Signatur: BStU, MfS, HA IX, Nr. 24638, Bd. 4, Bl. 113-119
Das Vernehmungsprotokoll der Stasi dokumentiert Teskes beruflichen Werdegang nach Abschluss seines Studiums an der Humboldt-Universität.
Werner Teske arbeitete seit September 1969 als Hauptamtlicher Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Bis 1975 stieg er zum Hauptmann auf. Für die Stasi war er häufig in Westdeutschland tätig. Doch die Arbeit beim MfS frustrierte den promovierten Wirtschaftswissenschaftler zunehmend, da er das wissenschaftliche Arbeiten vermisste. So schwand sein Engagement – während sich dienstliche Unregelmäßigkeiten häuften.
Als sein Fehlverhalten entdeckt wurde, gestand Teske im September 1980, mit dem Gedanken gespielt zu haben, in den Westen zu fliehen. Dazu entwendete er dienstliche Unterlagen und versteckte sie bei sich zu Hause. Die Stasi verhaftete Teske und leitete gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen Spionage und Vorbereitung zur Fahnenflucht ein.
Das vorliegende Dokument ist ein Vernehmungsprotokoll vom Dezember 1980. Darin ist der berufliche Werdegang Teskes nach Abschluss seines Studiums festgehalten. Es zeigt, wie sich Teske erfolgreich an der Humboldt-Universität profilierte und wie die Zusammenarbeit mit der Geheimpolizei zustande kam. Im Protokoll ist auch festgehalten, warum sich Teske von der Stasi distanzierte.
Ein knappes halbes Jahr später stand Teske vor Gericht. Wegen "vorbereiteter und vollendeter Spionage im besonders schweren Fall in Tateinheit mit vorbereiteter Fahnenflucht im schweren Fall" verurteilte ihn der Militärstrafsenat des Obersten Gericht zum Tode. Die Hinrichtung erfolgte am 26. Juni 1981 per Genickschuss in Leipzig. Es war das letzte vollstreckte Todesurteil in der DDR.
Die Stasi ließ seinen Namen aus allen Urkunden und Zeugnissen löschen. Teskes Frau und Tochter erhielten eine neue Identität. Erst nach dem Sturz des SED-Regimes erfuhr Teskes Familie von den Umständen seines Todes.
Die Geheimhaltung ergab sich einfach schon daraus, daß jeder unbedachte Schritt des MfS-Angehörigen schwere Folgen für die Kämpfer, für die Patrioten außerhalb unseres Staatsgebietes haben konnte. Ich selbst hatte Kontakt zu mehreren Patrioten, habe mich um ihre Sicherheit gesorgt, mit ihnen die übernommenen Aufgaben besprochen u.v.a.m. Mir hat auch anfangs, solange alles für mich Neuland gewesen ist, die operative Arbeit im MfS gefallen. Aber bald differierten die Vorstellungen über meine beruflichen Ziele und Neigungen mit den Notwendigkeiten der operativen Arbeit. Besonders störte mich der hohe Anteil der organisatorischen Arbeit zum Verhältnis der schöpferischen Tätigkeit, so wie ich es von früher kannte. Hinzu kam, daß ich alle meine bisherigen Kenntnisse nur sehr selten anwenden konnte und mein konkretes Wissen über die Finanzwirtschaft auf den Stand von 1969 stagniert, oder eher noch zurückgegangen ist. Ich kam mit der Frage nicht klar, wieso ich als Promovierter zum MfS geholt wurde, damit das mir selbst gestellte Ziel zerstört wurde, wo diese Tätigkeit des MfS an solche Voraussetzungen nicht geknüpft ist. In meinem Beruf bin ich doch nichts mehr,und er hatte mir einmal alles bedeutet. Mich störte auch das Einzelkämpferdasein, Reglementierungen auf der untersten Leitungsebene und die viele Routinearbeit.
Die Folge all dieser Erscheinungen, die sich bis 1980 eskalierten, da ja keine Änderungen in meinem Leben eintraten, waren Unlust und Oberflächlichkeit in der Arbeit, woraus wiederum berechtigte Kritik resultierte und die Verärgerungen steigerte, was auch mit ein Grund eines ständigen erhöhten Alkoholgenusses gewesen ist. Des weiteren gibt es von mir mehrfache Verfehlungen im Dienstbereich, die ich wegen ihren Konsequenzen nicht offenbaren wollte, woraus sich aber der Druck ergab, nicht das Kollektiv zu wechseln bzw. um meine Entlassung aus dem MfS nachzusuchen.
Aus diesem Teufelskreis sah ich keinen ordnungsgemäßen Ausweg und hinzu kamen noch Verärgerungen in der Familie, die meine Gesamtsituation negativ beeinflußten.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Die hauptamtlichen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit bildeten die personelle Basis des Geheimpolizeiapparates. Sie verstanden sich in der Tradition der sowjetischen Geheimpolizei als "Tschekisten" und Parteisoldaten an der "unsichtbaren Front". Jenseits dieser Selbstmystifizierung repräsentierten sie den gewaltsamen Kern kommunistischer Machtausübung. In der staatssozialistischen Gesellschaft waren sie Teil der staatsloyalen Dienstklasse und pflegten den Korpsgeist einer Elite von "Genossen erster Kategorie" (Wilhelm Zaisser).
