Signatur: BStU, MfS, HA IX, Tb, Nr. 3257
Vom 18. bis 21. Dezember 1953 fand vor dem Obersten Gericht der DDR ein auch als "Gehlen-Prozess" bekannter Schauprozess wegen Spionage im Auftrag der Organisation Gehlen statt.
Karl-Heinz Schmidt, von Beruf Dreher, wurde im Frühjahr 1952 von Hans Cavael für die Organisation Gehlen als Informant angeworben. Er sollte zunächst sowjetische Militäreinrichtungen im Raum Luckenwalde beobachten.
Aus Sicht der Anklage war Schmidt ein besonders aktiver Spion. Dagegen waren seine Meldungen für die Organisation Gehlen eher durchschnittlich. Eine besondere Stellung im V-Leute-Netz bekam Schmidt erst, nachdem seine Frau Hildegard Ende 1952 als Funkerin für den Pullacher Nachrichtendienst ausgebildet worden war und das Ehepaar eine Funkstation in Luckenwalde aufbauen sollte.
Das MfS hatte jedoch bereits Wochen zuvor die Doppelagentin Anneliese Arnold in das Informantennetz Cavaels eingeschleust und war so stets über die Entwicklung der Funkstation informiert. Schmidt wurde zusammen mit seiner Frau bei der Aktion "Feuerwerk" am 29. Oktober 1953 verhaftet.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Angeklagter, schildern Sie uns zunächst Ihren Lebenslauf!
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich bin am 16.06.1926 als Sohn des Elektromechaniker Karl Schmidt in Luckenwalde geboren. Ich besuchte seit 1932 bis 1940 die achtklassige Volksschule.
Von 1940 bis 1943 erlernte ich den Beruf eines Drehers.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Was war Ihr Vater?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Elektromechaniker.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Elektromechaniker?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
War er selbstständig oder ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
... als Arbeiter tätig?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und Sie haben also Dreher gelernt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Bis wann war die Lehre abgeschlossen? 43?
[Karl-Heinz Schmidt:]
43.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und danach?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Danach bin ich so Mitte 43, bin ich zum Arbeitsdienst eingezogen worden, zwo Jahre lang. Und vorher hatte ich mich schon freiwillig zur Kriegsmarine gemeldet.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Vorher hatten Sie sich freiwillig zur Kriegsmarine gemeldet?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Wo ich dann Oktober 1943 eingezogen wurde.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Vom Arbeitsdienst direkt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich war nochmal nach Hause gekommen, paar Wochen und bin denn Oktober 43 nach Liebau in Lettland eingezogen worden.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Hm.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Da habe ich dann meine Grundausbildung bekommen und bin von da aus nach Flensburg zur Torpedoschule gekommen, wo ich einen sechsmonatigen Lehr-, Lehrgang abgemacht habe.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Als was?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Als Torpe-, als Torpedomechaniker.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Als Torpedomechaniker?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Von da aus kam ich dann zur U-Bootschule nach Pillau.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wurden Sie dahin versetzt, oder?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Zur U-Bootschule nach Pillau?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Hm. Und da?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Von da aus kam ich wieder zurück nach Flensburg, in ein Durchgangslager.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wohin?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ein Durchgangslager. Durchgang.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das heißt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Da ist alles noch nicht soweit gewesen. Da waren dann keine Boote da gewesen und da habe ich mich dann freiwillig zum K-Verband gemeldet.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wohin haben Sie sich gemeldet?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Zum K-Verband.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Zum K-Verband.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Was war das?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das war Verbindung, verbindungsnahe Kleinkampfverbände, Ein-Mann-U-Boote, Ein-Mann-Torpedo, Sprengboote und Kampfschwimmer.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie kamen Sie dazu, sich da freiwillig zu melden?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Weil ich noch nicht auf ein U-Boot gekommen bin, da wollte ich da Ein-Mann-U-Boot fahren.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ein-Mann-U-Boot, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
... wollten Sie fahren. Weshalb denn?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich wollte damals zu Orden und Ehren kommen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Orden verdienen und zu militärischen Ehren kommen, wollten Sie?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und sind Sie eingesetzt worden?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich bin ausgebildet worden in Lübeck und bin dann zum Lehrkommando 600 nach Westerland raufgekommen, Insel Sylt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wohin?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Lehrkommando 600 ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Mh.
[Karl-Heinz Schmidt:]
... nach Westerland auf die Insel Sylt. Und da bin ich 1945 in Gefangenschaft gekommen, 45.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wann war das?
[Karl-Heinz Schmidt:]
45.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
45. Wie lange waren Sie in Gefangenschaft?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Bis Mitte 1946.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und wo?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich bin denn zum Minenräumkommando gekommen, auf Westerland ein halbes Jahr.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Was war das für ne Gefangenschaft? Amerikanische? Englische?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Englische.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Englische?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Von da aus hat man uns dann dem Holländer ausgeliefert. Bin dann Mitte 45, bin ich dann nach Holland in Gefangenschaft gekommen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nach Holland? Und was haben Sie da gemacht in der Gefangenschaft?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Minen geräumt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Minen geräumt? Wie lange waren Sie in Gefangenschaft?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Bis Mitte 46, da habe ich Heimaturlaub bekommen, nach Westerland hoch und bin nicht mehr zurückgekehrt, in die Gefangenschaft.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nicht mehr zurückgegangen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Haben Sie da auch an nem Lehrgang teilgenommen in der Gefangenschaft?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
An irgendeinem? Keinem?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Waren in der Gefangenschaft lediglich mit Minenräumarbeiten beschäftigt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und haben dann Mitte 46 Heimaturlaub bekommen nach Westerland?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und von da sind Sie nicht mehr zurückgegangen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sondern?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich habe dann angefangen da bei einer Baufirma zu arbeiten und habe ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Auf Sylt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja und habe da im Oktober 46 die Tochter eines Lebensmittelhändlers, [unverständlich], geheiratet. Die Ehe wurde 47 wieder geschieden, ich wurde als schuldiger Teil erklärt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Warum denn?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Wegen böswilligen Verlassens.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wegen böswilligen Verlassen.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Bin dann von da oben nach Luckenwalde gefahren ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Da wohnten Ihre Eltern, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
... wo ich dann als Glaser zu arbeiten angefangen habe, bei der Firma Prütz.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Als Glaser?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie hieß die Firma?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Prütz.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Prütz oder Pruitz?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Prütz, ü.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Mit ü. Hm.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Da habe ich dann gearbeitet bis Mitte 1949, hab denn am 4. September 48 zum zweiten Mal geheiratet und Mitte 49 habe ich denn die Arbeitsstelle gewechselt und habe bei der Baufirma Adolf Rabe angefangen, wo wir ein halbes Jahr nach Oranienburg gemacht sind, um den Flugplatz zu bauen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie kamen Sie denn zu der Firma Rabe?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Durch meinen Onkel.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
War der da beschäftigt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
Und 1950 ist die Firma republikflüchtig geworden, ist nach West-Berlin gemacht.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Die ganze Firma verlagert, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Und ich habe denn bei der Firma weitergearbeitet.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Auch in West-Berlin?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
... weitergearbeitet? Und gewohnt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
In Luckenwalde.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
In Luckenwalde. Sind Sie da täglich hin und her gefahren?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Täglich?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Täglich.
Da habe ich dann gearbeitet bis Ostern 52.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie kamen Sie dazu, sich freiwillig zur Kriegsmarine zu melden, zunächst?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Erstmal wollte ich etwas erleben. Ich habe gedacht, nach dem Krieg kommt man in der Welt rum.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Was dachten Sie?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich dachte, nach dem Kriege kommt man in der Welt herum, mit die Schiffe, dass man dann was sehen kann.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und dann sind Sie zu den Ein-Mann-Booten, um militärische Ehren zu bekommen und Orden zu kriegen, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie sind Sie dann mit - äh - dem Geheimdienst in Verbindung gekommen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
14 Tage vor Ostern 1952 hat mir ein Arbeitskollege gesagt, ich sollte mal raus gehen auf die Straße. Da hatten wir gerade auf einer Bausteile in der Wilhelmstraße gearbeitet. Da würde mich jemand sprechen wollen. Da bin ich rausgegangen ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das war bei dieser flüchtigen Firma?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Bei der arbeiteten Sie in West-Berlin?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Da wurden Sie auf einer Baustelle angesprochen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Von wem?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Von dem Agenten Tretner.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Vom dem Agenten Tretner?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, er hat sich als Tretner vorgestellt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ja. Wieso sprach er Sie an?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Er hat mir erklärt, ich wurde ihm vorgeschlagen von früheren Arbeitskollegen und er hätte gehört, dass ich wieder nach Luckenwalde möchte, dort arbeiten, weil mir die Fahrerei zuviel wird. Da habe ich gesagt, das stimme schon, und ob er denn Arbeit hätte. Er sagte ja, er hätte in Luckenwalde eine Firma, da könnte ich auch als Maschinist anfangen. Da sage ich, kann ich schon machen. Da sagte er aber, da müsste ich öfters mal Maschinenteile von West-Berlin nach, nach der DDR bringen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nach Luckenwalde?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, nach Luckenwalde, weil die Firma Maschinenteile benötigt, die es da nicht gibt. Da habe ich gesagt, muss ich mir erst einmal überlegen. Da haben wir uns eine Woche später wiedergetroffen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wieso müssen Sie sich überlegen, ob Sie Maschinenteile ab und zu mal holen? Das war doch schon viel günstiger. Sie hatten in Luckenwalde Arbeit, brauchten nicht mehr täglich zu fahren und hatten nur noch ab und zu mal - äh - war es notwendig nach West-Berlin fuhren und dort Maschinenteile zu holen. Warum muss man sich das erst überlegen, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich hatte mir damals noch Zeit gelassen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie haben sich Zeit gelassen.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich wollte nicht gleich zusagen. Eine Woche später dann, kurz vor Ostern, haben wir uns am An-, Anhalter Bahnhof nochmal getroffen. Wir sind danach in einem Lokal ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
War dann kurz nach Ostern 52?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, noch vor Ostern.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Noch vor Ostern?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Noch vor Ostern. Dann sind wir in ein Lokal gegangen, Kochstraße/Ecke Friedrichstraße. Und dort hat er mich gefragt, ob ich einverstanden wäre. Da habe ich ja gesagt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Womit? Mit dem arbeiten in Luckenwalde und dem ab und zu Maschinenteile holen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Da habe ich ja gesagt. Da sagte er mit einmal, die Sache verhält sich aber nicht ganz so, wie ich dir erzählt habe, sondern ... Dann hat er mir, da kam er mit raus, dass er eben beim deutschen Geheimdienst beschäftigt war und ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Beim deutschen Geheimdienst, hat er gesagt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Dann hat er mir erstmal die Sache schmackhaft gemacht und mir gesagt, dass ich da anfangen könnte.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wo?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Beim deutschen Geheimdienst.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ja.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Und hat mir erstmal mit Geld schmackhaft gemacht die Sache, dass ich denn 100, 125 Mark verdienen könnte und dass ich fest angestellt werde und krank werde, dann weiter bezahlt bekomme. Und später hat er mir noch dann erklärt noch, wenn ich einmal flüchten müsste nach drüben, dass ich dann von drüben mein Geld sechs Monate lang weiter bekomme.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und was noch?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Dass ich drüben unterstützt werde, dass man mir Arbeit besorgen will.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Dass Sie also anerkannt werden ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Anerkannt werden.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
... als politischer Flüchtling, dass Arbeit für Sie besorgt wird, dann, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das hat er Ihnen versprochen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und was sollten Sie dafür tun?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich sollte Spionageberichte, militärische Spionageberichte, besorgen, über sowjetische Einheiten.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Über sowjetische Einheiten.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nur?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, nur militärische.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nur - äh - über sowjetische Einheiten?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl, nur sowjetische Einheiten.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sonst nichts?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und was haben Sie da gesagt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Da habe ich nicht gleich zugesagt gehabt. Dann hat er mir eben erklärt, dass die Sowjetunion wahrscheinlich den Krieg anfangen will. Dann hat er allerhand noch schmackhaft gemacht die Sache. Dann hat er an mein Nationalgefühl appelliert und dann habe ich nachhher ja gesagt. Hab ihn erst noch gefragt, ob das für die Amerikaner ist, dann mache ich nämlich gleich nicht mit, da hat er gesagt: "Nein".
