersuchungsabteilung mittels versteckter Abhöreinrichtungen in den Zellen aufgezeichnet und ausgewertet wurden.
Bei den Häftlingen führten diese Bedingungen häufig zu einem Gefühl psychischer Einkreisung, des Ausgeliefertseins und dem Schwinden jeglichen Widerstandsgeistes. Ohnehin hatten die meisten Häftlinge das berechtigte Empfinden einer extrem ungerechten Behandlung. Schließlich war seit Anfang der 60er Jahre die überwiegende Zahl Gefangener lediglich wegen ihrer Bestrebungen, die DDR in Richtung Westen zu verlassen, inhaftiert worden. Sie fühlten sich in ihrem Handeln im Einklang mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und diversen auch von der DDR unterzeichneten völkerrechtlichen Abkommen.
Eine weitere Häftlingsgruppe bildeten Menschen, die durch unerschrockene Wahrnehmung von oder Forderung nach politischen Rechten in den Augen der herrschenden Partei zu einer Gefahr für das Ansehen oder die Existenz der DDR geworden waren. Nur einem sehr kleinen Teil der Häftlinge wurden tatsächliche Staatsverbrechen zur Last gelegt.
Außerdem gab es neben den politischen Gefangenen auch noch Beschuldigte, denen gewöhnliche unpolitische Delikte angelastet wurden, die aber unter besonderer Geheimhaltung ermittelt und verhandelt werden sollten. Eine Rechtsgrundlage für den Betrieb von Untersuchungshaftanstalten durch das MfS gab es nicht. Der Strafvollzug des MfS widersprach seit Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes 1968 ausdrücklich der geltenden Rechtslage. Die strafprozessuale Ermittlungstätigkeit des MfS war erst seit 1968 in der Strafprozessordnung explizit geregelt, fand aber auch vorher statt.
Eine besondere Bedeutung hatten die MfS-Haftanstalten auch für die Praxis des Häftlingsfreikaufs durch die Bundesrepublik. Seitens der DDR wurden die konkreten Freikaufaktionen vom MfS koordiniert und durchgeführt. Sämtliche freigekauften Häftlinge durchliefen kurz vor ihrer Entlassung in die Bundesrepublik daher noch die MfS-Untersuchungshaftanstalt Karl-Marx-Stadt, in der die letzten Formalitäten erledigt wurden und von wo aus die Busse in die Bundesrepublik abfuhren.
Von 1950 bis 1968 geltende Bezeichnung für die gewöhnlichen inoffiziellen Mitarbeiter, in den ersten Jahren auch nur Informatoren genannt. 1968 wurden die GI überwiegend zu IMS. GI dienten vor allem der allgemeinen Informationsbeschaffung. Sie wurden dabei auch zunehmend zur Sicherung von Institutionen, zur Feststellung der Bevölkerungsstimmung, zur Überprüfung verdächtiger Personen, zur Verhinderung von Republikfluchten oder auch bei Ermittlungen und Fahndungen eingesetzt.
Vorgangsart von 1950 bis 1960, erstmals definiert in den Erfassungsrichtlinien vom 20.9.1950; Operativer Vorgang gegen mehrere Personen, denen eine "feindliche Tätigkeit" unterstellt wurde. Die Eröffnung eines Gruppenvorgangs hatte auf der Grundlage von "überprüftem Material", das z. B. durch einen Überprüfungsvorgang gewonnen wurde, zu erfolgen. Er war zentral in der Abteilung XII zu registrieren. Die betroffenen Personen und ihre Verbindungen waren in der zentralen Personenkartei (F 16), involvierte Organisationen in der zentralen Feindobjektkartei (F 17) zu erfassen.
In den Untersuchungsorganen des MfS (HA IX und Abt. IX der BV) tätige hauptamtliche Mitarbeiter, die – eingebunden in ihr jeweiliges Referat – strafrechtliche Ermittlungsverfahren weitgehend eigenverantwortlich durchführten, von den Häftlingen meist als Vernehmer bezeichnet. In den 50er Jahren oft nur in internen Kurzlehrgängen ausgebildet, später Diplom-Juristen oder Diplom-Kriminalisten der Juristischen Hochschule des MfS, seltener Universitätsstudium oder VP-Hochschule.
Die Untersuchungsführer galten MfS-intern neben den Mitarbeitern der HV A als Elite. Ihnen oblagen die Vernehmungen von Untersuchungsgefangenen, die Führung der Untersuchungsakten (Untersuchungsvorgang), die Beweisführung und die Erstellung des Schlussberichts. Für die Kontakte zu Staatsanwalt, Gericht und Verteidigung zuständig, überwachten sie oft auch die Besucher- und Anwaltsgespräche der Beschuldigten und führten Zelleninformatoren (ZI).
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
Vernehmung von Karl Laurenz im Geheimprozess gegen ihn und Elli Barczatis wegen Spionage Audio, 38 Minuten, 31 Sekunden
Eröffnung des Geheimprozesses gegen Elli Barczatis und Karl Laurenz wegen Spionage Audio, 4 Minuten, 7 Sekunden
Schlusswort von Elli Barczatis im Geheimprozess gegen sie und Karl Laurenz wegen Spionage Audio, 9 Minuten, 12 Sekunden
Schulungskassette zu einer Wohngebietsermittlung im Bezirk Rostock Audio, 27 Minuten, 55 Sekunden