Der hauptamtliche Apparat des Ministeriums für Staatssicherheit hatte 1989 einen Umfang von 91.015 Mitarbeitern (Stichdatum: 31.10.1989) und war damit – gemessen an der Bevölkerungszahl – einer der größten geheimen Sicherheitsapparate der Welt.
In den 50er Jahren hatte sich das MfS als stalinistische Geheimpolizei etabliert und erreichte bereits 1956 eine Personalstärke von rund 16 000 Mitarbeitern. Am stärksten wuchs der Stasi-Apparat von 1968 bis 1982. Die Weichenstellungen hierfür gingen seit Mitte der 60er Jahre mit einer neokonservativen Renaissance des Sicherheitsdenkens in der sowjetischen und DDR-Parteiführung einher und wurden durch die Erfahrungen des Prager Frühlings und seiner Niederschlagung 1968 bestätigt.
Hinter der Expansion stand ein groß angelegtes Abwehrprogramm gegen die intensivierten Kontakte nach Westdeutschland im Zuge der Entspannungspolitik. Das ausufernde Aufgabenverständnis mit dem Ziel der Massenüberwachung und die Arbeitsteilung der Großbürokratie erforderten immer mehr Personal. Aufgrund der Krise der Staatsfinanzen in der DDR musste das MfS ab 1983 jedoch die Zuwachsraten beim hauptamtlichen Personal deutlich absenken.
Die hauptamtlichen Mitarbeiter galten als Teil der kommunistischen Parteiavantgarde, von der Stalin gesagt hatte: "Die Kader entscheiden alles." Diesem Verständnis gemäß wählte die Staatssicherheit ihr Personal nach strengen Kriterien aus, was die Linientreue und die Abschottung zum Westen anging. Allgemeinbildung und besondere fachliche Qualifikationen gewannen erst im Laufe der Jahre eine gewisse Bedeutung. Da es in der DDR keine Beamten gab, standen die MfS-Mitarbeiter im Dienstverhältnis eines Berufssoldaten. Ausnahmen waren neben wenigen Zivilbeschäftigten die Zeitsoldaten des Wachregiments "Feliks Dzierżyński" (sowie an einigen anderen Stellen im Apparat Unteroffiziere auf Zeit).
Die Initiative für die Aufnahme in den MfS-Dienst musste in aller Regel vom MfS ausgehen. Selbstbewerber wurden verdächtigt, feindliche Spione zu sein. Faktisch war die Mitgliedschaft in der SED vorgeschrieben; allerdings durfte bei jungen Einstellungskandidaten die Aufnahme in die Partei auch noch nach Dienstantritt erfolgen. Neben der ideologischen Linientreue stand das Verbot jeglicher Westkontakte im Zentrum der Rekrutierungsregeln: Aus Furcht vor dem Eindringen gegnerischer Geheimdienste durften die Mitarbeiter sowie ihre engere Familie keine persönlichen Verbindungen in den Westen unterhalten. Gab es Verwandte im Westen, so war der Kontakt zu ihnen abzubrechen.
Ehemalige Nationalsozialisten stellte die Stasi grundsätzlich nicht ein.
In den 50er Jahren erfolgte die Werbung häufig aus der Volkspolizei oder hauptamtlichen SED- und FDJ-Funktionen. Außerdem hielten die Offiziere in den Betrieben und Einrichtungen, die sie zu überwachen hatten, Ausschau nach geeigneten Kandidaten. Später suchte das MfS systematisch in den Musterungsjahrgängen. In den 80er Jahren ließ die Bereitschaft jugendlicher Einstellungskandidaten selbst aus dem SED-nahen Milieu nach, sich den Kontaktverboten und rigiden Verhaltensregeln des MfS zu unterwerfen. Ab 1981 beteiligte es sich deshalb mit festen Sollquoten an der militärischen Nachwuchswerbung ab der 7. Klasse der Polytechnischen Oberschule.
An der Spitze des Apparates stand seit 1950 ein harter Kern von erfahrenen kommunistischen Untergrundkadern mit langjährigen Erfahrungen in den Straßenkämpfen und Saalschlachten während der Weimarer Republik, dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus, der Haft in Zuchthaus und Konzentrationslager, der Emigration in die Sowjetunion, des Militärdienstes im Spanischen Bürgerkrieg sowie in Partisanen- und Agenteneinsätzen im Zweiten Weltkrieg. Nach 1945 hatten diese Kader die Polizei der Sowjetischen Besatzungszone nach kommunistischen Vorstellungen aufgebaut. Einige von ihnen prägten die Atmosphäre im Apparat bis in die späten Jahre, allen voran der seit 1957 amtierende Minister, Armeegeneral Mielke.
Da es nur einige Hundert solcher kommunistischer Polizei- und Militärkader gab, erfolgte der Personalausbau zunächst überwiegend mit jungen Männern, die vor 1945 durch die Hitlerjugend und den Krieg geprägt worden waren und nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches häufig über die Freie Deutsche Jugend (FDJ) zur Volkspolizei gekommen waren. Meist stammten sie aus unterprivilegierten Verhältnissen und hatten nur eine einfache Volksschulbildung.