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wieso? Warum nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
[unverständlich]
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wenn die Sowjetunion den Krieg anfangen will, dann muss man doch den Amerikaner, der dann dagegen kämpfen wird, unterstützen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nein?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Der Amerikaner war mir genauso unsympathisch.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Der war Ihnen auch unsympathisch. Da wollten Sie nicht arbeiten?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie wollten diese Spionage nur durchführen, wenn es sich um ne rein deutsche Spionageorganisation handelt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Dann wollten Sie?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Waren Sie denn davon überzeugt, dass die Sowjetunion den Krieg anfangen würde?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ja? Woraus haben Sie denn diese Überzeugung gewonnen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nach der westlichen Propaganda war ich fest überzeugt gewesen davon, bis zu meiner Verhaftung.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Na, Sie waren doch im anderen Kriege tätig. Wissen Sie, wer den angefangen hat?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wer den angezettelt hat?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wer denn?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Deutschland.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Deutschland. Nicht die Sowjetunion?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nun waren Sie trotzdem der Überzeugung, dass die Sowjetunion den nächsten anfangen würde?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das haben Sie geglaubt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nun und da haben Sie sich bereit erklärt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Da habe ich mich bereit erklärt, mitzumachen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Was war Ihnen versprochen? Wieviel Geld sollten Sie kriegen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Erst hat er mir gesagt, für die ersten Berichten einen Monat lang 20 bis 30 Mark.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Je Bericht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Je Bericht.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und wie oft sollten Sie berichten?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jede Woche.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Jede Woche. Hm. Das haben Sie angenommen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und pro Bericht 20 bis 30 Mark war Ihnen zugesagt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und festes Gehalt auch ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
... für später?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Für später.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wenn Ihre Berichte brauchbar waren, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
... sich bewährt hätten, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und dann haben Sie angefangen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Er hat mir den Auftrag gegeben, in Luckenwalde, das Objekt Norddeutsche Maschinenfabrik, da liegt eine sowjetische Einheit drinne, und dass ich da die, erstmal die Autonummern aufschreiben soll, die Autos, die da vor dem Objekt stehen oder ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Autonummern - hm.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Und dass ich denn nächste Woche berichten sollte. Und vor allem hat er mir die Sicherungsmaßnahmen, dass ich nur einmal um das Objekt fahren sollte, am Tag.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Täglich?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein. Erst sollte ich erstmal in der Woche nur einmal rumfahren.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
In der Woche einmal?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das Objekt umfahren mit dem Fahrrad, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Haben Sie Verhaltensmaßregeln also gekriegt, zur Sicherheit?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Hat er mir erst noch die Autonummern erklärt, wie die Reihenfolge ist und ein paar russische Buchstaben. Und den Auftrag habe ich dann ausgeführt, bin einmal um das Objekt gefahren, da habe ich verschiedene Autonummern auf einem kleinen Zettel notiert und hab sie zu Hause richtig aufgeschrieben. Und bin nächste Woche wieder rübergefahren, in der Woche nach Ostern.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Bin dann eine Woche nach Ostern wieder rübergefahren.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und dann berichtet?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das war der erste Bericht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das war der erste Bericht.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
... den Sie da gegeben haben.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und Sie haben sich auch schriftlich verpflichtet, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, später aber erst.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Später erst. Wann?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Im Oktober.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Im Oktober. Ist das eine, kennen Sie den Inhalt dieser schriftlichen Verpflichtung?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich kann das nicht mehr genau sagen. Ich glaube bei uns war es ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Moment, nun Sie haben doch gehört, ich habe vorhin eine schriftliche Verpflichtung verlesen.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Hatte die den gleichen Wortlaut?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das kann ich nicht mehr sagen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ähnlichen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ähnlichen, ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ob sie genau den gleichen Wortlaut hatte, wissen Sie nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Aber ähnlichen Inhalt hatte sie?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Kampf gegen den Bolschewismus, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das war der Inhalt der Verpflichtung.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Verschwiegenheit, nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Eiserne Disziplin, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Die haben Sie unterschrieben dann im Oktober.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie haben Sie denn Ihre Berichte abgefasst immer? Sie haben dann doch weiter berichtet?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie oft und wie häufig?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich hab jede Woche berichtet.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie haben jede Woche berichtet?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Ich bin nachher um die Objekte jeden zweiten Tag rumgefahren.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Jeden zweiten Tag?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Ich hab ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das Objekt umfahren, alles, was Sie dabei gesehen haben ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
... und festgestellt haben, notiert und - äh - in einem Bericht nach Berlin übermittelt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie funktionierte das? Haben Sie das auf dem normalen Postwege gemacht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Selbst gefahren?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich bin die erste Zeit, ziemlich bis Weihnachten, bis November, bin ich selbst gefahren jede Woche und habe die Berichte auch so mit rübergenommen, einfach auf Papier geschrieben und habe sie in die Tasche gesteckt und mit rübergefahren.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Einfach auf Papier geschrieben, in die Tasche gesteckt und rüber gefahren?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl und später ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und dann, später?
[Karl-Heinz Schmidt:]
... habe ich dann Alaun bekommen, Geheimtinte, und das Wasserverfahren hat man mir beigebracht. Wasserverfahren ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Dann haben Sie also in Geheimschrift Ihre Berichte angefertigt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl, aber nur ein paar Mal. Dann hat man mir Japanpapier gegeben.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Da hat man Ihnen Japanpapier gegeben.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Da konnte man wieder bloß mit Bleistift raufschreiben.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Haben Sie Klarschrift mit Bleistift gemacht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Dann konnte man zusammenknüllen in Füllfederhalter oder hohle Schlüssel, was man gerade hatte, reinstecken.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Zigarettenpapier?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Tabak davor und dahinter, nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und dann haben Sie auf diese Weise das Japanpapier benutzt und - äh - am Körper versteckt und dann diese Berichte so rübergebracht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Haben Sie sonst noch andere Übermittlungswege benutzt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, ich hab nachher, hat mir dann laufend gesagt, ich sollte tote Briefkästen einrichten.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wer hat Ihnen das gesagt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Tretner. Und da habe ich im Laufe der Zeit dann acht Stück vorgeschlagen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Acht tote Briefkästen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wo?
[Karl-Heinz Schmidt:]
In Luckenwalde.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Alle in Luckenwalde?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, aber zwei wurden nur genehmigt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Zwei wurden nur genehmigt. Wo lagen denn die?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Einer in der, am Lokal "Tivoli" in Luckenwalde und einer in der Schillerstraße.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wo am Lokal "Tivoli"?
