Signatur: BStU, MfS, HV A, Nr. 217, Bl. 118-124
Die Stasi verfolgte die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik im Jahr 1965 sehr genau. Auch danach berichtete sie der DDR-Führung regelmäßig die außenpolitischen Einschätzungen zu Israel aus westdeutschen Regierungskreisen.
Am 12. Mai 1965 vereinbarten Bundeskanzler Ludwig Erhard und der israelische Premierminister Levi Eschkol die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Dem Datum war eine jahrelange offizielle und geheime Annäherung von Israel und der Bundesrepublik vorausgegangen.
Die DDR dagegen unterhielt anders als die übrigen Staaten des Ostblocks zu keinem Zeitpunkt diplomatische Beziehungen zu Israel. Mit ihrer offen antizionistischen Haltung fand die DDR zunehmend Anerkennung in der arabischen Welt. Im Gegensatz dazu verlor die Bundesrepublik wegen ihrer Unterstützung Israels bei den arabischen Ländern an Ansehen und musste befürchten, dass diese die DDR als souveränen Staat anerkennen könnten.
Die westdeutsche Außenpolitik war zu dieser Zeit von der "Hallstein-Doktrin" geprägt. Nahm ein Land diplomatische Beziehungen zur DDR auf, wertete die Bundesrepublik dies als "unfreundlichen Akt", der zum Abbruch der diplomatischen Kontakte führen konnte.
Rund vier Monate vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen war es zu einem Affront gegen die Bundesrepublik gekommen. Der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser hatte den höchsten Repräsentanten der DDR, den Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht, als offiziellen Staatsgast eingeladen. Es war das erste Mal, dass ein Staat außerhalb des Ostblocks der DDR diese Möglichkeit bot. Vom 24. Februar bis 2. März 1965 besuchte Ulbricht Ägypten. Das Land war ein einflussreiches Mitglied der Organisation blockfreier Staaten und tonangebende Macht der Arabischen Liga.
Die Einladung Nassers an Ulbricht erfolgte auch als Antwort auf die jahrelangen, geheim gehaltenen Lieferungen von Waffen, Panzern und militärtauglichen Flugzeugen der Bundesrepublik an Israel gelten. Bereits Ende 1957 hatte es Sondierungen dazu gegeben, zwischen dem bundesdeutschen Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß und dem Generaldirektor des israelischen Verteidigungsministeriums Schimon Peres. In den folgenden Jahren dann lieferte die Bundesrepublik die zugesagte Militärausrüstung verschleiert über Frankreich an Israel.
Im Oktober 1964 schließlich wurde dieser bis dahin geheime Handel publik und sorgte für große Aufregung im arabischen Lager. Nassers Einladung an Ulbricht setzte die Bundesrepublik erneut unter Druck. Bis dahin war Ägypten ein Garant der Nicht-Anerkennung der DDR als Staat im Sinne der "Hallstein-Doktrin".
Ein Jahr später, im Mai 1966, dokumentierte die Stasi in einer Einzelinformation auf Grundlage "zuverlässiger interner Materialien" sowie "führender Bonner Regierungskreise" umfassende Einschätzungen bundesdeutscher Politiker zu Israel. Für die DDR-Führung dürfte vor allem interessant gewesen sein zu erfahren, dass man in Westdeutschland eine substanzielle Verbesserung der Beziehungen Israels zur Sowjetunion für unwahrscheinlich hielt. Positive Äußerungen der israelischen Führung über die Sowjetunion dienten ausschließlich dazu, eine Ausreise der sowjetischen Juden nach Israel zu erreichen, so die Bonner Einschätzungen.
aus dieser schwierigen Situation sehe Eschkol nur in einer Steigerung der Produktivität, Arbeitskraft und Kapital müßten auf Vorhaben konzentriert werden, die eine international konkurrensfähige Produktion ermöglichen und den westeuropäischen Standard erreichen. Alle künstlich hochgezogenen und unrentablen Unternehmen, gleichgültig, ob es sich um solche des Staates, der Histadruth oder um Privatgesellschaften handele, müßten aufgegeben werden.
Der sinkenden Arbeitsmoral und der Aufforderung, alle Anstrengungen zu ihrer Verbesserung zu unternehmen, widmete Eschkol einen großen Teil seiner Regierungserklärung. Die wilden Streiks, die Disziplinlosigkeit der Arbeiterräte in den Fabriken, die Bürokratie der Gewerkschaften und die geringe Standfestigkeit der Arbeitgeber gegenüber unberechtigten Lohnforderungen riefen in gleichem Maße die Kritik des israelischen Regierungschefs hervor. Von Bonner Seite müsse dazu festgestellt werden, daß sich der Enthusiasmus der Jahre der Staatsgründung langsam verflüchtigt und sich die große Schar derer, die mit Hingabe unter großem Opfern an dem Aufbau Israels gearbeitet haben, sich in Interessengruppen aufzulösen drohe, die nur bestrebt seien, sich einen möglichst großen Anteil am Sozialprodukt zu sichern.