Prägend für diese Generation waren neben den alten Kommunisten als Vorbilder die Indoktrination durch Stalins Lehre von der ständigen Verschärfung des Klassenkampfs sowie die alltäglichen Erlebnisse im Apparat: die Suche nach angeblichen oder tatsächlichen Agenten westlicher "Feindorganisationen", die Verhaftungen und nächtelangen Verhöre bis zum Geständnis, das Gefühl der schrankenlosen Macht.
Seit den 60er und 70er Jahren stillte das MfS seinen Personalhunger überwiegend aus Elternhäusern der sozialistischen Dienstklasse. Mehr als die Hälfte der eingestellten Nachwuchskräfte waren Funktionärskinder, vorwiegend aus den bewaffneten Organen (MfS, NVA, DVP) und dem SED-Parteiapparat.
Frauen waren im MfS-Apparat mit einem Anteil von ca. 16 bis 19 Prozent stets eine Minderheit und überwiegend auf typische Berufe wie Sekretärinnen usw. festgelegt. Für die eigentliche geheimdienstliche Arbeit spielten sie nur in der Informationsauswertung sowie bei der Postkontrolle eine gewisse Rolle. Weibliche Führungsoffiziere für inoffizielle Mitarbeiter oder Vernehmungsoffiziere gab es selten, weibliche Generäle gar nicht.
Die Besoldungsregeln der MfS-Mitarbeiter entsprachen formell weitgehend denen der anderen bewaffneten Organe (NVA, DVP). Die Eingruppierung erfolgte beim MfS jedoch bei vergleichbarem Qualifikationsniveau und Tätigkeitsprofil mehrere Dienststellungs- und Dienstgradstufen höher. Dadurch kam eine erheblich höhere Bezahlung zustande.
Nach den Beschlüssen zur Auflösung des MfS wurden die hauptamtlichen Mitarbeiter bis zum 31.3.1990 aus dem militärischen Dienstverhältnis entlassen. In der vereinigten Bundesrepublik sind sie häufig in privaten Sicherheitsunternehmen, Detekteien, Versicherungen sowie im Bereich der öffentlichen Beschäftigungsförderung tätig geworden. Etwa 1 500 hauptamtliche Mitarbeiter sind in den Polizeidienst des Bundes und der neuen Länder übernommen worden. Die Gesamtzahl der MfS-Mitarbeiter im öffentlichen Dienst ist nicht bekannt. Strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen wurden nach 1990 nur wenige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit.
Erstes Stadium des Strafverfahrens, steht formal unter Leitung des Staatsanwaltes (§ 87 StPO/1968). Die eigentlichen Ermittlungen werden von den staatlichen Untersuchungsorganen (Polizei, MfS, Zoll) durchgeführt (§ 88 StPO/1968) und vom Staatsanwalt beaufsichtigt (§ 89 StPO/1968).
Tatsächlich waren für die Ermittlungen des MfS lediglich die zuvor vom MfS ausgewählten Staatsanwälte der Abteilungen IA zuständig, die gemäß MfS-internen Regelungen keine Einsicht in Unterlagen oder Ermittlungen, die nicht der StPO entsprachen, bekommen durften. Faktisch gab es daher eine doppelte Aktenführung in der zuständigen Linie IX: den internen Untersuchungsvorgang und die für Staatsanwaltschaft und Gericht bestimmte Gerichtsakte und somit keine wirksame staatsanwaltschaftliche Aufsicht über die MfS-Ermittlungen. Einleitung wie auch Einstellung des Ermittlungsverfahrens konnten selbständig von den Untersuchungsorganen verfügt werden (§§ 98, 141 StPO/1968).
Mit dem Ermittlungsverfahren verbunden waren Eingriffe in die persönliche Freiheit Beschuldigter durch die Untersuchungsorgane wie die Beschuldigten- und Zeugenvernehmung, die Durchsuchung, die Beschlagnahme, die Festnahme oder die Untersuchungshaft. In der Tätigkeit des MfS stellte das Ermittlungsverfahren einen besonders wirksamen Teil des repressiven Vorgehens gegen politische Gegner dar.
Ein Untersuchungsvorgang war eine bei einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren des MfS und ggf. dem späteren Gerichtsverfahren entstandene Akte, die den Hergang des Strafverfahrens widerspiegelt und auch häufig Informationen zur Strafvollstreckung enthält.
Untersuchungsvorgänge zeigen die offizielle wie auch die inoffizielle Ebene des Verfahrens. Sie enthalten sowohl das strafprozessual legale Material (Haftbefehl, Vernehmungsprotokolle, Anklageschrift, Verhandlungsprotokoll, Urteil u. a.) als auch Dokumente geheimpolizeilichen Charakters, etwa zu konspirativen Ermittlungsmaßnahmen operativer Abteilungen oder Berichte von Zelleninformatoren.