[Karl-Heinz Schmidt:]
In Luckenwalde.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ja, wo in diesem Lokal?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Da geht ein Weg links hoch und an einem Telegrafenmast.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
An einem Telegrafenmast.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und der zweite?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Der zweite in der Schillerstraße, an einem Gartengrundstück. Da ist ne Hecke und da habe ich das Glas vergraben. Und der Briefkasten in der Schillerstraße, der wurde nur benutzt zur Übermittlung von ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Der wurde benutzt schon, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nachher ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Am Telegrafenmast?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, der wurde überhaupt nicht benutzt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Der wurde überhaupt gar nicht benutzt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, nur der in der Schillerstraße.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Aber der war genehmigt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Der war genehmigt, ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und der andere der wurde benutzt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wer hat denn da die Berichte abgeholt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ein Kurier.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ein Kurier. Kennen Sie den?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, vom Ansehen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ja, vom Ansehen. Und wie er heißt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, weiß ich auch, Anneliese mit Vordername.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Mit Vornamen Anneliese?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie hatten noch mehr eingerichtet, ja? Die sind Ihnen nicht genehmigt worden?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Noch weitere sechse.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, nur vorgeschlagen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Vorgeschlagen.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Der eine war zu weit weg vom Bahnhof, der Andere hat öfter mal Licht gebrannt und alles solche Scherze.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und dann haben Sie also auch über diesen toten Briefkasten und über den Kurier Anneliese Ihre Berichte nach Berlin gegeben?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Auf welchem Wege noch?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Und ... Meine Frau hat nachher Berichte mitgenommen und sonst weiter nichts.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ihre Frau hat noch Berichte mitgenommen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Na darüber unterhalten wir uns noch hier. Sie hatten auch einen Decknamen bekommen, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl, den habe ich gleich in der ersten ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Lehmann?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Lehmann.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und eine Decknummer?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, 7657.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Decknummer?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl und eine Notnummer FAL124.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ne Notnummer hatten Sie auch?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie waren aber doch nicht hauptamtlicher ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
... Mitarbeiter?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie waren doch Agent?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Aber Sie hatten ne Notnummer?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Was war das? Wie, wozu hatten Sie die?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Es wurde uns gesagt, wenn wir einmal mit der Westpolizei in Konflikt kommen und wir würden eingesperrt, dass wir dann bloß den amerikanischen Verbindungsoffizier, also den Verbindungsoffizier von den deutschen Behörden zum Amerikaner uns vorführen lassen sollten und dem hätten wir die Nummer gesagt und dann hätte man uns wieder freigelassen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ist Ihnen das mal passiert?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ist Ihnen nicht passiert?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Aber dazu war die Nummer?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Also wenn Sie festgenommen wurden, überall in West-Berlin?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, nur im amerikanischen Sektor.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nur im amerikanischen Sektor.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und wenn Sie da festgenommen wurden, dann sollten Sie Ihre, diese Notnummer nennen und verlangen, dass?
[Karl-Heinz Schmidt:]
So der Verbindungsoffizier von den deutschen Behörden zum Amerikaner. Und dem sollten ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und dem dann die Nummer nennen oder vorher schon?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Der Polizei?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, vorher keinem.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nur dem Verbindungsoffizier?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nur dem Verbindungsoffizier.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Dem sollten Sie dann die Nummer nennen und dann würde das Weitere veranlasst?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Dann würden Sie frei ihrer Wege gehen können?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Dazu hatten Sie die auch bekommen.
Wie oft haben Sie denn da so - äh - berichtet, wöchentlich oder monatlich, ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich hab ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
...Angeklagter? Mh?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich habe, bis Weihnachten 52 habe ich wöchentlich berichtet und nachher 14-tägig.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Bis Weihnachten 52 wöchentlich?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Einmal wöchentlich?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Einmal in der Woche.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Von Ostern 1952 ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
... bis Weihnachten 52?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und dann?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Dann ist es nur noch 14-tägig geworden.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Bis wann?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Von ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Von Weihnachten 52 bis?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Bis April.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Bis April.
[Karl-Heinz Schmidt:]
53.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
53?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Da haben Sie dann alle zwei Wochen nur berichtet?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Immer auch manchmal wöchentlich, manchmal 14-täglich, manchmal drei ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Manchmal auch wöchentlich?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Aber auch drei Wochen. Die waren unregelmäßig die Abstände?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Unregelmäßig, ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie wurden denn diese Zeiten vereinbart? Wurden die vereinbart oder festgelegt oder stand Ihnen das anheim, wann Sie solchen Bericht geben wollten, wieder den nächsten?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja das war, wenn ich drüben war, den Treff davor, ist das meistens ausgemacht worden.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Beim Treff, beim letzten Treff ist dann ausgemacht worden, wann der nächste Bericht kommen soll?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Aber nur, wenn es über den toten Briefkasten ging, dann war ja kein Treff.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, zwischendurch ist man schon mal hingekommen wieder.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Oder haben Sie sich auch Anordnungen und Befehle aus dem toten Briefkasten abgeholt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, die habe ich nicht bekommen dadurch.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Aber ich bin ja doch zwischendurch mal hingefahren nach Berlin.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie sind von sich aus wieder mal hingefahren, haben nen Bericht mitgenommen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Na wie kamen Sie denn da, wenn Sie also von sich aus hinfuhren und eine Zeit nicht vereinbart war, wie kriegten Sie da Verbindung?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Da habe ich eine Telefonnummer bekommen, 83 67 36, wo das Büro von Tretner war. Das war bei, in der Rheinstraße 10 bei einer Familie Brandt. Und dann konnte ich anrufen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nicht in der Schlossstraße 10?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Rheinstraße 10?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Rheinstraße.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Da war das Büro von Tretner?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Da haben Sie direkt angerufen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und dann?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Dann hat sich, entweder er sich selbst gemeldet oder, wenn er nicht da war, einer von Brandts und er hatte dann immer hinterlassen gehabt, wann er wieder zurückkommt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und da haben Sie also dann jede zweite, dritte Woche, manchmal auch wöchentlich oder zehntägig berichtet, bis April, ja, sagten Sie eben?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl, bis April.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und von April an?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Dann wurde ich von meiner eigenen Spionagetätigkeit abberufen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Warum?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Wegen der Sicherheit des Funkgerätes.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie verhält es sich mit denn mit der, mit dem Funkgerät? Was ist damit?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Im August ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und wie kam's dazu?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Im August hat mich Treter, Tretner gefragt, ob ich nicht Lust hätte, funken zu lernen. Da habe ich gesagt: "Nein, hab da kein Interesse für." Da sagte er, sie wollten in Luckenwalde einen Funkstelle errichten und da viel mir ein, dass meine ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wozu denn?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Um später im Ernstfall Spionageberichte über Funk zu geben.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Was hieß Ernstfall?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Entweder wenn Berlin abgeschnürt würde, dass keiner mehr von den Agenten nach Berlin kam oder im Kriegsfall.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Also im Ernstfall, Kriegsfall, Abschnürung, dann sollte diese Funklinie eingesetzt werden, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das wollte man.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Und da fiel mir ein, dass meine Frau Wehrmachtfunkerin gewesen ist. Da habe ich ihm vorgeschlagen, dass meine Frau Funker, Funkerin gewesen ist, bei der Wehrmacht und er sagte, "Das passt ja prima". Ich sollte sie mal fragen, ob sie mitmachen will. Wo ich nach Hause kam, habe ich sie gefragt. Sie hat gleich abgeschlagen und gesagt, sie wollte nicht ins Gefängnis. Da ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie sollte ja funken?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Hm?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das habe ich ihr gesagt gehabt, aber sie hat nicht mitgemacht, sie wollte nicht mitmachen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie wollte nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie hat erkannt, was da auf dem Spiel steht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und hat abgelehnt zunächst?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und dann?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das habe ich Tretner beim nächsten Treff gesagt. Er sagte, dann solle ich sie einmal mitbringen, er möchte einmal mit se reden. Dann habe ich se unter einer Lüge habe ich sie mit nach Berlin genommen denn.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Unter Legende, nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Unter Legende.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Was haben Sie denn da für eine Legende erzählt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich habe gesagt, wir wollten in West-Berlin ins Kino gehen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wollen ins Kino gehen, nach West-Berlin. Und dann sind Sie dann mit ihr, ist sie mitgefahren?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Dann habe ich, bin ich einen Zug früher gefahren, hatte Tretner Bescheid gesagt, hatten noch einen Treff verabredet und sie ist einen Zug später gekommen und ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Warum?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Na sie hatte noch was zu besorgen gehabt für uns.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Da konnten Sie doch warten.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Na, ich hatte mich mit Tretner verabredet gehabt, zu dem Treff morgens.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ach, Sie hatten sich verabredet? Sie konnten nicht warten, und Ihre Frau musste noch dringend erledigen und konnte nicht mit Ihnen fahren?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Oder sollte sie nicht? Wollten Sie erst nochmal mit Tretner sprechen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Sie wollte auch nicht fahren, weil ich schon morgens um halb fünf gefahren bin.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
War ihr zu früh?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Dann ist sie nachgekommen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und wo haben Sie sich getroffen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Am Anhalter Bahnhof. Hab se, mit Tretner hatte ich verabredet, dass wir uns am Gleisdreieck treffen. Und dann habe ich se eben, bin mit meiner Frau dann zum Gleisdreieck gegangen, wo Tretner dann schon gewartet hatte. Und er hat dann auf sie eingeredet und ich habe auch noch mit geredet, so dass sie eben nach kurzem Zögern eben eingewilligt hatte.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nur auf Zureden oder ist mit Versprechungen nachgeholfen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, es ist auch gesagt worden, wegen dem Geld, dass der Funker dann auch 100 und 150 Mark bekommt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Festes Gehalt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das hat auch gewirkt, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Dann hat sie zugesagt.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und dann?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Dann ist er, hat das Tretner gemeldet nach der Zentrale drüben, wo es genehmigt wurde. Erst musste ich noch von meiner Wohnung Zeichnungen machen, wie die Wohnung gelegen ist.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
In Luckenwalde?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja und das wurde dann eingeschickt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wohin?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nach der Zentrale.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wo war die?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das weiß ich nicht.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
In West-Berlin?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das kann ich nicht sagen, vielleicht auch in West-Ber-, Westdeutschland.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Westdeutschland, glauben Sie, aber Sie wissen es nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Und sie hatte denn, Anfang Oktober ist dann über einen Kurier ist das Summergerät gekommen hier. Damit sie sich schon üben sollte, im Funken. Sie ist ja wieder raus-, war ja rausgekommen und dass sie sich schon wieder reinfinden sollte.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Über einen Kurier?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Direkt bei Ihnen abgegeben?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
In der Wohnung?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, es war ein Treff ausgemacht worden am Lokal "Bürgerhof" in Luckenwalde.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie haben Sie von diesem Treff Nachricht bekommen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich, habe ich mit Tretner ausgemacht. Er hat mir gesagt, dass er um 08:00 Uhr im Oktober, war September oder Oktober ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
An einem bestimmten Tage im September oder Oktober in dem und dem Lokal würde dann der Kurier kommen und Ihnen ein Übungsgerät bringen, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Einen Summer?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Damit Ihre Frau schon mal üben konnte?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und dann?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Und Ende Oktober, Anfang November ist sie für einen dreiwöchigen Lehrgang, Funklehrgang, nach West-Berlin gefahren, wo sie bei, durch einen Funklehrer, mit Namen Pfälzer ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Pfälzer? Der war Funklehrer?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl, angeblich von Westdeutschland gekommen. Und dieser Lehrgang wurde bei der Familie Fuhrman in Tempelhof, Paradestraße durchgeführt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Bei der Familie Fuhrman in Tempelhof, Paradestraße?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie lange hat der Lehrgang gedauert?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Zweimal a zehn Tage, glaube ich.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Zweimal zehn Tage ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
... war Ihre Frau vollkommen in West-Berlin?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, sie hat auch einen West-Berliner Ausweis bekommen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Einen West-Berliner Personalausweis, oder?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Oder eine Aufenthaltsgenehmigung?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, einen Ausweis.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nen regulären West-Berliner Personalausweis bekommen, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Sie hatte vorher ein Passbild abgegeben.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Auch ein Passbild dazu abgegeben?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und das war im Oktober?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Oktober, Anfang November.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
November. Oktober/ November?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Diesen Jahres oder vorherigen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Vorherigen Jahres, 52.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
52, ne?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Dort ist sie dann am Funkgerät ausgebildet worden hier, amerikanische Geräte, im Geben und Nehmen und Verschlüsseln und schon an das neue Gerät hier. Und Mitte ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
An diesem Gerät wurde geübt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein. Ja, wurde geübt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Woher wissen Sie das?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich war selbst mal drin gewesen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie waren selbst mal dabei?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Als ihre Frau Unterricht kriegte?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und da haben Sie es gesehen, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Und ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Haben Sie da auch gesehen, was das für Geräte sind?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wo die her stammen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Glaubten Sie immer noch, dass das ne rein deutsche Angelegenheit ist?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, da habe ich es eigentlich noch geglaubt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Noch geglaubt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich habe ihn gefragt gehabt: "das sind amerikanische Apparate?" Da sagt er: "Ja, die haben sie von drüben gekauft, weil drüben in Westdeutschland noch nicht genehmigt wird, das sie Funkgeräte herstellen".