Zu dem vorhandenen Verfall der Arbeitsmoral habe auch der Fremdenverkehr und der Umstand beigetragen, daß es viele Israelis zu großem Vermögen gebracht haben und in auch für europäische Verhältnisse luxuriösen Verhältnissen leben, während der Alltag der breiten Mengen nach wie vor ungewöhnlich hart geblieben sei. Die krassen Unterschiede im Lebensstandard seien nicht dazu angetan, den Pioniergeist der Massen zu stärken, sondern tragen zu einer Demoralisierung der Arbeitnehmer bei. Nach Meinung westdeutscher Regierungskreise beurteile Eschkol die Lage zutreffend, wenn er hervorhebt, daß dem Staate von der sinkenden Arbeitsmoral der Bevölkerung her eine ernste Gefahr drohe.
Was die Lage der arabischen Minderheit in Israel betreffe, so habe sich Eschkol zu sehr weitgehenden Zugeständnissen bereit-
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Signatur: BStU, MfS, HV A, Nr. 217, Bl. 118-124
Die Stasi verfolgte die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik im Jahr 1965 sehr genau. Auch danach berichtete sie der DDR-Führung regelmäßig die außenpolitischen Einschätzungen zu Israel aus westdeutschen Regierungskreisen.
Am 12. Mai 1965 vereinbarten Bundeskanzler Ludwig Erhard und der israelische Premierminister Levi Eschkol die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Dem Datum war eine jahrelange offizielle und geheime Annäherung von Israel und der Bundesrepublik vorausgegangen.
Die DDR dagegen unterhielt anders als die übrigen Staaten des Ostblocks zu keinem Zeitpunkt diplomatische Beziehungen zu Israel. Mit ihrer offen antizionistischen Haltung fand die DDR zunehmend Anerkennung in der arabischen Welt. Im Gegensatz dazu verlor die Bundesrepublik wegen ihrer Unterstützung Israels bei den arabischen Ländern an Ansehen und musste befürchten, dass diese die DDR als souveränen Staat anerkennen könnten.
Die westdeutsche Außenpolitik war zu dieser Zeit von der "Hallstein-Doktrin" geprägt. Nahm ein Land diplomatische Beziehungen zur DDR auf, wertete die Bundesrepublik dies als "unfreundlichen Akt", der zum Abbruch der diplomatischen Kontakte führen konnte.
Rund vier Monate vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen war es zu einem Affront gegen die Bundesrepublik gekommen. Der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser hatte den höchsten Repräsentanten der DDR, den Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht, als offiziellen Staatsgast eingeladen. Es war das erste Mal, dass ein Staat außerhalb des Ostblocks der DDR diese Möglichkeit bot. Vom 24. Februar bis 2. März 1965 besuchte Ulbricht Ägypten. Das Land war ein einflussreiches Mitglied der Organisation blockfreier Staaten und tonangebende Macht der Arabischen Liga.
Die Einladung Nassers an Ulbricht erfolgte auch als Antwort auf die jahrelangen, geheim gehaltenen Lieferungen von Waffen, Panzern und militärtauglichen Flugzeugen der Bundesrepublik an Israel gelten. Bereits Ende 1957 hatte es Sondierungen dazu gegeben, zwischen dem bundesdeutschen Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß und dem Generaldirektor des israelischen Verteidigungsministeriums Schimon Peres. In den folgenden Jahren dann lieferte die Bundesrepublik die zugesagte Militärausrüstung verschleiert über Frankreich an Israel.
Im Oktober 1964 schließlich wurde dieser bis dahin geheime Handel publik und sorgte für große Aufregung im arabischen Lager. Nassers Einladung an Ulbricht setzte die Bundesrepublik erneut unter Druck. Bis dahin war Ägypten ein Garant der Nicht-Anerkennung der DDR als Staat im Sinne der "Hallstein-Doktrin".
Ein Jahr später, im Mai 1966, dokumentierte die Stasi in einer Einzelinformation auf Grundlage "zuverlässiger interner Materialien" sowie "führender Bonner Regierungskreise" umfassende Einschätzungen bundesdeutscher Politiker zu Israel. Für die DDR-Führung dürfte vor allem interessant gewesen sein zu erfahren, dass man in Westdeutschland eine substanzielle Verbesserung der Beziehungen Israels zur Sowjetunion für unwahrscheinlich hielt. Positive Äußerungen der israelischen Führung über die Sowjetunion dienten ausschließlich dazu, eine Ausreise der sowjetischen Juden nach Israel zu erreichen, so die Bonner Einschätzungen.
gefunden. Das System der Militärverwaltung, das jede Bewegungsfreiheit der Araber in den Militärgrenzzonen ausschließt, soll innerhalb eines Jahres aufgehoben werden. Hinzukomme, daß, was Eschkol in seiner Rede vor dem Parlament am 12.01.1966 nicht ausdrücklich erwähnte, in der israelischen Presse und im Rundfunk ernstliche Anstrengungen unternommen werden, die israelische Öffentlichkeit davon zu überzeugen, daß es erforderlich ist, arabischen Arbeitern, die in den Industriebetrieben verschiedener Städte eine Beschäftigung gefunden haben, auch das Mieten von Zimmern zu ermöglichen. Ein Eingehen der Bevölkerung auf diesen Wunsch der Regierung hätte nach Bonner Einschätzung eine Auflockerung bisher geschlossenen arabischen Siedlungsgebiete zur Folge und könnte auf die Dauer gesehen zu einer gewissen Assimilierung der beiden bisher noch streng getrennten Bevölkerungsgruppen führen.
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