Ein archivierter Untersuchungsvorgang kann bis zu sieben Bestandteile umfassen: Gerichtsakte, Beiakte zur Gerichtsakte, Handakte zur Gerichtsakte, Handakte zum Ermittlungsverfahren, Beiakte zur Handakte des Ermittlungsverfahrens, manchmal auch Vollstreckungsakten und ggf. die Akte des Revisions- oder Kassationsverfahrens.
Das MfS hat als ein Instrument der DDR, insbesondere der SED-Führung, die politischen Interessen des Staates inoffiziell in der Bundesrepublik Deutschland unterstützt. Die Westarbeit des MfS bestand aus Spionageaktivitäten, also der nachrichtendienstlichen Beschaffung von Informationen, Patenten, Verfahren und Mustern durch das MfS.
Die Bezeichnungen Westarbeit und Spionage meinen in diesem Kontext das, was beim MfS mit "operative Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" bezeichnet wird. Im engeren Sinne also die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern im "Operationsgebiet", bei dem es sich überwiegend um die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin handelte, aber auch die in der NATO und der Europäischen Gemeinschaft verbundenen Staaten einschloss.
Im weiteren Sinne fallen darunter auch die Funkaufklärung und der Einsatz von Offizieren im besonderen Einsatz in Botschaften, Konsulaten usw. Erfolgte diese operative Arbeit bis Anfang der 70er Jahre wesentlich "illegal", ergaben sich mit der zunehmenden Anerkennung der DDR auch verstärkt "legale" Zugänge über die Einrichtung von Botschaften, von denen aus das MfS mit "legal abgedeckten Residenturen" arbeiten konnte.
Für die Beschaffung von wissenschaftlich-technischen, politischen und militärischen Informationen war vor allem die Hauptverwaltung A zuständig, aber nahezu gleichrangig zahlreiche Abwehrdiensteinheiten des MfS. Die Hauptabteilung I, in der DDR für die Absicherung des Militärkomplexes verantwortlich, erkundete auch die Bundeswehr, den Bundesgrenzschutz, den Zollgrenzdienst, die Bayerische Grenzpolizei und diverse Einrichtungen der NATO.
Die Hauptabteilung II, mit der "offensiven Abwehr" ausländischer Nachrichtendienste in der DDR befasst, arbeitete zeitweise auch gegen den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz sowie den Militärischen Abschirmdienst. Die Hauptabteilung VI überwachte neben dem Ein-, Ausreise- und Transitverkehr in der DDR auch den über innerdeutsche Grenzen hinaus von und nach Westberlin.
Die Hauptabteilung VII unterhielt im "Operationsgebiet" ebenfalls ein Netz, das im klassischen Sinne kriminelle Aktivitäten wie Schmuggel aufzuklären hatte. Die Hauptabteilung VIII war für Ermittlungen und Beobachtungen zuständig. Zugleich war sie Servicediensteinheit für alle Diensteinheiten des MfS, indem sie den Informationsbedarf über Bundesbürger bediente.
Neben der Sicherungsarbeit in den Bereichen Staatsapparat, Blockparteien und "politischer Untergrundtätigkeit" war die Hauptabteilung XX im "Operationsgebiet" für alle Einrichtungen zuständig, die sich mit der DDR befassten. Im Visier der Hauptabteilung XXII standen links- und rechtsextremistische, überwiegend terroristische Gruppen.
Schließlich wäre auf Hauptabteilungsebene noch die Zentrale Kontrollgruppe anzuführen, die sich mit besonders DDR-kritischen Gruppen befasste, wie z. B. der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte oder den Fluchthilfeorganisationen. Mit der Westarbeit waren nicht allein die zentralen Abwehrdiensteinheiten befasst, sondern ihre Linien (Linienprinzip) erstreckten sich meist auch auf Bezirks- und im Einzelfall auf Kreisverwaltungsebene des MfS.
In den Kontext der Westarbeit sind auch die etwa 400 Entführungen von Bürgern aus der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin zu zählen sowie vereinzelte Versuche und Erwägungen, Bürger zu töten, wobei bislang ein Mord nicht nachgewiesen ist. Das MfS selbst verstand unter der "Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" die "Gesamtheit der politisch-operativen Kräfte des MfS im Operationsgebiet und die Nutzung solcher Personen aus dem Operationsgebiet, die zur Erfüllung operativer Aufgaben geeignet sind".
Die HV A und ihre Abteilungen XV in den Bezirksverwaltungen arbeiteten nach Schwerpunkten im "Operationsgebiet", ihre innere Struktur drückte die entsprechende Interessenlage aus.
Demnach konzentrierte sich die Abt. I auf Politik und strategische Absichten der Bundesregierung, die Abt. II auf die Parteien, Gewerkschaften, Landsmannschaften im "Operationsgebiet", die Abt. III steuerte die operative Arbeit der "legal abgedeckten Residenturen" in DDR-Botschaften, Konsulaten und Handelseinrichtungen, und die Abt. IV beschäftigte sich mit den militärischen Zentren" in der Bundesrepublik Deutschland, wozu das Bundesministerium der Verteidigung, Wehrbezirkskommandos der Bundeswehr und diverse US-amerikanische Einrichtungen gehörten. Die Abt. IX befasste sich mit westlichen Nachrichtendiensten, die Abt. XI mit den USA und die Abt. XII mit der NATO.