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und auch mit der Notnummer, da haben Sie noch geglaubt, dass das ne rein deutsche Angelegenheit ist?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nein?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wann bekamen Sie denn die Notennummer?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Oktober.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und dass, der Lehrgang war im November.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das habe ich schon ihm geglaubt, aber er hat mir das erzählt gehabt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Im Oktober hatten Sie schon die Notnummer, aufgrund der Sie Ihren Glauben, dass es ne rein deutsche Angelegenheit sei, ja aufgeben mussten, nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das sahen Sie ja doch, wo zusammen gearbeitet und wie zusammen gearbeitet wurde und mit wem, nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das sahen Sie doch da. Und nun stellten Sie hier außerdem noch fest, dass das Funkgeräte amerikanischen Ursprungs sind und da glaubten Sie es trotzdem noch? Ne, Angeklagter ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
... das passt doch nicht zusammen, wie?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich habe ihn aber trotzdem gefragt gehabt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ja, Sie haben ihn gefragt.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Dann hat er mir gesagt, dass die Dinger ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Was hat er gesagt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Dass die in Westdeutschland nicht gebaut werden dürfen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Na gut. Und dann?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Und Mitte November ist dann das erste Funkgerät rübergekommen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie denn?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Durch Kurier. Es wurde vorher ausgemacht die Tage und denn Bahnhof Woltersdorf, 100 Meter vom Bahnhof ab, wurde es denn persönlich durch den Kurier übergeben und zwar in fünf Einzelteile, fünf oder sechs mal.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Fünf oder sechs mal. Wer hat denn das gebracht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ein weiblicher Kurier.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Hm?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ein weiblicher Kurier, den habe ich bis dahin noch nicht gekannt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wer war denn das?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das war die Anneliese.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das war die Anneliese?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Die hat Ihnen fünf oder sechs mal, so etwa, rüber gebracht das gesamte Gerät?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das gesamte Gerät?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und wann war das?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Mitte November.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Mitte November. Mh. Das war das erste Gerät?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das war das erste Gerät.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und welche Aufgabe bekamen Sie da?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Erstmal sollte ich das Gerät gut verstecken. Das habe ich denn in dem Sprungfederboden meiner Couch versteckt, in der Wohnstube und dann hatte meine Frau den Auftrag bekommen, die ersten zwei Monate, im Monat dreimal, Übungssprüche zu senden.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Die ersten zwei Monate, im Monat dreimal?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Dreimal.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Hm.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Und anschließend ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Also alle zehn Tage, etwa?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Das konnten wir uns aussuchen. Da wurden Zeiten ausgemacht, mehrere Zeiten, fünf oder sechs Zeiten oder da konnten wir uns dann dreie aussuchen von.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Fünf oder sechs Zeiten wurden ausgemacht und da konnten Sie sich dann drei aussuchen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Da es nicht so ohne weiteres möglich war, nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Da sollten Sie sich die günstigsten Zeiten, wo es am wenigsten, nach ihrer Ansicht, Entdeckungsmöglichkeiten bestand, aussuchen und dann ne Verbindung aufnehmen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und haben Sie das so gemacht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Hat's gefunkt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, später wurde dann nur noch ein Kontrollverkehr jeden Monat gemacht.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Danach wurde dann monatlich nur ein Kontrollverkehr gemacht.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Haben Sie da Berichte durchgegeben?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nur Übungssprüche.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nur Übungssprüche?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Denn benutzt werden sollte ja das Gerät erst im E-Fall?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ja, aber das waren die Übungsmaßnahmen, damit es auch im E-Fall klappte.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nun trat doch solch ein E-Fall eigentlich ein, wie?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, am 17. Juni.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Haben Sie da auch gesendet?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Wir wollten, aber es hat nicht geklappt, haben keine Verbindung bekommen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Na, gesendet haben Sie, aber keine Verbindung gekriegt, nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie wollten Verbindung aufnehmen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Hat nicht geklappt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Tag war nicht vorgesehen in Ihrem Kalender, als Funkverbindung?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Scheinbar nicht, die waren drüben nicht dran gewesen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und danach haben Sie dann wieder - äh - Funkverkehr gemacht, die Kontrollverkehr?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Die Kontrollverkehr, ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Monatlich einmal?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und dann haben Sie noch ein Gerät bekommen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, ungefähr im Februar 1953. Es sollte dann als Ersatzgerät dienen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Im Februar 53, ein zweites Gerät.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Über TBK Schillerstraße, auch in Einzelteilen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Über den Telefonbriefkasten bekommen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Über den toten Briefkasten.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Äh - über den toten Briefkasten bekommen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
So, nicht durch Kurier, jetzt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sondern ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, nun auch durch Kurier.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Aber ohne, dass Sie den Kurier ja nun zu sehen kriegten?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das war dann abgelegt worden?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, auch in Einzelteilen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
In Einzelteilen. Zeiten waren klar. Da haben Sie über den toten Briefkasten den zweiten Apparat bekommen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das war im Februar 1953, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, ungefähr, genau kann ich das nicht mehr sagen. Und das musste ich dann auch verstecken erstmal.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wo?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das habe ich dann in einer Schlafstube in einer [unverständlich]-wand zwischen Dach und Wandverschalung gesteckt und eigentlich sollte das Gerät außer Hause kommen. Das sollte nachher der stellvertretende Netzführer bekommen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Was ist das, was ist Netzführer? Netzführer sollten Sie sein, zunächst? Ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Na ja, das wurde ich nachher, sollte ich nachher im Juni machen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Hm.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Bin es dann zwei Monate auch gewesen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Was war die Aufgabe des Netzführers?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Die Aufgabe war gewesen, ich hatte erst einmal Sammelbriefkasten einzurichten und diesen Sammelbriefkasten hätte dann ein Kurier mit Spionageberichte, die er von den Quellen gesammelt hätte, reingelegt. Ich hätte diese Spionageberichte rausgeholt und in Funksprüche abgefasst und verschlüsselt mit meiner Frau zusammen und im Ernstfalle dann rüber gesendet.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Haben Sie nur die Geräte bekommen? Sie müssen doch, wenn Sie verschlüsseln senden wollen, auch den Schlüssel bekommen, nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Auch Codebücher.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und die haben Sie bekommen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja und Mikroaufnahmen auch.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie viele waren das?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Zehn.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Etwa zehn.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Mikroaufnahmen dann davon?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, auch extra noch dafür ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Extra.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Anweisungen und so.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Mh.
[Husten]
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sind das die hier?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Kommen Sie ruhig ein bisschen näher!