Die Abteilungen XIII bis XV gehörten zum Sektor Wissenschaft und Technik, der systematisch Patente, Verfahren und Muster für die DDR- und osteuropäische Forschung und Wirtschaft beschaffte. Schwerpunkte waren die Fachgebiete Energie, Biologie, Chemie, Elektronik, Elektrotechnik und Maschinenbau sowie das Bemühen, die Embargopolitik zu unterlaufen. Für offizielle, mithin dienstliche Kontakte zwischen beispielsweise DDR- und bundesdeutschen Wissenschaftlern oder Politikern war eigens die Abt. XVI der HV A zuständig, die auf diesem Weg an relevante Informationen gelangen sollte.
Während all diese Abteilungen der HV A überwiegend informationsbeschaffend tätig waren, verfügte sie mit der Abt. X eigens über eine Struktureinheit, die systematisch aktive Maßnahmen in der Bundesrepublik zu entfalten suchte.
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Signatur: BStU, MfS, HA IX, Nr. 24638, Bd. 4, Bl. 113-119
Das Vernehmungsprotokoll der Stasi dokumentiert Teskes beruflichen Werdegang nach Abschluss seines Studiums an der Humboldt-Universität.
Werner Teske arbeitete seit September 1969 als Hauptamtlicher Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Bis 1975 stieg er zum Hauptmann auf. Für die Stasi war er häufig in Westdeutschland tätig. Doch die Arbeit beim MfS frustrierte den promovierten Wirtschaftswissenschaftler zunehmend, da er das wissenschaftliche Arbeiten vermisste. So schwand sein Engagement – während sich dienstliche Unregelmäßigkeiten häuften.
Als sein Fehlverhalten entdeckt wurde, gestand Teske im September 1980, mit dem Gedanken gespielt zu haben, in den Westen zu fliehen. Dazu entwendete er dienstliche Unterlagen und versteckte sie bei sich zu Hause. Die Stasi verhaftete Teske und leitete gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen Spionage und Vorbereitung zur Fahnenflucht ein.
Das vorliegende Dokument ist ein Vernehmungsprotokoll vom Dezember 1980. Darin ist der berufliche Werdegang Teskes nach Abschluss seines Studiums festgehalten. Es zeigt, wie sich Teske erfolgreich an der Humboldt-Universität profilierte und wie die Zusammenarbeit mit der Geheimpolizei zustande kam. Im Protokoll ist auch festgehalten, warum sich Teske von der Stasi distanzierte.
Ein knappes halbes Jahr später stand Teske vor Gericht. Wegen "vorbereiteter und vollendeter Spionage im besonders schweren Fall in Tateinheit mit vorbereiteter Fahnenflucht im schweren Fall" verurteilte ihn der Militärstrafsenat des Obersten Gericht zum Tode. Die Hinrichtung erfolgte am 26. Juni 1981 per Genickschuss in Leipzig. Es war das letzte vollstreckte Todesurteil in der DDR.
Die Stasi ließ seinen Namen aus allen Urkunden und Zeugnissen löschen. Teskes Frau und Tochter erhielten eine neue Identität. Erst nach dem Sturz des SED-Regimes erfuhr Teskes Familie von den Umständen seines Todes.
Ich bin seit Jahren mit meiner beruflichen Tätigkeit im MfS unzufrieden, sie macht mir keine Freude, ich begreife es als wichtige Aufgabe vom Verstand her, mehr aber nicht.
Die Arbeitsfreude, wie ich sie an der Universität hatte, habe ich nie wieder erreicht.
Ich habe das Protokoll gelesen. Der Inhalt desselben entspricht in allen Teilen meinen Aussagen. Meine Worte sind darin richtig wiedergegeben.
Dr. Teske
[handschriftlich: Block]
Hauptmann
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Die hauptamtlichen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit bildeten die personelle Basis des Geheimpolizeiapparates. Sie verstanden sich in der Tradition der sowjetischen Geheimpolizei als "Tschekisten" und Parteisoldaten an der "unsichtbaren Front". Jenseits dieser Selbstmystifizierung repräsentierten sie den gewaltsamen Kern kommunistischer Machtausübung. In der staatssozialistischen Gesellschaft waren sie Teil der staatsloyalen Dienstklasse und pflegten den Korpsgeist einer Elite von "Genossen erster Kategorie" (Wilhelm Zaisser).
Der hauptamtliche Apparat des Ministeriums für Staatssicherheit hatte 1989 einen Umfang von 91.015 Mitarbeitern (Stichdatum: 31.10.1989) und war damit – gemessen an der Bevölkerungszahl – einer der größten geheimen Sicherheitsapparate der Welt.
In den 50er Jahren hatte sich das MfS als stalinistische Geheimpolizei etabliert und erreichte bereits 1956 eine Personalstärke von rund 16 000 Mitarbeitern. Am stärksten wuchs der Stasi-Apparat von 1968 bis 1982. Die Weichenstellungen hierfür gingen seit Mitte der 60er Jahre mit einer neokonservativen Renaissance des Sicherheitsdenkens in der sowjetischen und DDR-Parteiführung einher und wurden durch die Erfahrungen des Prager Frühlings und seiner Niederschlagung 1968 bestätigt.
Hinter der Expansion stand ein groß angelegtes Abwehrprogramm gegen die intensivierten Kontakte nach Westdeutschland im Zuge der Entspannungspolitik. Das ausufernde Aufgabenverständnis mit dem Ziel der Massenüberwachung und die Arbeitsteilung der Großbürokratie erforderten immer mehr Personal. Aufgrund der Krise der Staatsfinanzen in der DDR musste das MfS ab 1983 jedoch die Zuwachsraten beim hauptamtlichen Personal deutlich absenken.
Die hauptamtlichen Mitarbeiter galten als Teil der kommunistischen Parteiavantgarde, von der Stalin gesagt hatte: "Die Kader entscheiden alles." Diesem Verständnis gemäß wählte die Staatssicherheit ihr Personal nach strengen Kriterien aus, was die Linientreue und die Abschottung zum Westen anging. Allgemeinbildung und besondere fachliche Qualifikationen gewannen erst im Laufe der Jahre eine gewisse Bedeutung. Da es in der DDR keine Beamten gab, standen die MfS-Mitarbeiter im Dienstverhältnis eines Berufssoldaten. Ausnahmen waren neben wenigen Zivilbeschäftigten die Zeitsoldaten des Wachregiments "Feliks Dzierżyński" (sowie an einigen anderen Stellen im Apparat Unteroffiziere auf Zeit).
Die Initiative für die Aufnahme in den MfS-Dienst musste in aller Regel vom MfS ausgehen. Selbstbewerber wurden verdächtigt, feindliche Spione zu sein. Faktisch war die Mitgliedschaft in der SED vorgeschrieben; allerdings durfte bei jungen Einstellungskandidaten die Aufnahme in die Partei auch noch nach Dienstantritt erfolgen. Neben der ideologischen Linientreue stand das Verbot jeglicher Westkontakte im Zentrum der Rekrutierungsregeln: Aus Furcht vor dem Eindringen gegnerischer Geheimdienste durften die Mitarbeiter sowie ihre engere Familie keine persönlichen Verbindungen in den Westen unterhalten. Gab es Verwandte im Westen, so war der Kontakt zu ihnen abzubrechen.
Ehemalige Nationalsozialisten stellte die Stasi grundsätzlich nicht ein.
In den 50er Jahren erfolgte die Werbung häufig aus der Volkspolizei oder hauptamtlichen SED- und FDJ-Funktionen. Außerdem hielten die Offiziere in den Betrieben und Einrichtungen, die sie zu überwachen hatten, Ausschau nach geeigneten Kandidaten. Später suchte das MfS systematisch in den Musterungsjahrgängen. In den 80er Jahren ließ die Bereitschaft jugendlicher Einstellungskandidaten selbst aus dem SED-nahen Milieu nach, sich den Kontaktverboten und rigiden Verhaltensregeln des MfS zu unterwerfen. Ab 1981 beteiligte es sich deshalb mit festen Sollquoten an der militärischen Nachwuchswerbung ab der 7. Klasse der Polytechnischen Oberschule.
An der Spitze des Apparates stand seit 1950 ein harter Kern von erfahrenen kommunistischen Untergrundkadern mit langjährigen Erfahrungen in den Straßenkämpfen und Saalschlachten während der Weimarer Republik, dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus, der Haft in Zuchthaus und Konzentrationslager, der Emigration in die Sowjetunion, des Militärdienstes im Spanischen Bürgerkrieg sowie in Partisanen- und Agenteneinsätzen im Zweiten Weltkrieg. Nach 1945 hatten diese Kader die Polizei der Sowjetischen Besatzungszone nach kommunistischen Vorstellungen aufgebaut. Einige von ihnen prägten die Atmosphäre im Apparat bis in die späten Jahre, allen voran der seit 1957 amtierende Minister, Armeegeneral Mielke.
Da es nur einige Hundert solcher kommunistischer Polizei- und Militärkader gab, erfolgte der Personalausbau zunächst überwiegend mit jungen Männern, die vor 1945 durch die Hitlerjugend und den Krieg geprägt worden waren und nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches häufig über die Freie Deutsche Jugend (FDJ) zur Volkspolizei gekommen waren. Meist stammten sie aus unterprivilegierten Verhältnissen und hatten nur eine einfache Volksschulbildung.
Prägend für diese Generation waren neben den alten Kommunisten als Vorbilder die Indoktrination durch Stalins Lehre von der ständigen Verschärfung des Klassenkampfs sowie die alltäglichen Erlebnisse im Apparat: die Suche nach angeblichen oder tatsächlichen Agenten westlicher "Feindorganisationen", die Verhaftungen und nächtelangen Verhöre bis zum Geständnis, das Gefühl der schrankenlosen Macht.
Seit den 60er und 70er Jahren stillte das MfS seinen Personalhunger überwiegend aus Elternhäusern der sozialistischen Dienstklasse. Mehr als die Hälfte der eingestellten Nachwuchskräfte waren Funktionärskinder, vorwiegend aus den bewaffneten Organen (MfS, NVA, DVP) und dem SED-Parteiapparat.