Sind das die hier, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Die haben Sie bekommen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Diese Unterlagen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Da sind die Schlüssel drauf, ja, die sonstigen Unterlagen, die Sie also für Ihre Schlüsselfunkerei brauchten, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Die haben Sie auch mit versteckt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ja, und dann sollten Sie also, diese Berichte der einzelnen Agenten, die sollten bei Ihnen gesammelt eingehen und die, daraus sollten Sie dann Einzelberichte zusammenstellen und durch Funk durchgeben.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, dazu war ich zwei Tage in West-Berlin gewesen, im Juli, August so eine kurze Schulung. Da hat man mir das System des Netzführers denn erklärt, mit den toten Briefkästen, und Schulung gegeben.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das funktionierte doch schon, nich. Das hatten Sie doch schon ausprobiert, als Sie den zweiten Sender ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, das ist noch nicht ausprobiert worden.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Aber Sie hatten doch den zweiten Sender über einen toten Briefkasten bekommen.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, das war ja Schillerstraße. Das war ja so ein allgemeiner Briefkasten, war ja kein Sammelbriefkasten.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das sollte ein Sammelbriefkasten ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Der Sammelbriefkasten, der sollte im Raum von Mellensee liegen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Im Raum von Mellensee?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und da sollten Sie die Berichte abholen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und über diese Netzführertätigkeit da wurden Sie also zwei Tage lang unterrichtet?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Von wem?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Von Tretner.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Von Tretner?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich habe dann noch über die ganzen Waffenarten, Systeme der Sowjetarme bekommen, die Typen alle, wo ich mir einige Notizen aufgeschrieben habe.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Auch für die Ausübung Ihrer Spionagetätigkeit sind Sie also ausgebildet und - äh - unterrichtet worden, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Haben Sie besondere Unterweisung gehabt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
An Fotografien ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Durch Bilder und dergleichen.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und wer sollte Ihr stellvertretender Netzführer sein?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Da hatte er keinen gehabt. Da hat er mich gefragt, ob ich nicht einen wüsste, der im Notfall nicht, im Ernstfall nicht eingezogen wird.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ob Sie nicht jemand wüssten, der im Ernstfall, das heißt im Kriegsfalle, nicht eingezogen würde, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Bei Ihnen bestand die Gefahr, dass Sie eingezogen würden nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und dann war der Netzführer weg.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Mh. Und deswegen sollten Sie einen stellvertretenden Netzführer suchen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, jemanden vorschlagen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Oder vorschlagen zunächst, der nicht, beim dem also diese Voraussetzung nicht da war, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Da habe ich einen gewissen [anonymisiert] vorgeschlagen, den ich vom Wassersport her kenne, kannte. Der war schwerbeschädigt gewesen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ein Schwerbeschädigter.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Aber er hat mir später gesagt, dass derjenige nicht mitgemacht hat.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie haben mit dem nicht gesprochen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Es ist Ihnen nur gesagt worden, na den haben Sie vorgeschlagen, aber der macht nicht mit.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, weiter nichts.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Haben Sie noch einen anderen gesucht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Später, ja. Im August dieses Jahres habe ich selbst einmal einen Kollegen von mir angesprochen, weil ich schon so viel Material gehabt habe vom Geheimdienst und mit rechnen musste, dass mal eine Hausdurchsuchung kommt und der hochfliegen würde. Und da habe ich ihn selbst angesprochen. Aber der hat auch nicht mitgemacht.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Hatten Sie Anweisung, den selbst anzusprechen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Haben Sie das nachher in West-Berlin berichtet?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, da bin ich gar nicht mehr zu gekommen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Warum nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich bin in der Zeit meiner, vor meiner Verhaftung nicht mehr in Berlin gewesen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie lange war das, wo Sie nicht mehr in Berlin waren?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Drei Wochen ungefähr.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Drei Wochen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Oder vier Wochen. Das war noch später, im Oktober schon, wo ich den gesprochen hatte.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Haben Sie noch ein drittes Funkgerät bekommen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, ein drittes Funkgerät sollte ich noch bekommen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sollten Sie?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, eine Woche, nachdem ich verhaftet wurde, sollte das Gerät rüberkommen. Das sollte, das war angeblich eingelötet gewesen, das sollte im Walde vergraben werden, auch als Ersatzgerät, wenn die anderen beiden Geräte im Kriegsfall ausfielen. Aber es ist nicht mehr geworden, ich bin nicht mehr selbst rübergekommen.
Ich sollte den ... Am 30. bin ich verhaftet worden, und am 31. sollte das erst abgesprochen werden.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wieviel Berichte haben Sie denn ungefähr geliefert, Angeklagter, von Januar, von Ostern 1952 an bis August? Ne, dann haben Sie langsam aufhören müssen, damit die Funkstation nicht in Gefahr kam, ne?
[Karl-Heinz Schmidt:]
[unverständlich]
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Na, bis April.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ungefähr 50.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ungefähr 50 Berichte über militärische Objekte, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
... haben Sie geliefert? Teils in Klarschrift, teils in Geheimschrift, teils auf Japanpapier, ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
... teils persönlich, teils über Ihre Frau, teils über tote Briefkästen, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
50-mal. Hm. Alle zwei Tage das Objekt umfahren, alle Feststellungen gemeldet, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und wie sind Sie bezahlt worden?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich habe den ersten Monat für jeden Bericht 20 bis 30 Mark bekommen und bis September 100 Mark jeden Monat und dann im ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie lange dauerte das, bis Sie fest, feste Bezahlung monatlich bekamen, die 100 Mark? Wann kriegten Sie das erste Mal die?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nach einem Monat.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nach einem Monat habe ich bekommen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nach dem ersten Monat bereits?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nach den ersten vier Berichten bekamen Sie das feste Gehalt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Und fest angestellt wurde ich im September. Da bekam ich dann meine Nu-, Nummer.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Da bekamen Sie ne Nummer? Diese Notnummer?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Decknummer. Nein, die Decknummer.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und damit kriegten Sie auch festes Gehalt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, damit war man dann angestellt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wie hoch war das?
[Karl-Heinz Schmidt:]
125 Mark.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
125 Mark. Das haben Sie dann bis zu Ihrer Verhaftung bekommen, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, ich hab denn nachher, wo ich denn aufgehört habe mit der eigenen Spionage, wieder bloß noch 100 Mark bekommen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nur noch 100 Mark, als Sie die eigene Spionage einstellen mussten ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
... um die Sicherheit der Funkstelle nicht zu gefährden, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und für die Funkstelle?
[Karl-Heinz Schmidt:]
150 Mark.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und Ihre Frau?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, sie hat das bekommen für die Funkstelle.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
150?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Also zum Anfang auch erst weniger, war auch weniger gewesen und später denn auf 150 Mark, also die letzte halbe Jahr, kann man sagen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie sagten doch hier in Ihrer Aussage, Blatt 53: "Für diesen monatlichen Kontrollverkehr und das Stationieren der Funkgeräte erhielten ich und meine Frau 250 Mark.”
Jetzt sagen Sie: 150.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, zusammen haben wir 250 bekommen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das ist dann mit den 100, die Sie weiter als festes Gehalt bezogen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Angeklagter, das sind die Geräte, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und die sind amerikanischen Ursprungs, nicht. Das ist klar erkennbar.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und zwei Stück davon hatten Sie zu Hause.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Mit allem Zubehör.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Allem Zubehör.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Kursschlüsseln.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Alles.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Mikro-, - äh - Aufnahmen.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
... die dazu gehörten, damit es funktionierte.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, alles doppelt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und Geheimtinte hatten Sie auch?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, Alaun.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie wussten doch auch etwas über das Ziel des Geheimdienstes, wie?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Ich wusste nur, dass sie die Schwächen des, der Sowjetunion, also der militärischen Einheiten, feststellen wollten, um im Kriegsfall das auszunutzen.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Für den Kriegsfall?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Den stellten Sie sich vor als einen Angriffskrieg der Sowjetunion?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ja. Haben Sie auch heute noch die Vorstellung?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Wieso nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich musste schon feststellen seit meiner Verhaftung hier, dass mir kein Mensch zu nahe getreten ist, dass wie jeden Tag die Westzeitungen geschrieben haben, dass man hier in den Haftanstalten misshandelt wird und schlechtes Essen bekommt. Und dass das alles nicht ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Das steht ja ständig drüben drin. Das ist ja uns auch nicht neu und Sie haben es auch geglaubt, nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
War es so?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein. Da musste ich schon als erstes ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Daraus haben Sie auch geschlossen, dass das andere nicht wahr ist?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich habe da noch mehr festgestellt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Nämlich?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das die, durch die anderen Häftlinge, dass man da gehört hat, dass vom amerikanischen Geheimdienst, dass die wirklich Sabotageakte unternommen haben auf Wirtschaftsbetriebe in der DDR und nicht, wie die in der Westzeitung geschrieben haben, dass das die Arbeiter in der DDR der selbst waren, und vor allen Dingen, dass keiner hier ohne Grund verhaftet worden ist. Die haben, die sitzen alle mit Grund, ist keiner der unschuldig drin sitzt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Sie hatten Gelegenheit, mit anderen Häftlingen zu sprechen, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Da haben Sie's festgestellt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Na, sind die alle der Überzeugung, dass sie nicht ohne Grund sitzen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, da musste ich schon zur Einsicht kommen, dass das andere auch nicht stimmen kann.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und da meinen Sie, dann stimmt das Andere auch nicht.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Na, wenn sie da schon lügen, dann ...
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Na, Angeklagter, Sie haben doch in Luckenwalde gewohnt. Da hatten Sie doch die Möglichkeit, sich auch hier zu informieren und brauchten sich nicht nur dieses Hetzgift des "Sender RIAS" einzuverleiben. Sie hatten die Möglichkeit, sich auch hier aus unserer Presse zu informieren und über unsern Rundfunk. Sie wohnten doch in Luckenwalde.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Die Möglichkeit habe ich schon gehabt.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Aus welchen Erfahrungen heraus haben Sie denn diesen Meldungen geglaubt, den anderen, denen, von denen Sie jetzt sagen, dass es Lügen sind?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Erstens, weil ich öfter in West-Berlin gewesen bin und hab die überfüllten Schaufenster gesehen und bei uns war es noch nicht so weit gewesen und da habe ich eben geglaubt, dass die drüben doch weiter wären wie wir. Ich habe mich auch nicht gefragt, warum und weshalb da drüben die Schaufenster voll sind.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Ja, weil sie nicht leergekauft werden können, ne?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, das, weil der Amerikaner es finanziert und hier eben aus eigener Kraft geschaffen wird.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Hat er auch den Geheimdienst finanziert?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Woher wissen Sie denn das?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das weiß ich jetzt. Vorher habe ich es nicht gewusst.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Und woher wissen Sie es jetzt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Von den Mithäftlingen und die Anklageschriften.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Von den Mithäftlingen und von, aus der Anklageschrift?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Vorher, während Ihrer Tätigkeit haben Sie es nicht gewusst?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Dass die Verbindung bestand, haben Sie gewusst.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Dass die Verbindung bestand habe ich gwusst.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Schon während Ihrer Tätigkeit?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, das habe ich gewusst.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Tja, sind noch Fragen an den Angeklagten?
[unverständliche Stimme im Hintergrund]
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Er hat ja keine Verbindung bekommen.
Herr Generalstaatsanwalt.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Sie sagen, eine Verbindung mit den Amerikanern bestand.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Das haben Sie vorher gewusst?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Aber dass der Amerikaner finanziert, das haben Sie nicht gewusst?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Haben Sie im Laufe der Voruntersuchung einmal ausgesagt, dass Ihnen der Tretner gesagt hat, dass die deutschen und die amerikanischen Geheimdienste sich helfen und sich wechselseitig ergänzen und sich austauschen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, das habe ich gesagt.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Ist das so?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Hat er Ihnen gesagt. Wie hieß der Tretner sonst noch?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Er hieß die letzten 14 Tage mit Namen Voß.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Voß.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Hat den Namen geändert und hieß Voß.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Sie haben eben eine Nummer von Tretner genannt, 83 67 36.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Und dann haben Sie die Nummer 71 11 51 10 genannt.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, das ist die neue Nummer.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Das war die von Voß?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl, war die neue Nummer.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Aha, also Tretner hatte die alte und Voß die neue. Da war also irgendetwas passiert, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, da bin ich dann selbst nicht mehr hingekommen.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Sagen Sie mal was haben Sie, Sie haben in der Voruntersuchung gesagt, dass Sie angenommen haben, auch schon vor Ihrer Untersuchungshaft, dass Sie angenommen haben, dass der Ami die ganze Geschichte finanziert.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, angenommen habe ich es schon.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Angenommen haben Sie's, aber man hat es Ihnen wieder ausgeredet.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Aber Sie mussten doch in dem Augenblick, wo Sie solche Geräte bekommen und wo Sie solche Summen bekommen ... Sie haben doch mit Ihrer Frau insgesamt wie viel bekommen, bei der ganzen Zeit?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ungefähr 3.000 Mark.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Wie viel?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ungefähr 3.000 bis 3.500 Mark.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
3.500 Westmark haben Sie gekriegt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
In der Zeit. Denken Sie, das hätte Ihnen so der Herr Tretner aus seiner Tasche bezahlt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Vielleicht aus der Berliner, West-Berliner Magistratskasse?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Vielleicht aus Adenauers Kasse?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Na, das habe ich angenommen.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Haben Sie angenommen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Mh - aber gedacht haben Sie, er steckt doch dahinter, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Sagen Sie mal, die Objekte, die Sie ausspioniert haben, das waren also alles sowjetische Institutionen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Zum Beispiel?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Norddeutsche Maschinenfabrik.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Da sprachen wir schon von.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Stalag I und Stalag II.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Aber das war anders, das war nicht allein, um diese Objekte herum gab es noch sehr viele andere Häuser.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Zur Norddeutschen Maschinenfabrik da gehörten noch sechs Häuser zu Schieferling, Am Schieferling, dort wohnten die Offiziere von dem Objekt Norddeutsche ....
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Es geht hier um die Offiziere unten da, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Jawohl.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Und dann? Sowjetische Großbäckerei!
[Karl-Heinz Schmidt:]
Großbäcker in Luckenwalde und in Stallag I die Sommerlager. Da gehört ein Sommerlager zu.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Und was war das mit der Verwaltungsakademie?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das war ein einmaliger Auftrag, wo ich damals, wo die Verwaltungsakademie geräumt wurde, hat man mir gesagt, dass da anschließend sowjetische Einheiten einziehen und da sollte ich in der Woche zweimal hinfahren und erkunden, was da für Einheiten einziehen.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Sie waren doch geschult, um das zu erkennen, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Woran erkannten Sie denn solche Einheiten?
[Karl-Heinz Schmidt:]
An den Waffen.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
An den Waffen, weiter!
[Karl-Heinz Schmidt:]
An, an den Laufbahnabzeichen der einzelnen ...
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Abzeichen, an Farben und so weiter.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Und das haben Sie dann auch getan?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Sie sagten so, nach April 1953 da ging ihre eigentliche Spionage zu Ende wegen des Schutzes, der den Geräten zuteil werden musste, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
... weil die sonst zu stark gefährdet gewesen wären.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Sie haben aber während Sie spionierten, außer den Wegen, die der Vorsitzende bisher genannt hat, noch einen dritten Weg, einen vierten Weg gehabt, außer den TBCs, außer den Briefen mit Geheimschrift, außer dem Japanpapier und außer den Alaun-Schriften, außer den Druckverfahren, hatten Sie noch eine andere Art! Nämlich, wo lieferten Sie Ihre Briefe, Ihre Berichte ab?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, ich hatte noch eine Decknummer bekommen gehabt.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Decknummer? Das ist nicht Ihre Nummer gewesen.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Eine Deckadresse.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Eine Deckadresse.
[Karl-Heinz Schmidt:]
In West-Berlin.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Wie hieß denn die?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Gisela Heilstädt, oder Heilborn.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Gisela Heilborn?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, in Neukölln, Weserstraße ...
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Ja.
[Karl-Heinz Schmidt:]
... 56 oder 58.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Ja und was haben Sie da gemacht mit? Haben Sie die benutzt, die Adresse?
Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, die habe ich zweimal benutzt.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Nämlich?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Einmal, wo ich Tretner nicht angetroffen habe bei einem Treff.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Wo Sie Tretner nicht angetroffen haben?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Dann haben Sie einfach dort abgeliefert?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
An die Deckadresse?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, musste sein.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Wie kamen Sie da hinein? Sie sind doch, wie ist das? Sind Sie hinaufgegangen und haben es reingesteckt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, ja das erste Mal, ja. Das war am Tage gewesen.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Das erste Mal, wann war das? Im Oktober 52?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Da sind Sie am Tage reingegangen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, ich hatte auch noch einen Hausschlüssel dafür bekommen.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Sie hatten auch einen Hausschlüssel von der Deckadresse?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, wenn ich nachts mal komme.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Wenn Sie nachts kommen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Also wenn wichtige Meldungen zu machen wären, wenn Truppeneinheiten durch Luckenwalde kommen und ausgeladen werden.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Dann sollten Sie schleunigst her rasen, sich notieren auf Ihrem Seidenpapier, nach Berlin rasen in der Nacht, das Haus aufschließen und in die Deckadresse reinschmeißen, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, in den Briefkasten mit einem doppelten Kuvert.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Aha, aha, aha. Wegen der Entschädigung habe ich recht verstanden, dass Sie also in den ganzen Monaten seit Aufhören Ihrer Spionagetätigkeit für sich allein 100 und für die Frau 150 Mark bekamen, bloß für das nackte Warten auf dem E-Fall?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja und ich hatte noch gesagt ...
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Für das Warten auf den Krieg haben Sie 100 ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, zwei ...
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
250 Mark zusammen gekriegt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Sie - äh - haben in der Voruntersuchung sehr anschaulich geschildert, wie das, wie die Übernahme dieser Funkapparate vor sich gegangen ist, mit diesem weiblichen Kurier.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Der kam jedes Stück, es war als Teil für sich verpackt, war für sich in einem besonderen ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Wachstuchumschlag.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Wachstuchumschlag, genau eingepasst, formgerecht ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Und das Ganze war in einem Blech, wasserdichten Blechkanister?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Aha. Das sollte der Dritte sein?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das sollte der Dritte sein.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Das sollte der Wasserdichte sein, den man in den Bach werfen konnte ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
... und ihn nach Jahren wieder herausholen und benutzen konnte, sofort ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
... mit der Verpackung? Die waren also nicht so verpackt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, die waren nur ...
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Sondern Sie haben die also in einigen Portionen bekommen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Wie oft haben Sie sich mit dem Kurier getroffen, mit dem weiblichen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
5- oder 6-mal.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
5- oder 6-mal?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Und jedes Mal hat er ein Stück gebracht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Nun sagen Sie, es ist doch nicht so einfach, so 'n Stück, wo hat er das hängen gehabt, der weiblichen Kurier?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das, unter 's Kleid war das angebunden gewesen.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Unterm Rock?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Auf dem Bauch angebunden?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Und so hat er's rübergebracht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Und dann war die Stelle, wo Sie sich mit ihm treffen sollten?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, das ...
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
War in einem Wäldchen.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja, mir wurde die Kurierin vorher erklärt.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Die Kurierin wurde Ihnen vorher erklärt, die Stelle?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, der Kurier.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Der Kurier, wie er aussieht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Ich hatte ihn ja das erste Mal noch nicht gekannt.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Wie?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich hatte ihn das erste Mal noch nicht gekannt.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Eben, eben, noch nicht gekannt, mussten also wissen, wer wem begegnet.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Wurde Ihnen also beschrieben: So sieht die Frau aus.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja. Ich musste ihn anreden ...
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Dann kamen Sie an einer bestimmten Stelle im Wäldchen, ja ...
[Karl-Heinz Schmidt:]
[unverständlich]
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
... wo Sie sich trafen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Und wie ging das vor sich, die Anrede?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich musste anreden: Wo es hier nach Wulsdorf geht?