Frauen waren im MfS-Apparat mit einem Anteil von ca. 16 bis 19 Prozent stets eine Minderheit und überwiegend auf typische Berufe wie Sekretärinnen usw. festgelegt. Für die eigentliche geheimdienstliche Arbeit spielten sie nur in der Informationsauswertung sowie bei der Postkontrolle eine gewisse Rolle. Weibliche Führungsoffiziere für inoffizielle Mitarbeiter oder Vernehmungsoffiziere gab es selten, weibliche Generäle gar nicht.
Die Besoldungsregeln der MfS-Mitarbeiter entsprachen formell weitgehend denen der anderen bewaffneten Organe (NVA, DVP). Die Eingruppierung erfolgte beim MfS jedoch bei vergleichbarem Qualifikationsniveau und Tätigkeitsprofil mehrere Dienststellungs- und Dienstgradstufen höher. Dadurch kam eine erheblich höhere Bezahlung zustande.
Nach den Beschlüssen zur Auflösung des MfS wurden die hauptamtlichen Mitarbeiter bis zum 31.3.1990 aus dem militärischen Dienstverhältnis entlassen. In der vereinigten Bundesrepublik sind sie häufig in privaten Sicherheitsunternehmen, Detekteien, Versicherungen sowie im Bereich der öffentlichen Beschäftigungsförderung tätig geworden. Etwa 1 500 hauptamtliche Mitarbeiter sind in den Polizeidienst des Bundes und der neuen Länder übernommen worden. Die Gesamtzahl der MfS-Mitarbeiter im öffentlichen Dienst ist nicht bekannt. Strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen wurden nach 1990 nur wenige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit.
Erstes Stadium des Strafverfahrens, steht formal unter Leitung des Staatsanwaltes (§ 87 StPO/1968). Die eigentlichen Ermittlungen werden von den staatlichen Untersuchungsorganen (Polizei, MfS, Zoll) durchgeführt (§ 88 StPO/1968) und vom Staatsanwalt beaufsichtigt (§ 89 StPO/1968).
Tatsächlich waren für die Ermittlungen des MfS lediglich die zuvor vom MfS ausgewählten Staatsanwälte der Abteilungen IA zuständig, die gemäß MfS-internen Regelungen keine Einsicht in Unterlagen oder Ermittlungen, die nicht der StPO entsprachen, bekommen durften. Faktisch gab es daher eine doppelte Aktenführung in der zuständigen Linie IX: den internen Untersuchungsvorgang und die für Staatsanwaltschaft und Gericht bestimmte Gerichtsakte und somit keine wirksame staatsanwaltschaftliche Aufsicht über die MfS-Ermittlungen. Einleitung wie auch Einstellung des Ermittlungsverfahrens konnten selbständig von den Untersuchungsorganen verfügt werden (§§ 98, 141 StPO/1968).
Mit dem Ermittlungsverfahren verbunden waren Eingriffe in die persönliche Freiheit Beschuldigter durch die Untersuchungsorgane wie die Beschuldigten- und Zeugenvernehmung, die Durchsuchung, die Beschlagnahme, die Festnahme oder die Untersuchungshaft. In der Tätigkeit des MfS stellte das Ermittlungsverfahren einen besonders wirksamen Teil des repressiven Vorgehens gegen politische Gegner dar.
Ein Untersuchungsvorgang war eine bei einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren des MfS und ggf. dem späteren Gerichtsverfahren entstandene Akte, die den Hergang des Strafverfahrens widerspiegelt und auch häufig Informationen zur Strafvollstreckung enthält.
Untersuchungsvorgänge zeigen die offizielle wie auch die inoffizielle Ebene des Verfahrens. Sie enthalten sowohl das strafprozessual legale Material (Haftbefehl, Vernehmungsprotokolle, Anklageschrift, Verhandlungsprotokoll, Urteil u. a.) als auch Dokumente geheimpolizeilichen Charakters, etwa zu konspirativen Ermittlungsmaßnahmen operativer Abteilungen oder Berichte von Zelleninformatoren.
Ein archivierter Untersuchungsvorgang kann bis zu sieben Bestandteile umfassen: Gerichtsakte, Beiakte zur Gerichtsakte, Handakte zur Gerichtsakte, Handakte zum Ermittlungsverfahren, Beiakte zur Handakte des Ermittlungsverfahrens, manchmal auch Vollstreckungsakten und ggf. die Akte des Revisions- oder Kassationsverfahrens.
Das MfS hat als ein Instrument der DDR, insbesondere der SED-Führung, die politischen Interessen des Staates inoffiziell in der Bundesrepublik Deutschland unterstützt. Die Westarbeit des MfS bestand aus Spionageaktivitäten, also der nachrichtendienstlichen Beschaffung von Informationen, Patenten, Verfahren und Mustern durch das MfS.
Die Bezeichnungen Westarbeit und Spionage meinen in diesem Kontext das, was beim MfS mit "operative Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" bezeichnet wird. Im engeren Sinne also die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern im "Operationsgebiet", bei dem es sich überwiegend um die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin handelte, aber auch die in der NATO und der Europäischen Gemeinschaft verbundenen Staaten einschloss.