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Ach, verzeihen Sie, wo ist der Weg nach Wulsdorf?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Was musste sie antworten?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Sie musste sagen: Ach, Herr Kutschinski.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Ach, guten Tag, Herr Kutschinski?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Und dann war es gut?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Dann war die Sache erledigt.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Dann war die Sache erledigt. Und so wurden die Stücke übernommen, einzeln und dann zu Hause zusammengesetzt, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Äh - als Netzführer, sagten Sie, waren Sie dann tätig, als Netzführer das heißt also als der, der aus den TBKs, aus den Sammel-TBK, die von den hineingelegten Spionagenachrichten sammelt, sie verschlüsselt und durch den Funker, nämlich ihre Frau, funken lässt, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Das ist die Funktion des Netzführers?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Sie haben, als ich Sie vernahm, mir gesagt, Ihnen ist offiziell die Funktion als Netzführer aberkannt worden.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Warum?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Weil ich, weil man, weil das von der Zentrale kam, dass ich zu jung wär und würde im Kriegsfalle selbst eingezogen werde.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Das war also ein Befehl der Zentrale?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Man solle Ihnen diese Funktion aberkennen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Weil Sie kriegsgefährdet sind, ja also, weil Sie untauglich sind für das Spionagewesen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Und das mit Ersatznetzführ, das hat noch nicht geklappt?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Was hätten Sie jetzt gemacht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das weiß ich nicht.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Wenn es jetzt losgeht, wenn der E-Fall gewesen wär?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Das kann ich nicht sagen, was dann gewesen wär.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Na, hätten Sie den Netzfunker gemacht oder nicht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Na, das ist wohl selbstverständlich, dass Sie das getan hätten. Das ist doch selbstverständlich, bei Ihrer Haltung, die Sie, bei dem, was Sie verdient hatten, bei dem, was Sie den Spionagezentralen schuldig waren. Das ist ja wohl eine Selbstverständlichkeit. Sie haben also keinen Neuen gefunden? Haben aber was für einen Mann noch gemacht, wenn Ihre Frau funkte?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nahsicherung.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Was ist denn das, die Nahsicherung?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ich sollte, wenn meine Frau funkte, bis 20 Minuten, sollte ich öfter mal nach unten gehen oder am Fenster sehen, ob jemand unten verdächtig vorbeikommt oder, oder ...
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Vielleicht jemand, der mit einer Antenne spazieren geht, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Na, die haben mir gesagt, ...
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
... und das Fünkchen auffängt? Das sollten Sie machen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Nein, man hat mir erklärt gehabt, dass man den Peilwagen schon erkennt, wenn er in die Straße einbiegen tut.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Dass was?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Dass man den Peilwagen, wenn gepeilt wurde ...
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Wenn gepeilt wurde? Vor dem Peilwagen, vor dem hatten Sie Angst?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Deshalb sollten Sie die Sicherung abgeben.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Sicherung abgeben, das haben Sie dann auch kräftig getan?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Hm, hm - na, ich habe vorläufig keine weiteren Fragen an den Angeklagten.
[Staatsanwalt Walter Piehl:]
Was hat man in der Zeit, als Sie Netzführer waren, für eine Auskunft gegeben, was der Netzführer im Kriegsfall, also dem [unverständlich] im E-Fall, für eine Hauptaufgabe hat?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Er hatte die Hauptaufgabe gehabt, eben aus dem Sammelbriefkasten die Spionageberichte herauszuholen und sie in Funksprüche abzufassen, zu verschlüsseln und der Funker musste sie dann übersenden.
[Staatsanwalt Walter Piehl:]
Und im Kriegsfall, wenn der ausbricht?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Dann sollt ich das auch machen.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Das sollten Sie so machen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Aber wenn nun der, der - äh - Apparat ausfiel, der erste? Der ist doch schon einmal oder zweimal ausgefallen beim Funken, ja?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Da war doch die Röhre schwarz geworden. Die hat doch nichts getaugt.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Haben Sie neue Röhren gekriegt.
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Wenn der jetzt ausfällt im Krieg, wo kriegen Sie die neue Ami-Röhre her?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Dafür war das zweite ...
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Dafür war das Ersatzgerät da?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Und wenn jetzt eine Bombe hineingefallen wäre, bei Ihnen im Haus?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Dann wäre nachher das dritte Gerät dagewesen.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Dann wäre das dritte Gerät wo gewesen?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Irgendwo im Wald vergraben.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Im Wald vergaben und dann wäre trotzdem noch spioniert, trotzdem noch gefunkt worden, sollte es so sein?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Es gibt weitere Fragen an den Angeklagten?
Der Herr Verteidiger? Nicht. Nehmen Sie Platz!
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Eine, eine Frage noch, eine Frage bitte noch.
[vorsitzender Richter Walter Ziegler:]
Bitte.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Äh - wenn der E-Fall da war, was sollte dann beobachtet werden?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Die Bewegungen der sowjetischen Einheiten.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Die Bewegung der sowjetischen Einheiten, genauso wie es geschehen ist am ...?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Am 17. Juni.
[Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer:]
Und genauso wie Sie es damals gefunkt haben, obwohl Sie keinen Anschluss kriegten, hätten Sie's im E-Fall täglich getan?
[Karl-Heinz Schmidt:]
Ja.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Toter Briefkasten (TBK)
Tote Briefkästen sind ein Mittel im nachrichtendienstlichen Verbindungssystem, das dem MfS eine unpersönliche Verbindung zwischen IM und Kurier bzw. Führungsoffizier ermöglichte und vor allem im sog. Operationsgebiet zur Anwendung kam. Dabei handelte es sich um ein konspirativ angelegtes, gut getarntes Versteck, das zur Übermittlung von Mitteilungen, Materialien, Geld und Geräten diente.
Es gab TBK in Zügen, "Aufbewahrungsverstecke" und "Übergabeverstecke". Für jeden TBK waren "Sicherungszeichen" ("Entleerungs- und Belegungszeichen", "Vor- und Nachzeichen") anzubringen. Am TBK musste eine "Kontrollmaßnahme" festgelegt werden, aus der ersichtlich wurde, ob eine unbefugte Person am Versteck gewesen war. Von jedem TBK war eine Dokumentation anzulegen.
Funker waren OibE oder IM, die im sogenannten Operationsgebiet die Funkverbindung zwischen einer Residentur und dem MfS gewährleisteten. Sie wurden vornehmlich von der Hauptverwaltung A geführt. Für diese Tätigkeit kamen grundsätzlich nur DDR-Bürger in Frage, die nach einer spezifischen Ausbildung und Schulung in die Bundesrepublik übergesiedelt wurden und danach zunächst eine Weile inaktiv waren. Zuletzt verfügte die HV A über 18 Funker.
Inszenierte fiktive Sachverhalte und Vorwände, die bei bestimmten Personen gewünschte Verhaltensweisen auslösen und/oder das MfS in die Lage versetzen sollten, an bestimmte Informationen zu gelangen, wobei der nachrichtendienstliche Hintergrund der Vorgänge unerkannt bleiben sollte. Die Legende sollte glaubwürdig sein und auf realen, überprüfbaren Gegebenheiten beruhen. Je nach operativer Zielsetzung gab es die Reise-, Ermittlungs-, Gesprächs-, Kontakt-, Ausweich- und Rückzugslegenden.
Untersuchungshaft ist eine freiheitsentziehende Zwangsmaßnahme zur Sicherung des Strafverfahrens. Die Untersuchungshaft begann nach der Verkündung des Haftbefehls durch einen Richter und endete mit der Überstellung in den Strafvollzug nach Erlangung der Rechtskraft einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe, selten auch mit der Freilassung.
Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft waren ein dringender Tatverdacht sowie entweder Fluchtverdacht oder Verdunklungsgefahr (§ 112 StPO/1949, § 141 StPO/1952, § 122 StPO/1968). Der Vollzug der Untersuchungshaft war gesetzlich mit nur einem StPO-Paragraphen geregelt (§ 116 StPO/1949, § 147 StPO/1952, § 130 StPO/1968), alles Weitere in internen Ordnungen. Er erfolgte für Beschuldigte, deren Ermittlungsverfahren von der Staatssicherheit geführt wurden, in MfS-Untersuchungshaftanstalten in Berlin bzw. den Bezirksstädten der DDR.
Die Haftbedingungen waren dort von Willkür, völliger Isolation und daraus resultierender Desorientierung der Häftlinge gekennzeichnet. Für den Vollzug der Untersuchungshaft war im MfS die Linie XIV (Abt. XIV) zuständig; die Vernehmungen oblagen den Untersuchungsführern der Linie IX (HA IX).
Ein Verbindungsoffizier war ein Geheimdienstoffizier, der auf der Arbeitsebene für die Kooperation mit anderen Institutionen zuständig war.
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
Das MfS hat als ein Instrument der DDR, insbesondere der SED-Führung, die politischen Interessen des Staates inoffiziell in der Bundesrepublik Deutschland unterstützt. Die Westarbeit des MfS bestand aus Spionageaktivitäten, also der nachrichtendienstlichen Beschaffung von Informationen, Patenten, Verfahren und Mustern durch das MfS.
Die Bezeichnungen Westarbeit und Spionage meinen in diesem Kontext das, was beim MfS mit "operative Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" bezeichnet wird. Im engeren Sinne also die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern im "Operationsgebiet", bei dem es sich überwiegend um die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin handelte, aber auch die in der NATO und der Europäischen Gemeinschaft verbundenen Staaten einschloss.
Im weiteren Sinne fallen darunter auch die Funkaufklärung und der Einsatz von Offizieren im besonderen Einsatz in Botschaften, Konsulaten usw. Erfolgte diese operative Arbeit bis Anfang der 70er Jahre wesentlich "illegal", ergaben sich mit der zunehmenden Anerkennung der DDR auch verstärkt "legale" Zugänge über die Einrichtung von Botschaften, von denen aus das MfS mit "legal abgedeckten Residenturen" arbeiten konnte.
Für die Beschaffung von wissenschaftlich-technischen, politischen und militärischen Informationen war vor allem die Hauptverwaltung A zuständig, aber nahezu gleichrangig zahlreiche Abwehrdiensteinheiten des MfS. Die Hauptabteilung I, in der DDR für die Absicherung des Militärkomplexes verantwortlich, erkundete auch die Bundeswehr, den Bundesgrenzschutz, den Zollgrenzdienst, die Bayerische Grenzpolizei und diverse Einrichtungen der NATO.
Die Hauptabteilung II, mit der "offensiven Abwehr" ausländischer Nachrichtendienste in der DDR befasst, arbeitete zeitweise auch gegen den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz sowie den Militärischen Abschirmdienst. Die Hauptabteilung VI überwachte neben dem Ein-, Ausreise- und Transitverkehr in der DDR auch den über innerdeutsche Grenzen hinaus von und nach Westberlin.