Im weiteren Sinne fallen darunter auch die Funkaufklärung und der Einsatz von Offizieren im besonderen Einsatz in Botschaften, Konsulaten usw. Erfolgte diese operative Arbeit bis Anfang der 70er Jahre wesentlich "illegal", ergaben sich mit der zunehmenden Anerkennung der DDR auch verstärkt "legale" Zugänge über die Einrichtung von Botschaften, von denen aus das MfS mit "legal abgedeckten Residenturen" arbeiten konnte.
Für die Beschaffung von wissenschaftlich-technischen, politischen und militärischen Informationen war vor allem die Hauptverwaltung A zuständig, aber nahezu gleichrangig zahlreiche Abwehrdiensteinheiten des MfS. Die Hauptabteilung I, in der DDR für die Absicherung des Militärkomplexes verantwortlich, erkundete auch die Bundeswehr, den Bundesgrenzschutz, den Zollgrenzdienst, die Bayerische Grenzpolizei und diverse Einrichtungen der NATO.
Die Hauptabteilung II, mit der "offensiven Abwehr" ausländischer Nachrichtendienste in der DDR befasst, arbeitete zeitweise auch gegen den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz sowie den Militärischen Abschirmdienst. Die Hauptabteilung VI überwachte neben dem Ein-, Ausreise- und Transitverkehr in der DDR auch den über innerdeutsche Grenzen hinaus von und nach Westberlin.
Die Hauptabteilung VII unterhielt im "Operationsgebiet" ebenfalls ein Netz, das im klassischen Sinne kriminelle Aktivitäten wie Schmuggel aufzuklären hatte. Die Hauptabteilung VIII war für Ermittlungen und Beobachtungen zuständig. Zugleich war sie Servicediensteinheit für alle Diensteinheiten des MfS, indem sie den Informationsbedarf über Bundesbürger bediente.
Neben der Sicherungsarbeit in den Bereichen Staatsapparat, Blockparteien und "politischer Untergrundtätigkeit" war die Hauptabteilung XX im "Operationsgebiet" für alle Einrichtungen zuständig, die sich mit der DDR befassten. Im Visier der Hauptabteilung XXII standen links- und rechtsextremistische, überwiegend terroristische Gruppen.
Schließlich wäre auf Hauptabteilungsebene noch die Zentrale Kontrollgruppe anzuführen, die sich mit besonders DDR-kritischen Gruppen befasste, wie z. B. der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte oder den Fluchthilfeorganisationen. Mit der Westarbeit waren nicht allein die zentralen Abwehrdiensteinheiten befasst, sondern ihre Linien (Linienprinzip) erstreckten sich meist auch auf Bezirks- und im Einzelfall auf Kreisverwaltungsebene des MfS.
In den Kontext der Westarbeit sind auch die etwa 400 Entführungen von Bürgern aus der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin zu zählen sowie vereinzelte Versuche und Erwägungen, Bürger zu töten, wobei bislang ein Mord nicht nachgewiesen ist. Das MfS selbst verstand unter der "Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" die "Gesamtheit der politisch-operativen Kräfte des MfS im Operationsgebiet und die Nutzung solcher Personen aus dem Operationsgebiet, die zur Erfüllung operativer Aufgaben geeignet sind".
Die HV A und ihre Abteilungen XV in den Bezirksverwaltungen arbeiteten nach Schwerpunkten im "Operationsgebiet", ihre innere Struktur drückte die entsprechende Interessenlage aus.
Demnach konzentrierte sich die Abt. I auf Politik und strategische Absichten der Bundesregierung, die Abt. II auf die Parteien, Gewerkschaften, Landsmannschaften im "Operationsgebiet", die Abt. III steuerte die operative Arbeit der "legal abgedeckten Residenturen" in DDR-Botschaften, Konsulaten und Handelseinrichtungen, und die Abt. IV beschäftigte sich mit den militärischen Zentren" in der Bundesrepublik Deutschland, wozu das Bundesministerium der Verteidigung, Wehrbezirkskommandos der Bundeswehr und diverse US-amerikanische Einrichtungen gehörten. Die Abt. IX befasste sich mit westlichen Nachrichtendiensten, die Abt. XI mit den USA und die Abt. XII mit der NATO.
Die Abteilungen XIII bis XV gehörten zum Sektor Wissenschaft und Technik, der systematisch Patente, Verfahren und Muster für die DDR- und osteuropäische Forschung und Wirtschaft beschaffte. Schwerpunkte waren die Fachgebiete Energie, Biologie, Chemie, Elektronik, Elektrotechnik und Maschinenbau sowie das Bemühen, die Embargopolitik zu unterlaufen. Für offizielle, mithin dienstliche Kontakte zwischen beispielsweise DDR- und bundesdeutschen Wissenschaftlern oder Politikern war eigens die Abt. XVI der HV A zuständig, die auf diesem Weg an relevante Informationen gelangen sollte.
Während all diese Abteilungen der HV A überwiegend informationsbeschaffend tätig waren, verfügte sie mit der Abt. X eigens über eine Struktureinheit, die systematisch aktive Maßnahmen in der Bundesrepublik zu entfalten suchte.
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