Die Hauptabteilung VII unterhielt im "Operationsgebiet" ebenfalls ein Netz, das im klassischen Sinne kriminelle Aktivitäten wie Schmuggel aufzuklären hatte. Die Hauptabteilung VIII war für Ermittlungen und Beobachtungen zuständig. Zugleich war sie Servicediensteinheit für alle Diensteinheiten des MfS, indem sie den Informationsbedarf über Bundesbürger bediente.
Neben der Sicherungsarbeit in den Bereichen Staatsapparat, Blockparteien und "politischer Untergrundtätigkeit" war die Hauptabteilung XX im "Operationsgebiet" für alle Einrichtungen zuständig, die sich mit der DDR befassten. Im Visier der Hauptabteilung XXII standen links- und rechtsextremistische, überwiegend terroristische Gruppen.
Schließlich wäre auf Hauptabteilungsebene noch die Zentrale Kontrollgruppe anzuführen, die sich mit besonders DDR-kritischen Gruppen befasste, wie z. B. der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte oder den Fluchthilfeorganisationen. Mit der Westarbeit waren nicht allein die zentralen Abwehrdiensteinheiten befasst, sondern ihre Linien (Linienprinzip) erstreckten sich meist auch auf Bezirks- und im Einzelfall auf Kreisverwaltungsebene des MfS.
In den Kontext der Westarbeit sind auch die etwa 400 Entführungen von Bürgern aus der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin zu zählen sowie vereinzelte Versuche und Erwägungen, Bürger zu töten, wobei bislang ein Mord nicht nachgewiesen ist. Das MfS selbst verstand unter der "Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" die "Gesamtheit der politisch-operativen Kräfte des MfS im Operationsgebiet und die Nutzung solcher Personen aus dem Operationsgebiet, die zur Erfüllung operativer Aufgaben geeignet sind".
Die HV A und ihre Abteilungen XV in den Bezirksverwaltungen arbeiteten nach Schwerpunkten im "Operationsgebiet", ihre innere Struktur drückte die entsprechende Interessenlage aus.
Demnach konzentrierte sich die Abt. I auf Politik und strategische Absichten der Bundesregierung, die Abt. II auf die Parteien, Gewerkschaften, Landsmannschaften im "Operationsgebiet", die Abt. III steuerte die operative Arbeit der "legal abgedeckten Residenturen" in DDR-Botschaften, Konsulaten und Handelseinrichtungen, und die Abt. IV beschäftigte sich mit den militärischen Zentren" in der Bundesrepublik Deutschland, wozu das Bundesministerium der Verteidigung, Wehrbezirkskommandos der Bundeswehr und diverse US-amerikanische Einrichtungen gehörten. Die Abt. IX befasste sich mit westlichen Nachrichtendiensten, die Abt. XI mit den USA und die Abt. XII mit der NATO.
Die Abteilungen XIII bis XV gehörten zum Sektor Wissenschaft und Technik, der systematisch Patente, Verfahren und Muster für die DDR- und osteuropäische Forschung und Wirtschaft beschaffte. Schwerpunkte waren die Fachgebiete Energie, Biologie, Chemie, Elektronik, Elektrotechnik und Maschinenbau sowie das Bemühen, die Embargopolitik zu unterlaufen. Für offizielle, mithin dienstliche Kontakte zwischen beispielsweise DDR- und bundesdeutschen Wissenschaftlern oder Politikern war eigens die Abt. XVI der HV A zuständig, die auf diesem Weg an relevante Informationen gelangen sollte.
Während all diese Abteilungen der HV A überwiegend informationsbeschaffend tätig waren, verfügte sie mit der Abt. X eigens über eine Struktureinheit, die systematisch aktive Maßnahmen in der Bundesrepublik zu entfalten suchte.
Das MfS hat als ein Instrument der DDR, insbesondere der SED-Führung, die politischen Interessen des Staates inoffiziell in der Bundesrepublik Deutschland unterstützt. Die Westarbeit des MfS bestand aus Spionageaktivitäten, also der nachrichtendienstlichen Beschaffung von Informationen, Patenten, Verfahren und Mustern durch das MfS.
Die Bezeichnungen Westarbeit und Spionage meinen in diesem Kontext das, was beim MfS mit "operative Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" bezeichnet wird. Im engeren Sinne also die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern im "Operationsgebiet", bei dem es sich überwiegend um die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin handelte, aber auch die in der NATO und der Europäischen Gemeinschaft verbundenen Staaten einschloss.
Im weiteren Sinne fallen darunter auch die Funkaufklärung und der Einsatz von Offizieren im besonderen Einsatz in Botschaften, Konsulaten usw. Erfolgte diese operative Arbeit bis Anfang der 70er Jahre wesentlich "illegal", ergaben sich mit der zunehmenden Anerkennung der DDR auch verstärkt "legale" Zugänge über die Einrichtung von Botschaften, von denen aus das MfS mit "legal abgedeckten Residenturen" arbeiten konnte.
Für die Beschaffung von wissenschaftlich-technischen, politischen und militärischen Informationen war vor allem die Hauptverwaltung A zuständig, aber nahezu gleichrangig zahlreiche Abwehrdiensteinheiten des MfS. Die Hauptabteilung I, in der DDR für die Absicherung des Militärkomplexes verantwortlich, erkundete auch die Bundeswehr, den Bundesgrenzschutz, den Zollgrenzdienst, die Bayerische Grenzpolizei und diverse Einrichtungen der NATO.
Die Hauptabteilung II, mit der "offensiven Abwehr" ausländischer Nachrichtendienste in der DDR befasst, arbeitete zeitweise auch gegen den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz sowie den Militärischen Abschirmdienst. Die Hauptabteilung VI überwachte neben dem Ein-, Ausreise- und Transitverkehr in der DDR auch den über innerdeutsche Grenzen hinaus von und nach Westberlin.
Die Hauptabteilung VII unterhielt im "Operationsgebiet" ebenfalls ein Netz, das im klassischen Sinne kriminelle Aktivitäten wie Schmuggel aufzuklären hatte. Die Hauptabteilung VIII war für Ermittlungen und Beobachtungen zuständig. Zugleich war sie Servicediensteinheit für alle Diensteinheiten des MfS, indem sie den Informationsbedarf über Bundesbürger bediente.
Neben der Sicherungsarbeit in den Bereichen Staatsapparat, Blockparteien und "politischer Untergrundtätigkeit" war die Hauptabteilung XX im "Operationsgebiet" für alle Einrichtungen zuständig, die sich mit der DDR befassten. Im Visier der Hauptabteilung XXII standen links- und rechtsextremistische, überwiegend terroristische Gruppen.
Schließlich wäre auf Hauptabteilungsebene noch die Zentrale Kontrollgruppe anzuführen, die sich mit besonders DDR-kritischen Gruppen befasste, wie z. B. der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte oder den Fluchthilfeorganisationen. Mit der Westarbeit waren nicht allein die zentralen Abwehrdiensteinheiten befasst, sondern ihre Linien (Linienprinzip) erstreckten sich meist auch auf Bezirks- und im Einzelfall auf Kreisverwaltungsebene des MfS.
In den Kontext der Westarbeit sind auch die etwa 400 Entführungen von Bürgern aus der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin zu zählen sowie vereinzelte Versuche und Erwägungen, Bürger zu töten, wobei bislang ein Mord nicht nachgewiesen ist. Das MfS selbst verstand unter der "Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" die "Gesamtheit der politisch-operativen Kräfte des MfS im Operationsgebiet und die Nutzung solcher Personen aus dem Operationsgebiet, die zur Erfüllung operativer Aufgaben geeignet sind".
Die HV A und ihre Abteilungen XV in den Bezirksverwaltungen arbeiteten nach Schwerpunkten im "Operationsgebiet", ihre innere Struktur drückte die entsprechende Interessenlage aus.
Demnach konzentrierte sich die Abt. I auf Politik und strategische Absichten der Bundesregierung, die Abt. II auf die Parteien, Gewerkschaften, Landsmannschaften im "Operationsgebiet", die Abt. III steuerte die operative Arbeit der "legal abgedeckten Residenturen" in DDR-Botschaften, Konsulaten und Handelseinrichtungen, und die Abt. IV beschäftigte sich mit den militärischen Zentren" in der Bundesrepublik Deutschland, wozu das Bundesministerium der Verteidigung, Wehrbezirkskommandos der Bundeswehr und diverse US-amerikanische Einrichtungen gehörten. Die Abt. IX befasste sich mit westlichen Nachrichtendiensten, die Abt. XI mit den USA und die Abt. XII mit der NATO.
Die Abteilungen XIII bis XV gehörten zum Sektor Wissenschaft und Technik, der systematisch Patente, Verfahren und Muster für die DDR- und osteuropäische Forschung und Wirtschaft beschaffte. Schwerpunkte waren die Fachgebiete Energie, Biologie, Chemie, Elektronik, Elektrotechnik und Maschinenbau sowie das Bemühen, die Embargopolitik zu unterlaufen. Für offizielle, mithin dienstliche Kontakte zwischen beispielsweise DDR- und bundesdeutschen Wissenschaftlern oder Politikern war eigens die Abt. XVI der HV A zuständig, die auf diesem Weg an relevante Informationen gelangen sollte.
Während all diese Abteilungen der HV A überwiegend informationsbeschaffend tätig waren, verfügte sie mit der Abt. X eigens über eine Struktureinheit, die systematisch aktive Maßnahmen in der Bundesrepublik zu entfalten suchte.
Vernehmung von Werner Haase im Schauprozess gegen ihn und Weitere wegen Spionage für die Organisation Gehlen (Teil 1) Audio, 41 Minuten, 35 Sekunden
Vernehmung von Walter Schneider im Schauprozess gegen ihn wegen Spionage für die Organisation Gehlen Audio, 41 Minuten, 45 Sekunden
Vernehmung von Werner Haase im Schauprozess gegen ihn und Weitere wegen Spionage für die Organisation Gehlen (Teil 2) Audio, 58 Minuten, 26 Sekunden
Zeugenvernehmung von Hans-Joachim Geyer im Spionageprozess gegen Werner Haase und Weitere Audio, 15 Minuten, 23 Sekunden